Die Neuregelung der Tumorchirurgie

Erfahrung lässt sich nicht nur an Zahlen ablesen

Dr. Heinrich Pernthaler, Primar der Chirurgie am Krankenhaus Meran
Dr. Heinrich Pernthaler ist seitüber zwanzig Jahren Chirurg in leitender Stellung. Er hat u. a. das Transplantationszentrum in Innsbruck geleitet und dort sämtliche Organe des Bauchraumes transplantiert.
Er lehrt an der medizinischen Fakultät Innsbruck und hat als Primar der Chirurgie am Krankenhaus Bozen die Leberchirurgie aufgebaut, ist spezialisiert auf delikate Pankreasoperationen. Dr. Heinrich Pernthaler, ist seit seiner Rückkehr aus Deutschland vor zwei Jahren, Primar der Abteilung Chirurgie am Krankenhaus Meran.
„Eine Zertifizierung nach europäischen Standards hätte ich für meine Abteilung ohnehin angestrebt; nun ist diese sozusagen von oben verordnet worden.“ Für seine Abteilung, ihn persönlich, seine tägliche Arbeit und die seines Teams ändert sich im Prinzip mit der Neuordnung der Tumorchirurgie wenig.Meran ist eines der Referenzkrankenhäuser in Südtirol.
Gerade deshalb zieht er es vor, nicht Stellung zu beziehen. „Ich stehe nicht der Sache an sich skeptisch gegenüber, sondern dem Modus, dem Verordnen von oben. Es braucht viel Fachkenntnis, um solche Dinge zu beurteilen; die Frage ist legitim, ob politische Entscheidungsträger ausreichenden Einblick haben, um solch spezifische Entscheidungen zu treffen …“ Erfahrung“, so Primar Heinrich Pernthaler, „lässt sich nicht unbedingt nur an Zahlen ablesen, ist nur ein Teil der Wahrheit.“

Die Neuregelung der Tumorchirurgie

Ein Chirurg möchte den ganzen Körper operieren

Dr. Peter Georg Stecher, Primar der Chirurgie am Krankenhaus Schlanders
Er ist frustriert. So hätte er sich den Abschluss seiner Karriere nicht vorgestellt. Dr. Peter Georg Stecher ist Primar der Chirurgie am Krankenhaus Schlanders. Mit der Neuordnung der Tumorchirurgie hat sich sein Leben geändert.
„Wir haben zwei Jahre gekämpft. Umsonst. Wir fühlen uns alleingelassen. Von den Politikern, von der Ärztekammer, von unserem Landesrat. Der Vinschgau ist doch ein recht großes Gebiet, im Pustertal und in Sterzing, da haben viele mitgekämpft. Bei uns nicht.“
Das Paradoxe an der Reform sei,laut Stecher, „dass wir auch weiterhin Akut-Operationen durchführen dürfen, die viel schwerer sind, als die uns nun verbotenen Tumoroperationen. Eine Dickdarmperforation, einen Magendurchbruch, das operieren wir.“ Im Jahr werden in Schlanders 50 bis 100 Operationen wegfallen. „Und zwar gerade die interessantesten. Sie sollten meine fünf Jungärzte sehen, die ich für unser Krankenhaus gewinnen konnte. Alles gute Leute. Sie lassen die Köpfe hängen.“ Laut Stecher gebe es weit wichtigere Faktoren als Zahlen, um zu beurteilen, ob eine Abteilung gut arbeite oder nicht.
Dr. Peter Georg Stecher: „Um als Chirurg zu arbeiten, braucht es schon mehr als hundert Prozent Begeisterung. Wenn jemand eine zehnjährige Ausbildung absolviert, dann möchte er nicht nur Krampfadern, Mandeln und Blinddarme operieren. Wenn die Politiker uns schließen wollen, dann sollen sie es ehrlich sagen!“
Stecher kommt selbst aus dem Vinschgau. „Ich werde auch bleiben, das bin ich schon meinen Ärzten schuldig. Wir haben ja auch viel Unfallchirurgie. Aber trotzdem, wer ein echter Chirurg ist, der möchte Operationen am ganzen Körper durchführen.“ Schwierige und große Operationen hätteseine Abteilung ohnehin schon seit zehn Jahren immer nach Meran geschickt. „Aber jetzt haben sie uns alles genommen, auch den Dickdarm und die Kropfoperationen.“