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Die Patientin entscheidet mit

Aufklärung über Eingriff, Risiken und weitere Therapie - Telepathologie
Fotos: Othmar Seehauser
Dr. Johann Hübner entlässt die Patientin aus dem Arztzimmer am Eingang der Abteilung. Hier werden die Patientinnen empfangen, wenn sie auf die Abteilung kommen. Hier werden sie aufgeklärt über ihre Therapie, über eventuelle bevorstehende Eingriffe. Dr. Hübner ist auf Unterleibseingriffe spezialisiert.
Dr. Johann Hübner
Auf seinem Schreibtisch steht ein realistisches Modell des weiblichen Genitalapparates aus Kunststoff, um den Frauen, den ihnen bevorstehenden Eingriff so gut wie möglich erklären zu können. Gebärmutter, Eileiter, Eierstöcke, Gebärmutterhals und Scheide. „Wir versuchen die Patientinnen auf behutsame Weise so komplett wie möglich zu informieren“, betont der Chirurg Johann Hübner. „Vor der Operation klären wir auf über den bevorstehenden Eingriff und die damit verbundenen Risiken. Nach dem Eingriff, wenn wir das komplette Bild haben, über die weiterführende Behandlung.“
Dr. Hübner erklärt den Patientinnen beispielsweise das Prinzip der Schnellschnittdiagnose und der Telepathologie. Schon während des Eingriffs kann der Chirurg das entfernte Gewebe so präparieren und aufschneiden, dass der Pathologe in Bozen über Bildschirm schon während der Operation eine erste Beurteilung abgeben kann, von der der weitere Operationsverlauf abhängen könnte, d. h. ob je nach Befund nicht nur die Gebärmutter, sondern auch die Eileiter und Eierstöcke entfernt werden sollen noch bevor der definitive histologische Befund, der in der Regel zehn Tage braucht, vorliegt. „Wir versuchen die Patientin mit ins Boot zu holen, ihr soweit es geht, die Entscheidung zu überlassen,“ betont Hübner. Meistens entscheiden sich die Frauen für´s Abwarten, auch wenn dies bedeutet, sich einem zweiten Eingriff zu unterziehen.
Das Team der gynäkologischen Abteilung Meran ist einmal wöchentlich über das Tumorboard mit Onkologen, Chirurgen, Radiologen, Pathologen und Onko-Psychologen in Bozen verbunden, um gemeinsam die Therapie der Krebspatientinnen zu festzulegen. Auch mit der Universitäts-Frauenklinik Innsbruck hält Meran jede Woche ein Tumorboard ab. Leitlinien für die Festlegung der Therapie sind die Protokolle der deutschen, italienischen und europäischen Krebsgesellschaften. „Bei Diskrepanzen ist Innsbruck die letzte Instanz“, sagt Dr. Johann Hübner.
Etwas mehr als ein Drittel der Patientinnen auf der gynäkologischen Abteilung sind Krebspatientinnen. Zwei Drittel von ihnen haben Brustkrebs, ein Drittel von ihnen Gebärmutter, Eileiter, Eierstock oder Scheidenkrebs.
Die anderen Patientinnen haben gutartige Erkrankungen im Genitalbereich. Myome, Senkungsbeschwerden oder benötigen anderweitige urogynäkologische Eingriffe. „Wo es möglich ist“, erklärt Dr. Johann Hübner, „werden die Eingriffe auf mikroinvasive Weise, d. h. laparoskopisch durchgeführt.“
Die Gynäkologie Meran ist auch auf die Behandlung von Patientinnen, die an Endometriose leiden spezialisiert. Hübner: Diese Patientinnen haben oft jahrelang Beschwerden, bis ihre Erkrankung diagnostiziert wird. Mittlerweile ist dieser Erkrankung auch in Italien der Status als stark behindernde Pathologie zuerkannt.
Bösartige Gewebeneubildungen, Neoplasien, im Unterleib betreffen vor allem den Gebärmutterkörper. Eine typische Krebserkrankung der Post-Menopause bei Risikopatientinnen (hoher Blutdruck und Cholesterinspiegel, Übergewicht). Der Gebärmutterhalskrebs betrifft auch junge Frauen, er wird von verschiedenen HPV-Viren hervorgerufen und kann durch den PAP-Test entdeckt werden bzw. durch den HPV-Test.
Bei einer Gebärmutterentfernung, auch im Fall von gutartigen Veränderungen, stellt sich immer die Frage, betont Hübner, ob nicht auch vorbeugend die Eileiter bei Belassung der Eierstöcke zu entfernen seien, auf die Weise schützt sich die Frau und ihr Hormonhaushalt bleibt intakt.
Eierstockkrebs schließlich ist sehr aggressiv und in der Anfangsphase symptomfrei. Er tritt meist im Zusammenhang mit genetischer Vorbelastung auf.

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Mit Erfahrung immer skrupulöser

Im Gespräch mit Primar Herbert Heidegger - Heilungsquote Brustkrebs bei 90%
Foto: Othmar Seehauser
Er sitzt entspannt vor dem Computer in seinem Studio und ist aufgelegt zum Plaudern. Die OP-Bekleidung hat er noch nicht abgelegt, ein weiterer Eingriff erwartet ihn. Dr. Herbert Heidegger, seit 17 Jahren Primar in Meran, ist zwar Frauenarzt, aber Geburten macht er mit Ausnahme einiger Kaiserschnitt nicht mehr.
Dr. Heidegger ist zertifizierter Mamma-Chirurg und teilt sich die onkologischen Operationen mit seinem ebenfalls für Onko-Chirurgie zertifizierten Kollegen, Dr. Johann Hübner. Die onkologischen Operationen sind, wie es sein muss, Routineeingriffe. „Sagen wir zu 80% Routine“, betont Heidegger. „Jeder Handgriff muss sozusagen blind sitzen, aber die Konzentration ist wie bei einem ersten Mal!"
„Der beste Brustchirurg, den ich je kennengelernt habe, sagte mir, ich operiere jede Frau zweimal. In der Nacht und dann am nächsten Tag im OP. Als junger Arzt fand ich das vielleicht übertrieben. Da bist Du spontan, gehst drauf los, ohne viel nachzudenken.“ Heute als erfahrener Chirurg kann Heidegger das nachvollziehen. „Auch ich schaue mir alles am Tag vorher gut an und überlege am Abend, wie ich am besten vorgehe. Je älter und erfahrener ich werde, desto skrupulöser werde ich auch.“
Ein Drittel der Patientinnen seiner Abteilung haben eine onkologische Diagnose. Zahlen, die angestiegen sind in den 17 Jahren seit er von Deutschland, wo er die letzten vier Jahre Chefarzt in Regensburg war, nach Südtirol zurückgekommen ist. Und diese Tatsache kann durchaus auch in einem positiven Licht gesehen werden: Die Krebs-Vorsorge beginnt zu greifen, wenn auch immer noch zu langsam. Heidegger würde sich wünschen, dass hundert Prozent der Frauen die Einladung zu den Krebsvorsorgeuntersuchungen Ernst nähmen!
Dank der Vorsorge werden zwar mehr Tumore diagnostiziert, aber sie sind in einem Früstadium, sind kleiner und damit steigen die Heilungschancen um ein Vielfaches. „In meiner Abteilung liegt die Heilungsquote der Patientinnen mit Brustkrebs bei 90%. Mehr als 70% der Operationen können wir heute brusterhaltend durchführen,“ unterstreicht der Primar. Die Zahl der großen Tumore ist von 17% auf 12% zurückgegangen.
Dr. Herbert Heidegger ist stolz auf seine Abteilung, das merkt man. Seit zehn Jahren gehört auch das Brustgesundheitszentrum dazu, Zwilling derselben Struktur in Brixen. Die Vorsorge ist dem Primar ein großes Anliegen. Ein Programm, in das er immer wieder und sehr gerne Zeit investiert in Form von Vorträgen und Informationsveranstaltungen.
Die ambulatorische Tätigkeit der Abteilung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die Abteilung versteht sich als Anlaufpunkt für Frauen nicht nur in der akuten Phase, sondern auch für die Vorsorge und vor allem für die postoperative Phase. Die Patientinnen werden nicht einfach entlassen und fertig. „Mehr als 1.500 Frauen verzeichnen wir jährlich im Bereich Nachsorge. Mittwochs nachmittags haben wir in der Brustambulanz regelmäßig mindestens vierzig Patientinnen zu versorgen. Wer einmal bei uns Patientin war, bleibt uns über Jahre verbunden.“
Die Abteilung für Gynäkologie und geburtshilfe ist mehrfach zertifiziert, der Anteil an Studien beträgt 16% und es besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Onkologie in Bozen und der Universitätsklinik in Innsbruck.
Heidegger ist Neuerungen gegenüber sehr aufgeschlossen und so hat z. B. Valentina Vecellio, selbst ehemalige Brustkrebs-Patientin der Abteilung bei ihm offene Türen angetroffen bezüglich des Projekts der Bewegungstherapie, das schon seit sechs Jahren erfolgreich besteht und mittlerweile auch außerhalb Merans im Vinschgau und auch in Bozen beginnt, zu greifen.
Der Schwerpunkt der Chance liegt auf der Abteilung Gynäkologie, aber auch die Geburtshilfe in Meran hat sich in den vergangenen Jahren profiliert. Vor 17 Jahren waren es 700 Geburten im Jahr, jetzt sind es 1350 und das bei einem generellen Rückgang der Geburten!