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Geteiltes Südtirol

In Rom scheiterte Ende des vergangenen Jahres der Versuch einer gemeinsamen europäischen Verfassung. Seither geht in der Europapolitik offen ein Begriff um, der harmlos klingt, aber dramatisch ist: Europa der zwei Geschwindigkeiten. Das heißt: Der reichere Teil Europas marschiert munter in die Zukunft, der ärmere Teil bleibt zurück und muss zusehen, wie er mit der gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialpolitik zurecht kommt. Das ist eine echte Gefahr.
Im Kleinen gibt es in unserem Land Südtirol dieselbe Gefahr. Sie ist nur bedeutend akuter. Auch wir sind von zwei Geschwindigkeiten bedroht. Ein Teil der Bevölkerung marschiert im wirtschaftlichen Wohlstand weiter. Ein anderer Teil tut sich immer schwerer, mit den hohen Lebenshaltungskosten, mit den steigenden Preisen und dem Gruppenegoismus derjenigen zurecht zu kommen, welche die Preise machen. Es wird geschätzt, dass rund 23.000 Familien in unserem Land bereits unter der Armutsgrenze leben müssen. Das ist jede fünfte Südtiroler Familie.
Die Armutsgrenze bedeutet, dass das Familieneinkommen nicht mehr ausreicht, um ans Monatsende zu kommen. Das trifft vor allem auf jene Familien zu, in denen nur ein Einkommen vorhanden ist, also auf Familien, bei denen einer/eine dem Beruf nachgeht, während die anderen – meistens sind es die Frau und die Kinder – mit dem Einkommen des Einen auskommen müssen. Besonders schwer trifft es allein erziehenden Mütter (oder auch Väter). Ganz allgemein trifft es die so genannten unteren Einkommensschichten, also Arbeiter/Innen, kleine Angestellte. Bei vielen von ihnen reicht es einfach nicht mehr.
Die Aufteilung der Kosten im kleinen Familienhaushalt ist bald gemacht: Fast am meisten kostet die Wohnung, entweder die hohe Miete oder die schwer lastende Ratenrückzahlung für das eigene Haus bzw. die eigene Wohnung. Aber auch die lebensnotwendigen Güter – Essen, Kleidung, Schule – werden immer teurer. Die Versorgung der Kinder – Schule, Gesundheit, Sport – reißt ein immer größeres Loch in die Familienhaushalte.
Hinter all dem steht auch noch der psychologische Druck, dass „man/frau" mit dem gängigen Lebensstandard mithalten muss, ansonsten wird man – besonders unter Kindern –schief angeschaut. Wer es sich nicht leisten kann, im Winter Ski zu fahren, im Sommer Urlaub zu machen, ein Auto zu besitzen, hat die „Geschwindigkeit der Schnelleren" verloren und setzt sich langsam nach hinten ab. Er/Sie bleibt zurück.
Tausende machen Schulden – müssen Schulden machen -, um über die Runden zu kommen. Gott sei Dank gibt es in unserem Land noch viel Solidaritätsbewusstsein, viel Nachbarschaftshilfe (öffentliche und private Einrichtungen), Eltern, die den Kindern helfen, soweit sie können, und umgekehrt, Verwandte, die einspringen. Aber das alles hat, wenn es ums liebe Geld geht, auch seine Grenzen. Viele bleiben sich selbst überlassen.
Südtirol wird auf diese Weise zu einem geteilten Land. Die einen packen es, die anderen bleiben auf der Strecke. Die Politik weiß um dieses Problem. Im letzten Landtagswahlkampf ist viel von teurem Leben, von notwendigem Konsumentenschutz, von Preistreiberei, Egoismus und neuer Armut geredet worden. Es ist an der Zeit, dass die Politik ihre eigenen Aussagen sehr ernst nimmt und alles tut, was in ihrer Hand liegt. Jede fünfte Südtiroler Familie weiss sich selbst nicht mehr zu helfen, wenn nicht von außen Hilfe kommt.
Es gibt viele Bereiche, in denen geholfen werden kann. Die Wohnungspreise müssen stärker unter Kontrolle gehalten werden. Der öffentliche Druck muss wachsen, damit die Preise im Allgemeinen nicht ständig steigen. Es geht einfach nicht, dass der Euro mit den vormaligen 1000 Lire eins zu eins angewandt wird, denn es müsste zwei zu eins sein. Schließlich ist ein Euro rund 2000 Lire wert. Die öffentliche Hand muss dafür sorgen, dass die von ihr bestimmten Tarife – in der Gesundheit, im Verkehr, bei allen öffentlichen Dienstleistungen – nicht ständig angehoben werden, denn der Einzelne ist dieser Entwicklung hilflos ausgeliefert.
Es muss uns stärker bewusst werden, dass bei jedem Euro, den die Südtiroler Durchschnittsfamilie ausgibt, jede fünfte Familie nicht nur „Blut schwitzt", sondern nicht mehr weiß, wie sie ihn aufbringen soll.
Südtirol gilt als reiches Land. Das haben wir uns seit Jahren vorgesagt. Immer mehr, immer größer, immer teurer. Ein Land ist aber nur dann wirklich reich, wenn auch der Ärmste noch zu leben hat. Solange dies nicht erreicht ist, bleiben wir ein armes und auch herzloses Land. Auch wenn es uns im Vergleich zu den meisten anderen Ländern noch wirklich gut geht. Doch das zieht bei jenen nicht, die nicht dazu gehören.
Um noch einmal auf den Europa-Vergleich zurück zu kommen: Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten wäre vermutlich das Ende der europäischen Einheit, und ein Südtirol der zwei Geschwindigkeiten wäre (ist) das Ende vom Traum einer heilen Welt. Hier ist die Politik gefragt wie noch nie.

ASGB-Bildungs- und Kulturfahrten

Am Freitag, 19. März 2004, wollen wir die kunsthistorischen Schönheiten der Stadt MANTUA besichtigen

und auch eine der schönsten Landschaften Italiens sehen. Dr. Hans Raifer wird uns begleiten und er wird für eine abwechslungsreiche und gesellige Fahrt sorgen.
Wir besichtigen u.a. den Herzogspalast. Im Inneren zeugen die Gemächer und die große Zahl von einmaligen Kunstwerken, die darin verwahrt werden, vom Prunk, den es am Hofe der Gonzaga gab. Wir besichtigen den „Palazzo del Te", eine der großartigsten italienischen Villen aus der Renaissancezeit. Nach dem Mittagsessen fahren wir durch die Hügellandschaft von Custozza und Solferino, die Gegenden, wo Feldmarschall Radetzky und Erzherzog Albert von Habsburg im XVIII. Jahrhundert als Sieger hervorgegangen sind.
Auf der Rückreise besuchen wir den Gedenkstein von Andreas Hofer und fahren entlang des Gardasees, wo wir auch eine Pause machen, in Richtung Heimat.
Programm: Wir fahren von Algund/Forst ab, und über Meran, Lana, Bozen, Verona erreichen wir die Stadt Mantua. (Wenn sich mehr als acht Vinschger melden, wird der Bus ab Schlanders weg fahren!)
Kosten: Man rechnet, dass Fahrt, Mittagessen und Eintritt für ASGB-Mitglieder 35,00 und für Familienangehörigen 36,00 Euro kosten werden.
Anmeldungen beim Kollegen Arthur Stoffella, Tel. 0471/308228 oder 333/8630519. - Die Reise findet nur statt, wenn sich zumindest 35 Teilnehmer bis Donnerstag, den 11. März, anmelden.