Aktuell

Ein großes Herz

Ulrich Seitz: Das Glück des Engagements für andere


Er ist sehr herzlich und er hat ein großes Herz. Ulrich Seitz, ehemaliger Direktor des Amts für Krankenhäuser,hat 2016 seinen Karrierejob gekündigt, um sich auch beruflich ganz dem zu widmen, was ihm am meisten am Herz liegt: der Nächste, bzw. Menschen, die Hilfe benötigen. Für ihn ein persönlicher Befreiungsschlag und das Ende von Interessenskonflikten, zu sehr fühlte er durch die Amtspflicht im „behüteten“ öffentlichen Dienst die Hände gebunden. Zu Jahresbeginn wurde er von den Lesern von Stol und Dolomiten zur Person des Jahres gewählt.
Sehr zu seiner Überraschung. „Ich erfuhr zufällig am Tag vor Weihnachten auf der Straße, dass mich irgendwer kandidiert hat, wusste von nichts und war sehr überrascht, als jemand mich ansprach und sagte, „ich habe dich gerade gewählt“. Es hat wahnsinnig gutgetan", sagt Ulrich Seitz, den alle Uli nennen. Er hat sich vor allem deshalb gefreut, weil er die vielen Kurzinterviews anlässlich seiner Wahl für seine Herzensanliegen nutzen konnte. Den dritten Sektor, die vielen Freiwilligen, die sich in Südtirol für Menschen einsetzen, die Hilfe brauchen, die krank sind, die auf der Schattenseite des Lebens stehen.
Nach einem Zwischenspiel bei der Sozialgenossenschaft EOS, die es sich zur Aufgabe gesetzt hat, die Öffentlichkeit für die Probleme von jungen Menschen mit psychischen und psychiatrischen Problemen zu sensibilisieren, ist Seitz seit dessen Gründung im Juli 2019 Direktor des Dienstleistungszentrums für das Ehrenamt, DZE, dem 63 ehrenamtliche Organisationen angehören, die insgesamt 2.300 Vereine aus verschiedenen Bereichen umfassen, darunter auch die SKH. Aufbauarbeit, auch das reizt ihn.
Ulrich Seitz selbst ist Präsident eines Seniorenwohnheimes, das er jedes Wochenende besucht, er ist Präsident des Vereins „Ein Herz für Kinder“, der „Südtiroler Alzheimer-Vereinigung“, setzt sich für die „Südtiroler Aidshilfe“ ein, kämpft für die Absicherung von Frauen, die in die Hauspflege eingebunden sind, für die Sammlung des Nabelschnurbluts und vieles anderes. Ein Tausendsassa des Ehrenamts, der nicht nur beruflich, sondern auch privat Erfüllung im Einsatz für andere findet. Für ihn ist das allerdings nichts Besonderes, sondern selbstverständlich und wenn er könnte, würde er noch mehr tun. „Ich habe die Möglichkeiten dazu und möchte sie nutzen, etwas zu bewegen!“
Die Nominierung hat ihn auch deshalb besonders gefreut, weil er erschöpft und frustriert aus dem letzten Jahr gekommen ist. Die Neureglung des dritten Sektors, Digitalisierungspflicht, Auflagen verschiedenster Art für Freiwillingen-Vereine, erfüllen ihn mit Sorge. Nicht jeder Verein hat Menschen, die das leisten können und die Möglichkeiten des DZE stoßen bei allem Einsatz an Grenzen. „Nur gut sein, reicht heute längst nicht mehr!“ Es braucht „Manager“. Personen, bei denen alles zusammenläuft, um Ansuchen für Beiträge zu stellen, um den Verein voranzutreiben und alle Auflagen zu erfüllen. Eine seiner Forderungen ist deshalb auch, solche Personen im Ehrenamt zu bezahlen. Gratis neben der Arbeit ist das alles nicht mehr zu leisten. Und wer es tut, reibt sich auf.
Demenz und Alzheimer nehmen einen besonders großen Platz in seinem sehr dehnbaren Herzen ein. Ein Problem im Schatten der Gesellschaft, das beileibe nicht nur alte Menschen betrifft, sondern immer mehr junge und damit ganze Familien in Not stürzt. Insgesamt gibt es in Südtirol – bekannt – 14.000 Alzheimerpatienten. Pro Jahr werden rund 1.200 Neuerkrankungen registriert. Nur 400 sind in Heimen untergebracht, die anderen werden – unter großen Schwierigkeiten – zuhause gepflegt, meistens von –berufstätigen – Frauen. 400 Alzheimer-Erkrankte sind zwischen 40 und 60 Jahre alt. Der Verfall ist in diesem Alter besonders schnell. Eine Tragödie für die betroffenen Familien. Und ein Tabu. Für junge Patienten ist keine Reha vorgesehen, deshalb bemüht Seitz sich um Ergotherapie- und Logopädieplätze.
Seitz wünscht sich eine Gesellschaft, die weniger egoistisch ist, in der nicht jeder eifersüchtig über seine Vorteile wacht. Er wünscht sich auch von den Vereinen mehr Solidarität untereinander, mehr Zusammenarbeit und einen gesunden Wettbewerb um gute Ideen. „Auch die Leistungen der Vereine müssen sich anpassen. Mit nur gesellschaftlichen Nachmittagen ist es längst nicht mehr getan. Die SKH ist da schon weit voran!,“ stellt Ulrich Seitz fest.
Wenn er sich etwas wünschen dürfte, ständen an erster Stelle eine starke Lobby für das Soziale (die es nicht gibt) und Chancengleichheit, die Absicherung der in die Pflege eingebundenen Frauen und eine höhere Wertschätzung der Menschen untereinander. „In einem Land, wo der Tourismus so einen hohen Stellenwert hat, wo die Touristiker sich wegen ihrer besonderen Kundenbeziehung auszeichnen, gibt es in vielen anderen Bereichen ein Kommunikationsproblem! Menschen mit Problemen tun sich schwer und fühlen sich nicht ernstgenommen.“
Der 51jährige Traminer, erkennbar an der extravaganten Brille, dem strahlenden Lächeln und der ausgesprochenen, von Herzen kommenden Freundlichkeit, lebt in Terlan und hat Rechtswissenschaft studiert. In seiner nicht sehr reichlichen Freizeit ist er ein begeisterter Theaterbesucher und mit seinem guten Freund, dem Schauspieler Thomas Hochkofler, liebt er es über die Welt, Philosophie und moderne Literatur zu diskutieren. Eines tut Ulrich Seitz nicht gerne: Reisen. Aus einem besonderen Grund: „Ich habe Angst, dass es mir dann so gut gefällt, dass ich nicht mehr zurück möchte.“ Und außerdem hat er in Südtirol noch so viel zu tun…

Aktuell

Musik vereint und hilft

Benefizkonzert mit Federico Manara, 1. Violine an der Mailänder Scala und Luigi Mariani, Professor für Klavier am Konservatorium


Es war mehr als nur Musik. Es war auch die Energie, die diese beiden Musiker, Freunde seit der Zeit, in der sie das Konservatorium in Turin gemeinsam besucht haben, auf der Bühne vereinigt und die diesen Abend zu etwas so Besonderem machten. Luigi Mariani weiß, was es heißt, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Er ist nicht nur ein meisterhafter Pianist, sondern auch ein Meister im Bewältigen von schwierigen Lebenssituationen. Seit seinem 10. Lebensjahr ist er fast erblindet. Mit der Krebshilfe fühlt er sich verbunden, weil er 2009 seine Schwester Stefi durch Krebs verloren hat. Beide sind zudem Jugendfreunde von Birgitta Thaler, der stellvertretenden Vorsitzenden des Bezirks Bozen. Und so kam eines zu anderen.
Als Luigi Mariani seinem Freund ein gemeinsames Benefizkonzert vorschlug, war es nur ein Problem der Daten. Die Zusage musste nicht lange überlegt werden. Und es war wirklich ein ganz besonderes Konzert, das die Vorsitzende des Bezirks Bozen Salten Schlern und Landesvorsitzende der SKH, Maria Claudia Bertagnolli und ihre Stellvertreterin im Bezirk Birgitta Thaler ankündigen durften. Einen Konzertabend der ganz besonderen Art. Nicht nur aufgrund der Virtuosität, sondern auch aufgrund der Freude am gemeinsamen Spiel, das aus jeder Note herausklang. Der Abend war nicht nur ein Geschenk für die Krebshilfe, sondern auch für die beiden Musiker und Freunde selbst, die Seite an Seite auf der Bühne stehen und das mit dem Publikum teilen konnten, was sie im Tiefsten verbindet: Musik.
Vorgetragen haben die beiden Musiker die Sonatine für Violine und Klavier op. 137 Nr. 1, D 384 von Franz Schubert (1797-1828); drei Romanzen op. 24 von Robert Schumann (1810-1856) sowie die Sonate K. 454 in B-Dur für Violine und Klavier von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) sowie zum Abschluss drei „Aquarelle“ komponiert von Luigi Mariani. Farben durch Musik sehen.
Maria Claudia Bertagnolli und Birgitta Thaler nutzten ihre Einführung nicht nur für einen warmherzigen Dank an beide Musiker, sondern auch, um in Kürze einen Überblick über die wichtige Arbeit der Krebshilfe auf Bezirks- und Landesebene zu geben. Von den unterschiedlichen Hilfeleistungen praktischer, sozialer und auch finanzieller Natur bis zur Information über die Krankheit und die Vorsorge.

Professor Luigi Mariani


Eine Geschichte voller Umzüge. Turin, Leipzig, Bozen, München, Ragusa auf Sizilien, Castelfranco Veneto, Mantua, Roma und schließlich wieder Bozen. Zuerst für das Studium von Klavier, Orchesterleitung und Komposition, dann für seine Lehrtätigkeit. Kein leichtes Leben. Seit er zehn Jahre alt ist, ist Luigi Mariani blind. In seinen Jugendjahren ein Handicap, für das es noch nicht viele Hilfsmittel gab. Schon gar nicht in der Musik. Francesco Manara und andere Mitschüler unterstützten ihn im Studium, indem sie ihm Stücke aufnahmen, die es noch nicht in Brailleschrift gab. In Bozen, so Luigi Mariani, hat er in seiner Jugendzeit, als er selbst Student am Konservatorium war, wo er heute lehrt, eine der schönsten Perioden seines Lebens verbracht. Musik war und ist für ihn ein Weg, um weiterhin zu sehen. Vor allem die Orchestermusik, wo ihn die schrittweise und gemeinsame Konstruktion der Stücke, das gemeinsame Proben fast mehr faszinieren, als die eigentliche Aufführung an sich. Der Verlust seiner Schwester Stefania, im Jahr 2009, die Umstände ihrer Krebs-Erkrankung und ihres Sterbens haben ihn tief geprägt. Vor allem die Tatsache, dass seine Schwester, Mutter eines kleinen Sohnes, und mit ihr die ganze Familie, sich allein gelassen gefühlt haben. Auch aus diesem Grund war es Luigi Mariani ein Anliegen, etwas für die Südtiroler Krebshilfe zu tun, die den Betroffenen in dieser schwierigen Situation so wertvolle Hilfe leistet. Und wie könnte es besser gehen, als über Musik, seinen Lebensinhalt und für ihn von jeher auch eine Hilfe, um seinen alles andere als leichten Alltag zu bewältigen.

Professor Francesco Manara


Es war ein Zufall, der ihn zur Scala geführt hat. Eigentlich hatte Francesca Manara von einer Karriere als Solo-Violinist geträumt. Sein Professor am Konservatorium schrieb ihn vor 33 Jahren für den Wettbewerb um die Stelle als Erste Geige an der Scala in Mailand ein. Zeit zum Vorbereiten hatte er damals wenig, weil er gerade seinen Zivildienst absolvierte. Er bestand nicht nur das erste Vorspiel mit Salvatore Accardo, einem der bekanntesten italienischen Violinisten, sondern auch das zweite mit Riccardo Muti, der damals das Orchester der Scala leitete und fand sich zu seiner großen Überraschung im Alter von 23 Jahren als Erste Geige eines der berühmtesten Opernhäuser der Welt wieder. Eine Wahl, die er nie bereut hat. Das gemeinsame Leben der Musik mit dem Orchester-Ensemble, das Teilen der Begeisterung oder auch der Enttäuschung über Misserfolge, das Sich-Aufeinander-Einstellen, begeistern ihn immer noch. Er ist Gewinner zahlreicher internationaler Musikwettbewerbe und hat einen dichtgefüllten Terminkalender – im Januar und Februar 2025 standen in der Scala Falstaff von Giuseppe Verdi und die „Walküre (Der Ring des Nibelungen)“ von Richard Wagner auf dem Programm, sechs bzw. sieben Aufführungen, zahlreiche Proben und jeweils zwei Generalproben. Als sein Freund Luigi Mariani ihn fragte, ob er bereit sei, ein gemeinsames Konzert in Bozen zu halten, sagte er ohne Zögern zu.
Das Leben eines Musikers, zumal in einer so exponierten Position, ist kein Spaziergang, sondern harte Arbeit. Die Stücke müssen kontinuierlich studiert und geübt werden, nicht nur während der Orchesterproben, auch zuhause, das Spiel des Instrument muss kontinuierlich geübt und verfeinert werden. Francesco Manara nimmt sich nur einen Monat im Jahr Pause von seiner Geige, einer Nicola Amati aus dem Jahr 1660. Detoxing nennt er das und die Pause ist notwendig, um die Sehnen und Muskeln von Hand und Arm zu entspannen. „Am Ende kann ich es kaum noch erwarten, meine Geige endlich wieder in den Händen zu halten.“ Ein Leben mit und für das Instrument und skandiert von Vorstellungsterminen. Er spielt nicht nur im Orchester der Scala, sondern ist auch erste Geige im Streichquartett der Scala sowie Gründer des Trio Johannes. Zu den Aufführungen an der Scala in Mailand kommen Konzerte und Masterclasses in allen Teilen der Welt. Er hat mit den bekanntesten Dirigenten der Welt gespielt. Aber der Mann, der in Bozen seinen blinden Freund Luigi Mariani ans Klavier begleitet und mit ihm zusammen für ein Publikum von nicht ganz 200 Personen und nicht wie an der Scala von 2.000 musiziert hat, ist im täglichen Leben „ein ganz normaler“ Mensch, sensibel für das weniger glückliche Schicksal anderer.
Zur Geige ist er relativ spät gekommen, im Alter von zehn Jahren. Aber als Sohn eines Opern-begeisterten Vaters zitierte er schon mit sechs Jahren auswendig Opernarien und versuchte – mit wenig Erfolg, wie er lachend zugibt - seine Freunde dafür zu begeistern. Mit Luigi Mariani verbindet ihn eine Freundschaft seit den ersten Tagen im Konservatorium. Eine Freundschaft gewachsen mit der Passion für die Musik, aber auch bestehend aus der Freude an gemeinsamen Spaziergängen, Philosophieren über Gott und die Welt und zusammen in Bozen auf der Bühne des Konservatoriums zu spielen für einen guten Zweck!

Il prof. Luigi Mariani
Il prof. Francesco Manara, primo violino al Teatro alla Scala a Milano
Ein wunderschöner Konzertabend ist zu Ende. V. li. Brigitta Thaler, Luigi Mariani, Maria Claudia Bertagnolli und Francesco Manara