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Krankenhaus einmal anders

Abschlussveranstaltung Malkurs für Strahlentherapie-Patienten Bonviciniklinik

„Ich habe mich als Gast gefühlt im Haus Bonvicini“. Ein schöneres Kompliment hätte Christine Völser, die stellvertretend für die Teilnehmer des Malkurses in der Strahlentherapie, bei der Abschlussvernissage das Wort ergriffen hat, wohl kaum machen können. Der Malkurs – ein gelungenes Beispiel für integrative Onkologie.

Christine VölserChristine Völser

Es herrschte Feststimmung. Ein zahlreiches Publikum hatte sich zur Vernissage mit den während des Malkurses in der Bonvicini-Klinik entstandenen Bilder eingefunden. Wie es sich für einen solchen Anlass gehört, elegant gekleidet und vor dem eigentlichen Festakt in angeregte Gespräche bei einem Glas Spumante versunken. Der Eingang zum öffentlichen Dienst der Strahlentherapie, der in die Bonvicini-Klinik ausgelagert ist, ähnelte in der Tat mehr einer Galerie als einem Krankenhaus.
Ulrich Seitz, scheidender Amtsdirektor übernahm ein letztes Mal die Rolle des Gastgebers. Sein Dank richtete sich vor allem an Sigrid Trojer, die den Kurs mit großer Sachkenntnis und noch mehr Feingefühl geleitet hat, sowie den Teilnehmerinnen, die sich darauf eingelassen haben und deren nun ausgestellte Werke ein Zeichen sind, so Seitz, „dass aus der negativen Erfahrung Krebs auch Freude, Stärke und Kreativität erwachsen können.“
Auch Landesrätin Martha Stocker betonte in ihrer Ansprache, dass die Krankheit Krebs zwar mit Niedergeschlagenheit, Trauer, Verzweiflung verbunden sei. „Aber dann finden sich auch Hoffnung, Glück und Freude, wo man es am wenigsten erwartet. Diese farben- und lebensfrohen Bilder sind ein Ausdruck dafür.“
Dr. Paolo Bonvicini ist ein überzeugter Vertreter der integrativen Onkologie. „Wir werden auf diesem Weg weitermachen“, betonte er und gab einen Ausblick auf die ab Herbst geplanten Initiativen: Onko-psychologisches Relaxtraining für Paare, deren Beziehung durch die Krankheit auf eine harte Probe gestellt wird. Eine Zusammenarbeit mit der Bewegungstherapie Meran und Valentina Vecellio, die in Bozen von Barbara Sartoni von der Vereinigung UISP organisiert werden wird u. a. m.
Dr. Martin Maffei, Leiter der Strahlentherapie, betonte wie wichtig es sei, den Patienten auch einen menschlichen Aspekt im Klinikalltag zu bieten. Sein besonderer Dank ging an Anna und Anita vom Bonvicini-Team, die den Kurs nicht nur von der organisatorischen Seite, sondern von ganzem Herzen persönlich betreut haben.
Die Künstlerin Sigrid Trojer, die zum ersten mal mit Krebskranken zusammengearbeitet hat, zeigte sich beglückt über das Gelingen dieses Experiments. Das intensive gemeinsame Arbeiten habe nicht nur die Patienten (farben)erfüllt nachhause gehen lassen, sondern auch sie selbst.
Zum Abschluss stellte Valentina Vecellio die Grundprinzipien der Bewegungstherapie vor und führte mit ihren „Mädels“ in einem „Intermezzo scherzoso“ vor, wie positiv sich diese Therapie auswirkt. „ Bewegung, aerobisches Training, Krafttraining, Koordination und Flexibilität sind besonders für gynäkologische Krebspatientinnen in der postakuten Phase von größter Wichtigkeit."

LR Martha Stocker : „Diese Ausstellung zeigt, dass sich Hoffnung, Glück und Freude finden, wo man es am wenigsten erwartet!“LR Martha Stocker : „Diese Ausstellung zeigt, dass sich Hoffnung, Glück und Freude finden, wo man es am wenigsten erwartet!“

Interview Dr. Paolo Bonvicini: „Ich glaube an die integrative Onkologie“
Dr. Paolo Bonvicini ist der Leiter der Privat-Klinik Bonvicini. Seit mehreren Jahren ist in seinem Haus die Strahlentherapie des Krankenhauses Bozen untergebracht.
Chance: Wie stehen Sie persönlich zur integrativen Onkologie?
Dr. Bonvicini: Wir können heute den Patienten die besten Therapien garantieren, die den fortschrittlichsten Protokollen entsprechen, haben die modernsten Apparate für die Therapien zur Verfügung. Aber das alleine reicht nicht. Wir müssen den Patienten mehr bieten, sie auch menschlich und psychologisch unterstützen. Und nicht nur sie, sondern auch ihre Angehörigen.
Chance: Seit mehreren Jahren ist in ihrem Haus, einer Privatklinik, der öffentliche Strahlentherapie-Dienst angesiedelt.
Dr. Bonvicini: Die Entscheidung die Strahlentherapie auszugliedern kam sicher nicht von ungefähr. Wir können den Patienten hier ein alternatives, ein weniger krankenhausmäßiges Ambiente bieten. Je weniger Zeit die Patienten, Krebspatienten in einem „normalen“ Krankenhaus verbringen müssen, desto besser. Hier tun wir uns leichter, ihnen ein angenehmes Ambiente zu bieten. Die Struktur ist übersichtlich, die Patienten fühlen sich weniger ausgeliefert. Ich glaube an die integrative Onkologie und bin überzeugt davon, je besser die unterschiedlichen Player zusammenspielen, das Krankenhaus, die Onkologen, wir, das Territorium, desto besser können wir den Betroffenen zur Seite stehen und desto besser geht es ihnen.
Chance: Sie sehen sich als private Klinik nicht in Konkurrenz zur öffentlichen Sanität und umgekehrt auch nicht?
Dr. Bonvicini: Absolut nicht. Wir stehen nicht in Konkurrenz, im Gegenteil, wir ergänzen uns und können jeder auf seine Weise und vor allem gemeinsam dazu beitragen, den Patienten so gut wie möglich auf seiner Rückkehr in das normale Leben begleiten.
Chance: Der Malkurs für Patienten der Strahlentherapie und ihre Angehörigen war ein Experiment.
Dr. Bonvicini: Ein ausgesprochen positives. Vor allem der Zuspruch der Teilnehmer bestärkt uns, auf diesem Weg weiterzugehen. Ab Herbst bieten wir hier an der Klinik Bewegungstherapie an, Relaxkurse und sicher auch noch etwas Kreatives, für Patienten und Angehörige. Das öffentliche Gesundheitswesen bietet die bestmögliche Akut-Betreuung. Wir als private Struktur sind flexibler und daher die ideale Ergänzung im postakuten Bereich.

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„Meine schwerste Entscheidung“

Ulrich Seitz verlässt das Amt für Krankenhäuser

Ulrich SeitzUlrich Seitz

Er hat bei keiner Landesversammlung der SKH gefehlt und war auch sonst treuer Begleiter vieler Initiativen. Ulrich Seitz, seit 2002 stellvertretender und seit 2009 geschäftsführender Direktor des Amts für Krankenhäuser verlässt nach vielen Jahren den öffentlichen Dienst.
Sprachenlyzeum, Zivildienst, Ausbildung und Arbeit als Hotelsekretär, Studium der Rechtswissenschaften und Arbeit im Landesdienst in der Abteilung Gesundheitswesen. Ulrich Seitz hat schon einiges in seinem Leben ausprobiert. Nun wird er nach über 20 Jahren das Gesundheitswesen verlassen und einen neuen Weg einschlagen.
Chance: Sie haben die Arbeit der Südtiroler Krebshilfe von jeher begleitet. Was schätzen Sie besonders an der Vereinigung?
Ulrich Seitz: Die SKH ist für mich ein unverzichtbarer Partner. Sie ist landesweit vernetzt und sie hat verstanden, dass man den Kranken nur dann richtig helfen kann, wenn man auch ihr Umfeld miteinbezieht.
Chance: Für den Sanitätsbetrieb ist es gut zu wissen, dass es jemanden gibt, der dort hinkommt, wo die öffentliche Hand eben nicht mehr helfen kann?
Ulrich Seitz: Ganz genau. Es gibt immer mehr Probleme, die nicht direkt mit der Krankheit zu tun haben, aber durch sie bedingt sind. Die mitunter langen Therapien erschweren die Rückkehr ins „normale" Leben. Die Menschen geraten in Notsituationen, wo es schnelle und unbürokratische Hilfe braucht. Die Patienten brauchen psychologische, menschliche, emotionelle Unterstützung, brauchen jemanden, der nachfragt.
Chance: Das alles kann eine öffentliche Institution so nicht leisten?

Ulrich Seitz: Sicher nicht, und das ist ja auch nicht ihre Aufgabe. Der Sanitätsbetrieb muss danach trachten, den Patienten den höchsten Standard zu bieten. Muss nach den neuesten Gesichtspunkten eingerichtete und ausgerüstete Strukturen bereitstellen. Die beste medizinische Versorgung gewährleisten, Know-How ins Land holen und binden, Expertisen einholen, jedem die gleiche Versorgung garantieren. Die Krebshilfe hingegen kann individuelle Betreuung bieten.
Chance: Der Sanitätsbetrieb hat in den vergangenen Jahren zum Teil recht unpopuläre Maßnahmen ergriffen, die auch entsprechend kritisiert wurden. Und die Krebshilfe hat sich offen dazu bekannt.
Ulrich Seitz: Sie sprechen die Zertifizierung der Tumorchirurgie an und die Neuordnung der Krankenhausdienste? Ich muss schon sagen, da war die Krebshilfe sehr couragiert. Hat sich gegen den Strom gestellt. Ich habe das sehr geschätzt. Das war auch ein Zeichen der, wie soll ich es nennen, der Professionalität und Seriösität dieser Vereinigung!
Chance: Die Südtiroler Krebshilfe hat einen wissenschaftlichen Beirat, der sich sehr kritisch mit aktuellen Themen und wissenschaftlichen Belangen auseinandersetzt und dazu ganz offen Stellung bezieht. Sie holt Zweitmeinungen ein und ermutigt die Patienten dazu, dies zu tun.Haben Sie das nie als Einmischung empfunden?
Ulrich Seitz: Absolut nicht. Im Gegenteil! Gerade das unterscheidet die Krebshilfe von einer reinen Freizeit-Interessengemeinschaft. Die SKH will, dass ihre Mitglieder mündige und aktive Patienten sind. Sie arbeitet landesweit gezielt mit Partnern zusammen, LILT, mamazone usw., die das gleiche Ziel verfolgen.
Chance: Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für das öffentliche Gesundheitswesen?
Ulrich Seitz: Den Patienten - und es werden auch aufgrund der demographischen Veränderungen immer mehr - müssen die besten Therapien garantiert werden, die den fotschrittlichsten wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. Die veränderte wirtschaftliche Lage darf sich nicht auf die medizinische Versorgung auswirken. Die Information und die Vorsorge müssen verbessert werden. Und hier kommt der SKH eine wichtige Rolle zu.
Chance: Nach zwanzig Jahren haben Sie sich entschieden, in die Privatwirtschaft zu wechseln...
Ulrich Seitz: Das war die schwerste Entscheidung meines Lebens! Mein Herz bleibt bei den Vereinigungen und bei den Verbänden, nicht nur im Gesundheitswesen.