Aktuell

Wissen hilft heilen

12. Diplompatientin-Tagung von mamazone in der EURAK Bozen
Martina Ladurner (3. v. li) und Erika Laner (5. v. li.) mit den Referenten der Tagung
Für viele Frauen ein fester Termin im Jahreskalender: Die Tagung Diplompatientin, organisiert von mamazone und dieses Jahr bereits in der 12. Auflage. Eine Tagung für die mündige und aktive Patientin, die ihre Gesundheit nicht nur den Ärzten delegiert und eine Tagung für Frauen, die sich auch ohne erkrankt zu sein, informieren möchten
Im Fokus nicht nur die Bedeutung der Brustzentren für die Früherkennung, Vorbeugung von Osteoporose, die moderne Brustkrebstherapie und die Herausforderungen der Zukunft oder das Thema Brustkrebs und Impfung, sondern auch die komplementärmedizinische Behandlung von Nebenwirkungen, die Bedeutung der Bewegungstherapie und die Rechtssituation von Brustkrebspatientinnen. Erika Laner und Martina Ladurner von mamazone Südttirol konnten wie gewohnt einen vollen Saal begrüßen.
Behandlungserfolg durch Behandlung in multidisziplinärem Brustzentrum
In Südtirol gibt es drei Brustgesundheitszentren, Bozen, Brixen und Meran. Dr. Wolfgang Gatzemeier Senologe am Humanitas Cancer Center in Rozzano/ Mailand sprach über die Bedeutung der Behandlung durch ein multidisziplinäres Team, um Frauen die bestmögliche Diagnose und Behandlung zu gewährleisten. Große Behandlungszahlen sind ein Garant für besseres Überleben. Nachweislich gibt es große Unterschiede im Behandlungserfolg in Zentren mit mehr als 150 und mit weniger als 50 Patientinnen im Jahr.
Spezialisierung, chirurgische Erfahrung und multidisziplinäre Behandlung sind weitere Garanten für den Behandlungserfolg. Die ersten Brustgesundheitszentren entstanden Ende der 70er Jahre, in Kalifornien gründete Dr. Melvin J. Silverstein das Van Nuys Breast Center, Dr. Umberto Veronesi hatte bereits 1975 in Mailand eine eigenständige Abteilung für Senologie eingerichtet. „In einer normalen chirurgischen Abteilung“, so Dr. Gatzemeier, „hatten Brustkrebspatientinnen keinen Vorrang.“ Um sich Brustzentrum nennen zu können, müssen strenge Vorschriften erfüllt werden, die Jahr für Jahr zertifiziert werden. Mindestens 150 Fälle im Jahr, mehr als 50 Operationen, 1.000 Mammographien und 5.000 Screenings. Dem Team müssen zwei Breastnurses angehören und mindestens ein Radioonkologe. Zwischen dem Erstkontakt und der Behandlung dürfen nicht mehr als vier Wochen verstreichen. Multidisziplinäre Fallbesprechungen vor und nach der OP sind ebenfalls Vorschrift. Dem Seno-Network in Italien gehören mittlerweile 250 Zentren an.
Dr. Carlo Carnaghi stellte moderne Therapieansätze vor
Vor zehn Jahren noch unvorstellbar: Die moderne Brustkrebstherapie

Wenn er nicht Wissenschaftler wäre, könnte er fast von Wundern sprechen. Dr. Carlo Carnaghi , Primar der Onkologie am Krankenhaus Bozen, stellte die moderne Brustkrebstherapie vor und gab einen kurzen Ausblick in die Zukunft. Laut Hochrechnungen gab es 2019 in Italien 53.500 Neuerkrankungen. Brustkrebs bleibt damit die häufigste Krebserkrankung von Frauen.
Die Therapien werden immer individueller und können immer spezifischer auf die typisierten Krebszellen eingestellt werden. Mononukleare Antikörpertherapie, Hormontherapie und/ oder Chemotherapie. Die durchschnittliche Überlebensquote nach fünf Jahren liegt in Italien bei 87%, das beste Ergebnis in Europa. Bei besonders aggressiven Tumoren, so Carnaghi, die vor wenigen Jahren eine Prognose von nur einem Jahr hatten, werden heute nach acht Jahren Überlebensquoten von 37% erzielt.
Lag das Augenmerk früher vor allem auf der Prävention und der Nachbehandlung, so rückt heute immer mehr die sogenannte Survivorship in den Mittelpunkt: das langfristige Überleben nach der akuten Krankheitsphase. Und damit Probleme wie Depression, hormonell bedingte Nebenwirkungen, Osteoporose, Neuropathien, sexuelle Probleme sowie die soziale Wiedereingliederung der Patientinnen. Auch hier ist das Brustgesundheitszentrum Anlaufstelle für die Patientinnen.
Mit genetischen Tests kann heute die Möglichkeit von Rückfällen kalkuliert werden ebenso wie die Notwendigkeit einer chemotherapischen Behandlung. In der Lombardei und in Südtirol werden diese Tests kostenlos verschrieben. Das multidisziplinären Tumorboard ist mittlerweile um eine molekolare Komponente erweitert worden, das heißt um Biologen, Bio-Informatiker und Genetiker.
Carnaghi: „Die Therapien werden immer komplexer. In den Jahren 2017 und 2018 gab es rund 20.000 neue Pubblikationen zum Thema Brustkrebs. Eine Fülle, der man nur mit der Auswahl durch eine Computerprogramm Herr werden kann. In den Lehrbüchern meines Vaters wurde Brustkrebs auf nur einer halben Seite abgehandelt!“
Ein wunder Punkt ist die mit den neuen Medikamenten verbundene Kostenexplosion. Die Chemotherapie für einen Lungenkrebspatienten kostet beispielsweise in sechs Monaten 360 Euro. Für eine zwölfmonatige Immuntherapie fallen hingegen Kosten in Höhe von 77.000 Euro an! Heute hat sich das Paradigma geändert, so der Primar der Onkologie. „Früher wendeten wir eine reaktive Medizin an, heute ist die Medizin proaktiv geworden. Es mag nach Science Fiction klingen, aber es geht nicht mehr um Reagieren, sondern um Vorhersorge. Wir suchen nicht mehr die Krankheit, sondern wir suchen nach Patienten, die aufgrund bestimmter Voraussetzungen erkranken könnten.“
Multidisziplinäre Behandlungszentren garantieren einen höheren Behandlungserfolg
Impfberatung

Ein wichtiges Thema gerade im Winter sind Impfungen. Dr. Ciro Onza, Leiter des Dienstes für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, befasste sich mit dem Thema: Welche Impfungen sind bei Brustkrebspatientinnen während der Therapie und Nachsorge angezeigt?“ Bis vor wenigen Jahren hieß es noch, Krebspatienten sollten von Impfungen Abstand nehmen, weil diese möglicherweise das Zellwachstum anregen könnten. Heute hat man erkannt, dass dies nicht der Fall ist. Dr. Onza: „Studien haben ergeben, dass Impfungen keinen Einfluss auf die Erkrankung haben und das Risiko für Rückfälle nicht erhöhen.“ Im Gegenteil Krebspatienten wird empfohlen, sich möglichst zwei Wochen vor Therapiebeginn impfen zu lassen. Der Dienst für Hygiene und Öffentliche Gesundheit bietet Krebspatienten und den Personen, mit denen sie zusammenleben eine kostenlose Impfberatung an, und zwar jeweils montags. Für immungeschwächte Personen gibt es einen eigenen Vormerkdienst, dienstags von 14.30 – 16.00 Uhr und mittwochs und freitags von 8.30 – 12.30 Uhr, unter der Telefonnummer. 0471 909202. Totimpfstoffe wie z. B. die Grippe- oder Pneumokokken Impfung, können bedenkenlos auch während der Therapie verabreicht werden, Lebendimpfstoffe ab drei Monate nach Therapieende (z. B. Herpes Zoster, Masern, Mumps, Röteln und Windpocken). Wichtig sei in jedem Fall, dass die mit einem Patienten zusammenlebenden Personen impfgeschützt seien, um eine Übertragung zu vermeiden. Dr. Onza empfahl in jedem Fall, unabhängig von der Grippezeit, eine Impfberatung in Anspruch zu nehmen.
Ganzheitlich Nebenwirkungen bekämpfen
Dr. Karmen Sanoll, Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin, stellte einen ganzheitlichen Ansatz zur Bekämpfung von Nebenwirkungen vor. Wichtig sei, dass der komplementäre Ansatz als Begleitung zur Schulmedizin angesehen werde und nicht als Ersatz. Gegen Nebenwirkungen wie Fatigue, Schlafstörungen, Übelkeit, Verdauungsstörungen, Polyneuropathie und Schmerzzustände, Ängste oder Wechseljahrbeschwerden durch Hormontherapie können die chinesische und anthroposophische Medizin, Naturheilverfahren, Phytotherapie und Homöpathie helfen, ohne den Organismus zusätzlich zu belasten. Infusionen mit orthomolekularen Substanzen, Akupunktur, Aromapflege, QiGong und Yoga, die Ingwer, Blütenpollen oder Ginseng sind nur einige Möglichkeiten. Gegen schmerzhafte Aften verriet Dr. Sanoll ein ganz einfaches Rezept: gefrorene Ananaswürfel lutschen.
An der Seite des Patienten
Im Rahmen einer Krebserkrankung kann es leider auch vorkommen, dass ein Patient Rechtsbeistand benötigt. Es gibt verschiedene Anlässe: Eine misslungene Operation. Eine Ticketbefreiung wird nicht anerkannt. Sie haben Beanstandungen bezüglich der Behandlung im Altersheim. Sie wollen gegen eine unzureichende Pflegeeinstufung Einspruch erheben, oder gegen eine Ihrer Meinung nach unrechtmäßige Ablehnung bezüglich des Gesetzes 104 oder bezüglich der Zivilinvalidität. Sie wollen Antrag stellen auf Ernennung eines Tutors (bei Demenz oder Alzheimer)… Stefano Mascherone, Regionalsekretär und Direktor des „Forums für die Rechte der Kranken“ (TDM, „Tribunale dei Malati“) und „Cittadinanzattiva“ referierte zum Thema „Die Rechte der Brustkrebspatientin in der heutigen Gesellschaft. Wie sieht die Zukunft aus?“ Das Telefon im Büro von Cittadinanzattiva ist 3 – 4 Stunden am Tag besetzt, ein Handy rund um die Uhr erreichbar. Beim TDM können Patienten eine kostenlose Rechtsberatung einholen und finden im Ernstfall auch Beistand: zwei Rechtsmediziner, vier Rechtsanwälte und ein Arbeitsberater arbeiten für das TDM.

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Gesund essen, Krebs vorbeugen

„Ich schau auf mich – und du?“ SKH schaltet Radiospots-Verantwortung und Früherkennung
Unter dem Motto „Ich schau auf mich – und du?“ sensibilisiert die Südtiroler Krebshilfe zum Thema Früherkennung und Vorsorge von Krebserkrankungen. Bereits im Frühjahr sendeten Radio Südtirol 1 und Radio Tirol Aufklärungs-Spots zum Thema Lungenkrebs, Brutkrebs, Darmkrebs und Hautkrebs. An der Aufnahme der Spots haben sich nicht nur professionelle Sprecher beteiligt, sondern auch Ärzte. Bei der neuen Initiative geht es um das Thema Gesunde Ernährung.
Schmackhaft und gesund: Richtige Ernährung beugt einer Vielzahl von Krankheiten vor, auch Krebserkrankungen. „Wer übergewichtig ist und sich falsch ernährt, geht ein höheres Krebsrisiko ein“, informiert Dr. Michael Kob, Ernährungsmediziner und leitender Arzt im Dienst für Diätetik und klinische Ernährung am Krankenhaus Bozen. Rotes Fleisch, Wurstwaren und Lebensmittel, die Konservierungsstoffe und Farbstoffe enthalten, zu viel Zucker, zu viel tierisches Fett und zu viel Alkohol können zur Bildung von bösartigen Tumoren führen. Auch der Anteil an verarbeitetem Fleisch, salzhaltigen Speisen und stark zuckerhaltigen Getränken sollte gering gehalten werden.
Gesund sind hingegen Gemüse wie Kohl in allen Varianten, Obst, Hülsenfrüchte, Fisch, helles Fleisch und Eier in Maßen. Fünfmal am Tag Obst und Gemüse essen, dieser Tipp gilt immer noch: Die pflanzlichen Lebensmittel sind nämlich eine wichtige Quelle für Vitamine, Mineralsalze, Ballaststoffe und Antioxidantien.
„Je abwechslungsreicher wir essen, desto mehr kann unser Körper an gesunden Substanzen aufnehmen“, so Michael Kob. Eine ausgewogene Ernährung stärkt damit nicht nur das allgemeine Wohlbefinden und die körpereigene Abwehr, sie kann sogar die Heilung von Tumorerkrankungen fördern. Wie bei so vielem im Leben gilt jedoch auch beim Essen: Man kann es mit allem übertreiben. „Wer ab und zu ein gutes Stück Rindfleisch oder eine Rinderkraftbrühe isst, erkrankt deshalb nicht an Krebs. Es gilt das rechte Maß einzuhalten. Auch ein Glas Wein ist durchaus positiv für den Körper“, informiert der Ernährungsexperte. Essen aus frischen Zutaten zubereiten, feiern ohne Kater am Morgen und auf ein normales Körpergewicht und ausreichend Bewegung achten: Mit diesen drei Faktoren hat man schon viel getan, um das Krebsrisiko zu verringern.
Dr. Michael Kob ist auch verantwortlich für die Rezeptseite der „Chance“.