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Green – Monday

Klimafreundlich und gesund: tierproduktfreie Kost in der Bozner Krankenhausmensa
Es ist keine neue Erfindung. Schon seit 2003 gibt es den Meatless Monday in den USA; 2009 startete die belgische Stadt Gent den Veggie Thursday und 2012 führte eine Gruppe sozialer Unternehmen in China den Green Monday ein. Dr. Michael Kob, geschäftsführender Primar des Dienstes für Diätetik und klinische Ernährung und Alexandra Obexer haben im Rahmen des Wettbewerbs "Umwelt & Klima" einen Green Monday in der Mensa des Bozner Krankenhauses angedacht.
Mit Erfolg. Nicht nur sind sie als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgegangen, nach viermonatigem Vorlauf sind die Green Mondays seit 11. Oktober Realität. Vorgestellt wurde das Projekt im Rahmen einer Pressekonferenz mit anschließendem Buffet. Hundert Prozent pflanzlich natürlich, was sonst, und ausgesprochen wohlschmeckend! Während die Großen der Erde beim Klimagipfel in Rom und Glasgow selbst vor kleinen Schritten zurückschrecken, zeigt das Krankenhaus Bozen, dass es eigentlich gar nicht viel braucht. Nachahmen ist erlaubt.
Ausgangspunkt für das Projekt, das bald auf andere Mensen und nicht nur im öffentlichen Raum, ausgeweitet werden soll, sind ebenso erschreckende wie reelle Daten: Die fünf weltweit größten Fleisch- und Molkereikonzerne sind für mehr Treibhausemissionen verantwortlich als alle großen Ölkonzerne zusammen. Die Massenhaltung von Wiederkäuern führt zu massivem Ausstoß von Methan, ein Gas, das klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Die Auswirkungen des Klimawandels sind längst vor aller Augen!
Aber nicht genug: die Zuchttierhaltung belastet auch durch einen hohen Wasserverbrauch und durch Energie- und Landnutzung signifikant die Umwelt. Die Produktion von einem Kilogramm tierischen Eiweißes verbraucht mehr als 110.000 Liter Wasser und die Massenproduktion von Soja als kostengünstiges Tierfutter, führt zur Rodung der Regenwälder. Auch das hat katastrophale Folgen für unser Klima.
Wurstwaren und rotes Fleisch sind außerdem gesundheitsschädlich. Ein zu häufiger Verzehr kann Krebserkrankungen, Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen. Demnach, so Dr. Kob und Alexandra Obexer in ihrer Studie, „ist die Reduktion von tierischen Produkten in der Ernährung des Menschen also eine absolute, globale Priorität, um unseren Planeten zu schützen und um chronische Erkrankungen vorzubeugen!“
Chefkoch Hermann Hofer
Florian Zerzer
Green Monday also. Neue Rezepte, Fragebögen für die Mensabenutzer, innovative Kreativität der Mensaköche, die unter der Leitung von Chefkoch Hermann Hofer nach neuen, tierproduktfreien Rezepten suchten, die für den Einkauf keine Umstellung bedeuteten und keine Mehrkosten bedingten. Denn das war die Vorgabe. Nach dem Motto Ghandis, „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt“, stellte sich die Küchenbrigade mit großem Enthusiasmus der Herausforderung. Das Ergebnis traf auf allgemeine Zustimmung.
Eigentlich hätte das Projekt schon 2019 vom Start gehen sollen, erklärte der Generaldirektor des Sanitätsbetriebs, Florian Zerzer, aber Covid hat einen Bremsklotz davorgelegt. „Es geht hier nicht um einen Kriegszug gegen tierische Nahrungsmittel, sondern um mehr Gesundheit. Liebe geht durch den Magen und auch Gesundheit geht durch den Magen. Das Team "Umwelt & Klima" hat uns gezeigt, dass etwas gut für die Umwelt und den Körper und gleichzeitig außerordentlich schmackhaft sein kann.“ "Nachdem wir 2019 den ersten Preis von 60 Teilnehmern im Wettbewerb "Klima & Umwelt" gewonnen hatten“, berichtete Dr. Michael Kob, „gab es für uns keinen Zweifel: das Projekt muss umgesetzt werden.“ Bis Juli 2021 hieß es sich aber gedulden. „Es war ein Wettrennen, aber ich bin überzeugt, der Erfolg ist vorprogrammiert. Nahrungsmittel, die einen großen Impakt haben auf die Umwelt, sind gleichzeitig auch gesundheitsschädlich. Das Beispiel Bozen wird/ muss Schule machen. Unsere Zielgruppe sind Angestellte von öffentlichen Einrichtungen in Südtirol, Kindergartenkinder, Schüler, Patienten in öffentlichen Krankenhäusern und Altersheimen.“
„Die größte Herausforderung war für uns, Rezepte zu kreieren und auszuprobieren, die für 2000 Personen geeignet sind“, betonte Chefkoch Hermann Hofer. „Und das aus den Zutaten, die wir ohnehin in der Küche haben“, ergänzt Vize-Chefkoch Albert Pattis. Rein pflanzlich ist das Menü am Montag im Augenblick nur für die Angestellten. Dr. Kob hofft auf eine baldige Änderung des entsprechenden Lebensmittelgesetzes, um den Green Monday auch in den Patienten-Speiseplan einzuführen. Das Verkostungsmenu am 11. Oktober kam jedenfalls sehr gut an: Nudel mit Linsenragout und Tomaten, Blumenkohlcreme, Auberginen mit Tomaten und ein Kichererbsen-Curry mit Paprikaschoten. Gemüseschnittchen als Vorspeise und verschiedene Desserts durften auch nicht fehlen. Zusätzliche Kosten entstehen dadurch nicht. Im Gegenteil: Eine Studie, die am Europäischen Adipositaskongress im Mai 2018 vorgestellt wurde, besagt, dass eine rein pflanzliche Ernährung sogar bis zu 2 US-Dollar pro Tag günstiger ist als eine Standard-US-Diät oder eine mediterrane Diät.
Auf der Webseite des Projekts, www.sabes.it/greenmondays finden sich Rezepte zum Nachkochen. Ein Tag in der Woche tierproduktfrei – eine kleine Geste mit großem Effekt für unseren Planeten und unsere Gesundheit. Zum Nachmachen.

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Gesund, ausgewogen und nachhaltig

Drei Fragen an Dr. Michael Kob über eine rein pflanzliche Ernährung
Er ist der geschäftsführende Primar des Dienstes für Diätetik und klinische Ernährung, konsumiert aus Überzeugung keine tierischen Produkte, ist ein leidenschaftlicher Hobbykoch und er schreibt die Rezepte für die Chance. Drei Fragen an Dr. Michael Kob, zusammen mit Alexandra Obexer Impulsgeber für die Einführung der Green Mondays in der Mensa des Krankenhauses Bozen.
Dr. Kob, Sie schreiben als Ernährungsmediziner seit mehreren Jahren das Rezept in der Chance. Ihre Vorschläge sind immer zu 100% pflanzlich. Ist eine solche Ernährung demnach auch für Menschen mit geschwächtem Immunsystem, mit onkologischen und/ oder anderen Erkrankungen geeignet?
Dr. Michael Kob: Auf jeden Fall. Natürlich muss eine rein pflanzliche Ernährung – genauso wie eine omnivore – gut geplant werden und individuelle Vorlieben und Verträglichkeiten berücksichtigen. Gerade was das geschwächte Immunsystem angeht, ist eine Ernährung ohne Tierprodukte ganz klar von Vorteil, da das Risiko für Nahrungsmittelinfektionen bzw. -intoxikationen bei tierischen Produkten um ein Vielfaches höher ist, als bei pflanzlichen. Während Fleisch und -produkte, Milchprodukte und Eier – vor allem bei häufigem Verzehr – entzündungsfördernde Effekte auf unseren Körper ausüben, haben Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse und Samen eine entzündungshemmende Wirkung. Letztere sind besonders bei Personen mit Krebserkrankungen oder anderen chronischen Erkrankungen (Herzkreislauferkrankungen, Rheuma, Diabetes, etc.) wichtig, da dort ja bereits eine chronische Entzündung im Körper besteht.
Wie kann man sicherstellen, dass der Körper auch bei einer fleischlosen Ernährung mit allen lebensnotwendigen Stoffen versorgt ist? Muss man zusätzliche Integratoren zu sich nehmen? Auf was ist zu achten?
Dr. Michael Kob: Die Ernährung sollte ausgewogen und abwechslungsreich sein. Durch die Kombination von Hülsenfrüchten (Bohnen, Erbsen, Kichererbsen, Linsen, auch z.B. in Form von Tofu oder Tempeh) mit Getreide- bzw. Pseudogetreideprodukten (Nudeln, Reis, Brot, Mais, Buchweizen, Quinoa) – am besten aus Vollkorn, sofern keinen Gegenanzeigen dafür bestehen – erhält der Körper genügend notwendiges Eiweiß. Eisen, Kalzium und Zink kommen ebenfalls in Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide vor, zusätzlich in vielen Gemüsesorten (Kohlgemüse, Brokkoli, Blumenkohl, grünes Blattgemüse) und in Nüssen und Samen. Der einzige Nährstoff, der bei 100% pflanzlicher Ernährung unbedingt integriert werden muss, ist das Vitamin B12. Entweder in Form eines Nahrungsergänzungsmittels oder als angereichertes Nahrungsmittel (z.B. Vitamin B12-angereicherte Pflanzendrinks). Dabei sollte vielleicht erwähnt werden, dass Vitamin B12 weder von Tieren noch von Pflanzen gebildet wird, sondern ausschließlich von Bakterien und Pilzen. Tatsächlich stammt das Vitamin B12 in tierischen Produkten heutzutage fast ausschließlich aus mit Vitamin B12-angereichertem Tierfutter, gelangt also nur durch die Fütterung in das Fleisch und die Milch des Nutztieres.
Sie sind nicht nur Ernährungsmediziner, sondern auch Hobbykoch. Sie selbst essen aus Überzeugung keine tierischen Produkte. Verträgt sich das?
Dr. Michael Kob: Ich finde, dass sich diese Dinge sogar sehr gut vertragen. Gute Kochkenntnisse zu besitzen, ist von großem Vorteil, um den Patienten auch individuelle, praktische Tipps zur Nahrungszubereitung geben zu können, z.B. wie ich fettarm, aber trotzdem schmackhaft kochen kann, oder wie ich Hülsenfrüchte in meinen täglichen Speiseplan einbauen kann, ohne dass es zu starken Blähungen kommt oder wie ich schnell und kostengünstig gesunde Mahlzeiten zubereiten kann. Meine Entscheidung, keine tierischen Produkte zu konsumieren, ist rein persönlich. Niemand wird von mir gezwungen, komplett auf solche Produkte zu verzichten, aber natürlich sollten diese aus gesundheitlichen, aber auch aus Gründen der Nachhaltigkeit (tierische Produkte haben einen viel höheren ökologischen Fußabdruck als pflanzliche!) nur in limitierter Menge und Häufigkeit konsumiert werden.