Thema
Das Ziel: höchste Qualität
Brust- und Allgemeinchirurg Dr. Christoph Mayr – Frauen sind tapfere und verlässliche Patienten

Er war von Anfang an mit dabei, hat beigetragen, die Breast-Unit zu dem zu machen, was sie heute ist. Dr. Christoph Mayr ist eine beruhigende Präsenz im Hintergrund. Das Rampenlicht meidet er. Sollte er ein Bild wählen für die Breast-Unit, wäre es nicht ein Schiff mit Crew und Kapitän, sondern eher ein Flugzeug mit Piloten und Copiloten. Jeder hat den gleichen Stellenwert. Eine flache Hierarchie, jeder hat seinen Platz, keiner muss seine Wichtigkeit herausstreichen.
Sie sind seit über 30 Jahren Chirurg und seit Anfang an in der Breast-Unit Bozen. Dort sind sie mittlerweile drei Chirurgen, Dr. Romano Polato, Dr. Pasquale Auricchio und sie.
Dr. Christoph Mayr: Ja wir sind eine Art Drillinge, die gleiche Kompetenz, aber jeder mit seiner besonderen Art. Ich bin vielleicht derjenige für kompliziertere, ängstliche Patientinnen. Für jene, die spezielle Ansprüche haben, Operationstermin nach Mondkalender oder wenn der Dogsitter zur Verfügung steht.
Was ist für sie der Angelpunkt der Beziehung zu ihrer Patientin?
Dr. Christoph Mayr: Ehrlichkeit. Ich will ernste Dinge nicht verharmlosen, aber auch keine Panik schüren. Mir ist wichtig, den Frauen zu vermitteln: „Sie haben alles richtig gemacht, jetzt ist es an uns.“ Klar und ehrlich und an den Typ Frau angepasst, die vor mir sitzt. Man muss sich immer wieder neu einstellen.
Was ist der wesentliche Unterschied zwischen der allgemeinen Chirurgie und der Brustchirurgie?
Dr. Christoph Mayr: In der allgemeinen Chirurgie ist alles inbegriffen, es heißt, sich schnell einstellen, auf das, was gerade anliegt. Es gibt Notfälle, wo man in kürzester Zeit, ohne zu zögern weitreichende Entscheidungen treffen muss. In der Brustchirurgie kann man alles überlegt und mit Ruhe angehen. Man kennt die Patientinnen, kann mit ihnen eine Beziehung aufbauen. Ich schätze es, beides zu haben. Die Allgemeinchirurgie und geplante Brust-Ops, dazu den Unterricht an der Claudiana und die Möglichkeit, mein Wissen, meine Erfahrung weiterzugeben.
Bozen ist das größte Brustzentrum in Südtirol, das einzige, das über 200 Neuerkrankungen pro Jahr verzeichnet.
Dr. Christoph Mayr: Wir haben als Zentrum eigentlich die ideale Größe. Genug Fälle, um den hohen Ansprüchen eines zertifizierten Zentrums zu entsprechen, aber wir sind klein genug, dass für uns jede Patientin eine Person mit Namen und Gesicht ist und auch die Patientinnen uns kennen, ohne auf dem Kittel nach dem Namensschild zu suchen, weil sie jedes Mal mit anderen Personen zu tun haben. In der Stadt passiert es mir immer wieder, Patientinnen zu begegnen, die mich kennen und grüßen. Ich sehe sie in einem völlig anderen Umfeld, mit Mann oder Kindern, mit dem Hund… Es gibt auch Patientinnen, die mich auf der Straße nicht erkennen. Das ist für mich auch positiv, es heißt, dass sie abgeschlossen haben.
Der Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Patienten?
Dr. Christoph Mayr: Sehr verallgemeinernd würde ich sagen, Frauen sind die tapfereren Patienten, sie sind verlässlicher, bewusster. Sie sind sensibler, aber letztendlich auch stärker, auch weil sie zu ihrer Angst stehen, sich nicht schämen, sie zu zeigen. Sie schenken Vertrauen. Das schlimmste ist für sie glaube ich das Warten, der Zeitpunkt zwischen Biopsie und Diagnose, da sind sie sehr verletzlich.
Was bedeutet das Arbeiten in der Breast-Unit für sie?
Dr. Christoph Mayr: Ich schätze sehr die flache Hierarchie. Jeder hat seinen Platz, seine Funktion, keiner muss seine Wichtigkeit herausstreichen. Jeder hat seine Phase im Verlauf, aber niemand nimmt sich wichtiger. Man schätzt sich gegenseitig, steht sich bei. Wir respektieren uns und jeder weiß, was der andere macht und was er vom anderen erwarten kann. Jeder gibt in seinem Bereich das Beste, aber das ist nichts, womit man sich brüsten müsste. Wir sind gemeinsam da, jeder zu seinem Zeitpunkt. Und das würde ich nicht nur auf uns in der Breast-Unit begrenzen. Es kommt die Zeit, wo nicht mehr wir, sondern Vereinigungen wie Krebshilfe oder LILT von größter Bedeutung sind. Es ist oft auch ungemein erleichternd, gemeinsam alles zu tragen. Und es ist gut zu wissen, dass wenn sich die Bedürfnisse ändern, andere an unsere Stelle treten.
Und wenn es einmal nicht gut ausgeht?
Dr. Christoph Mayr: In den meisten Fällen geht es glücklicherweise ja gut aus, aber es gibt auch tragische Fälle, wo man mit seiner Hilflosigkeit konfrontiert wird, wo das Schicksal einfach ungerecht ist. Wenn man das gemeinsam tragen und leben kann, sich untereinander austauschen und stützen kann, sich auch ohne viel Worte versteht, ist das eine große Hilfe. Und ich bin dafür sehr dankbar.
Sind sie stolz auf etwas im Zusammenhang mit ihrer Arbeit, im Zusammenhang mit dem Brust-Zentrum?
Dr. Christoph Mayr: Ich habe ab 1996 mitgewirkt. Wir waren Pioniere im multidisziplinären Arbeiten. Unser Ziel war, unseren Patientinnen eine immer höhere Qualität zu bieten und wenn ich heute sehe, was daraus geworden ist… ja dann bin ich schon stolz darauf. Und es wird uns ja auch immer wieder bestätigt, wenn wir das Audit für die Eusoma-Zertifizierung machen: Wir erfüllen die höchsten europäischen Kriterien. Das ist beruhigend und Ansporn zugleich.

