Aktuell

Bilder aus der Zelle

Ausstellung im Krankenhaus Bozen – Die Vereinigung RAVI aus Turin

Fotos: Othmar SeehauserFotos: Othmar Seehauser

Ein Herz, ein Gepard, ein Fisch, eine Regatta, Pinguine, lachende Strichmännchen-Gesichter – eine seltsame Ästhetik haben diese Fotografien mit rotem, grünem oder blauem Hintergrund. Beim Lesen der Bildunterschrift stutzt der Betrachter. Tumorgewebe, Brustgewebe, Zellen der Placenta, ein Epithel. Ausgestellt waren sie im April für zwei Wochen im Foyer des Bozner Krankenhauses.

Guido MazzoleniGuido Mazzoleni

Bei unserer Arbeit am Mikroskop sehen wir jeden Tag solche Bilder“, erklärt Dr. Guido Mazzoleni, Primar des Dienstes für Pathologie und Histologie. Tumore und andere Gewebeveränderungen nehmen eingefärbt unter dem Mikroskop seltsame Formen an, Tiere, geometrische Formen usw.“ Nicht selten werden solche besonderen Aufnahmen bei Kongressen verwendet. Und jeder Pathologe hat seine persönliche Sammlung von diesen „Tumorbildern“. Eines der ausgestellten Fotos ist auch von Dr. Mazzoleni, der die Ausstellung zusammen mit der Vereinigung RAVI aus Turin organisiert hat.
Die Idee wurde im Rahmen der SIAPEC geboren, der „Società Italiana di Anatomia Patologica e Citologia Diagnostica“, Vereinigung der italienischen Pathologen, für deren Buchhaltung Gabriella Contardi verantwortlich ist. Sie schrieb eine Anfrage an alle Pathologen mit der Bitte um Zusendung eines Fotos.
Ziel dieser Ausstellung ist nicht zuletzt, einem größeren Publikum die Bedeutung der Arbeit des Pathologen näher zu bringen. „Wenn es um Krebs geht, stehen immer der Chirurg und der Onkologe im Rampenlicht. Aber noch vor ihnen kommt der Pathologe. Er hat das Leben in der Hand, er ist der erste, der die Diagnose stellt.“
Pina Martinazzo und Gabriella Contardi, Vize-Präsidentin der RAVI, sind eigens für die Eröffnung von Turin nach Bozen gekommen. Mitgebracht haben sie Informationsmaterial über ihre Vereinigung und Interessierten stehen sie nur zu gerne Rede und Antwort. Sie sind Gründungsmitglieder der RAVI und begeistert von ihrer Mission.

Pina Martinazzo und Gabriella Contardi Pina Martinazzo und Gabriella Contardi

Kennengelernt haben sie sich vor 16 Jahren während der Chemotherapie im Day Hospital des Krankenhauses Molette. Ravi steht für „Ricominciare a vivere“ was so viel heißt wie „Wieder leben“. „Statt zu jammern, haben wir zusammen mit anderen Frauen in derselben Situation unsere Vereinigung gegründet, um etwas Gutes für uns und andere Frauen zu machen,“ erzählen Pina und Gabriella. Eine Geschichte, die ähnlich klingt wie jene der Südtiroler Krebshilfe. „Nur sind wir eine ganz kleine Gruppe: 25 aktive Freiwillige, hundert Mitglieder, die den Beitrag regelmäßig zahlen und dreihundert Adressen in unserer Mailingliste.“
Aber auch wenn sie eine kleine Gruppe sind, können die Frauen von RAVI stolz sein auf das, was sie erreicht haben. Alle Aktivitäten, die sie anbieten sind kostenlos und folgen dem Konzept der „Humanisierung der Therapie“; alle Aktivitäten sind im Krankenhaus Molinette angesiedelt. Und das Angebot kann sich sehen lassen: Kreatives Schreiben, Origami, Schmuck basteln, kreatives Nähen und Stoffmalerei, Biotanz, Tango, Bewegungstherapie mit psychologischer Unterstützung, Tee-Treffen am Nachmittag.
Auf ein Angebot, das sie dank der Unterstützung der Kosmetik-Firma SOTIS anbieten können, die sowohl Produkte als auch Kosmetikerinnen stellt, sind sie besonders stolz: Kosmetische Behandlungen für Frauen während der Chemotherapie, die seit sieben Jahren jeden Montag an der Breast-Unit angeboten werden. Pina und Gabriella nennen das, Streicheleinheiten schenken. „Die Frauen kommen grau zu uns und gehen mit einem neuen Licht im Gesicht wieder nachhause.“
Von größter Bedeutung ist für RAVI auch das Thema Information. Der Oktober ist in Turin rosa gefärbt und steht im Zeichen der Brustkrebs- Vorsorge. Alle zwei Wochen gibt es einen Schalter, „Patienten fragen – Ärzte antworten“. Diese Initiative ist nicht nur Krebspatientinnen und Mitgliedern der RAVI vorbehalten, sondern allen Bürgern. Für jeweils zwei Stunden steht ein Arzt für jegliche Fragen im medizinischen Bereich zur Verfügung. „Im Schnitt sind es pro Treffen zehn bis zwölf Personen, die diese Gelegenheit wahrnehmen.“
Und die Freiwilligen von RAVI wie Gabriella und Pina hellen sich mit dieser Tätigkeit ihr Leben auf. „Das Zusammensein mit anderen, die das Gleiche erlebt haben wie wir, sich gegenseitig bei der Lösung der Probleme helfen, sich austauschen, die Erfahrungen weitergeben, das hat uns Kraft gegeben und uns geholfen, Abstand von der Krankheit zu gewinnen. Trotz Krankheit war gerade die Anfangszeit mit RAVI ein Augenblick, der uns Kraft gegeben hat und uns mit Energie gefüllt hat.“
Pina ergänzt: „Die Vereinigung beschäftigt uns auch mit allen möglichen Problemen praktischer und organisatorischer Natur. All das hilft uns Abstand von der Krankheit zu gewinnen.“
Das Leben nach der Erkrankung? Pina und Gabriella schauen sich an. „Es mag seltsam klingen“, antwortet schließlich Gabriella, „aber es ist erfüllter und es hat uns mehr Selbstvertrauen gebracht und uns geholfen, uns selbst mehr Raum und Wert in unserem Leben einzuräumen.“
Pina pflichtet ihr bei. „Auch nach einem Rückfall, wo ich diese schwierige Erfahrung wieder erleben musste, hat sich das für mich nicht geändert. Ich habe Rückhalt erfahren und gelernt, den Optimismus nicht zu verlieren und mich auf jene Dinge zu konzentrieren, die mir wirklich etwas bedeuten. Ich bin heute hier, mir geht es gut, ich bin voller Tatenddrang und werde noch mehr als bisher Mut zusprechen können und jenen meine Hand reichen, die neu erkrankt sind.“
Die Angst bleibt, aber die Frauen von RAVI haben gelernt, damit umzugehen, sie in ihr Leben einzubauen. Eines tun sie nicht: Sie erlauben der Krankheit nicht, Oberhand zu gewinnen. „Wir haben heute eine andere Sichtweise und Einstellung als damals, als wir mit der Diagnose konfrontiert wurden und können diese positive Grundeinstellung und diese Kraft auch an jene weitergeben, die am Anfang dieses Weges stehen!“

Aktuell

Krankenhaus einmal anders

Abschlussveranstaltung Malkurs für Strahlentherapie-Patienten Bonviciniklinik

„Ich habe mich als Gast gefühlt im Haus Bonvicini“. Ein schöneres Kompliment hätte Christine Völser, die stellvertretend für die Teilnehmer des Malkurses in der Strahlentherapie, bei der Abschlussvernissage das Wort ergriffen hat, wohl kaum machen können. Der Malkurs – ein gelungenes Beispiel für integrative Onkologie.

Christine VölserChristine Völser

Es herrschte Feststimmung. Ein zahlreiches Publikum hatte sich zur Vernissage mit den während des Malkurses in der Bonvicini-Klinik entstandenen Bilder eingefunden. Wie es sich für einen solchen Anlass gehört, elegant gekleidet und vor dem eigentlichen Festakt in angeregte Gespräche bei einem Glas Spumante versunken. Der Eingang zum öffentlichen Dienst der Strahlentherapie, der in die Bonvicini-Klinik ausgelagert ist, ähnelte in der Tat mehr einer Galerie als einem Krankenhaus.
Ulrich Seitz, scheidender Amtsdirektor übernahm ein letztes Mal die Rolle des Gastgebers. Sein Dank richtete sich vor allem an Sigrid Trojer, die den Kurs mit großer Sachkenntnis und noch mehr Feingefühl geleitet hat, sowie den Teilnehmerinnen, die sich darauf eingelassen haben und deren nun ausgestellte Werke ein Zeichen sind, so Seitz, „dass aus der negativen Erfahrung Krebs auch Freude, Stärke und Kreativität erwachsen können.“
Auch Landesrätin Martha Stocker betonte in ihrer Ansprache, dass die Krankheit Krebs zwar mit Niedergeschlagenheit, Trauer, Verzweiflung verbunden sei. „Aber dann finden sich auch Hoffnung, Glück und Freude, wo man es am wenigsten erwartet. Diese farben- und lebensfrohen Bilder sind ein Ausdruck dafür.“
Dr. Paolo Bonvicini ist ein überzeugter Vertreter der integrativen Onkologie. „Wir werden auf diesem Weg weitermachen“, betonte er und gab einen Ausblick auf die ab Herbst geplanten Initiativen: Onko-psychologisches Relaxtraining für Paare, deren Beziehung durch die Krankheit auf eine harte Probe gestellt wird. Eine Zusammenarbeit mit der Bewegungstherapie Meran und Valentina Vecellio, die in Bozen von Barbara Sartoni von der Vereinigung UISP organisiert werden wird u. a. m.
Dr. Martin Maffei, Leiter der Strahlentherapie, betonte wie wichtig es sei, den Patienten auch einen menschlichen Aspekt im Klinikalltag zu bieten. Sein besonderer Dank ging an Anna und Anita vom Bonvicini-Team, die den Kurs nicht nur von der organisatorischen Seite, sondern von ganzem Herzen persönlich betreut haben.
Die Künstlerin Sigrid Trojer, die zum ersten mal mit Krebskranken zusammengearbeitet hat, zeigte sich beglückt über das Gelingen dieses Experiments. Das intensive gemeinsame Arbeiten habe nicht nur die Patienten (farben)erfüllt nachhause gehen lassen, sondern auch sie selbst.
Zum Abschluss stellte Valentina Vecellio die Grundprinzipien der Bewegungstherapie vor und führte mit ihren „Mädels“ in einem „Intermezzo scherzoso“ vor, wie positiv sich diese Therapie auswirkt. „ Bewegung, aerobisches Training, Krafttraining, Koordination und Flexibilität sind besonders für gynäkologische Krebspatientinnen in der postakuten Phase von größter Wichtigkeit."

LR Martha Stocker : „Diese Ausstellung zeigt, dass sich Hoffnung, Glück und Freude finden, wo man es am wenigsten erwartet!“LR Martha Stocker : „Diese Ausstellung zeigt, dass sich Hoffnung, Glück und Freude finden, wo man es am wenigsten erwartet!“

Interview Dr. Paolo Bonvicini: „Ich glaube an die integrative Onkologie“
Dr. Paolo Bonvicini ist der Leiter der Privat-Klinik Bonvicini. Seit mehreren Jahren ist in seinem Haus die Strahlentherapie des Krankenhauses Bozen untergebracht.
Chance: Wie stehen Sie persönlich zur integrativen Onkologie?
Dr. Bonvicini: Wir können heute den Patienten die besten Therapien garantieren, die den fortschrittlichsten Protokollen entsprechen, haben die modernsten Apparate für die Therapien zur Verfügung. Aber das alleine reicht nicht. Wir müssen den Patienten mehr bieten, sie auch menschlich und psychologisch unterstützen. Und nicht nur sie, sondern auch ihre Angehörigen.
Chance: Seit mehreren Jahren ist in ihrem Haus, einer Privatklinik, der öffentliche Strahlentherapie-Dienst angesiedelt.
Dr. Bonvicini: Die Entscheidung die Strahlentherapie auszugliedern kam sicher nicht von ungefähr. Wir können den Patienten hier ein alternatives, ein weniger krankenhausmäßiges Ambiente bieten. Je weniger Zeit die Patienten, Krebspatienten in einem „normalen“ Krankenhaus verbringen müssen, desto besser. Hier tun wir uns leichter, ihnen ein angenehmes Ambiente zu bieten. Die Struktur ist übersichtlich, die Patienten fühlen sich weniger ausgeliefert. Ich glaube an die integrative Onkologie und bin überzeugt davon, je besser die unterschiedlichen Player zusammenspielen, das Krankenhaus, die Onkologen, wir, das Territorium, desto besser können wir den Betroffenen zur Seite stehen und desto besser geht es ihnen.
Chance: Sie sehen sich als private Klinik nicht in Konkurrenz zur öffentlichen Sanität und umgekehrt auch nicht?
Dr. Bonvicini: Absolut nicht. Wir stehen nicht in Konkurrenz, im Gegenteil, wir ergänzen uns und können jeder auf seine Weise und vor allem gemeinsam dazu beitragen, den Patienten so gut wie möglich auf seiner Rückkehr in das normale Leben begleiten.
Chance: Der Malkurs für Patienten der Strahlentherapie und ihre Angehörigen war ein Experiment.
Dr. Bonvicini: Ein ausgesprochen positives. Vor allem der Zuspruch der Teilnehmer bestärkt uns, auf diesem Weg weiterzugehen. Ab Herbst bieten wir hier an der Klinik Bewegungstherapie an, Relaxkurse und sicher auch noch etwas Kreatives, für Patienten und Angehörige. Das öffentliche Gesundheitswesen bietet die bestmögliche Akut-Betreuung. Wir als private Struktur sind flexibler und daher die ideale Ergänzung im postakuten Bereich.