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Mittags nie!

Südtirol hat die höchste Hautkrebs-Quote in Europa


Wenn Klaus Eisendle Bilder von Strand oder Schwimmbad sieht, mit Menschen, die in der prallen Sonne braten, dann wird ihm ganz anders. Er ist Primar der akademischen Lehrabteilung für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Krankenhaus Bozen. Nebenbei war er bei seiner Ernennung 2011 der jüngste Primar in Südtirol. 38 war er damals.
Chance: Dr. Eisendle, Sie haben gerade (im Januar 2015) gemeinsam mit Kollegen, u. a. Dr. Guido Mazzoleni, Primar der Pathologie und Direktor des Tumorregisters, und Dr. Andrea Ambrosini - Spaltro in der Fachzeitschrift JEADV eine Studie mit den neuesten Zahlen über Hautkrebs veröffentlicht. Was ist das erstaunlichste Ergebnis?
Dr. Klaus Eisendle: Für uns Südtiroler sicher jenes: Südtirol zeigt die höchste Inzidenz von Hautkrebs in ganz Europa. Im Schnitt entwickelt in Europa eine von fünf Personen einen bösartigen Hauptkrebs. In Südtirol ist es - mindestens - einer von vier! Wobei wir wohlgemerkt allgemein von Hautkrebsen reden, nicht nur vom schwarzen Hautkrebs, wie das maligne Melanom umgangssprachlich genannt wird. Zu Hautkrebs zählt auch das Basalzellkarzinom, das zwar keine Metastasen verursacht, aber sehr wuchert und Löcher in die Haut frisst, sowie das Plattenepithelkarzinom, auch weißer Hautkrebs genannt, das sich vor allem auf schwer lichtgeschädigter Haut entwickelt.
Chance: Und wie sieht es mit der Häufigkeit des Melanoms in Südtirol aus?
Dr. Eisendle: Das maligne Melanom ist der dritthäufigste Hautkrebs. Die Zahl der Neuerkrankungen ist in den vergangenen Jahren steil angestiegen: auf hunderttausend Südtiroler wird bei 45 ein Melanom diagnostiziert. Anders ausgedrückt, mehr als einer von 30 Südtirolern bekommt im Laufe seines Lebens einen schwarzen Hautkrebs.
Chance: Hautkrebse sind demnach auf dem Vormarsch?
Dr. Eisendle: Hautkrebse sind die Tumorart, die mittlerweile am häufigsten verbreitet ist, noch mehr als Brustkrebs.
Chance: Grund zur Besorgnis also.
Dr. Eisendle: Zur Besorgnis ja, zur Panik nicht. Ich würde sagen, Grund zur Vorsicht.
Chance: Was sind die Gründe für die hohe Hautkrebsrate in Südtirol? Viel Sonne gibt es doch auch anderswo, wenn nicht sogar mehr!
Dr. Eisendle: Einer der Gründe ist aber sicher die Sonnenbestrahlung. Eine Stadt wie Bozen hat im Jahr 300 Sonnentage … Aber nicht nur. Wir vermuten, dass die Höhe eine Rolle spielt. Ebenso wie die Tatsache, dass die Südtiroler ein ausgesprochenes Outdoor-Volk sind. Die Landbevölkerung, Bauern und die Menschen, die ihre Freizeit vornehmlich draußen verbringen, Skifahren, Radfahren, Wandern usw. Vermutlich gibt es auch einige genetische Faktoren.
Chance: So richtig vorbeugen kann man nur in Bezug auf die Sonne, oder?
Dr. Eisendle: Genau, das ist der einzige Punkt, wo jeder etwas tun kann. Die anderen Faktoren wie z. B. Hauttyp, Haar- und Augenfarbe sind nicht beeinflussbar. Wer helle Haut und helle Augen hat, muss sich entsprechend mehr schützen.
Chance: Wir müssen uns jetzt aber nicht ins Haus einsperren…
Dr. Eisendle: Nein, das sicher nicht. Aber wir müssen lernen, der Sonne intelligent und mit der gebotenen Vorsicht zu begegnen. Das ist wie mit dem Rauchen. Wenn ich rauche, ist mein Krebs zu fast hundert Prozent hausgemacht. Wenn ich ständig ungeschützt und häufig in die Sonne gehe, gilt das gleiche. Eine bessere primäre Prävention ist äußerst wichtig, um die steigende Häufigkeit an Hautkrebs wieder zu senken.
Chance: Was empfehlen Sie?
Dr. Eisendle: In die Sonne nur am Vormittag und am Nachmittag. Zwischen 11 und 15 Uhr sollte direkte Sonne tabu sein.
Chance: Das heißt, ich gehe in den Schatten?
Dr. Eisendle: Achtung! Schatten alleine reicht nicht. Auch dort erreichen mich die schädlichen UV-Strahlen. Es gilt die Faustregel, eine Stunde im Schatten, entspricht einer Viertelstunde direkter Sonnenbestrahlung.
Chance: Das heißt, ich muss mich auch im Schatten schützen. Und wie?
Dr. Eisendle: Wie in der Sonne. Also dünnes, möglichst langärmeliges T-Shirt, Sonnenbrille, Sonnenschutzcreme und – das gilt vor allem für Kinder und für Männer mit schütterem Haar oder Glatze, ein Hut. Die Australier haben es in ihrer großangelegten Kampagne auf den Punkt gebracht: „Slip, slop, slap, seek and slide“, was so viel heißt wie: ins T-Shirt schlüpfen, Creme auftragen, Hut aufsetzen, Schatten aufsuchen und Sonnenbrille nicht vergessen.
Chance: Gibt es nicht auch Studien, wonach angeblich Sonnencremes Krebs verursachen können?
Dr. Eisendle: Ja, bei den alten Studien mit einem viel zu niedrigen Sonnenschutzfilter - maximal wurde Faktor 8 getestet - zeigten sich Hinweise auf eine Erhöhung des Risikos. Das lag aber nicht an der Creme, sondern dass sich die Leute unter dem Irrglauben geschützt zu sein, mit dem unzureichenden Schutz erst recht übermäßig der Sonne ausgesetzt hatten. Ab Lichtschutzfaktor 30 aufwärts schützt die Creme, aber auch nicht unbegrenzt. Unter 30 sollte man gar keine Sonnenschutzcreme verwenden. In Australien, wo die höchste Hautkrebsrate der Welt zu verzeichnen ist, wurden Sonnencremes mit weniger als Lichtschutzfaktor 30 verboten!
Chance: Und Kinder?
Dr. Eisendle: Kinder sollten sowieso nie weniger als Lichtschutzfaktor 50 verwenden und außerdem am besten nicht nackt in die Sonne. Vor allem Kinder müssen unbedingt besser geschützt werden.
Chance: Was ist mit den Händen und dem Gesicht? Die sind doch immer am Licht?
Dr. Eisendle: Das Gesicht kann ich mit Creme schützen… Aber generell scheint die Haut an Händen und im Gesicht weniger empfindlich zu sein, zumindest gilt das für das Melanom. Bei den Männern tritt es vermehrt am Rücken auf, bei den Frauen an den Unterschenkeln.
Chance: Wie erklären Sie sich diesen steilen Anstieg der Hautkrebsrate. Hautkrebs hat ja wohl die anderen, nennen wir sie klassischen Krebstypen, überholt?
Dr. Eisendle: Das kann man wohl sagen! Vermutlich liegt die Ursache neben Umweltfaktoren genau bei dem was wir gerade besprochen haben: beim Sonnenschutz der Kinder. Die Generation der heute Dreißig- und Vierzigjährigen ist nämlich genau jene, die als Kinder splitterfasernackt und braun gebrannt am Strand und im Schwimmbad herumgerannt sind!! Die genetischen Folgeschäden brauchen mindestens zwanzig bis dreißig Jahre bis sie sich auswirken und ein Tumor entsteht…

"Eine Stunde im Schatten entspricht einer Viertelstunde direkter Sonnenbestrahlung!""Eine Stunde im Schatten entspricht einer Viertelstunde direkter Sonnenbestrahlung!"

Chance: Also gibt es keine Alternative zu dünnen langärmelige T-Shirts und Sonnenschutzcreme Faktor 50…

Dr. Eisendle: …und Schatten in der Mittagszeit!
Chance: Und warum ist der Hut so wichtig?
Dr. Eisendle: Weil es sonst im Alter zur Bildung von Hautkrebs auf der Kopfhaut kommt, nicht nur Melanome, auch Basaliome und vor allem Plattenepithelkarzinome. Das ist nicht unbedingt tödlich, bei Früherkennung schon gar nicht, aber es ist äußerst unangenehm und sehr schmerzhaft, wenn diese oft großflächigen Tumore herausgeschnitten werden. Wir haben viele ältere Männer mit dieser Pathologie unter unseren Patienten. Bei großflächigen Tumoren muss unter Umständen Haut transplantiert werden.
Chance: Apropos tödlich. Es heißt der schwarze Krebs, das maligne Melanom, sei äußerst aggressiv und gefährlich….
Dr. Eisendle: Das ist es, wenn es beginnt zu streuen. Das Risiko steigt, wenn die Dicke des Tumors, des schwarzen Hautflecks, über einem Millimeter liegt. Darunter hat das Melanom, ist es großzügig herausgeschnitten, meist keine Folgen. Gefährlich wird es ab Stadium III.
Chance: …das heißt, wenn Lymphknoten befallen sind?
Dr. Eisendle: Genau. Wir entfernen bei Risikomelanomen immer auch die Wächterlymphknoten, und sind diese befallen, alle Lymphknoten in der Nähe des Tumors. Der Patient wird dann je nach individuellem Risiko zunächst in monatlichen, dreimonatlichen, halbjährlichen und nach fünf Jahren in jährlichem Abstand zehn Jahre lang kontrolliert, danach gilt er als geheilt. Die Krebszellen können aber jahrelang, mitunter jahrzehntelang schlafen, bevor sie wieder aktiv werden. Das gleiche kennen wir ja auch von Brustkrebs.
Chance: Hautkrebs wird aber nur in den seltensten Fällen mit Chemotherapie oder Strahlentherapie behandelt?
Dr. Eisendle: Diese beiden klassischen Behandlungsmethoden kommen eigentlich nur zum Einsatz, wenn schon Metastasen vorliegen, und andere Therapie-Optionen versagt haben, also ab Stadium IV. Die Chemotherapie bremst nur, heilt aber nicht.
Chance: Davor wird mit Interferon behandelt?
Dr. Eisendle: Interferon wurde bei Hochrisiko-Melanomen verschrieben um die Metastasierung zu verhindern. Interferon kommt aber immer weniger zum Einsatz, weil sich gezeigt hat, dass es das Überleben bei den meisten Patienten nicht verlängert. Dieses Mittel ist früher von den pharmazeutischen Konzernen extrem gepuscht worden, leider scheint es aber nur in ganz wenigen, spezifischen Fällen zu wirken und zwar wahrscheinlich nur bei ulzerierten Melanomen mit Mikrometastasen im Sentinel-Lymphknoten. Bei der bisherigen breiten unkritischen Anwendung wirkte es nur bei zirka einem von hundert Fällen. In einem von drei Fällen aber schadet Interferon dem Patienten, indem es z. B. schwere Depressionen, die auch zum Selbstmord führen können hervorruft. Leider gibt es für die Prävention von Metastasen bei Hochrisikomelanomen keine wirksameren Mittel, allerdings wird intensiv daran geforscht, sodass in den nächsten Jahren wahrscheinlich bessere Alternativen zur Verfügung stehen werden.
Chance: Und wie behandle ich dann einen fortgeschrittenen Hauttumor?
Dr. Eisendle: Für Stadium IV Melanome hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan und es gibt mittlerweile wesentlich wirksamere Mittel als die klassische Chemotherapie auf dem Markt (oder sie sind in Italien kurz vor der Zulassung). Seit kurzem kommen zwei neue Therapieprinzipien zum Einsatz: die Aktivierung des körpereigenen Immunsystems zur Abwehr der Tumoren. Und - wo bekannt - die spezifische Hemmung der Mutationen im Krebs, d.h. die Fehler die zum Krebs führen, werden direkt geblockt. Sie haben leider ein paar wesentliche Nachteile…

So züchtet man sich den Hautkrebs heran!So züchtet man sich den Hautkrebs heran!

Chance: …und die wären?

Dr. Eisendle: Erstens sind sie sehr teuer, pro Patient liegen die Behandlungskosten zwischen 60 und 70tausend Euro pro Jahr. Die Immunaktivierung führt zweitens je nach Wirkstoff bisher "nur" bei 10% bis 40% der Patienten zur Heilung. Die gezielte Hemmung der Fehler (Mutationen), wirkt zwar deutlich besser und die Metastasen schmelzen innerhalb weniger Wochen dahin, kann aber nur bei einem Drittel der Patienten erfolgen, wo der Fehler im Tumor vorkommt, und drittens wirken diese Blocker meist nur ein Jahr lang.
Chance: Und was ist nach dem Jahr?
Dr. Eisendle: Die Tumorzellen werden resistent und der Krebs wächst wieder. Daran wird zur Zeit sehr intensiv geforscht; viele neue Therapien gegen weitere Mutationen sind in Entwicklung. Es deutet alles darauf hin, dass Krebs eine chronische Krankheit werden wird, wo verschiedene Mittel gleichzeitig oder hintereinander zum Einsatz kommen werden, um das weitere Wachstum zu verhindern. Das gleiche ist übrigens auch bei HIV erfolgt, das bei richtiger Therapie zur chronischen Krankheit geworden ist. Mehr Sorgen macht mir die Finanzierbarkeit dieser neuen Therapien, weshalb die Primärprävention, also der effiziente Sonnenschutz so wichtig ist, um die Anzahl der Hautkrebsfälle wieder zu senken.
Chance: Und da ist jeder von uns gefordert, verantwortlich zu handeln! Lieber blass und gesund als braun und krank! - Das Solarium ist keine Alternative für Sonnenanbeter und Eidechsen?
Dr. Eisendle: Um Gottes Willen, da kommen Sie vom Regen in die Traufe! In Australien ist der Solarienbesuch unter 18 schon länger verboten, in der EU seit ein paar Jahren. Im Solarium züchtet man sich den Krebs regelrecht heran.
Chance: Gibt es ein Screening zur Verhütung von Hautkrebs?
Dr. Eisendle: Das Screening kann den Hautkrebs leider nicht verhindern, es gilt als Sekundärprevention, um Hautkrebs in früheren Stadien zu finden, bevor sich Metastasen entwickeln. Diese "Muttermalkontrolle" wird auch offiziell empfohlen.
Chance: Nur Personen mit besonders vielen Muttermalen?
Dr. Eisendle: Nein. Grundsätzlich sollte sich jeder ab 35 alle zwei Jahre von einem Hautarzt anschauen lassen. Auch bei uns auf der Abteilung. Etwa 50 % unserer Visiten sind bereits Vorsorgeuntersuchungen. Die Vormerkzeit beträgt allerdings drei Monate, im restlichen Italien auch mehr als ein Jahr. Dringende Fälle kommen aber innerhalb eines Tages und prioritäre Fälle in einer Woche dran. Wer viele Muttermale hat, ist grundsätzlich gefährdeter und sollte sich regelmäßiger untersuchen lassen, falls jemand nur wenige Muttermale oder einen dunklen Hauttyp hat, reichen auch seltenere Untersuchungen.

Prof. DDr.Klaus Eisendle

Geboren 1972, aufgewachsen in Bozen.
1991 bis 1994 Studium der Mikrobiologie Universität Innsbruck,
1994 bis 2000 Studium der Medizin Universität Innsbruck, Facharztausbildung in Dermatologie,
2001 wissenschaftliches Doktorat in Immunologie und Onkologie.
2009 Habilitation und stationsführender Oberarzt der Innsbrucker Universitätsklinik für Dermatologie.
2009 bis 2013 Sanitätsmanagement MBA Universitäten Salzburg/Marburg/Trier/ Toronto.
Im Jahr 2011 Berufung zum Primar der Abteilung für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Krankenhaus Bozen.
2013 Akkreditierung der Dermatologie Bozen als Akademische Lehrabteilung der Medizinischen Universität Innsbruck.
Die klinischen Schwerpunkte von Dr. Klaus Eisendle liegen in der Dermatochirurgie, in der dermatologischen Onkologie und in der Allergologie.

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Profihockey-Spieler trotz Krebs!

Mark Cullen hatte ein bösartiges Melanom – Cully´s Kids Fond

Daran denken tut er oft, auch wenn nach einem Hockey-Spiel sein linker Arm stark anschwillt. Mark Cullen aus Minnesota, seit 2002 Profi-Hockeyspieler. In der Saison 2015 spielt er im Hockeyclub Bozen. 2003 dachte er, alles sei zu Ende. Die Diagnose: Ein bösartiges Melanom.
Mark Cullen ist ein american Sunnyboy. Braunrote Locken, strahlend blaue Augen, offenes Lachen und wenn er mit seinen Kids auf dem Eis ist, wird auch er wieder zum Jungen. Drei Kinder hat er. Max, 6, Will 4 und das Töchterchen Ryane, 3. „Die Familie ist für mich das größte Glück, ich genieße jeden Tag, den ich mit ihr verbringen kann.“ Schließlich weiß er, dass es nicht selbstverständlich ist. Mit 24 Jahren erkrankte er an Krebs und nur drei Monate später stand er schon wieder auf dem Eis.
Entdeckt wurde der Krebs durch Zufall in einem Trainingslager der amerikanischen Nationalhockeyliga, NHL. Mark spielte damals, kurz nach seinem College-Abschluss, bei den Houston Aeros in der amerikanischen Hockeyliga, AHL. Ein schwarzer Fleck auf seinem Rücken hatte den Mannschaftsarzt das Schlimmste befürchten lassen. Ein etwa puckgroßes Hautstück wurde ihm entfernt. Das Ergebnis bestätigte den Verdacht: bösartiger Hautkrebs, Stadium 3, nur 30 % Überlebenschance. Da einer der zwei entnommenen Wächter-Lymphknoten (Sentinel-Lymph-Node) unter dem linken Arm positiv war, wurden Mark alle 15 Lymphknoten des Arms und des seitlichen Brustkorbs entfernt. Die Narbe zieht sich von der Mitte des Oberarms bis zur Mitte des Rippenbogens.
„Chemotherapie bzw. Strahlentherapie musste ich keine machen“, erinnert sich Mark. „Und so stand ich nur drei Wochen nach der OP wieder auf dem Eis.“ Verängstigt, aber auch voll Hoffnung. „Hockeyspielen war die beste Therapie, um nicht an den Krebs zu denken.“ Jeden Monat musste er sich auf Metastasen untersuchen lassen. Nach sechs Monaten in zweimonatigen Abständen, nach einem Jahr alle drei Monate. Heute geht er immer noch einmal pro Jahr zur Untersuchung.
In Nordamerika zählt das maligne Melanom zu der vierthäufigsten Krebserkrankung von jungen Männern im Alter zwischen 25 und 34.
Mark Cullen hat die Erfahrung mit der Krebserkrankung positiv in sein Leben eingebaut. „Eigentlich ist es immer irgendwie präsent. Ich bin mir auch bewusst, dass es wiederkommen kann, die Krebszellen können schlafen und irgendwann wieder aktiv werden.“ Aber das ist für ihn kein Grund, Trübsal zu blasen. Im Gegenteil. Er lebt sein Leben umso bewusster. Genießt jeden Tag. Glücklich, dass er mit Jayme, zur Zeit der Erkrankung seine Freundin und heute seine Frau, drei gesunde Kinder hat. Glücklich über seinen Erfolg im Eishockey, Sport, der ihn begeistert und der in seiner Familie Tradition ist. Auch seine zwei Brüder Matt und Joe sind Profispieler. Ihr Vater Terry spielte mit den drei Jungs in der Garage Hockey. „Ich glaube, ich habe durch diese Krankheits-Erfahrung ein besseres Leben; ich weiß mein Glück, meinen Erfolg, die kleinen Dinge des Alltags besser zu schätzen“, sagt Mark Cullen heute.
Im Sommer heißt es für den hellhäutigen Mark besonders aufpassen. Sich nicht der direkten Sonneneinstrahlung auszusetzen und nie ohne Sonnenschutzcreme mit hohem Lichtschutzfaktor auszugehen, ist für ihn eine Selbsverständlichkeit.
Sensibilisiert durch die Erkrankung Marks und die Begegnung mit einem achtjährigen krebskranken Jungen während seiner (einzigen) Spielsaison in Italien (Cortina 2004/2005), gründete sein älterer Bruder Matt, erfolgreicher Nationalliga-Spieler, zusammen mit seiner Frau Bridget „Cullen Children´s Foundation – Cully´s Kids“ zugunsten lebensgefährlich, vor allem an Krebs, erkrankter Kinder. Nach Beendung der Eishockeysaison setzt auch Mark sich jedes Jahr unermüdlich für diesen Fond ein. Jedes dritte Wochenende im Juli organisieren die Brüder in ihrer Heimatstadt Moorhead in Minnesota ein VIP-Wochenende mit Golfturnier, Versteigerung und Picknick, das „Cully´s Kids Celebrity Weekend“. Über eine Million Dollar konnte dieser Fond allein im Juli 2014 einnehmen, anlässlich der Feierlichkeiten und dank der Teilnahme zahlreicher VIPs zum zehnjährigen Bestehen. Spenden, die an Einzelfälle, Familien aber auch für Projekte oder an Krankenhäuser weitergegeben werden.
Vor vier Spielsaisons kam Mark nach Europa. Ein Jahr in Polen, zwei in Salzburg und nun in Bozen. Zwei Jahre möchte er noch weiterspielen, dann wird der heute 36jährige daran denken, sich aus dem aktiven Spiel zurückzuziehen und wieder in die USA zurückgehen. Dem Hockey wird er treu bleiben, als Trainer oder als Manager. Immerhin hat er auch einen Collegeabschluss in Wirtschaftswissenschaften in der Tasche.
Behindert ihn der Verlust der Lymphknoten beim Spielen? „Beim Spiel nicht, aber nach dem Spiel schwillt mein linker Arm an.“ Eishockey ist ein rauer Sport, Körpereinsatz, im Jargon Bodychecking genannt, ist an der Tagesordnung. Trotzdem kann Mark Cullen auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken, zwei Saisons, 2005 – 2006 und 2010 – 2011 hat auch er in der berühmten amerikanischen Nationalliga NHL gespielt.
Ich habe zufällig über Mark Cullens Erkrankung gelesen und ihm eine Mail geschrieben, ob er sich für ein Interview über seine Erkrankung zur Verfügung stellen würde. Die positive Antwort kam sofort. Mark möchte durch sein Beispiel anderen Menschen Mut machen, bei denen diese aggressive Krebsform diagnostiziert wird. Ihnen zeigen, dass das Leben weitergeht und dass auch danach noch Höchstleistungen – in jeder Beziehung – möglich sind. (nd)

Hockeyspieler Mark CullenHockeyspieler Mark Cullen