Lymphdrainage

Sicherer bei uns als beim Einkaufen

Lymphdrainage der Krebshilfe geht unverändert weiter – Interview mit Ingeborg Nollet
Die Turnhallen und Schwimmbäder sind geschlossen. Kurse können nicht, bzw. nur online abgehalten werden. Die Bewegungsfreiheit für mehrere Wochen eingeschränkt. Und viele Betroffene haben auch nach der Lockerung der Auflagen noch Angst, aus dem Haus zu gehen. Regelmäßige Bewegung ist aber das Um und Auf eines gesunden und vorbeugenden Lebensstils und besonders wichtig für chronische Patienten, wie z. B. krebskranke Menschen. Ein Gespräch mit der SKH-Physiotherapeutin Ingeborg Nollet.
Auch nach Lockerung des Lockdowns bleiben Schwimmbäder und Turnhallen geschlossen. Welche Alternativen gibt es für regelmäßige Bewegung?
Ingeborg Nollet: Was immer gut geht, ist täglich und viel an der frischen Luft spazieren gehen oder Rad fahren. Das ist an und für sich ausreichend.
Wer aber in der Stadt so z. B. in Bozen lebt und keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen möchte, ist nicht unbedingt motiviert, zum langen Spaziergehen, geschweige denn zum Radfahren…
Ingeborg Nollet: Wir halten für alle unsere Patienten ein individuelles Programm mit Übungen bereit, die sie zuhause machen können. Möglichst an der frischen Luft.
Wer körperlich fit ist, nach Abschluss der Therapien, beginnt vielleicht im Internet nach Ersatz für das ausgefallene Bewegungstraining oder die Wassergymnastik zu suchen…
Ingeborg Nollet: Dies ist mit Vorsicht zu betrachten. Nicht alles, was angeboten wird, kommt von kompetenter Seite und ohne direkte Kontrolle eines Trainers kann man viel falsch machen und sich womöglich verletzen. Aber ich sehe, dass unsere Patienten sehr vorsichtig sind und das ist gut so. Wer mehr Bewegung braucht, kann sich diese auch durch Treppensteigen ermöglichen. Viele haben ein Heimrad. Das geht immer gut! Wenn man sich nicht sicher ist, mit uns besprechen.
Sie und ihre KollegInnen konnten während des zweiten Lockdowns durchaus arbeiten. Beim ersten Lockdown war das nicht so.
Ingeborg Nollet: Das stimmt. Vom 11. März bis zum 5. Mai war auch die Lymphdrainage untersagt und alle Ambulatorien geschlossen. Das war für Patienten, die an einem schweren Lymphödem leiden, eine schwierige Zeit und effektiv hat sich der Zustand der schweren Fälle auch verschlechtert. Ich bin dankbar, dass wir dieses Mal von einer Schließung verschont blieben! Unsere Patienten brauchen uns. Aber auch während des letzten Lockdowns war ich zumindest telefonisch immer erreichbar.
Sie verfolgen sehr strenge Sicherheitsmaßnahmen.
Ingeborg Nollet: Absolut. Es ist ohne Zweifel sicherer, zu uns ins Ambulatorium zu kommen, als einkaufen zu gehen. Wir haben zwischen einem und dem anderen Patienten genügend Zeit, um zu lüften, um alles zu desinfizieren und den Raum zu sanifizieren. Und bevor die Patienten kommen, nehmen wir eine akkurate Telefonanamnese vor. Wenn der Patient da ist, wird immer Fieber gemessen und ein weiteres Monitoring gemacht. Und wir sowie unsere Patienten tragen selbstverständlich immer den Nasen-Mundschutz.
Die Behandlungszeit wird deshalb aber nicht verkürzt?
Ingeborg Nollet: Ansonsten werden die Patienten behandelt wie immer!
Und es bleibt auch Zeit zum Reden…
Ingeborg Nollet: Ja. Das ist gerade jetzt in dieser Zeit der großen Verunsicherung noch wichtiger als sonst. Wir sind immer bereit für unsere Patienten. Bei dringenden Fragen und Zweifeln können uns auch telefonisch jederzeit erreichen. Ich habe nebenbei einen großen Unterschied zwischen Stadt und Land festgestellt.
Inwiefern?
Ingeborg Nollet: Wer in der Stadt lebt, ist nicht nur viel eingeschränkter, sondern oft ängstlicher. Manche haben Zweifel, ob sie überhaupt kommen sollen. Aber die meisten sind sehr froh. Immer wieder kommen Anrufe von Patienten, die fragen, „Darf ich denn auch kommen?“ und die bei der positiven Antwort glücklich sind.
Und die Therapeuten selbst? Werden sie regelmäßigen Test unterzogen?
Ingeborg Nollet: Bei Bedarf. Aber wir haben ein sehr strenges Eigen-Monitoring. Wir sind auch im privaten Umfeld sehr vorsichtig, beobachten uns sehr gut, achten auf die kleinsten Anzeichen, messen regelmäßig Temperatur, halten uns an alle Sicherheitsmaßnahmen, Abstand, Hygiene, Maske… und sind bereit, beim geringsten Anzeichen oder Zweifel, sofort um einen Test anzufragen und zuhause zu bleiben. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen um unseren Patienten für ihr Verständnis und dafür zu danken, dass auch sie sich sehr vorsichtig verhalten und die Regeln beachten, denn damit schützen sie sich selbst, uns Therapeuten und die anderen Patienten.
Was würden sie ihren Patienten und ganz allgemein raten?
Ingeborg Nollet: Im Rahmen der Möglichkeiten viel Bewegung an der frischen Luft. Abstand halten und immer den Nasen-Mundschutz tragen. Hände regelmäßig desinfizieren. Nicht den ganzen Tag die neuesten Covid-Nachrichten verfolgen und zusätzlich etwas für das Immunsystem zu tun, z. B. mit Sanddorn hoher Anteil an Vitamin C und weiteren Vitaminen. Natürlich immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt. Wir müssen vorsichtig sein, aber man darf sich von der Angst nicht überwältigen lassen. Jeder sollte sich Zeit nehmen, für schöne Dinge und sich vornehmen, positiv zu denken. Wir sind jedenfalls da.
SKH-Physiotherapeutin Ingeborg Nollet

Weihnachtswünsche

Wie still wird die heilige Nacht im Jahr 2020?

Lebkuchen und Adventskalender wurden wie immer sehr früh in die Regale der Supermärkte geräumt. Aber diesmal ist alles anders. Es ist nicht die große Vorfreude die Weihnachten schon im November zum Thema macht, es ist die große Vorfurcht.
Was für ein Jahr haben wir hinter uns: Lockdown, steigende Infektionszahlen, Berichte aus Intensivstationen, Sterben, Ängste, finanzielle Sorgen. Corona hat uns aus dem gewohnten Alltag vertrieben. Wir erleben eine Entfremdung von bisherigen Selbstverständlichkeiten und Gewohnheiten.
Mitmenschen sind zur möglichen Gefahr geworden. Man geht daher auf Abstand. Wir schützten uns vor ihnen. Wir begegnen ihnen mit Maske, man vermeidet Kontakt, beim Einkaufen, beim Wandern. Wenn einer an der Supermarktkasse zu nahe an uns herantritt, werden wir nervös, man spürt böse Blicke wenn man sich auf Unbekannte zubewegt. Der Handschlag ist verpönt, wir begegnen uns mit dem Ellbogen. Geselligkeit und Unbefangenheit sind verschwunden.
Ob Corona unser Denken und Handeln nachhaltig geschärft hat, wissen wir noch nicht. Sicher aber hat es in unserem Bewusstsein einige Dinge verändert. Es braucht manchmal tiefe Krisen damit wir wachgerüttelt werden. Corona hat uns auch vieles vor Augen geführt: die Ungerechtigkeiten im eigenen Land, schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen, ungerechte Verteilung von finanziellen Mitteln, unmenschliche Haltung gegenüber Alten, Kranken und einsamen Menschen, um nur einige zu nennen. Aber Corona hat uns auch zusammengeführt. Wir haben Solidarität gespürt und uns neu gefunden. Werte haben sich verändert und wir sind sogar ein kleines bisschen dankbarer geworden und demütiger, was wünschenswert ist und ein zuversichtlicher Ansatz für das neue Jahr.In dieser schwierigen Zeit ist es wichtiger denn je, eine Form der Solidarität und Teilhabe zu zeigen, die alle einbezieht und in der anerkannt wird, dass Respekt für alle gilt.
Tröstend und berührend ist für mich Selma Lagerlöfs Weihnachtsgeschichte. Sie erzählt von einer heiligen Nacht, in der die Hunde nicht beißen, die Schafe nicht erschrecken und glühende Kohlen nicht verbrennen. Der Vater des neugeborenen Kindes kann die Kohlen mit bloßen Händen nehmen und sie in seinen Mantel legen, ohne ihn zu versengen. Er will mit dem Feuer seine Frau und das Neugeborene wärmen. Die Geschichte erzählt von einer Nacht in der die Menschen und die Dinge keine Gefahr darstellen und einem zugeneigt sind.
Ich glaube wir brauchen auch so eine heilige Nacht die uns diesen Mut und neue Zuversicht für das Neue Jahr bringt. Der Blick auf die Krippe kann uns dabei helfen. Im Lukasevangelium steht: „die Hirten auf dem Feld fürchteten sich sehr, der Engel aber tröstete sie und sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht“.
Diese Angst der Hirten wird an Weihnachten üblicherweise wenig beachtet. Das wird in diesem Jahr anders sein und wir werden, öfter als sonst, fragen, was es bedeutet, wenn der Engel sagt: „fürchtet euch nicht“.
Es muss uns gelingen weihnachtliche Nähe trotz Abstand zu schaffen durch wertschätzenden und tröstenden Umgang, mit guten Gedanken, neuem Mut und Solidarität.
Es ist dies ein sozialer Impfstoff der mit der Suche nach einem Covid Impfstoff einhergeht. Ein Impfstoff, der für nachhaltige soziale und wirtschaftliche Solidarität und für eine anhaltende Immunität gegen Gleichgültigkeit sorgt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen gesegnete, friedliche und vor allem gesunde Weihnachten!
Dr. Herbert Heidegger – Primar der Gynäkologie Meran, Direktor des Brustzentrums Meran und Vorsitzender des Landesethikkomitees