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Gesundheitsdienst ist Grundsatzfrage

ASGB-Chef Pardeller zu Aufnahmestopp

„Für Mauern gibt es immer Geld, beim Personal hingegen ist alles zu teuer." Mit diesen Worten bringt der ASGB-Vorsitzende Georg Pardeller die Stimmung zum Ausdruck, die beim Personal der Gesundheitsdienste herrscht, seit der zuständige Landesrat Richard Theiner einen Aufnahmestopp bis Ende Mai, also für zwei Monate, verfügt hat. „Es stellt einen von uns unannehmbaren Widerspruch dar, wenn auf der einen Seite Personal eingespart werden soll, auf der anderen Seite ein riesiges Bauvorhaben mit gewaltigen Kosten angekündigt wird, und dies ohne jede Einbeziehung der Sozialpartner. Eine solche Politik können wir nicht mittragen."
Georg Pardeller hat mit den Vertretern des ASGB-Gesundheitsdienstes den Aufnahmestopp besprochen. Dabei kamen Unmut und Zweifel des Personals der Gesundheitsdienste über die von oben getroffenen Entscheidungen zum Ausdruck. Die Mitarbeiter befürchten eine schwere Beeinträchtigung der Arbeit und der Organisation der Sanitätsbetriebe, besonders aber eine Verunsicherung, die weder dem sozialen Klima noch der Effizienz der Dienste zuträglich sei.
Der ASGB lehnt laut Georg Pardeller eine objektive Kostenkontrolle im Gesundheitswesen, das den größten Kostenfaktor des Landes darstellt, nicht ab, er ist im Gegenteil der Auffassung, dass eine solche Kontrolle absolut notwendig ist. Er erwartet sich von der Landesregierung dabei eine präzise Einschätzung der betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen. „Wir wissen längst, dass im Sanitätssektor einiges reformbedürftig ist, und die Arbeitnehmer sind die ersten, die das Wort Sparen verstehen, weil sie es täglich am eigenen Leib verspüren. Das Problem ist aber nicht nur wirtschaftlich und sozial, sondern auch politisch. Es stellt sich die Frage, wo bisher die politische Verantwortung für die Verschwendung lag und warum man erst jetzt entdeckt, dass das Geld des Steuerzahlers mit vollen Händen hinausgeworfen wurde. Als Arbeitnehmer gelangt man unwillkürlich zum Schluß, daß es dort, wo Geld zu verdienen ist (beim Bau) öffentliche Mittel in Hülle und Fülle gibt; wo hingegen nichts zu holen ist (beim Personal), wird eingespart. Das hat weder eine Logik noch eine soziale Gerechtigkeit."
Deshalb stelle der ASGB in dieser kritischen Situation vier Forderungen:
- Erstens: Veränderungen im personellen Bereich des Gesundheitsdienstes müssen mit den Sozialpartnern gemeinsam besprochen und entschieden werden.
- Zweitens: Einsparungen können nur dann vorgenommen werden, wenn dadurch die Qualität des Gesundheitsdienstes gegenüber den Bürgern nicht beeinträchtigt wird.
- Drittens: Die Mittel, die für Bauprojekte vorgesehen werden, müssen genauestens geprüft werden, ehe sie zum Einsatz gelangen. Jeder Größenwahn diesbezüglich ist abzulehnen.
- Viertens: die zuständige öffentliche Verwaltung muss bereit sein, die seit drei Jahren nicht erneuerten Bereichsverträge im Sanitätssektor endlich zu bereinigen.

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Gesundheit als Wirtschaftsmotor

Trendforscher sagen voraus, dass die Informationstechnologie in den nächsten 20 Jahren zunehmend an Bedeutung verlieren und von den Wirtschaftsmotoren Gesundheit und Medizin abgelöst wird. Dies wirft viele wichtige Fragen auf, auf die wir in der nächsten Zeit die richtigen Antworten finden müssen: Worauf ist zurückzuführen, dass Menschen immer mehr gesundheitliche Bedürfnisse haben? Welche neuen Berufe werden sich entwickeln?
Die gesamte aktuelle Gesundheitspolitik wird im Wesentlichen durch die Doppelrolle des Gesundheitswesens als Wachstums- und Kostenfaktor geprägt. Das Gesundheitswesen ist einer der größten volkswirtschaftlichen Produktions- und Konsumsektoren mit herausragenden Wachstums- und Beschäftigungschancen. Es ist damit ein bedeutender Standortfaktor, auch, weil ein funktionsfähiges System gesicherter gesundheitlicher Versorgung als Produktionsvoraussetzung mindestens den gleichen Stellenwert hat wie die Verkehrs-, Energie-, Telekommunikations- und Bildungsinfrastruktur. Das Gesundheitswesen ist also ein gutes Beispiel für die Synergie zwischen der sozialen und der wirtschaftlichen Dimension. Auf der einen Seite trägt dieser Sektor zur Lebensqualität bei, und eine bessere Gesundheit schlägt sich in einer besseren wirtschaftlichen Leistungskraft nieder (höhere Produktivität, geringere Fehlzeiten, weniger Bedarf an Gesundheitsversorgung usw.). Auf der anderen Seite wirkt ein besser entwickeltes Gesundheitswesen wie ein Motor für das Beschäftigungswachstum. Im Gesundheits- und Sozialsektor wurden allein in Deutschland zwischen 1995 und 2001 über zwei Millionen Arbeitsplätze geschaffen, dies entspricht 18 Prozent der in diesem Zeitraum insgesamt neu geschaffenen Stellen; der Anteil dieses Sektors an der Gesamtbeschäftigung beträgt inzwischen fast zehn Prozent. Der Anteil des Gesundheitssektors am Bruttoinlandsprodukt liegt mit knapp zehn Prozent deutlich über dem z.B. der Kraftfahrzeugindustrie. Die Nachfrage nach Gesundheitsgütern ist zudem ausgesprochen stetig, so dass dieser Sektor zur Stabilität der Wirtschaft beiträgt. Die Arbeit in Berufen des Gesundheitswesens stellt aber hohe Anforderungen sowohl an die Qualifikation als auch an die psychische und physische Belastbarkeit. Unregelmäßige Schichten, undokumentierte und unbezahlte Überstunden, Nachtarbeit, lange (an der Grenze des Legalen) Bereitschaftsdienste, Arbeitshetze, hoher Stress, ein besonderes Maß an Verantwortung und die Erwartung, gleichzeitig leidenden Menschen ein Mindestmaß an Zuwendung zu geben und auf deren Ängste, Schmerzen, Depressionen, Einsamkeitsgefühle einzugehen, prägen den Alltag der meisten im Gesundheitswesen beschäftigten Menschen. Die Sicherung einer umfassenden, solidarisch finanzierten Krankenversicherung ist aber die wichtigste gesundheitspolitische Aufgabe. Die Erfüllung dieser Aufgabe ist gefährdet, weil die Politik oft kaum etwas anderes weiß, als immer neue Schritte der Privatisierung, Markt- und Gewinnorientierung des Gesundheitswesens zu setzen, mit der sich die Politik zugunsten der "anonymen" Marktkräfte aus der Verantwortung zu ziehen versucht und dabei nicht nur das für entwickelte Gesellschaften unverzichtbare Solidaritätsprinzip aus der Hand zu geben beginnt, sondern zugleich auch ganz unmittelbare Standortvorteile preisgibt, die mit sozialer Sicherheit und mit einem intakten und expandierenden Gesundheitswesen verbunden sind. Eines ist aber sicher: In Zukunft muss weniger in Betonmörtel und mehr in Gehirnschmalz investiert werden! Es nützen die schönsten Krankenhausbauten mit den besten Geräten nichts, wenn nicht das Personal gut ausgebildet und gut bezahlt wird.