Thema

Vorschläge zum neuen Wohnbaugesetz

Der ASGB ist vom zuständigen Ressort angefragt worden, zum Entwurf des neuen Wohnbauförderungsgesetzes Stellung zu nehmen. Folgende, unseres Erachtens unverzichtbare, Vorschläge haben wir deponiert:
A | Das Land Südtirol würde seinen Willen zum Fortschritt damit bekunden, wenn die Förderung von Bau, Kauf und Sanierung der Erstwohnung nicht mehr als soziale Maßnahme, sondern als Objektförderung betrachtet würde. Sprich: jeder, der seit mindestens fünf Jahren in Südtirol wohnhaft ist und in den letzten zwei Jahren ein Einkommen hatte, welches nach Abzug von Steuern, und der Rückzahlungsrate für ein aufzunehmendes Darlehen (berechnet auf 20 Jahre) noch netto das Lebensminimum aufweist, sollte Anrecht auf die Förderung haben und eine Summe zwischen 50.000 und 70.000 Euro erhalten. Die Summe sollte nach einer objektiven finanziellen Machbarkeitsstudie eines unabhängigen Gremiums genau festgelegt werden, aber eben zwischen 50.000 und 70.000 Euro liegen.
Analog zum Bausparmodell würde diese Art von Eigentumsförderung im Wohnbau gleichzeitig die Wirtschaft ankurbeln und der beste Schutz vor Altersarmut sein.
B | Sollten die Mittel knapp werden, sollte auch wieder die Gewährung von zehnjährigen gleichbleibenden Beiträgen, welche derzeit ausgesetzt sind, als eine weitere Fördermaßnahme gesetzlich vorgesehen werden.
C | Als Beitrag für junge Paare oder Verheiratete mit Kindern und einem geringen Einkommen soll die Wiedereinführung der sogenannten B-Genossenschaften angedacht werden. Die Eigenleistung müsste nur für Baugrund, Erschließung und Projektkosten aufgebracht werden, die reinen Baukosten sollten durch ein zinsloses langfristiges Darlehen abgezahlt werden (30 Jahre). Dafür müsste man im Gesetzesentwurf aber davon abweichen, dass Darlehen von maximal 20 Jahren vorgesehen werden.
D | Die Gemeinden sollten ausreichend baureifes, gefördertes Bauland zur Verfügung stellen und allen berechtigten Gesuchstellern das Bauland schneller zuweisen.
E | Der Beitrag für Miete und Wohnungsnebenkosten sollte so hoch sein, dass die Miete für den Einzelnen nicht mehr als ein Viertel des Nettoeinkommens der Familie beträgt.
F | Wohnbauhilfeempfängern, welche ein Kind bekommen und ein Elternteil sich der Erziehung der Kinder widmen möchte, sollte das Wohngeld auf die Rückzahlungsrate nach Kriterien der Wohngeldvergabe, wie sie bis zur Übernahme durch die Sozialdienste in Kraft war, gewährt werden. Dies erachten wir als notwendig, um der Verschuldung junger Familien vorzubeugen und gleichzeitig den Familien die „Wahlfreiheit“ zu ermöglichen.
G | Für private Mietwohnungen, welche als Hauptwohnung an Ansässige zum Landesmietzins vermietet werden, soll die GIS wie für die Erstwohnung berechnet werden.
H | Die Berechnung der GIS soll gesetzlich vorgesehen werden und nicht nur dem Wohlwollen der Gemeinden überlassen werden.
I | Für das Amt für Wohnbau muss mehr Personal vorgesehen werden. Dies, um die Gesuche schneller zu bearbeiten und die Zeiten bis zur Auszahlung der Förderungen zu reduzieren. Aktuell dauert das Prozedere zwei Jahre.
H | Die EEVE als Berechnungsgrundlage für den eigentumsfördernden Wohnbau muss abgeändert werden. Diejenigen, die ehrlich gespart und auch Verzicht geübt haben, um sich nicht zu sehr zu verschulden, dürfen nicht benachteiligt werden, indem sie keinen oder nur einen reduzierten Beitrag bekommen.

ÖffentlicherDienst


Interview mit Stefan Perini, Direktor Arbeitsförderungsinstitutes -AFI

Interview-Ecke: Hier werden in unregelmäßigen Abständen Interviews zu aktuellen Themen wie Politik, Wirtschaft, Soziales und Kultur veröffentlicht.
ASGB: Am 06. Juni hat die zweite Kundgebung der öffentlich Bediensteten stattgefunden. Die Teilnahme war wieder gewaltig. Wie erklären Sie sich das?
Stefan Perini: Südtirols öffentlich Bedienstete, immerhin 40.600 an der Zahl, hatten bislang viel Geduld. Seit den letzten Lohnverhandlungen im April 2010 sind die Lebenshaltungskosten in Bozen um 16 Prozent gestiegen, die Nominallöhne sind aber gleichgeblieben. Nun reißt so langsam der Geduldsfaden.
Aktiv: Wir haben nicht nur Kaufkraft verloren, auch unsere Lebensqualität leidet darunter. Kann man das so sagen? Geld ist nicht alles, aber....
Stefan Perini: Geld ist auf jeden Fall die Überlebensgrundlage. Rund ein Drittel der Südtiroler Arbeitnehmer tun sich schwer, mit dem Geld bis ans Monatsende zu kommen. Das bescheinigen uns die vierteljährlichen Umfragen im AFI-Barometer immer wieder. Im letzten Jahrzehnt waren die öffentlich Bediensteten die wahren Verlieren der Wirtschaftsentwicklung.
Aktiv: Welche Empfehlung möchten Sie der Politik mit auf den Weg geben?
Stefan Perini: Dem Land als größten Arbeitgeber in Südtirol muss klar sein, dass die Hälfte seines Personals bis 2030 in Pension gehen wird. Um den Karren nicht an die Wand zu fahren, muss man auf ein zeitgemäßes Personalmanagement umsatteln und Neueinstellungen forcieren. Der öffentliche Dienst muss wieder attraktiv werden. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel müssen als Investition in die Zukunft gesehen werden.
Aktiv: Und was empfehlen Sie den Gewerkschaften?
Stefan Perini: Bei der Lohnforderung sollten die Gewerkschaften keinen einzigen Schritt nachgeben. Nach einer so langen Durststrecke sind zehn Prozent mehr Lohn alles andere als vermessen. In den Aufgabenbeschreibungen und bei den Einstufungen kann es durchaus mehr Flexibilität im Sinne des Arbeitgebers geben. Insgesamt hoffe ich, dass es den Verhandlungspartnern auch gelingt, innovative Elemente der „Guten Arbeit“ in den neuen Vertrag einzubauen: Recht auf Weiterbildung, Smart-Working, Sabbatjahr, um nur einige Stichworte zu nennen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Unter www.afi-ipl.org finden
Sie den AFI-Zoom „Der Kaufkraftverlust
der 40.600 öffentlich
Bediensteten in Südtirol“