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Ein Name– unterschiedliche Problematiken

Die Pressekonferenz der SKH anlässlich des europäischen Prostata-Tages

Längst eine Tradition und ein wichtiges Mittel der Information: die alljährliche Pressekonferenz der Südtiroler Krebshilfe. Am 20. September anlässlich des Europäischen Prostata-Tages zum Thema Prostatakrebs. Drei Ärzte, die Onkologin Susanne Baier, der Radiologe Martin Maffei und der Urologe Michele Lodde sprachen über Vorsorge und Behandlung.
Dr. Michele Lodde, Onko-Urologe am Krankenhaus Bozen eröffnete seinen Vortrag mit einer Sequenz Bilder von Skifahrern. Eine gemütliche „Sonntagsfahrerin“, ein Trickskifahrer, ein Wasserskifahrer, der an einem Rennboot hängt. „Genauso verhält es sich mit dem Prostatakrebs. Das ist ein Name, hinter dem sich viele und ganz unterschiedliche Problematiken verstecken“, erklärte Lodde. Es gibt harmlose Prostatakrebse, die bei regelmäßiger Kontrolle keiner Behandlung bedürfen und es gibt extrem aggressive Prostatakrebse. Dazwischen eine große Bandbreite. Die Therapie muss deshalb an jeden konkreten Fall individuell angepasst werden und den besonderen Umständen Rechnung tragen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient, Arzt und Angehörigen sowie umfassende Information über Pro und Kontra der Behandlungsmethoden sind unumgänglich.
Prostatakrebs zählt zu den häufigsten Krebsarten des Mannes. Aber nicht überall ist die Inzidenz gleich. In Nordamerika ist sie sehr hoch, in den asiatischen Ländern sehr niedrig, in Österreich und Italien liegt sie mittendrin, zwischen 80 und 100 Männer von hunderttausend sind betroffen. Die Zahl der Fälle ist im Steigen begriffen, allerdings auch, weil zunehmend Vorsorgeuntersuchungen angeboten werden und dadurch mehr Krebserkrankungen entdeckt werden.
Die Vorsorgeuntersuchung ist zum einen die Messung des PSA-Wertes im Blut, ein Hormon, das erhöht Hinweis auf einen Tumor, allerdings auch auf eine harmlose Prostataentzündung sein kann und die Tastuntersuchung durch den Urologen. „Die Überlebenschancen sind dank des Screenings gestiegen und liegen heute nach fünf Jahren bei 75%“, betonte Dr. Lodde.
Allerdings ist seit 1990 die therapeutische Behandlung dieser Krebsart kaum verändert worden. In den letzten Jahren stieg zudem die Tendenz auch nicht unbedingt aggressive Tumore zu operieren, mit all den negativen Folgen für den Patienten. „Die Herausforderung heute ist, neue Therapien zu entwickeln und vor allen Dingen Marker zu entwickeln, die von vorneherein zwischen leichten, mittleren und schweren, also sehr aggressiven Tumoren unterscheiden, damit die Therapie entsprechend angepasst werden kann und wir nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.“
Prostatakrebs ist ein delikates Thema, das Männer immer noch mitgroßer Scheu angehen, da die Behandlung dieses Krebses weitreichende Folgen haben kann und zum Teil hart in das (Intim)Leben des Betroffenen eingreift. Angst lässt viele Männer schweigen und Angst hält viele Männer immer noch davon ab, die Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig wahrzunehmen. „Wenn der Prostatakrebs rechtzeitig erkannt wird“, so Dr. Lodde, „sind die Heilungschancen sehr hoch.“ Aus diesem Grunde hat die Südtiroler Krebshilfe sich in der diesjährigen Pressekonferenz dieses Themas annehmen wollen, betonte Landesvorsitzende Renate Daporta Jöchler in ihrer Einführung.Die Prostata oder Vorsteherdrüse produziert verschiedene Flüssigkeiten, die in der Samenflüssigkeit des Mannes enthalten sind. Ihre Arbeit ist von den männlichen Geschlechtshormonen gesteuert und wirkt auch auf die äußeren, sekundären männlichen Geschlechtsmerkmale, wie z. B. den Bartwuchs,erklärte Dr. Susanne Baier, Onkologin am Bozner Krankenhaus und regelmäßiger Gast der Pressekonferenzen der Südtiroler Krebshilfe. „Der Prostakrebs“, so Dr. Baier, „ist zu 95% ein Adenokarzinom, d. h. eine hormonabhängige bösartige Geschwulst. Das Wachstum der Prostata ist hormonabhängig und damit auch das Wachstum der bösartigen Zellen.“
Symptome für eine Krebserkrankung sind laut der Onkologin ein verzögerter oder schwacher Urinstrahl, ein Nachtröpfeln am Ende des Urinierens, das Gefühl, die Blase nicht komplett entleeren zu können, Schwierigkeiten, den Harn zu halten,die auch in Inkontinenz ausufern können, vor allem nachts. „Allerdings können diese Symptome auch nur ein Hinweis auf eine altersbedingte Vergrößerung der Vorsteherdrüse sein.“
Die Patienten werden in unterschiedliche Risikoklassen eingeteilt. Im Frühstadium braucht es meistens keine onkologische Behandlung, also keine Chemotherapie, sondern einen urologische und eine Strahlenbehandlung. In sehr seltenen Fällen ist laut Dr. Baier eine chirurgische Kastration, also die Entfernung der Hoden notwendig. Am häufigsten werden die Patienten einer Hormonbehandlung unterzogen, bei der die Produktion der männlichen Hormone im Gehirn unterbunden wird, so dass die Hoden kein Testosteron mehr produzieren oder aber sie werden mit antiandrogenen, also antihormonhaltigen Stoffen behandelt, die sich an die Tumorzelle anlegen und damit deren Wachstum blockieren.
Die bisher erfolgreichste Behandlungsart ist laut Dr. Baier die Verabreichung eines Antiandrogens oder eine Kombination der beiden Therapien. Die Nebenwirkungen sind für die Patienten allerdings eklatant: eine absolute Reduzierung der Libido, Muskelschwund, mitunter auch eine Veränderung des Äußeren, da weibliche Hormone überhand nehmen, also mögliches Brustwachstum, eine Veränderung der Stimme. „Deshalb ist es ganz wichtig, dass Arzt und Patient gemeinsam entscheiden, welcher Therapieweg eingeschlagen wird“, betont Susanne Baier. Eine solche Hormonbehandlung muss moduliert werden und kann maximal 12 bis 18 Monate durchgeführt werden.
„Eine Chemotherapie”, so die Onkologin, „wird eigentlich nur dann erforderlich, wenn der Patient nicht auf die Hormontherapie anspricht oder eine progressive Hormonresistenz aufweist. Der Patient muss zudem einen guten Allgemeinzustand aufweisen.“
Voraussetzung für den Erfolg jeder Therapie ist das optimale Zusammenspiel von Onkologen, Urologen und Radiologen, die im sogenannten Tumorboard jeden Fall kontinuierlich überprüfen und diskutieren. Jeder Patient hat einen Vertrauensarzt, der seinen Fall betreut und der auch für Gesprächemit der Familie zur Verfügung steht.
Die Strahlentherapie wird grundsätzlich bei jedem Prostatapatienten angewandt, erklärte Dr. Martin Maffei, Radiologe an der Bonvicini-Klinik, Sitz der Abteilung für Strahlenthearpie am Krankenhaus Bozen. „Also bei Patienten, die nicht operiert, aber hormonbehandelt werden, bei Patienten, bei denen die Operation nicht gelungen ist, bei rezidiven, d. h. rückfälligen Patienten und bei Patienten mit Metastasen im Knochensystem als palliative Schmerzbehandlung.“
2011 wurden in Bozen 55 Prostata-Patienten strahlenbehandelt, 2012 waren es 63, die Zahl ist also leicht im Steigen begriffen. „Die Therapiestrategie ist ausgerichtet nach low, intermediate und high risk und beträgt im Schnitt 41 Tage, fünf Tage pro Woche. Die Strahlendosis ist so gering wie möglich berechnet, um die Nebenwirkungen zu senken“, erläuterte Dr. Maffei.
Es gibt zwei unterschiedliche Strahlentherapien. Zum einen werden hochenergetische Protonen von außen auf die betroffenen Stelle geleitet oder aber die Strahlenquelle wird im Rahmen der sogenannten Brachytherapie direkt in die Prostata eingeführt. Der Radiologe Dr. Maffei: „Bei der Brachytherapie haben wir bei Patienten, die ein niedriges Risiko aufweisen, exzellente Ergebnisse auch in Hinblick auf die Nebenwirkungen.“
Die Nebenwirkungen bilden sich meist nach Absetzen der Strahlentherapie zurück und sind in 30 von hundert Fällen Durchfälle, erhöhter Harndrang und Impotenz (25 von hundert), in seltenen Fällen auch Inkontinenz (sechs von hundert) oder chronische Darmentzündungen (acht von hundert).
„Nach einer Operation mit optimalen Schnitträndern sind 75% der behandelten Patienten nach fünf Jahren als geheilt zu betrachten“, betonte Dr. Martin Maffei. Auch bei der Strahlenbehandlung wird der Patient in die Planung der Therapie mit einbezogen. „Wir erstellen mit jedem Patienten einen ganz individuellen Behandlungsplan.“ Die Strahlenbehandlung wird mit Magnetresonanz und in die Prostata eingesetzten Goldmarkern durchgeführt, um ein Übergreifen auf gesundes Gewebe auszuschließen.
Der Erfolg der Strahlenbehandlung wird mittels PSA Messung kontrolliert. Dr. Maffei: „Frühestens drei Monate nach Abschluss der Behandlung kann der Wert dieses Hormons im Blut sinken, es kann unter Umständen aber auch bis zu zwei Jahre oder sogra noch länger dauern.“Je höher die Dosis, so der Radiologe, desto höher ist die Heilungschance. Nach der Strahlentherapie müssen sich die Patienten regelmäßig den PSA-Wert im Blut messen lassen.
Die Südtiroler Krebshilfe will Männer sensibilisieren, besser auf die Signale ihres Körpers zu achten und die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen.
Landespräsidentin Renate Daporta: „Zwischen 50 und 60 sollte jeder Mann eine PSA-Messung vornehmen lassen.“ Liegt der Wert unter eins, ist das Risiko als gering einzuschätzen; bei einem Wert ab vier oder fünf besteht ein effektives Risiko, dann sollte der Betreffende alle drei bis vier Jahre sein PSA kontrollieren lassen. "Das Problem ist bei den Männern leider, dass sie nicht daran gewöhnt sind, auf die Signale ihres Körpers zu achten", so Renate Daporta Jöchler.
Was ist das: PSA?
Das prostataspezifische Antigen (abgekürzt: PSA) ist ein Enzym, es dient der Verflüssigung des Ejakulats nach dem Samenerguss. Die Bildung dieses Enzyms wird von Androgenen, also männlichen Sexualhormonen gesteuert. Das PSA wurde erstmals 1979 isoliert und ist mittlerweile zum wichtigsten Marker in der Urologie geworden; es ist der empfindlichste Parameter in der Diagnostik desProstatakarzinoms. PSA ist allerdings naturgemäß auch beim Prostata-Gesunden nachweisbar und kann auch bei gutartiger bzw. altersbedingter Prostatavergrößerung erhöht sein. Der PSA Wert wird mittels Blutuntersuchung ermittelt.

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Der Patient steht immer im Mittelpunkt

30 Betten - 500-600 Operationen im Jahr - 1.300 Endoskopien - Zertifizierung

Dr. Michele LoddeDr. Michele Lodde

Eine große Abteilung. Dayhospital, zwei endoskopische Säle, Ambulanz und 30 Betten, alles auf einem Stock. Ein hohes Turnover. Gleich nebenan ist der Operationstrakt. Die Urologie am Bozner Krankenhaus. Zehn Ärzte, 28 PflegerInnen. Primar ist seit 2000 Dr. Armin Pycha.
Armin Pycha hat in Innsbruck studiert und war lange Jahre Oberarzt an der Universitätsklinik Wien, sowie Leiter der Ambulanz für erektile Dysfunktion, Fertilität und Neuro-Urologie. Nach der Übernahme des Primariats hat Dr. Pycha die Abteilung umstrukturiert, in die internationale Weiterbildung seiner Mitarbeiter investiert und Urologen bzw. Chi-rurgen von internationalem Rufzu Stages nach Bozen geholt, so dass die Abteilung mittlerweile den fortgeschrittenen europäischen Standards entspricht.
Auf der Urologie Bozen werden Krankheiten wie Infektionen der Harnwege, Nierensteine, Inkontinenz, Blasenentleerungsstörungen sowie kinderurologische Probleme behandelt. Einbeträchtlicher Teil der behandelten Pathologien sind onko-urologischer Natur: Krebs an Prostata, Nieren, Blase oder Hoden.
Das Durchschnittsalter der Patienten ist schwer zu beziffern. An Prostata-, Blasen- und Nierenkrebs erkranken Männer zwischen 65 und 70. Bei Blasenkrebs liegt das Verhältnis Mann Frau bei zwei zu eins. „Allerdings“, so Dr. Michele Lodde, einer der Oberärzte der Abteilung und zuständig für die onkologischen Patienten, „steigt die Zahl der an Blasenkrebs erkrankenden Frauen“. Ursache ist die Tatsache, dass Frauen zunehmend rauchen.
Hodenkrebs hingegen betrifft meist sehr junge Männer in einem Alter von 20 bis 30 Jahren. Die Heilungschancen sind bei einer frühen Diagnose und sorgfältiger Durchführung des Behandlungsprotokolls und regelmäßiger Nachsorge und Kontrolle sehr hoch, bei 98%. Zweimal im Monat bietet die Abteilung eine spezifische Hodenambulanz an, die die Urologin Emanuela Trenti gemeinsam mit der Onkologin Susanne Baier durchführt. Die Synergie zwischen Chirurgie und Chemotherapie ist bei Hodenkrebs von besonderer Wichtigkeit.
Vor großen Eingriffen an Prostata oder Blase haben die Patienten Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Psychologen der Abteilung, Dr. Alessio Soppelsa, der die Patienten auf Wunsch auch weiterhin betreut. Nicht alle Patienten nutzen dieses Angebot.
„Es gibt verschiedene Patientenkategorien“, erklärt Dr. Lodde. „Patienten, die viel fragen, die alles wissen wollen und selbst intensiv imInternet nach Informationen suchen oder aber das Gegenteil. Patienten, die einfach nur ihr Problem lösen und dann so schnell wie möglich zum Alltag zurückkehren wollen.“

Ein Saal für endoskopischen UntersuchungenEin Saal für endoskopischen Untersuchungen

Während Blasenkrebs meist durch Blut im Urin festgestellt werden kann, handelt es sich bei der Diagnose von Nierenkrebs meist um Zufallsbefunde. Die Betroffenen unterziehen sich wegen anderer Beschwerden oder zur Kontrolle einem Ultraschall oder CT wobei dann der Krebs entdeckt wird. „Nierenkrebsist zu 70% asymptomatisch, wenn Symptome auftreten, dann ist der Tumor schon sehr weit fortgeschritten.
Bei Prostatakarzinom ist hingegen die Digito-Rektaluntersuchung zusammen mit der Blutuntersuchung PSA die gängige Methode der Früherkennung. Für die rechtzeitige Diagnose von Hodentumoren ist die regelmäßige Selbstuntersuchung des Hodens zu empfehlen.
Die Arbeit der Ärzte auf der Abteilung ist durch die verschiedenen Ambulatorien skandiert. Für Notfälle ist natürlich jeder Tag gut. Montag und Dienstag finden die Nachuntersuchungen der Krebspatienten statt. Jeden Donnerstag gibt es eine Kinderambulanz, die von Dr. Evi Comploj, einer europäisch zertifizierten pädiatrischen Urologin, durchgeführt wird. Mittwochs kommen die entlassenen Patienten zur Nachsorge. Jeden Freitag hält Dr. Helmuth Schuster eine andrologische Sprechstunde ab, außerdem werden die neuro-urologischen Patienten, also Patienten mit urologisch bedingten Störungen der Blasenentleerung wie Querschnittgelähmte, Multiple Sklerose-Patienten oder Patienten mit Parkinson untersucht. Die neuro-urologische Sprechstunde hält Dr. Lukas Berner.
Jede Woche findet außerdem im Rahmen der internationalvorgegebenen Standards der Tumorbehandlung ein multidisziplinäres Tumorboard mit den Kollegen der Onkologie und der Strahlentherapie (an der Bonvicini-Klinik) statt. Hier werden von den verschiedenen Spezialisten Fälle und die jeweils bestmögliche Therapie diskutiert.
Die Abteilung für Urologie unterhält enge Kontakte zu anderen Referenzzentren, wie Mailand, Kufstein oder Feldkirch. Dr. Lodde: „Bei diesen Kontakten werden zum Beispiel Operationsergebnisse oder –techniken verglichen und diskutiert.“
In regelmäßigen Abständen kommen außerdem Spezialisten aus Canada, USA, Österreich oder Deutschland zum Austausch auf die Abteilung.
Besonders stolz sind Primar Pycha und sein Ärzteteam auf die internationale Zertifizierung für die urologische Ausbildung, die im Herbst für weitere fünf Jahre erneuert worden ist. Die Urologie am Krankenhaus Bozen ist außerdem Mitglied des European Board of Urology, die Zertifizierung in Uro-Onkologie ist im Gange.
Die Pflege
Agnes Blasbichler ist ein Organisationstalent und das muss sie auch sein, um Pflege, Patienten, Abteilung und ärztliche Behandlung perfekt aufeinander abzustimmen. Sie ist die Koordinatorin des Pflegedienstes und teilt den Dienst von 28 Personen ein.
Seit acht Jahren arbeitet sie auf der Urologie, vorher war sie acht Jahre in der Wiederbelebung. „Das Besondere an dieser Abteilung ist die Chirurgie. Hier ist ein hohes Maß an Zusammenarbeit zwischen Pflegepersonal, Ärzten und Patienten erforderlich.“ Die Abteilung hat im Normalfall Eintages-, Dreitages-, Fünf-, Acht- und Fünfzehntagespatienten. „Das Dayhospital ist direkt in die Abteilung integriert, sodass unsere Patienten nach dem stationären Aufenthalt auch weiterhin in engem Kontakt mit der Abteilung bleiben und die gleichen Ansprechpartner vorfinden.“
Ein ganz wichtiges Prinzip für das Funktionieren der Urologiesei, so Agnes Blasbichler, die Integrierung des Patienten in seinen Heilungsprozess. „Unsere Patienten müssen mitarbeiten! Teamarbeit funktioniert bei uns auf allen Ebenen.“
Schon vor der Aufnahme und der Operation wird der Patient telefonisch kontaktiert und ihm eine fixe Ansprechperson zugeteilt. „Aufnahme, Operation, Genesungsprozess, Behandlungsprotokoll“, erklärt Agnes Blasbichler „unsere Patienten werden über alles ins Bild gesetzt.“ Auch über die Organisation der Abteilung und über das Schmerzprotokoll. Jeder Patient wird individuell gemäß einer Skala von eins bis zehn nach seinem persönlichen Schmerzempfinden eingestellt. „Nach der Operation kommt er mit Schmerzprotokoll und Skala auf die Abteilung, Urologe und Anästhesist sprechen die Behandlung gemeinsam ab.“ Der Patient steht im Mittelpunkt und Agnes Blasbichler sorgt dafür, dass alles um ihn herum wie am Schnürchen klappt und ineinandergreift.
Die Patienten
Neun Tage ist Elsa auf der Abteilung für Urologie am Bozner Krankenhaus. Morgen darf sie nach Hause. Am 9. Dezember wird sie 77 Jahre alt. Annalisa „Else“ Stifter Manca ist eine rüstige Frau, sie ist seit zwölf Jahren Witwe und lebt allein, hat drei Kinder, sieben Enkel und einen Urenkel.Die Hälfte des Tages verbringt sie mit ihrer Tochter. Ihr wurde eine von Krebs befallene Niere entfernt. Der Tumor war verkapselt. Nach-Therapien hat sie keine. Entdeckt wurde der Tumor durch Zufall. Else leidet seit Jahren an Leukämie. Bei der letzten jährlichen Routine-Kontroll-Untersuchung wurde ein Schatten auf der Niere festgestellt. „Mir geht es gut hier, so gut, wie es eben im Krankenhaus gehen kann. Alle sind außerordentlich nett zu mir“, stellt Else fest. Sie fühlt sich gut aufgehoben, hat das Gefühl, dass jeder sein Bestes für sie gibt. Sie liegt alleine im Zimmer. Sie isteine stille Frau mit einem schüchternen Lächeln. Else liebt es zu beobachten. Die Ärzte, das Pflegepersonal. Über jeden macht sie sich ihre Gedanken, freut sich über jeden, der ihr Zimmer betritt und ein paar Worte mit ihr wechselt.
Mario Vinante kommt aus Tesero im Fleimstal. Seit 20 Tagenschon ist er auf der Urologie, noch vier oder fünf Tage und dann wird auch er entlassen. Der frühere Tischler musste an Blase und Prostata operiert werden. Er hat Glück gehabt. Die Blase konnte rekonstruiert werden, der Prostatakrebs ist rechtzeitig entdeckt worden, nach seiner Entlassung muss er sich keiner Chemotherapie unterziehen. Das Bozner Krankenhaus kannte er schon von einem Unfall von vor zwei Jahren her, bei dem er sich ein Hirn- und Wirbelsäulentrauma zuzog. Neben der exzellenten ärztlichen Versorgung gefällt ihm in Bozen der menschliche Aspekt. Die freien Besuchszeiten, dieoffene Atmosphäre. Seine Frau Cristel kommt jeden Tag von Tesero nach Bozen. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Bus, Zug und Bus. Eineinhalb Stunden hin und eineinhalb Stunden zurück. Wenn es reicht. Sie bleibt zwei bis drei Stunden, manchmal auch länger. Sitzt bei ihrem Mario „Sie haben uns alles sehr gut erklärt, alle unsere Fragen beantwortet“, erzählt Cristel. Mario redet nicht gerne. Das überlässt er lieber seiner Frau, aber er nickt zustimmend zu ihren Worten. Dass er sich wohlfühlt hier. Dass er sehr gut versorgt wird und dass er nie das Gefühl hat, sich selbst überlassenzu sein. Wenn er nach Hause kommt, freut er sich auf einen Teller Polenta mit Sauerkraut, denn Polenta, nein, die können sie hier in Bozen nicht kochen. Und auf sein eigenes Bett freut er sich auch.