Energiewerker
Gewerkschaftstag der Energiewerker im ASGB

Zeit weiterzudenken

Am 12. März fand unter dem Motto: „Zeit weiterzudenken“ die 11. ordentliche Landesversammlung der Energiewerker im ASGB auf der Haselburg in Bozen statt.

Der Freskensaal der Haselburg war bis auf den letzten Platz besetzt. Im Bild rechts: Tony Tschenett richtet Grußworte an die Versammlung.Der Freskensaal der Haselburg war bis auf den letzten Platz besetzt. Im Bild rechts: Tony Tschenett richtet Grußworte an die Versammlung.

Hansjörg Ungerer, der Landesobmann der Energiewerker im ASGB, ist zuversichtlich. Nicht immer waren sich die vier Gewerkschaften in der Vergangenheit einig gewesen. Doch in dieser Sache „ist es schön, dass alle zusammen halten und gemeinsam auftreten“, so Ungerer. Es geht um die Verhandlungen mit der neuen Landesenergiegesellschaft Alperia. Konkret geht es um die neuen Arbeitsverträge für die mehr als tausend Mitarbeiter, die durch die Fusion von SEL und Etschwerke AG (AEW) seit 1. Jänner einen neuen Arbeitgeber haben.
Zusatzabkommen wurden aufgekündigt
Im Zuge der Stromfusion hat Alperia sämtliche Zusatzabkommen, die die Mitarbeiter von SEL und AEW mit dem jeweiligen Betrieb abgeschlossen hatten, aufgekündigt. Parallel zur Zusammenführung der beiden Energiegesellschaften sollte auch die Vereinheitlichung der Zusatzverträge stattfinden. Als erstes werden jene Abkommen davon betroffen sein, die die Arbeitszeitregelung zum Gegenstand haben. Dazu hat Alperia einen Vorschlag laut nationalem Kollektivvertrag für den Energiesektor vorgelegt. Auf die Arbeitszeiten selbst haben die Gewerkschaften keinen Einfluss, doch wollen sie darum kämpfen, „dass alles, was bisher gegolten hat, auch weiterhin gilt“, sagt Hansjörg Ungerer. Sprich, ausnahmslos alle Anhänge des Arbeitszeiten-Zusatzabkommens. Darin sind zum Beispiel Urlaub, Gleitzeit oder Arztvisiten geregelt.
Um sich Gehör zu verschaffen, haben die vier Fachgewerkschaften eine Fachkommission gebildet und sich mehrmals mit der Alperia-Führung getroffen. „Es konnte bereits viel geregelt werden und wir sind dabei, eine sehr gute Einigung zu erzielen“, berichtet Ungerer. Damit sich die Alperia-Mitarbeiter bestmöglich vertreten fühlen, hat die GEW-ASGB kürzlich eine Mitglieder-Umfrage durchgeführt. Darin wurden Wünsche und Anregungen für die Arbeitszeitregelung abgefragt. Demnach sind 88 Prozent der Befragten „sehr“ oder „ziemlich zufrieden“ mit der derzeitigen Arbeitszeitregelung. Von der GEW wünschen sich mehr als die Hälfte, dass man sich für den freien Freitag Nachmittag einsetzt. „Die Ergebnisse werden wir als Leitfaden in die zukünftigen Verhandlungen mitnehmen“, kündigt Ungerer an. Bereits diese Woche wird der mit dem Betrieb ausgehandelte Vorschlag für die Arbeitszeit-Neuregelung auf der Alperia-Personalversammlung vorgestellt. „Wenn ihn das Personal für gut befindet, bleibt nur noch zu hoffen, dass ihn die Direktion absegnet“, stellt Ungerer in Aussicht.
Sorge wegen „Alperia-Tower“
Unumgänglich werden hingegen Versetzungen sein. „Verständlich“, sagt Ungerer, aber doch nicht ganz ohne, wenn zum Beispiel ein Mitarbeiter von Naturns nach Kardaun wechseln muss. Priorität hat für ihn in der ganzen Fusions-Sache allerdings, dass es zu keinen Entlassungen kommt. Entsprechende Zusicherungen hat es bereits sowohl vom Betrieb als auch von der Politik gegeben. Trotzdem macht die GEW zusätzlich Druck.
Die Landesversammlung hat nachstehende
Resolution verabschiedet:

Die GEW fordert Alperia und ihre Tochtergesellschaften auf, die Arbeiten mit eigenen Mitarbeitern auszuführen und in Zukunft nur in nachweislich notwendigen Fällen an externe Firmen zu vergeben. Dies führt zur Arbeitsplatzsicherung für die Mitarbeiter und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze für unsere Jugend.
„Bisher war es so, dass vor allem die SEL viele Arbeiten an externe Firmen, also an Firmen außerhalb der Provinz vergeben hat. Etschwerke hingegen hat bis auf die Grabungsarbeiten für Rohrverlegungen alle Arbeiten selbst verrichtet”, erklärt Ungerer, für den die Vorteile der internen Arbeitsvergabe auf der Hand liegen: Vor allem die heimische Wirtschaft profitiert davon, da viel Steuergeld in Südtirol bleibt und so im Land ausgegeben werden kann, „als Mehrheitseigentümer an der Gesellschaft sollte das Land jegliches Interesse daran haben, Arbeitsplätze zu sichern“, betont Ungerer.
Sorge wegen „Alperia-Tower“
Sorgen bereiten ihm diesbezüglich auch Gerüchte um einen „Alperia-Tower“ in Bozen. „Es besteht die Gefahr, dass in Zukunft alles zentralisiert wird und eine Vielzahl an Arbeitsplätzen in der Peripherie verloren geht“, so Ungerer. Vor allem junge Leute liefen Risiko, im ländlichen Raum keine Arbeit mehr zu finden. Unverständlich, insbesondere „in Krisenzeiten wie diesen, wo viel Nachfrage nach Jobs auch im Energiesektor besteht“. Was an den Zentralisierungs-Spekulationen dran ist, wird sich zeigen.
Frust kommt bei Stefan Gasser, Sekretär der GEW auf, wenn er daran denkt, wie wenig Mitsprache die Gewerkschaften bei solchen Entscheidungen haben. „In Österreich zum Beispiel sieht das Gesetz vor, dass die Gewerkschaften durch einen Betriebsrat im Aufsichtsrat vertreten sind und Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht haben. In Italien ist das gesetzlich verboten“, bedauert Ungerer. Seinem Engagement für die Alperia-Mitarbeiter tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil: “Wir werden bei den Verhandlungen hartnäckig bleiben und den Kampf weiterführen”, sagt er mit Überzeugung.
Anton Pertl, Zentralbetriebsratsvorsitzender bei der TIWAG in Nordtirol, ging in seinem Referat zum Leitthema auf die verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Nord- und Südtirol ein, wobei der politische Wille dazu nicht immer vorhanden zu sein scheint.

Landesbedienstete
Interview-Ecke

Thema: Elternzeit auch für Männer. Ja, das gibt es!

Unter dem Motto: Erziehung ist nicht nur Frauensache! Interview mit Herr Rudi Brunner, seit 2010 Mitglied des ASGB. Er lebt mit seiner Frau Julia und den zwei Kindern Flora und Selma in Bozen.
Berufsprofil Mitarbeiter für Integration Hobby: Laufen

Rudi Brunner mit seinen TöchternRudi Brunner mit seinen Töchtern

ASGB: Zuallererst vielen Dank lieber Rudi, für deine Bereitschaft dich interviewen zu lassen.
Rudi Brunner: Danke auch meinerseits, dass ich durch die tollen Erfahrungen, die ich gemacht habe, die Möglichkeit bekomme, auch anderen Vätern die “Vaterschaft” schmackhaft zu machen.
ASGB: Wir haben uns entschlossen dich zu interviewen, weil du einer der wenigen Männer bist der zuhause bei den Kindern in Elternzeit bleibt. Wie ist es dazu gekommen? Hast du die Elternzeit für beide Kinder beansprucht?
Rudi Brunner: Da ich schon im beruflichen Alltag mit Kindern arbeite und meine Frau nicht die Möglichkeit hatte, eine längere Elternzeit in Anspruch zu nehmen, haben wir uns gemeinsam dafür entschieden, dass ich bei beiden Mädchen zu Hause bleibe.
ASGB: Wie hast du und wie erlebst du diese Zeit mi den Kindern?
Rudi Brunner: Ich habe die Zeit mit meiner ersten Tochter sehr genossen, wir haben eine sehr gute Beziehung zueinander aufgebaut und ich konnte die täglich kleinen Fortschritte in der Entwicklung nicht nur von Erzählungen am Abendessen her miterleben. Die Elternzeit meiner zweiten Tochter steht vor der Tür und ich freue mich schon sehr darauf.
ASGB: Wie reagiert die Außenwelt?
Rudi Brunner: Meist positiv. Viele beneiden mich, wagen den Schritt aber selbst nicht.
ASGB: Es ist sicher etwas sonderlich als fast einziger Mann z.B. am Spielplatz mit den Kindern zu sein. War es für dich peinlich?
Rudi Brunner: Auf keinem Fall. Auf dem Spielplatz trifft man speziell am Nachmittag öfters Väter, bei Spielgruppen, Babyschwimmen und anderen Aktivitäten war es manchmal recht witzig als “Hahn im Korb”.
ASGB: Wurdest du jemals wegen deiner Entscheidung kritisiert und diskriminiert?
Rudi Brunner: Nein, die Einstellung zu diesem Thema hat sich in den letzten Jahren sicher verändert.
ASGB: Was hast du aus dieser Erfahrung gelernt?
Rudi Brunner: Haushalt und Kinder sind ein Vollzeitjob, oft auch noch mehr. Ich verstehe jetzt jede Frau, die am Abend ausgepowert ist und schon beim Eintreten des Partners in die Wohnung ihm das Baby in die Hand drückt. Aber ich möchte mich später an die vielen schönen Momente mit den Mädels erinnern können und die Gewissheit haben, dass ich nichts versäumt habe. Kinder werden so schnell erwachsen.
ASGB: Würdest du es anderen Männern empfehlen und warum?
Rudi Brunner: Grundsätzlich würde ich es anderen Männern schon empfehlen. Man(n) sollte sich aber im klaren sein, dass Vaterschaft kein Urlaub ist.
ASGB: Hat dich der ASGB in deiner Entscheidung unterstützt und geholfen?
Rudi Brunner: Man hat uns vor allem bei rechtlichen bzw. organisatorischen Dingen unterstützt. Dies war eine große Hilfe.
ASGB: Was möchtest du unseren Mitgliedern ans Herz legen?
Rudi Brunner: Erziehung ist nicht nur Frauensache.
ASGB: Lieber Rudy, vielen Dank für das Interview. Wir hoffen, dass immer mehr Männer sich ,trauen’ die Elternzeit zu beantragen, und somit bei der Erziehung der Kinder mehr mitwirken können. Wir wünschen dir alles Liebe und viel Spaß!