Kommentar
Tony Tschenett

Jahresrückblick

Tony TschenettTony Tschenett

Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu und wir blicken auf ereignisreiche 12 Monate zurück.

Weltpolitische Krisenherde führten dazu, dass seit dem zweiten Weltkrieg nie so viele Menschen auf der Flucht waren wie heute. Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ hat nach militärischer Eroberung eines zusammenhängenden Gebietes im Nordwesten des Irak und im Osten Syriens einen sich als Kalifat bezeichnenden Staat ausgerufen, und treibt Millionen von Menschen in die Flucht. In der Ostukraine fordern Pro-russische Seperatisten die Abspaltung und den Anschluss an Russland und provozieren kriegsähnliche Auseinandersetzungen vor den Toren Europas.

In unserem Land haben die Politikerpensionen und zuletzt die geplante Schließung der Krankenhäuser von Sterzing, Innichen und Schlanders zu Protesten der Mitarbeiter und Bürger geführt.
Die Menschen können es nicht verstehen, dass Politiker Millionen Euro an Vorschüssen auf ihre Pensionen ausbezahlt erhalten, und Rentner teilweise mit Mindestpensionen von nicht einmal 500 Euro über die Runden kommen sollen. Ob diese Aktion rechtlich in Ordnung war oder nicht möchte ich nicht kommentieren, moralisch ist sie jedoch verwerflich. Der Plan, die kleinen Krankenhäuser in Tageskliniken umzuwandeln, ohne die MitarbeiterInnen und die BürgerInnen vor Ort miteinzubeziehen, war politisch unklug und der Protest vorhersehbar. Nun, nachdem so viel Porzellan zerschlagen wurde, muss versucht werden, für alle Beteiligten einen gangbaren Weg zu finden.

Von 2014 positiv in Erinnerung bleiben wird unsere 50-Jahr-Feier, bei der wir auf schwere aber auch erfolgreiche Jahre zurück blicken konnten. Wir werden auch 2015 wieder all unsere Kraft für die arbeitenden Menschen in unserem Lande aufwenden, wir werden uns zu Wort melden, die Probleme klar ansprechen und gemeinsam mit den Sozialpartner und der Politik versuchen das Beste für unsere Mitglieder und der Arbeiterschaft insgesamt zu erreichen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine besinnliche Adventszeit, schöne, erholsame Weihnachtsfeiertage und alles Gute für das Neue Jahr 2015.

Euer
Tony Tschenett
Vorsitzender des ASGB

Aktuell

Offener Brief an die Landesrätin für
Gesundheit Martha Stocker

Der ASGB hat im Rahmen der aktuellen Diskussion um das Südtiroler Sanitätswesen kürzlich einen offenen Brief an die zuständige Landesrätin Martha Stocker verfasst, den wir hier aus Platzgründen in Auszügen widergeben. Das vollinhaltliche Schreiben kann auf unserer Internetseite www.asgb.org nachgelesen werden: Reformvorschläge für das Südtiroler Gesundheitswesen

Sehr geehrte Frau Landesrätin

Die Altersentwicklung der Bevölkerung, die angeblichen rechtlichen Vorgaben des Staates, die rechtlichen Vorgaben der EU und der drohende Ärztemangel sind einige Punkte, die eine Reform im Südtiroler Gesundheitswesen notwendig machen. Darin stimmen wir mit Ihnen überein.
Das absolute Ziel muss aber weiterhin die Sicherung der gesundheitlichen Versorgung der Menschen in Südtirol auf hohem Niveau sein. Dies ist mit der geplanten Reform, die einer schleichenden Privatisierung gleicht, nicht gewährleistet. Das Gesundheitswesen ist für den ASGB eine öffentliche Zuständigkeit, weil nur dadurch garantiert ist, dass alle Südtiroler Bürger/innen einen gleichberechtigten Zugang zu den Gesundheitsleistungen haben.
Wir erinnern daran, dass die Ausgaben für das Südtiroler Gesundheitswesen im mitteleuropäischen Vergleich im unteren Drittel liegen (6,1 Prozent BIP 2011). Um zu verhindern, dass die Sparwut die Qualität der Gesundheitsleistungen verschlechtert, müssen die notwendigen Maßnahmen zusammen mit den Sozialpartnern ausgearbeitet werden. Im Vordergrund muss dabei die Steigerung der Qualität für die Patienten stehen. Dies setzt allerdings voraus, dass von politischer Seite Entscheidungen getroffen werden, die auch die Arbeitsbedingungen im Südtiroler Gesundheitswesen verbessern.
Daher haben wir die Vorschläge, Forderungen und Ideen des Sanitätspersonals und der Bevölkerung der in erster Linie von Ihren Reformabsichten betroffenen Krankenhäuser gesammelt und listen diese in der Folge auf:
Landesgesundheitsplan
In erster Linie muss der seit dem Jahr 2002 (!) ausständige Landesgesundheitsplan erstellt werden. Die Ziele und Vorgaben für die Gesundheitsversorgung in den nächsten 5-10 Jahren müssen klar festgeschrieben werden. Gerade das Fehlen einer klaren Richtungsvorgabe und eines einheitlichen Konzeptes hat doppelgleisige Strukturen und die Überschneidung bei Entscheidungskompetenzen geschaffen, eine mangelhafte Vernetzung zwischen Territorium und Krankenhäusern bewirkt und fragwürdige Beraterverträge ermöglicht, die allesamt zu einer Kostensteigerung beigetragen haben.
Verwaltungsreform
Die Verwaltungsreform im Gesundheitswesen ist schon lange im Gange, aber ohne ein erkennbar positives Ergebnis. In Ihrem Reformkonzept erkennen wir keine klare Richtlinie. Neben einer Strukturreform bedarf es auch einer Reform mit dem Ziel des Bürokratieabbaus. Daher sehen die Forderungen des ASGB für die Verwaltung wie folgt aus:

Überprüfung aller Berateraufträge und Konventionen im Südtiroler Sanitätsbetrieb. Analyse darüber, was mit dem bestehenden Personal abgedeckt werden kann und für welche Arbeiten es hingegen Neueinstellungen braucht.
Vereinheitlichung des Informatiksystems aller Bezirke sowie der einzelnen Abteilungen und Dienste, um effizienter arbeiten und planen zu können. Dazu müssen die derzeitigen Verträge überprüft werden und jeder Bezirk hat sich an die Vorgaben zu halten. Bis jetzt wurde nur geredet, es muss endlich gehandelt werden.
Transportkosten: Überprüfung der Verschreibungen für programmierte Transporte (2013 Ausgaben von 18 Mio. Euro). Es muss vermieden werden, dass Gemeindeärzte Transporte verschreiben, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt werden können.
Überprüfung der Konventionen mit privaten Leistungsträgern: Derzeit werden für Konventionen 45 Mio. Euro ausgegeben. Erneuerung der Konventionen ausschließlich bei Nachweis der Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch öffentliche Strukturen.
Ticketeinhebung: Die Eintreibung der Kostenbeteiligung sowie die Kostenrückerstattung muss einheitlich und effizient und somit neu geregelt werden. Derzeit besteht in diesem Bereich ein enormer Verwaltungsaufwand, welcher das Patientenverrechnungsamt, die Buchhaltung, die Ambulatorien sowie die EDV Brixen, EDV Bruneck, und EDV Bozen-Meran umfasst. Ein nicht unwesentlicher finanzieller Geldanteil kann von den Außenständen (Ticket) eingeholt werden.
Erhöhung der Tarife für Patienten aus dem Ausland.
Differenzierung des Selbstkostenbeitrages auf alle Erste Hilfe Leistungen je nach Dringlichkeit: „rot“ kostenbefreit, „gelb“ oder „grün“ ticketpflichtig und „weiß“ soll den vollen Preis für die Gesundheitsleistung bezahlen.
Heilbehelfe und Diätprodukte: Es hat sich gezeigt, dass bei einer landesweiten einheitlichen Regelung ein hoher Anteil der Kosten eingespart werde könnte. Nicht benützte Heilbehelfe und ebenso Medikamente können derzeit nicht mehr in den Sprengeln eingezogen werden. Enorme Ausgaben können so verhindert werden. Die Heilbehelfe sollten deshalb nur bei Bedarf und vor allem nur in notwendiger Menge zugestellt werden. Prinzipiell sollten Heilbehelfe und Medikamente über die Krankenhausapotheke ausgegeben werden.
Überarbeitung des Gehaltsgefüges bei Führungskräften bezüglich Überstundenleistung und Reduzierung der Direktorengehälter.
Klinische Reform
Die negativen Auswirkungen von Tageskliniken:

Die bestehenden Grundversorgungskrankenhäuser verlieren den vorgesehenen landesweiten Versorgungsauftrag für die Behandlung von Patienten. Die Schwerpunktkrankenhäuser Brixen, Meran und Bruneck können die entsprechende Zunahme an chirurgischen, orthopädischen und gynäkologischen Leistungen nicht gewährleisten. Das erfordert neue Investitionen in den Schwerpunktkrankenhäusern, was mit einem hohem finanziellen Aufwand verbunden ist.
Eine Notaufnahme ist nicht mit einem aktiven Dienst durch die Hausärzte vergleichbar, da sie zum Teil mangelnde Erfahrung in der Akutmedizin und instrumentellen Betreuung haben.
Das Fehlen von Hausärzten erschwert einen aktiven Dienst rund um die Uhr. Außerdem ist dadurch die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes nicht garantiert.
Die in den letzten Jahren durchgeführten baulichen Investitionen in Sterzing, Schlanders und Innichen wären überflüssig und diese gemachten finanziellen Investitionen von über 30 Millionen Euro müssen gerechtfertigt werden.
Es müssen längere Wartezeiten in den anderen Gesundheitsbezirken angenommen werden.
Im klinischen Bereich verweisen wir auf die Tatsache, dass in der Vergangenheit bereits Dienste in den Grundversorgungskrankenhäusern zusammengelegt und neuorganisiert wurden, um Kosten einzusparen und effizienter zu arbeiten. Diese Dienste wie die Mutter-Kind-Abteilung, das krankenhausübergreifende Department für Chirurgie, Medizin und Mutter/Kind durch die Reform nun wieder in Frage zu stellen, ist sowohl wirtschaftlich als auch gesundheitspolitisch unvernünftig. Wir fordern die verantwortliche Politik auf, auch das Ärztepersonal der Peripherie sowie die Allgemeinmediziner in die Planung und Umsetzung der klinischen Reform mit einzubeziehen, was bisher versäumt wurde und zur Benachteiligung der peripheren Krankenhäuser beiträgt.

Wichtig ist es jetzt, Klarheit zu schaffen und die nächsten Schritte zu setzen:

1. Die politischen Grundsatzentscheidungen treffen
2. Den Landesgesundheitsplan ausarbeiten mit den Zielen und Aufgaben für die nächsten 5-10 Jahre
3. Die strukturierte Umsetzung des Landesgesundheitsplans durch den Südtiroler Sanitätsbetrieb

Die Südtiroler Bevölkerung braucht Versorgungssicherheit, nur dann bleibt das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung erhalten. Die Angestellten des Südtiroler Sanitätsbetriebes brauchen Planungssicherheit, damit sie sich mit ganzer Kraft ihren Aufgaben in der Gesundheitsbetreuung widmen können.