Aktuell

Offener Brief an die Landesrätin für
Gesundheit Martha Stocker

Der ASGB hat im Rahmen der aktuellen Diskussion um das Südtiroler Sanitätswesen kürzlich einen offenen Brief an die zuständige Landesrätin Martha Stocker verfasst, den wir hier aus Platzgründen in Auszügen widergeben. Das vollinhaltliche Schreiben kann auf unserer Internetseite www.asgb.org nachgelesen werden: Reformvorschläge für das Südtiroler Gesundheitswesen

Sehr geehrte Frau Landesrätin

Die Altersentwicklung der Bevölkerung, die angeblichen rechtlichen Vorgaben des Staates, die rechtlichen Vorgaben der EU und der drohende Ärztemangel sind einige Punkte, die eine Reform im Südtiroler Gesundheitswesen notwendig machen. Darin stimmen wir mit Ihnen überein.
Das absolute Ziel muss aber weiterhin die Sicherung der gesundheitlichen Versorgung der Menschen in Südtirol auf hohem Niveau sein. Dies ist mit der geplanten Reform, die einer schleichenden Privatisierung gleicht, nicht gewährleistet. Das Gesundheitswesen ist für den ASGB eine öffentliche Zuständigkeit, weil nur dadurch garantiert ist, dass alle Südtiroler Bürger/innen einen gleichberechtigten Zugang zu den Gesundheitsleistungen haben.
Wir erinnern daran, dass die Ausgaben für das Südtiroler Gesundheitswesen im mitteleuropäischen Vergleich im unteren Drittel liegen (6,1 Prozent BIP 2011). Um zu verhindern, dass die Sparwut die Qualität der Gesundheitsleistungen verschlechtert, müssen die notwendigen Maßnahmen zusammen mit den Sozialpartnern ausgearbeitet werden. Im Vordergrund muss dabei die Steigerung der Qualität für die Patienten stehen. Dies setzt allerdings voraus, dass von politischer Seite Entscheidungen getroffen werden, die auch die Arbeitsbedingungen im Südtiroler Gesundheitswesen verbessern.
Daher haben wir die Vorschläge, Forderungen und Ideen des Sanitätspersonals und der Bevölkerung der in erster Linie von Ihren Reformabsichten betroffenen Krankenhäuser gesammelt und listen diese in der Folge auf:
Landesgesundheitsplan
In erster Linie muss der seit dem Jahr 2002 (!) ausständige Landesgesundheitsplan erstellt werden. Die Ziele und Vorgaben für die Gesundheitsversorgung in den nächsten 5-10 Jahren müssen klar festgeschrieben werden. Gerade das Fehlen einer klaren Richtungsvorgabe und eines einheitlichen Konzeptes hat doppelgleisige Strukturen und die Überschneidung bei Entscheidungskompetenzen geschaffen, eine mangelhafte Vernetzung zwischen Territorium und Krankenhäusern bewirkt und fragwürdige Beraterverträge ermöglicht, die allesamt zu einer Kostensteigerung beigetragen haben.
Verwaltungsreform
Die Verwaltungsreform im Gesundheitswesen ist schon lange im Gange, aber ohne ein erkennbar positives Ergebnis. In Ihrem Reformkonzept erkennen wir keine klare Richtlinie. Neben einer Strukturreform bedarf es auch einer Reform mit dem Ziel des Bürokratieabbaus. Daher sehen die Forderungen des ASGB für die Verwaltung wie folgt aus:

Überprüfung aller Berateraufträge und Konventionen im Südtiroler Sanitätsbetrieb. Analyse darüber, was mit dem bestehenden Personal abgedeckt werden kann und für welche Arbeiten es hingegen Neueinstellungen braucht.
Vereinheitlichung des Informatiksystems aller Bezirke sowie der einzelnen Abteilungen und Dienste, um effizienter arbeiten und planen zu können. Dazu müssen die derzeitigen Verträge überprüft werden und jeder Bezirk hat sich an die Vorgaben zu halten. Bis jetzt wurde nur geredet, es muss endlich gehandelt werden.
Transportkosten: Überprüfung der Verschreibungen für programmierte Transporte (2013 Ausgaben von 18 Mio. Euro). Es muss vermieden werden, dass Gemeindeärzte Transporte verschreiben, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt werden können.
Überprüfung der Konventionen mit privaten Leistungsträgern: Derzeit werden für Konventionen 45 Mio. Euro ausgegeben. Erneuerung der Konventionen ausschließlich bei Nachweis der Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch öffentliche Strukturen.
Ticketeinhebung: Die Eintreibung der Kostenbeteiligung sowie die Kostenrückerstattung muss einheitlich und effizient und somit neu geregelt werden. Derzeit besteht in diesem Bereich ein enormer Verwaltungsaufwand, welcher das Patientenverrechnungsamt, die Buchhaltung, die Ambulatorien sowie die EDV Brixen, EDV Bruneck, und EDV Bozen-Meran umfasst. Ein nicht unwesentlicher finanzieller Geldanteil kann von den Außenständen (Ticket) eingeholt werden.
Erhöhung der Tarife für Patienten aus dem Ausland.
Differenzierung des Selbstkostenbeitrages auf alle Erste Hilfe Leistungen je nach Dringlichkeit: „rot“ kostenbefreit, „gelb“ oder „grün“ ticketpflichtig und „weiß“ soll den vollen Preis für die Gesundheitsleistung bezahlen.
Heilbehelfe und Diätprodukte: Es hat sich gezeigt, dass bei einer landesweiten einheitlichen Regelung ein hoher Anteil der Kosten eingespart werde könnte. Nicht benützte Heilbehelfe und ebenso Medikamente können derzeit nicht mehr in den Sprengeln eingezogen werden. Enorme Ausgaben können so verhindert werden. Die Heilbehelfe sollten deshalb nur bei Bedarf und vor allem nur in notwendiger Menge zugestellt werden. Prinzipiell sollten Heilbehelfe und Medikamente über die Krankenhausapotheke ausgegeben werden.
Überarbeitung des Gehaltsgefüges bei Führungskräften bezüglich Überstundenleistung und Reduzierung der Direktorengehälter.
Klinische Reform
Die negativen Auswirkungen von Tageskliniken:

Die bestehenden Grundversorgungskrankenhäuser verlieren den vorgesehenen landesweiten Versorgungsauftrag für die Behandlung von Patienten. Die Schwerpunktkrankenhäuser Brixen, Meran und Bruneck können die entsprechende Zunahme an chirurgischen, orthopädischen und gynäkologischen Leistungen nicht gewährleisten. Das erfordert neue Investitionen in den Schwerpunktkrankenhäusern, was mit einem hohem finanziellen Aufwand verbunden ist.
Eine Notaufnahme ist nicht mit einem aktiven Dienst durch die Hausärzte vergleichbar, da sie zum Teil mangelnde Erfahrung in der Akutmedizin und instrumentellen Betreuung haben.
Das Fehlen von Hausärzten erschwert einen aktiven Dienst rund um die Uhr. Außerdem ist dadurch die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes nicht garantiert.
Die in den letzten Jahren durchgeführten baulichen Investitionen in Sterzing, Schlanders und Innichen wären überflüssig und diese gemachten finanziellen Investitionen von über 30 Millionen Euro müssen gerechtfertigt werden.
Es müssen längere Wartezeiten in den anderen Gesundheitsbezirken angenommen werden.
Im klinischen Bereich verweisen wir auf die Tatsache, dass in der Vergangenheit bereits Dienste in den Grundversorgungskrankenhäusern zusammengelegt und neuorganisiert wurden, um Kosten einzusparen und effizienter zu arbeiten. Diese Dienste wie die Mutter-Kind-Abteilung, das krankenhausübergreifende Department für Chirurgie, Medizin und Mutter/Kind durch die Reform nun wieder in Frage zu stellen, ist sowohl wirtschaftlich als auch gesundheitspolitisch unvernünftig. Wir fordern die verantwortliche Politik auf, auch das Ärztepersonal der Peripherie sowie die Allgemeinmediziner in die Planung und Umsetzung der klinischen Reform mit einzubeziehen, was bisher versäumt wurde und zur Benachteiligung der peripheren Krankenhäuser beiträgt.

Wichtig ist es jetzt, Klarheit zu schaffen und die nächsten Schritte zu setzen:

1. Die politischen Grundsatzentscheidungen treffen
2. Den Landesgesundheitsplan ausarbeiten mit den Zielen und Aufgaben für die nächsten 5-10 Jahre
3. Die strukturierte Umsetzung des Landesgesundheitsplans durch den Südtiroler Sanitätsbetrieb

Die Südtiroler Bevölkerung braucht Versorgungssicherheit, nur dann bleibt das Vertrauen in die Gesundheitsversorgung erhalten. Die Angestellten des Südtiroler Sanitätsbetriebes brauchen Planungssicherheit, damit sie sich mit ganzer Kraft ihren Aufgaben in der Gesundheitsbetreuung widmen können.

Aktuell

Der Landeshaushalt als Chance zur Schaffung von Vertrauen und neuen Arbeitsplätzen

Der ASGB hat gemeinsam mit den konföderierten Gewerkschaften und dem Unternehmerverband vorliegendes Papier unterzeichnet und dem Landeshauptmann und den Mitgliedern der Landesregierung unterbreitet.

„Entgegen den optimistischen Erwartungen zu Jahresbeginn wird Südtirols Wirtschaft im heurigen Jahr nicht wachsen: das BIP hat sich seit dem Jahr 2007 kaum verändert. Die entscheidenden Herausforderungen der Zukunft werden es somit sein, Vertrauen und neue Beschäftigung zu schaffen. Unsere Unternehmen und tausende von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern setzen sich tagtäglich für die Entwicklung unseres Landes ein und sind bereit, diese Herausforderungen anzunehmen. Sie haben ein enormes Potenzial, was durch den stetigen Zuwachs an Exporten bestätigt wird. Der Unternehmerverband Südtirol und die Gewerkschaftsorganisationen ASGB, CGIL/AGB, SGBCISL und UIL-SGK und ASGB teilen die Überzeugung, dass der Erhalt der bestehenden und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen höchste Priorität für diese Landesregierung haben müssen. Aus dieser Überzeugung heraus haben wir als Vertreter der Unternehmen und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am 6. November 2013 das Grundsatzpapier „Gemeinsam für Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung“ verabschiedet.
Viele unserer Vorschläge in den Bereichen Steuerpolitik, Industriepolitik und Effizienzsteigerung in der öffentlichen Verwaltung wurden von dieser Landesregierung aufgenommen und zum Teil bereits umgesetzt. Auch dank dieser Maßnahmen ist die Zahl der Beschäftigten in Südtirol im Jahr 2014 weiter angestiegen. Das ist ein Zeichen dafür, dass heimische Unternehmen – sofern sie wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen vorfinden – auch weiterhin Beschäftigung schaffen.
Gerade um die Situation am Arbeitsmarkt zu stützen, erlauben sich der Unternehmerverband Südtirol und die Gewerkschaftsorganisationen ASGB, CGIL/AGB, SGBCISL und UIL-SGK, der Landesregierung zwei konkrete Vorschläge zu unterbreiten, deren Umsetzung für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen grundlegend sind.
1. Arbeitskosten – Irap-Steuersatz
Die Landesregierung hat den Irap-Steuersatz für das Jahr 2014 auf 2,78 Prozent und für das Jahr 2015 auf 2,68 Prozent gesenkt. Neben dieser strategischen Entscheidung greift nun auch die Befreiung der Arbeitskosten von der Irap-Bemessungsgrundlage, so wie sie auf nationaler Ebene beschlossen wurde. Es ist dies eine weitere zentrale Maßnahme zur Senkung der Lohnnebenkosten. Die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen auf internationalen Ebene – wo es die Irap-Steuer nicht gibt – wird dadurch nachhaltig gestärkt. Gerade deshalb ist es aus unserer Sicht von grundlegender Bedeutung, diese Maßnahme nicht nur zu übernehmen, sondern zu verstärken. Die Autonome Provinz Trient dient dabei als Beispiel: im Finanzgesetz, das den Haushalt 2015 begleitet, sind für den Zeitraum zwischen 2015 bis einschließlich 2018 folgende Irap-Steuersätze festgeschrieben:
OrdentlicherSteuersatz: 2,3 Prozent
Steuersatz für Betriebe, die die Beschäftigung halten: 1,8 Prozent
Steuersatz für Betriebe, die den Personalstand um mindestens fünf Prozent aufstocken: 0 Prozent
Diese Maßnahme garantiert der heimischen Wirtschaft Wettbewerbsfähigkeit und fördert die Beschäftigung und die betrieblichen Investitionen zu Gunsten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn dank dieser Initiative können Betriebsabkommen und Maßnahmen für die Ausbildung oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeregt werden.
2. Energiepolitik
Wir schätzen die Bemühungen der Landesregierung, die komplizierte Situation auf dem heimischen Energiemarkt zu lösen. Wir sind davon überzeugt, dass dabei nicht die Gewinnmaximierung für die Gesellschafter – also Land und Gemeinden – im Vordergrund stehen sollte, sondern die Definition eines Preises, der für Familien und Unternehmen von Vorteil ist. Südtirol produziert doppelt so viel Strom, wie das Land selbst verbraucht. Trotzdem sind die Kosten für die Endverbraucher weitaus höher, als im europäischen Durchschnitt. Unabhängig von der Gesellschaftsform, die zur Führung der Südtiroler Wasserkraftwerke vorgesehen wird, gilt es vor allem, die Energiekosten an jene des restlichen Europas anzugleichen.
Wir wollen die Gelegenheit nutzen, um der Landesregierung unsere volle Unterstützung anzubieten. Und wir möchten auch bei jenen Reformen mit konkreten Vorschlägen mitarbeiten, die gerade diskutiert werden und vor allem die Sanität und die öffentliche Verwaltung betreffen. Es handelt sich dabei um strategische Entscheidungen für die Zukunft unseres Landes. Ebenso wichtig ist eine Entbürokratisierung, die nicht länger hinausgezögert werden darf, um auch weiterhin ein gutes Verhältnis zwischen öffentlicher Verwaltung, Bürgern und Unternehmen zu gewährleisten.
Unsere gemeinsame Priorität muss darin liegen, Arbeit zu schaffen! Die Landesregierung hat die große Chance, im Haushaltsgesetz mit der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen ein starkes Zeichen zu setzen und damit vertrauensbildend für Familien und Unternehmen zu sein. Genau das ist notwendig, um wieder richtig durchstarten zu können!“