Thema

Strahlende Zukunftsaussichten

Geballtes Wissen verständlich aufbereitet – Die 18. Diplompatientin von mamazone
Foto: Othmar Seehauser
Gleich zwei Premieren für „mamazone – Frauen und Forschung gegen Brustkrebs“ im Rahmen der 18. Diplompatientin am 25. Oktober in der EURAC in Bozen. Wie immer ein intensiver Vormittag, dicht gefüllt mit interessanten Vorträgen von Experten aus Südtirol, Innsbruck und renommierten Unikliniken in Italien. Die Premieren: Zum ersten Mal haben zwei Vorstände von mamazone Deutschland teilgenommen und zum Abschluss gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Kraft der Narben“.
„Unsere zwei special guests und Leuchttürme“ stellten Erika Laner und Martina Ladurner von mamazone Südtirol ihre Mitstreiterinnen aus Deutschland vor: Biggi Welter und Romana Gilg und verkündeten einen Erfolg: Das Land Südtirol wird das Brustkrebsscreening von 65 auf 75 Jahre anheben. „Bleibt uns noch die Hoffnung, dass das Alter auch von 50 auf 40 Jahre oder wenigstens 45 gesenkt wird.“ Denn das ist die Realität: Frauen erkranken immer früher an Brustkrebs.
Sechs Fachreferate patientengerecht aufbereitet, sprachen unterschiedliche Aspekte der Brustkrebserkrankung an. Prof. Christian Marth, Vorstand der Innsbrucker Universitätsfrauenklinik und frisch im Ruhestand, gab – beginnend im Zeitalter der Alten Ägypter, die vor 3.000 Jahren schon Brustoperationen, allerdings ohne Narkose, durchführten – einen interessanten Überblick über Brustkrebs im Lauf der Jahrhunderte. 1804 wurde in China die erste Operation mit Narkose dokumentiert. Die Zeiten, wo diese Erkrankung einem Todesurteil gleichkam und die betroffenen Frauen durch rudimentäre Operationstechniken verstümmelte, sind vorbei. Heute liege dank Früherkennung und neuer individualisierter Therapien und der Möglichkeit die Tumorzellen immer besser zu bestimmen, die Überlebensrate nach 5 Jahren bei über 93 %, die Operationstechniken wurden dank onko-plastischer Chirurgie und plastischer Rekonstruktionschirurgie, Quadrantektomien statt Mastektomien (wo möglich) verfeinert. Die Forschung mache Riesenschritte und die Zukunftsaussichten, so Prof. Marth überzeugt, seien strahlend.
Prof. Nina Ditsch Leiterin des Brustzentrums der Uni-Frauenklinik Augsburg, gab einen fotografisch und filmisch dokumentierten Einblick in moderne Brust-Operationstechniken, bei denen schon bei der Entfernung des Tumors auch ästhetische Aspekte berücksichtigt würden und gleichzeitig die Ränder sauberer operiert werden könnten, so dass immer weniger Zweiteingriffe aufgrund verbliebener Tumorzellreste durchgeführt werden müssten. „Wenn ich weiß, in welcher Schicht ich mich bewege, kann ich auch kosmetisch denken.“ Der senologische Chirurg sei heute auch onko-plastischer Chirurg und das erspare vielen Frauen einen zweiten Eingriff durch den plastischen Rekonstruktions-Chirurgen. Die onkologische Sicherheit, so Nina Ditsch, „bleibt das höchste Ziel, aber die Frauen müssen damit leben können!“ Die ästhetischen, psychologischen und emotiven Auswirkungen seien immer zu bedenken. Und vor allem sei mit den Patientinnen alles im Voraus abzusprechen. Die Zukunft gehöre Brustoperationen in Laparoskopie.
Die Radiotherapeutin Dr. Mariarosa Di Biase, Krankenhaus Bozen, gab einen interessanten Einblick in die Radiotherapie nach Mastektomie und bei BRCA-positiven Patientinnen. Der Primar der Onkologie am Krankenhaus Bozen, Dr. Luca Tondulli befasste sich in seinem Beitrag mit der Toxizität der Brustkrebstherapie. Die Chemotherapie sei immer noch eine Säule der Brustkrebsbehandlung, weil sie auf alle Zellen mit schnellem Wachstum einwirke (was auch die Nebenwirkungen bedingt). Medikamentös ließen sich heute Nebenwirkungen wie z. B. Übelkeit und Erbrechen erfolgreich gegensteuern. Von größter Bedeutung sei hier eine enge Zusammenarbeit von Patientinnen und behandelndem Team, um rechtzeitig einwirken zu können und zu verhindern, dass die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen ab- oder ausgesetzt werden müsse. Oft seien es schon Kleinigkeiten, die das Befinden wesentlich verbessern könnten, wie z. B. regelmäßige Nahrungsaufnahme und Bewegung nach dem Essen, Spaziergänge, Yoga, Meditation sowie psychologische Unterstützung. „Durch Erfahrung haben wir gelernt, immer besser den Symptomen der Patientinnen gegenzusteuern, Voraussetzung ist eine gut funktionierende Kommunikation zwischen Patientin und behandelndem multidisziplinärem Team," so Tondulli.
Prof. Claudio Zamagni, Leiter der Breast-Unit am Krankenhaus Sankt Orsola in Bologna, erläuterte den Stand der Pons/Kronos Studie, die sich mit dem Follow-Up von Brustkrebspatientinnen befasst. Die Studienergebnisse werden offiziell im Februar 2026 im Rahmen eines Kongresses in Südafrika vorgestellt (wir werden in der nächsten Ausgabe darüber berichten, Anm,. d. Red.).
Den Abschluss der Vorträge bildete Dr. Luisa Nadalini, Psychoonkologin, Psychotherapeutin und langjährige Leiterin der Abteilung für klinische und onkologische Psychologie der AOUI-Verona, mit einem Beitrag über psychoonkologische Maßnahmen zur Stärkung des Bewusstseins und der Selbstbestimmung. Auch sie begann mit einem Blick in die Vergangenheit. „Frauen waren über Jahre hinweg schlecht diagnostiziert, weil es an Informationen fehlte. Dank einer breitgefächerten Information, der institutionalisierten Vorsorge und der intensiven Forschung sind wir heute zu Heilungszahlen über 90% gelangt.“ Erst 1998 ist die Pflicht zur Mitteilung der Diagnose in den deontologischen Katalog der Ärzte aufgenommen worden, 2006 folgte die Bestimmung, der Patientin keine Therapie aufzuzwingen, sondern sie teilhaben zu lassen an den Entscheidungen. Und auch der Aspekt der Lebensqualität kam erst ab 2000 ins Spiel. Von größter Bedeutung für die Frauen, so Nadalini: „Sie ernst nehmen, in all ihren Befindlichkeiten, Emotionen, Zweifeln.“
Zum Abschluss diskutierten zwei Patientinnen, Irmgard Mayerhofer, Luciana Teboni, die beiden Vorstände von mamazone Deutschland, Biggi Welter und Romana Gilg, Erika Laner, Dr.in Sonia Prader und Dr.in Luisa Nadalini über das Thema, „Wenn Narben Kraft geben.“ Es moderierte Nicole Dominique Steiner. Durch den Vormittag führten Dr.in Sonia Prader, Erika Lana und Martina Ladurner. Die 19. Wissensoffensive Diplompatientin wird am 17. Oktober 2026 wie gewohnt in der Eurak in Bozen stattfinden.
Die vier „mamazonen“ Martina Ladurner, Erika Laner, Biggi Welter und Romana Gilg
Dr. Luca Tondulli
Prof. Claudio Zamagni
Dr. Luisa Nadalini

Aktuell

Bio- und Immuntherapie aus der Spritze

Die Onkologie Bozen eröffnet eine neue Ambulanz für Patientinnen und Patienten in Behandlung mit Trastuzumab, Pertuzumab und Atezolizumab
Foto: Othmar Seehauser


Die Onkologie des Krankenhauses Bozen wird in Kürze eine neue Ambulanz für die Behandlung mit den biologischen Arzneimitteln Trastuzumab, Pertuzumab und dem Immuntherapeutikum Atezolizumab eröffnet. Für Patientinnen und Patienten mit Lungen- oder Brustkrebs können diese Medikamente in Form einer subkutanen Injektion verabreicht werden.
Die Behandlung einer Tumorerkrankung ist ein sehr langer und anspruchsvoller Weg – nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Untersuchungen, Diagnose, gefolgt von einer intensiven Phase weiterer Untersuchungen, Gespräche und Entscheidungen, dann der chirurgische Eingriff und/oder die Chemo- und Strahlentherapie: All dies bedeutet Monate ständiger Krankenhausbesuche und langer Aufenthalte in den Strukturen. Besonders die intravenöse Chemotherapie erfordert viel Zeit, sowohl für die Verabreichung selbst als auch für die Wartezeiten auf Blutuntersuchungen.
Seit einigen Jahren steht in Italien die Behandlung mit den monoklonalen Antikörpern Trastuzumab und Pertuzumab zur subkutanen Injektion für Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs zur Verfügung. Kurz nach seinem Amtsantritt im Dezember 2022 hat der Primar, Dr. Luca Tondulli, diese neue Art der Verabreichung auch in Bozen eingeführt. Das bedeutet, dass Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs – im frühen wie auch im fortgeschrittenen bzw. metastasierten Stadium – von dieser Möglichkeit profitieren können, mit einer Injektion von Trastuzumab oder einer Kombination aus Trastuzumab und Pertuzumab alle 21 Tage: zunächst in Kombination mit der Chemotherapie und anschließend als Erhaltungstherapie, erklärt der Primar.
Ab Anfang 2025 kann auch das Immuntherapeutikum Atezolizumab in Form einer subkutanen Injektion verabreicht werden – sowohl bei PatientInnen mit operiertem Lungenkrebs als Rezidivprophylaxe als auch bei fortgeschrittenen Tumorformen, sofern der Tumor den PD-L1-Rezeptor aufweist.
„Der Vorteil liegt in der erheblichen Zeitersparnis: Während eine Infusion etwa eine Stunde dauert, benötigt die Injektion lediglich 5–7 Minuten. Und ein PICC ist nicht mehr notwendig“, betont Tondulli. Es handelt sich um eine Injektion, die Heparin- oder Insulin-Spritzen ähnelt, mit einer einfachen Nadel, ohne besondere Nebenwirkungen und in der Regel gut verträglich. „Unsere PatientInnen sind fast alle auf diese Verabreichungsform umgestiegen; nur wenige bevorzugen weiterhin die intravenöse Methode.“
Die 5–7 Minuten Injektionszeit ergeben sich aus dem relativ großen Volumen der zu verabreichenden Flüssigkeit. Die Zeitverkürzung bringt Vorteile sowohl für die Gesundheitseinrichtung als auch für die Betroffenen: Die Abläufe werden effizienter und nachhaltiger gestaltet, die Therapie lässt sich besser in die Dynamiken eines Day-Hospitals integrieren und die Lebensqualität der PatientInnen wird deutlich verbessert. Derzeit wird diese Therapie, die meist in den Oberschenkel injiziert wird, am Vormittag in den Ambulanzen der Onkologie verabreicht. Mit der neuen Ambulanz, die einmal wöchentlich an einem Nachmittag geöffnet sein wird, können die PatientInnen nicht nur von einer schnelleren und effizienteren Behandlung profitieren – und damit ihren Krankenhausaufenthalt deutlich reduzieren –, sondern sie erhalten auch einen eigenen, ruhigen Raum, fern vom intensiven Rhythmus der Station. Dort werden sie von einer speziell zuständigen Pflegefachkraft und einer Ärztin/ einem Arzt betreut.
„Wir haben bewusst den Nachmittag gewählt, weil es dann insgesamt viel ruhiger ist.“ Die Möglichkeit, diese Medikamente subkutan zu verabreichen, entlastet Patientinnen und Patienten sowohl körperlich als auch seelisch erheblich, da Wege und lange Wartezeiten reduziert werden. Der eigens dafür vorgesehene Raum ermöglicht schnellere und effizientere Behandlungen und verbessert gleichzeitig die gesamte Betreuungserfahrung der Patientinnen und Patienten.
Weniger Zeit im Krankenhaus zu verbringen, das bedeutet für die Betroffenen, den Therapieverlauf mit mehr Gelassenheit zu erleben, Stress abzubauen und schneller wieder ihren Alltagsaktivitäten, der Familie und der Arbeit nachzugehen, fügt Tondulli hinzu. Und er kündigt eine weitere gute Nachricht an: „In naher Zukunft können auch andere immuntherapeutische Medikamente auf diese Weise verabreicht werden.“
Die Chemotherapie hingegen muss aufgrund ihrer hohen Toxizität weiterhin intravenös und über einen Katheter verabreicht werden. „Es wäre zu gefährlich, ein Austreten des Wirkstoffs ins umliegende Gewebe zu riskieren.“
Biologische Arzneimittel werden im Allgemeinen im Anschluss an die adjuvante Chemotherapie für weitere 8–9 Monate fortgeführt, sodass die Gesamtbehandlungsdauer etwa mehr als ein Jahr beträgt. Die Chemotherapie selbst dauert bei Lungen- und Brustkrebserkrankungen durchschnittlich 3–5 Monate. „Danach wird durch die subkutane Injektion der Krankenhausaufenthalt auf ein Minimum reduziert. Die Forschung entwickelt sich zunehmend in diese Richtung: wirksamere Therapien bei gleichzeitig größerer Rücksichtnahme auf die Lebensqualität der Betroffenen.