Kommentar

Liebe Leserinnen und Leser,

Nicole Dominique Steiner
Covid und kein Ende. Oder doch? Die hoffnungsvolle Aufbruchsstimmung des Sommers, die auch die Landesversammlung und den Landesausflug der Krebshilfe am 19. September geprägt hatte hat, hat sich wieder an den Wänden unserer Wohnungen und Häuser gebrochen. Bis Anfang Dezember war die Devise wieder Lockdown. Zugegeben, weniger streng als in den Monaten von März bis Mai 2020, aber in gewissem Sinn doch härter. Weil man wusste, was auf einen zukam. Weil Südtirol dieses Mal stärker betroffen war und mehr Todesfälle zu verzeichnen hatte und weil wir nicht auf das Frühjahr zugehen, sondern auf den Winter mit Dunkelheit und Kälte. Weil alle 17 Sekunden in Europa ein Mensch an Covid starb. Weil wir Weihnachten möglicherweise ohne unsere Lieben begehen werden müssen.
Und doch gab es Lichtblicke. Nicht nur, weil die Ärzte und Krankenpfleger und Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes wie schon im Frühjahr, ihr Bestes gegeben haben, um diesem Notstand die Stirn zu bieten. In den letzten Novembertagen häuften sich positive Nachrichten über die Bereitstellung von Impfstoffen schon im Frühjahr und weil Südtirol, die Südtiroler Bevölkerung vom 20. bis 24. November ein Zeichen gesetzt hat. Ein Zeichen vonReife, von Solidarität, von Verantwortung. 361.781 Südtiroler haben an dem von der Landesregierung ausgerufenen Massenscreening teilgenommen. 361.781 Menschen haben sich auf Coronavirus testen lassen, 3.615 asymptomatische Fälle konnten dadurch entdeckt werden. Ein Prozent der Teilnehmer. Vorbei ist der Notstand deshalb noch nicht, aber es gibt Hoffnung, dass sich bis zum Jahresende 2021 alles wieder normalisiert haben wird. Und dass es schon nach Weihnachten wesentliche Lockerungen geben wird. Wichtig ist jetzt vor allem Eines: Geduld haben und weiter Vorsicht walten lassen. Handhygiene, Abstand halten und Nasen- und Mundschutz tragen, um mich und andere zu schützen.
Am schwersten betroffen von der Pandemie waren und sind jene Menschen, die alleine leben, die getrennt sind von ihren Lieben und die in dieser Zeit der sozialen Distanzierung ganz auf sich allein zurückgeworfen waren und sind. Telefonanrufe, Whatsapp oder Begegnungen über Video können Nähe schaffen, wo sie aus Sicherheitsgründen untersagt ist. Nutzen wir diese Mittel. Es stimmt, sie können eine Umarmung, einen Händedruck nicht ersetzen, aber sie können dennoch Gemeinschaft vermitteln. Und gemeinsam trägt sich alles besser. Südtirol wurde von der zweiten Welle besonders hart getroffen. Die Krankenhäuser gelangten an den Rand ihrer Kapazitäten. Ärzte und Pflegepersonal waren wieder gefordert, ihr Bestes zu geben, um den Gesundheitsdienst aufrecht zu erhalten. Ihnen gebührt der größte Dank. Jetzt heißt es, weiter Vorsicht walten zu lassen und auf ihre Einschätzung zu vertrauen, welche Therapien und Untersuchungen verschoben werden können und welche auch in Zeiten der Pandemie fortgeführt werden können. Einige Dinge haben wir gewiss gelernt im Lauf des Jahres 2020: Disziplin, Achtung für den Nächsten, Geduld Vertrauen und Zuversicht.
Versuchen wir das Positive mit ins nächste Jahr zu nehmen und freuen wir uns darauf, wenn wir uns ohne Angst wieder in die Arme nehmen können. Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein neues Jahr im Zeichen der Hoffnung, der Gesundheit und des Vertrauens
Nicole Dominique Steiner

Thema

Gut Überleben!

Steigende Überlebenszahlen und Langzeitnebenwirkungen bei (Brust)Krebs
Brustkrebs ist nach wie vor mit 29% das häufigste Krebsleiden, an dem Frauen erkranken. In der EU ist Brustkrebs neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache bei Frauen zwischen 35 und 55 Jahren. Jede 8. Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs, die Überlebensrate liegt bei 88 %. Tendenz steigend. Laut Statistik erkranken in Italien jährlich 48.000 Frauen an Brustkrebs; in Südtirol sind es 400. Die Erkrankungen steigen, nicht zuletzt durch eine immer kapillarere Vorsorge, die Mortalität nimmt kontinuerlich ab, dank der neuen Therapien. Damit stellt sich nun das Problem der Langzeitnebenwirkungen der Brustkrebstherapie.
Vor zwanzig Jahren waren Brustamputation und eine Chemotherapie die Standardtherapie bei Brustkrebs. Heute ist die Krebsbehandlung zunehmend individuell auf den/die jeweilige Patientin abgestimmt.
Kein Brustkrebs gleicht dem anderen. Die Krebszellen vermehren sich unterschiedlich rasch, sie haben unterschiedliche Zelleigenschaften, reagieren unterschiedlich stark oder gar nicht auf Hormone und ebenso unterschiedlich auf die verschiedenen Medikamente. Nicht zuletzt hängt die Therapieentscheidung auch vom Zeitpunkt ab, zu dem die Erkrankung diagnostiziert wird. Dank der modernen Molekular- und Antikörpermedizin können Krebszellen bis ins einzelne Detail bestimmt werden. Die Arbeit des Onkologen gleicht zusehends einem sensiblen Spurenlesen. Für jede(n) Patient(in) wird eine individuelle Therapie zusammengestellt. Die Überlebensquoten steigen. Gerade der Brustkrebs, wenn auch immer noch die häufigste Krebsart bei Frauen, hat bei Früherkennung ausgezeichnete Heilungschancen.
Damit stellt sich nun aber ein anderes Problem, auf das es Antworten zu finden gilt und das noch (zu) wenig erforscht ist: die Langezeitnebenwirkungen der Krebstherapie. In der Vergangenheit war das kein Thema, weil die Überlebenszeiten weit unter den heutigen lagen. Neben dem Langzeit-Überleben liegt der Fokus heute auf der Garantie einer zufriedenstellenden Lebensqualität. Und hier sind enorme Fortschritte gemacht worden. Die Chance hat mit zwei Onkologen, Dr. Manfred Mitterer, Leiter der Internistischen Tagesklinik in Meran und Dr. Christoph Leitner, Leiter des onkologischen Day Hospitals in Bruneck gesprochen. Nachstehend lesen sie die zwei Interviews.