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Ökonomie und Ökologie

„Ökologie ist gescheite Ökonomie", so hat es der berühmte Wissenschaftler und Forscher Konrad Lorenz auf den Punkt gebracht. Man spricht immer wieder von einem „Spannungsverhältnis zwischen Ökonomie und Ökologie". Die Diskussion zwischen Ökologie und Ökonomie wird bekanntlich schon seit langem geführt. Wie viel Umweltschutz kann sich die Wirtschaft leisten? Dabei schließen sich Ökonomie und Ökologie nicht aus - im Gegenteil: Eine gesunde Gesellschaft, eine kraftvolle Wirtschaft und alles in einer lebensfähigen natürlichen Umwelt - dies muss das Ziel von nachhaltiger Entwicklung sein.
Es geht darum, die Bedürfnisse der heutigen Menschen zu befriedigen, ohne die Möglichkeit zukünftiger Generationen zu schmälern. Deshalb sind Entwicklungen zu fördern, die ökologisch, sozial und wirtschaftlich möglichst ausgewogen sind. Die Politik muss einerseits die Bürger auf die Anpassungszwänge der globalisierten Märkte vorbereiten und sie andererseits vor den Schattenseiten der Globalisierung schützen. Es braucht dazu auch die Verbesserung der ökonomischen und sozialen Bedingungen. Diese müssen mit der langfristigen Sicherung der natürlichen Lebensbedingungen in Einklang gebracht werden. Zu den Zielen müssen zum Beispiel eine nachhaltige Produktion sowie Verarbeitung, Vermarktung, Konsum und Entsorgung. von regional erzeugten Gütern bzw. Dienstleistungen gehören. Anzustreben ist also eine möglichst hohe Lebensqualität und Wertschöpfung vor Ort. An der Schwelle zum dritten Jahrtausend stehen wir an einem Wendepunkt der Umweltpolitik. Eine nüchterne Bestandsaufnahme zeigt einerseits, dass viele Probleme aus den letzten Jahren und Jahrzehnten gelöst oder erhebliche Verbesserungen erzielt wurden. So konnten beispielsweise beachtliche Erfolge im Umweltschutz erreicht werden. Dies belegen nicht nur abstrakte Zahlenreihen oder Diagramme. Auch mit bloßem Auge ist erkennbar, dass zum Beispiel Schaumberge auf Flüssen und Bächen verschwunden sind. Andererseits stehen wir vor neuen Herausforderungen, hinter denen häufig globale Gefahrenlagen lauern. Ökonomie, Ökologie und soziales Engagement sind untrennbar miteinander verbunden. Jeder der drei Begriffe Ökonomie, Ökologie, soziale Gerechtigkeit ist für unsere Gesellschaft von grundlegender Wichtigkeit, keiner ist für sich allein hinreichend. Sie müssen zusammengedacht und zusammen gebracht werden. Ökonomie, Ökologie und Soziales - dies sind also die drei Säulen der Nachhaltigkeit. Alle drei Elemente dieses Wirkungsgefüges sind gleichrangig zu beachten. Der Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung ist steinig, es gibt jedoch eine ganze Reihe hoffnungsvoller Ansätze. Ziel muss ein umweltgerechter Wohlstand für Generationen sein. Die Wirtschaft in Südtirol hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten begonnen, den Umweltschutz in ihre Unternehmenspolitik und ihre alltäglichen Betriebsabläufe zu integrieren. Ökonomie und Ökologie sind in vielen Unternehmen keine Gegensätze mehr. Diese Ansätze zu vertiefen, muss ein vorrangiges politisches Ziel sein.

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Interview mit europaparlamentarier Dr. Michl Ebner

ASGB - Fragenkatalog

Die Arbeiterschaft Südtirols blickt der Erweiterung der Europäischen Union mit Aufgeschlossenheit, aber auch mit eigener Sorge entgegen. Wird durch die mit der Erweiterung verbundene Schaffung einer viel größeren europäischen Arbeitsmarktes der Wettbewerb billigerer Arbeitskräfte aus den neuen Ländern den Südtiroler Arbeitsmarkt negativ beeinflussen?
Michl Ebner: Die Union wurde am 1. Mai erweitert. Es geschah aber nicht, dass am 2. Mai eine massive Einwanderung in die bestehenden Mitgliedstaaten erfolgte. Es sind siebenjährige Übergangsfristen in der Freizügigkeit der Arbeitnehmer vorgesehen. Laut Daten der Europäischen Kommission wird diese Wanderung der Bevölkerung geringfügig und es werden hauptsächlich Universitätsabgänger sein. Durch die Zuweisung der Strukturfonds in den beitretenden Ländern werden Arbeitskräfte ausgebildet und gebunden und somit ein erhebliches Wachstum (derzeit im Durchschnitt bei 3,6 Prozent mit steigender Tendenz) und ein artikuliertes Konsumverhalten generiert. Kaufkraft wird geschaffen und das wird sich auf den Tourismus bei uns wiederspiegeln. Der erweiterte Markt entspricht einem großen Marktpotential, das auch von uns ausgeschöpft werden muss.
Müssen die Südtiroler Arbeitnehmer/innen durch die neue Konkurrenz um die Sicherheit Ihrer Arbeitsplätze bangen?
Michl Ebner: Durch den europäischen Binnenmarkt konnten in der Vergangenheit zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden. Die Koordinierung der nationalen und regionalen Beschäftigungspolitiken durch die Europäische Beschäftigungsstrategie leistet einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Die Erweiterung der EU schafft neue Absatzmärkte und neue Chancen für die Wirtschaft der bisherigen EU-Länder. Exporte sichern Arbeitsplätze. Die Regierungen haben die Möglichkeit zu Übergangsfristen bei der Freizügigkeit von maximal sieben Jahren, um Nachteile für ihre Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt (Ost-Westwanderungen) zu verhindern.
Wird die Union in der Lage sein, die sozialpolitische Entwicklung so zu gestalten, dass bisher eroberte Rechte der Arbeiterschaft gewahrt werden und es nicht zu einer allgemeinen Arbeitsmarktkrise in den bisherigen EU-Ländern kommen wird?
Michl Ebner: Europäische Mindeststandards etwa beim Arbeitsschutz können positive Auswirkungen auch für unsere Wirtschaft haben, z. B. wenn wir bei den Lohnnebenkosten nicht mehr haushoch über bestimmten anderen Ländern liegen, weil diese zu Mindeststandards verpflichtet sind bzw. werden. Es werden Staaten mit niedrigeren Standards als die Mindeststandards "gezwungen", ihre Standards entsprechend zu erhöhen. Mitgliedstaaten mit höheren Sozialstandards können diese beibehalten.
Der Entwurf einer Verfassung durch den EU-Konvent ist eine gute Grundlage für die weitere Ausgestaltung der sozialen Dimension der EU.
Welche konkreten Vorschläge haben Sie in Ihrer bisherigen Arbeit in Brüssel und Straßburg unterbreitet?
Michl Ebner: Im sozialen Bereich war ich stets engagiert. Es ist nämlich unabdingbar ein sozialeres und solidarisches Europa der Menschen und der Bürger zu schaffen. Vor allem habe ich mich immer für frauenpolitische Fragen, gegen die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, für die Freiwilligen- und Solidaritätsdienste und für eine gemeinsame Grundlage der Pensionspolitik eingesetzt. Für letztere habe ich im Zuge mehrer parlamentarischen Anfragen die Realisierbarkeit einer Anerkennung der gemeinsamen Rentenregelung gefordert, was für uns Südtiroler wegen der vielen Auslandstätigkeiten von größter Wichtigkeit ist. Die Kommission antwortete aber immer darauf, dass die Reform der Rentensysteme Sache der Mitgliedstaaten bleibe. Bloß ein Informationsaustausch auf Gemeinschaftsebene wäre denkbar und nützlich. Die Anerkennungsfrage ist aber dringend zu lösen.
Wie steht die Europäische Volkspartei, zu deren Fraktion Sie gehören, generell zur sozialpolitischen Entwicklung?
Michl Ebner: Die EVP bekennt sich zum Modell der sozialen Marktwirtschaft. Sie plädiert für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, die Arbeitsplätze schafft. Sie will ein Europa des Wohlstands. Wenn man Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze schaffen will, muss sich Europa der globalen Wirtschaft anpassen und leistungsfähige wirtschaftliche Rahmenbedingungen bieten. Die Geschichte und die Erfahrung haben gezeigt, dass Privatinitiativen, freies Unternehmertum, Wettbewerb, soziale Marktwirtschaft, Öffnung der Märkte und großzügiger Handel die wirklichen Antriebskräfte für wirtschaftlichen Fortschritt sind. Gleichzeitig haben sich die Autonomie der Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen, die freien Verhandlungen über Arbeitsbedingungen und Entlohnung zwischen ihnen sowie ihre Einbindung und Verantwortung im Umgang mit den Sozialsystemen als die beste Garantie für soziale Entwicklung erwiesen. Die EVP ist davon überzeugt, dass alle Beteiligten im wirtschaftlichen Leben einer Gesellschaft ihr Bestes geben müssen um diese Welt zu einem besseren Platz zum Leben, Arbeiten und der Schaffung von Wohlstand für alle zu machen. Dies kann auch dadurch definiert werden, dass alle Politikbereiche (insbesondere die Wirtschafts- und Finanzpolitik, Bildung und Ausbildung, Beschäftigungs- und Sozialpolitik) zusammenarbeiten müssen um den inneren Zusammenhalt unserer Gesellschaften zu sichern.
FWenn Sie einen Vergleich ziehen, zwischen der sozialen und wirtschaftlichen Lage in Südtirol und in der EU im Allgemeinen, wie steht Südtirol heute da?
Michl Ebner: Sowohl auf sozialer als auch auf wirtschaftlicher Ebene ist Südtirol ganz vorn dabei. Laut Eurostat ist die Provinz Bozen eine der zehn Regionen Europas, die den höchsten Pro-Kopf-BIP haben. Nach Inner London, Brüssel, Luxemburg und andere großen europäischen Metropolen, lag Südtirol im Jahre 2001 an 10. Stelle mit 43% des Pro-Kopf-BIPs über dem EU-15 Durchschnitt. Südtirol hat mit 2,5 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote Europas und 26 Prozent Wachstum (der EU-Durchschnitt liegt unter zwei Prozent). Auf europäischer Ebene liegt der Durchschnitt auf 8,8 Prozent, in Italien beträgt sie 8,5 Prozent. Sogar das reiche Land Luxemburg, das fast die gleiche Bevölkerungsanzahl hat wie Südtirol, hat eine Arbeitslosenquote von vier Prozent. Außerdem betreibt Südtirol eine beispielhafte Bewirtschaftung der Berggebiete und entwickelt sie zum Lebensraum. Dies trägt viel der europäischen Wirtschaft bei. Auch im sozialen Bereich spielt unser Land in eine Vorreiterrolle in der EU: die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit anderen Regionen der EU, und die Minderheitenfrage sind Erfahrungswerte, die von den anderen Regionen bereits heute kopiert und übernommen werden.
In Südtirol besteht die Gefahr neuer Armut für viele jungen Familien, für Rentner und ältere Personen allgemein, weil die Lebenserhaltungskosten laufend steigen, weil die Rentenvorsorge ins Wanken gekommen ist, weil die Sozialpartnerschaft weniger gut greift, als die Arbeiterschaft es sich erwartet und notwendig hat. Was tut die EU in dieser Hinsicht?
Michl Ebner: Die derzeitigen Kompetenzen der EU können die jeweiligen Sozialsysteme der Mitgliedsländer nicht direkt beeinflussen. Die Europäische Kommission greift jedoch in dreierlei Weise in die Renten- und Altenpolitik der Union ein: zum ersten kann die Kommission gemeinsam mit dem Rat einen Bericht über die Renten veröffentlichen, der sich auf die nationalen Strategieberichte über die von der Kommission vorgegebenen Punkte (siehe unten) der einzelnen Mitgliedstaaten stützt. Außerdem wird die Alterspolitik im Rahmen der Chancengleichheit angeschnitten, d.h. z.B. Senioren dürfen ihres Alters wegen am Arbeitsplatz nicht diskriminiert werden. Drittens ist der Europäische Sozialfonds zum Teil auch in der Alterspolitik tätig: nach dem Prinzip der „Verlängerung des Arbeitslebens" unterstützt der Europäischen Sozialfonds die Älteren, um am Arbeitsmarkt noch so lange tätig zu bleiben, wie sie es wünschen.
Wie sehen Sie die Rentenentwicklung in der EU?
Michl Ebner: Nach Angaben der Europäischen Kommission wird sich die Zahl der über 60-jährigen in den nächsten 30 Jahren um 50 Prozent erhöhen, während die Zahl der Jugendlichen (bis 19 Jahre) um ein Prozent und die der Erwachsenen (20 bis 59 Jahre) um sechs Prozent sinken wird. Laut Eurostat wird die Anzahl der über 65-jährigen bis zum Jahre 2010 ca. 8,5 Millionen sein. In den Jahren 2010 bis 2030 werden es 25,1 Millionen sein. Daher müssen sich die Sozialsysteme dieser Herausforderung stellen. Die Mitgliedsstaaten sehen sich nun gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, um der immer älter werdenden Gesellschaft finanzielle Sicherheit zu gewähren und diese auch finanzieren zu können.
Wird das Volkstum in Südtirol unter der Erweiterung leiden oder besteht die Chance, dass der Regionalismus und die Solidarität weiterhin wachsen?
Michl Ebner: Südtirols Volkstum wird wegen der Erweiterung nicht leiden. Europas Reichtum liegt nämlich in seinen Regionen. Starke Regionen begründen ein starkes Europa und verkörpern das kulturelle Erbe. Europa verpflichtet sich zu einer ausgewogenen Entwicklung aller europäischen Regionen. Sie respektiert und fördert ihre Identität und Vielfalt. Aus geografischen und historischen Gründen haben sich die 250 europäischen Regionen in verschiedener Weise und mit unterschiedlichem Tempo entwickelt. Die EU fördert den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in allen Regionen. Außerdem verteidigt die Fraktion der EVP sehr stark die Identität der Regionen Europas, da das Reichtum auch in den regionalen Traditionen und ihrer Vielfalt liegt. Sie respektiert nicht nur die nationale Identität der Bürger, sondern fördert auch aktiv die regionale und kulturelle Vielfalt. Man wird zur Bewahrung und Unterrichtung der unterschiedlichen Kulturen und Sprachen ermutigt und regionale Produkte werden gefördert, sowie ihre Ursprungskennzeichnung verteidigt.