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Mehr als nur eine Mode

Heilfasten: Nur nach Absprache mit dem Arzt – Energie freisetzen und Entschlacken
Was haben eine Schauspielerin und ein ehemaliger Professor für Religionspädagogik und Spiritualität an der theologischen Hochschule Brixen gemeinsam? Das Heilfasten. Ein vieldiskutiertes Thema, das von der Sozialgenossenschaft EOS im Rahmen einer Konferenz aufgegriffen worden ist.
„Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Arzneien“, sagte schon Hippokrates. Heilfasten ist eine jahrtausendealte Tradition, die in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wieder aufgegriffen wurde, u. a. von dem deutschen Arzt Dr. Otto Buchinger (1878–1966), der ein multidisziplinäres, ärztlich betreutes Fastenkonzept entwickelt hat, das der medizinischen, spirituellen und psychosozialen Dimension des Menschen Rechnung trägt. Fasten ist aber auch eine Moderscheinung und deshalb sollte man sich sehr gut informieren und unbedingt mit dem Arzt abklären, ob Fasten, welcher Art auch immer, dem eigenen Organismus guttut! Heilfasten muss immer begleitet sein von spezifisch ausgebildetem Personal.
An der EOS-Tagung im Oktober, die Ulrich Seitz moderierte, kamen die unterschiedlichen Aspekte dieser Praxis zur Sprache. Eingeladen waren als überzeugte Heilfasterin, die deutsche Schauspielerin Anja Kruse, den spirituellen Teil deckte Georg Reider ab, Theologe und Leiter des TAU-Zentrums in Eppan sowie selbst Fastentrainer und regelmäßiger Heilfastender, den medizinischen Aspekt hingegen, der Ernährungswissenschaftler und ärztlich geprüfte Fastenleiter, Andrea Ciro Chiappa.
Heilfasten hat nichts mit Hungern zu tun und Heilfasten ist schon gar nicht irgendeine neue Schlankheitskur, auf diese Feststellung legten alle Teilnehmer der Tagung großen Wert. „Fasten“, betonte Georg Reider, „ist eine der besten Gelegenheiten, existentiell und menschlich zu reifen.“ Heilfasten kann im übertragenen Sinn und zwar sowohl medizinisch, spirituell als auch medizinisch als ein Ernähren aus uns selbst, als ein Rückgriff auf die eigenen Ressourcen verstanden werden.“ Im Zentrum Tau werden regelmäßig Fastenwochen angeboten. „Es gibt aber auch die Möglichkeit an einem arbeitsbegleitendem Fasten teilzunehmen und das Fasten in den Alltag einzubauen“, erklärte Georg Reider. Wer sich für dieses Fasten entscheidet, verbringt das Wochenende im Zentrum Tau und trifft sich mit Fastenleiter und Fastengruppe nach dem Feierabend ebenfalls dort. Auch für Diabetiker, Personen mit Herz- Kreislaufproblemen oder Migränepatienten bietet das Zentrum Tau spezifische Heilfasten-Angebote.
„Fasten ist tatsächlich sehr gut in das tägliche Leben integrierbar“, unterstrich auch Andrea Ciro Chiappa, Mitglied der Fastenakademie, ehemaliger Mitarbeiter der Buchinger-Klinik am Bodensee und seit 15 Jahren Fastentrainer. „Das gilt auch in einer so kulinarischen Hochburg wie Südtirol.“ Südtirol sei im Gegenteil ein idealer Ort zum Heilfasten: „Die Kombination von Heilfasten mit Natur und Wandern, Begegnung mit Kultur und Ruhe ist auch laut Dr. Buchinger der perfekte Rahmen, um gespeicherten Überschuss abzubauen und die Batterien für den arbeitsintensiven und stressgeladenen Alltag aufzuladen.“
Anja Kruse ist Buddhistin und Mitglied einer Werte- und Ethikgruppe. Ihre Begegnung mit dem Heilfasten geht auf das Jahr 1989 zurück, als sie zum ersten Mal in einer Buchinger Klinik an einem Heilfasten-Zyklus teilgenommen hat. „Seither faste ich regelmäßig und bin anschließend fähig, ohne Pause zu arbeiten, Dreharbeiten und Theatertourneen unter einen Hut zu bringen. Ich habe den Kopf frei und lerne meine Texte mit größter Leichtigkeit.“
Wie bereits ausgeführt, Fasten heißt nicht Hungern. Die Fastenden können am Tag circa 500 Kalorien zu sich nehmen, in Form von Obst- und Gemüsesäften oder Gemüsebrühe. Unerlässlich ist eine regelmäßige und angemessene Flüssigkeitszufuhr in Form von Wasser oder Kräutertees. Bewegung an der frischen Luft, (keine zu anstrengenden) Wanderungen sind während des Fastens durchaus angesagt.
Auch in der Krebsforschung ist Heilfasten in Form von Kurzzeitfasten ein Thema, das seit mehreren Jahren untersucht wird. Versuche mit Chemotherapie-Patienten wurden sowohl in den USA (an der Universität Los Angeles unter Dr. Valter Longo) als auch an der Charité in Berlin durchgeführt. Testpersonen fasteten dabei 36 Stunden vor und 24 Stunden nach der Chemotherapie. Die ersten Ergebnisse sprechen von einer positiven Auswirkung auf das Blutbild, die Testteilnehmer scheinen weniger an Nebenwirkungen wie Fatigue, Schwäche und Übelkeit zu leiden. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Fasten sich positiv auf das Immunsystem auswirke und die durch die reduzierte Zuckerzufuhr gestressten Krebszellen anfälliger auf das Zellgift reagierten. Erste aussagekräftige Ergebnisse werden aber erst für 2019 erwartet.
An einer krebsvorsorgenden Wirkung von Heilfasten hat Ernährungswissenschaftler Andrea Ciro Chiappa keinen Zweifel: „Man muss sich den Organismus wie einen Kühlschrank vorstellen, in dem neben frischen Lebensmitteln auch verfallene Produkte aufbewahrt werden. Das Heilfasten räumt auf, eliminiert die verfallenen Produkte, kreative Energie wird frei in Körper und Geist, das Immunsystem wird gestärkt.“
Anja Kruse, Andrea Ciro Chiappa, Georg Reider, Ulrich Seitz

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Blaue Leidenschaft

Ines Mair malt seit ihrer Kindheit – Leidenschaft und Bedürfnis
Blau. Blau und geometrisch anmutende Facetten. Das ist zurzeit ihre Ausdrucksphase. Ein Auge. Ein Elefant. Eine Eule… Eindrucksvoll ziehen sie den Betrachter in ihren Bann. Betrachten und betrachtet werden. Ines Mair hat Anfang Februar in der Kleinen Galerie in Bozen ausgestellt. Ihre dritte Ausstellung. Gemalt hat sie schon immer gerne, aber seit ihrer Erkrankung ist es nicht nur ein Zeitvertreib, sondern ein Bedürfnis. Eine Leidenschaft, die ihr Leben erfüllt.
Am Anfang waren es Bleistiftzeichnungen. Portraits von Filmstars, die ihr gefielen. Dann kam die Farbe dazu. Während ihrer Zeit im Krankenhaus vor allem Aquarell. 2009 begann sie mit Acryl und mittlerweile malt sie mit Ölfarbe. Ihr Wohnzimmer ist ihr Atelier. Ines malt in Schüben, vornehmlich nachts. Wie geht sie vor beim Malen? „Wenn ich vor der Leinwand stehe, geht alles wie von selbst. Es ist, als müsste ich nur nachmalen, was ich auf der leeren Leinwand vor mir sehe.“ Bei ihrer letzten Ausstellung hat sie auch Bilder verkauft. Kein leichter Schritt. „Jedes Bild ist ein Stück von mir, aber mittlerweile denke ich, ich werde noch viel malen und das hilft mir, mich zu trennen.“
Der Krebs ist geheilt. Seit zehn Jahren hat sie Ruhe. Begonnen hat alles 2002. Gerade dreizehn war sie damals. Ein Alter, in dem Mädchen zu Teenagern werden. Mit Freundinnen und Freunden Eis essen gehen. Von Schauspielern und Sängern träumen. Sport treiben. Sich das erste Mal verlieben. Geburtstagspartys feiern. Ihre erste Freiheit entdecken. Bei Ines war es anders. Sie bekam Fieber. Es blieb eine Woche. Dann war es weg. Dann kam es wieder. Mehrmals. Der Arzt verordnete Blutproben. Diagnose Leukämie.


„Und dann ging alles so schnell, dass ich gar nicht zum Nachdenken kam“, erinnert sich die heute 29jährige. „Ich hatte nicht einmal einen oder zwei Tage, um mich mit der Tatsache auseinanderzusetzen.“ Sie kam nach Innsbruck in die Uni-Klinik und sollte fast ununterbrochen für ein Jahr dort bleiben. Ein Jahr nach der Entlassung wurde ein Rückfall festgestellt. Als einzige Hoffnung blieb eine Knochenmarktransplantation. Ihr drei Jahre älterer Bruder Jan, siebzehn war er damals, war der Spender.
Die Spende heilte zwar die Leukämie, aber Ines hatte unter starken Abstoßungsreaktionen zu leiden. Die Lungen, die Haut und ihre Augen wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Sind es heute noch. Aber sie verlor nie den Mut. „Ich sehe das Glas immer halbvoll und gehe jedes Hindernis, das mir das Leben stellt mit Optimismus an.“ Sicher, die Krankheit ist ein Fixpunkt in ihrem Leben. „Mein Leben ist eingeteilt in vor oder nach der Krankheit. Ein Drittel meines Lebens wurde von der Krankheit eingenommen.“ Aber sie lässt nicht zu, dass die Krankheit sie beherrscht. „Angst war für mich nie ein Thema, da geh ich jetzt durch, habe ich mir gesagt.“
Sie hat viel Nähe und Unterstützung erfahren. In erster Linie ihre Mutter Karin, die ihr nicht von der Seite gewichen ist. „Meine wichtigste Stütze“, sagt Ines. Dennoch ist sie vor fünf Jahren ausgezogen von zuhause. Der Mutter fiel das Loslassen nicht leicht, aber sie wusste, es war ein wichtiger Schritt in ein unabhängiges Leben.
Nach dem langen Krankenhausaufenthalt war Ines ein weiteres Jahr zuhause, bevor sie wieder zur Schule gehen konnte. Mittel- und Oberschule bei den Franziskanern in Bozen, wo sie großen Rückhallt von Lehrern und Klassengemeinschaft erhalten hat. Die Matura hat sie 2011 abgelegt. Danach hat sie sich dafür entschieden, zuhause zu bleiben und zumindest fürs Erste kein Studium aufzunehmen. „Ich wollte in Bozen bleiben und zuhause meiner Leidenschaft nachgehen. Malen.“
Sie ist ganz ruhig, strahlt Ruhe aus. Dieselbe Ruhe, die aus ihren Bildern spricht. „Ich hole jetzt nach, was ich während der Krankheit verloren habe, ich stresse mich nicht!“ Sie hat aufgrund ihrer Erkrankung auf vieles verzichten müssen, aber das empfindet sie als unumgänglich, kein Grund zum Hadern und kein Grund, um nicht zu träumen und Träume zu realisieren. Dieses Jahr möchte sie den Mut aufbringen für eine weite Reise und ihre Schwester in Neuseeland besuchen. Und auch an einem anderen Traum arbeitet sie: An Gewicht zunehmen, um einmal mit dem Fallschirm abzuspringen…