Aktuell

Wenn die Stimme verloren geht

Der Südtiroler Sprachbehinderten-Verband
„Unsere wichtigste Tätigkeit ist, die Frischoperierten in den Krankenhäusern zu besuchen und zu informieren“, erklärt Rino Luppi, Vorsitzender des Südtiroler Sprachbehindertenverbands. Der 1970 gegründete Verband zählt ca. hundert Mitglieder, vornehmlich Männer, pro Jahr verzeichnet er fünf bis acht Neueinschreibungen.
Eine Operation im Kehlkopfbereich verändert das Leben des Betroffenen empfindlich. Sprechen, Atmen, Schlucken, Essen – alles was vorher selbstverständlich war, ist plötzlich ein Problem und muss neu erlernt, bzw. mit Hilfe von Behelfsmitteln wieder hergestellt werden.
Für Rino Luppi und seine Mitstreiter im Verband der Sprachbehinderten ist es deshalb ungemein wichtig, mit den Betroffenen sofort, möglichst auch schon vor der Operation, Kontakt aufzunehmen. Vizepräsident ist Anselmo Marcomin, im Vorstand sind neben Sekretärin Liane Giaretta noch Gianni Sperandio und Gino Cera.
Der Verband ist in Kontakt mit den Krankenhäusern in Südtirol und Rino Luppi fährt durch´s ganze Land, um Patienten zu besuchen. Neben dem menschlichen Aspekt geht es dem Verband darum, den betroffenen Patienten sofort über alle bürokratischen Belange zu informieren. „Wir übergeben ihm die komplette Dokumentation mit allen Papieren für eventuelle Beiträge, Informationen über notwendiges Material, atmungsaktive Kleidungsstücke mit Rollkragen, die das Tracheostoma schützen, Kanülen, elektronische Sprechhilfen bzw. Stimmprothesen usw.“
„Wir möchten diesen Menschen Hoffnung machen und zeigen, dass auch nach solcheiner Operation Lebensqualität gegeben ist. Man muss sich eben darauf einstellen.“ Das Zusammensein mit Menschen in der gleichen Situation hilft dabei. Das größte Problem von Kehlkopfoperierten ist die Stimme. „Um wieder sprechen zu lernen“, so Rino Luppi, „muss man hart arbeiten. Mit demLogopäden aber auch alleine. Und man muss seine veränderte Stimme akzeptieren.“
Der Verband wird zu 75 % vom Land unterstützt, weitere Mittel bezieht er aus den Mitgliederbeiträgen, bzw. aus Spenden. Spendenaktionen werden keine veranstaltet. Der Sprachbehindertenverband ist vor wenigen Monaten umgezogen in die eigenen vier Wände. Ein ebenerdiges Lokal mit zwei großen hellen Zimmern, einer voll eingerichteten Küche und zwei separaten Eingängen in der Haslacherstraße 4 B. Ein Raum ist dem Sekretariat vorbehalten und dient als Versammlungsraum für Besprechungen. Der andere Raum wartet noch auf seine Einrichtung. Die Wände sind in Eigenarbeit geweißelt worden, jetzt sollen Tische und Stühle aufgestellt werden.
Das Lokal konnte dank der Mittel aus den fünf Promille der Einkommenssteuer finanziert werden. Die Renovierungsarbeiten wurden in Eigenregie durchgeführt, das Material stammt aus Spenden. „Wir möchten dort Feste abhalten, aber auch den Mitgliedern die Möglichkeit geben, sich zu treffen. Zum Reden, zum Kartenspielen, auch zum gemeinsamen Essen,"erklärt Liane Giaretta, die Sekretärin des Sprachbehindertenverbands.
„Am Anfang neigen kehlkopfoperierte Menschen dazu, sich zu isolieren, weil sie mit ihrem Handicap nicht fertig werden. Wir wollen ihnen aus dieser selbstgewählten Einsamkeit heraushelfen.“ Frischoperierte sind meistens sehrpassiv, aber nach und nach, so Liane Giaretta, öffnen sie sich und fassen dann auch den Mut, sich außerhalb des „geschützten Raumes“ der Gleichgesinnten frei zu bewegen. „Wir machen Ausflüge, gehen Kegeln, spielen Karten, organisieren jedes Jahr zwei Meeraufenthalte in Miramare, einen zusammen mit der Südtiroler Krebshilfe“, erzählt Liane Giaretta.
Der Meeraufenthalt ist immer auch mit Jodanwendungen verbunden, die bei Kehlkopfproblemen sehr gut tun. Stoma-träger müssen darauf achten, dass über den Stoma kein Wasser in die Luftwege gelangt, deshalb gehen sie mit einem Schwimmreifen ins Meer, was ihrer Freude am Bad allerdings keinen Abbruch tut. Bei einer Kehlkopfoperation wird die Luftröhre zum Rachenraum abgebunden, der Betroffene atmet über den Tracheostoma, eine künstliche Öffnung im Halsbereich. Nasenatmung ist nicht mehr möglich. Die Atemluft wird deshalb nicht mehr angefeuchtet, die Öffnung muss vor Staub, Pollen und Wasser geschützt werden. Sprechen muss neu erlernt werden.
Das Sekretariat des Verbands ist vier Tage in der Woche von 10 bis 11 Uhr geöffnet, Nachrichten können auf dem Anrufbeantworter hinterlassen werden, der täglich abgehört wird. Präsident Rino Luppi kann auch außerhalb der Bürozeiten über Handyerreicht werden. Eine Internetseite ist in Arbeit.

Südtiroler Sprachbehinderten-Verband
Haslacherstraße 4 B, Bozen
Tel. 0471 203823
Rino Luppi 338 3686562
uaamdv@alice.it

Aktuell

Zwischen den Welten

Fotoausstellung von Inge Tutzer
“Fotografieren bedeutet für mich teilhaben an der Sterblichkeit, an der Verletzlichkeit und an der Verwandelbarkeit ”
Diesen Satz von Susan Sontag hat Inge Tutzer als Motto ihrer Fotografie gewählt. Die Psychologin, die nach ihrer Krebserkrankung vor fünf Jahren angefangen hat zu fotografieren, ist Autodidaktin. Und möchte auch nichts anderes sein. Sie erlebt das Auslösen als spontane Geste. Ihre automatische Kamera hält seltsame Objekte fest, die von einer geheimnisvollen, melancholischen und sensiblen Schönheit sind. Nur der zweite Blick offenbart - wenn überhaupt - die Natur des geheimnisvollen Objektes auf dem Foto. Ihr Motive sind das Ergebnis flüchtiger Zufallsblicke, die einen alltäglichen Gegenstand in ästhetisches Rätsel verwandeln.
Zwischen den Welten – soder Titel ihrer zweiten Ausstellung, im vergangenen Dezember in Bruneck.