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Einkaufszentren in Südtirol

Handeln, bevor es zu spät ist

„Rund um Südtirol wird der Ring von Einkaufszentren immer dichter und attraktiver. Viele Millionen Euro an einheimischer Kaufkraft fließen jährlich über die Grenzen unseres Landes hinaus, zu Lasten von Steuereinnahmen, Arbeitsplätzen und lokaler Wettbewerbsfähigkeit. Dieser Zustand muss die Politik und die einschlägige Wirtschaft dazu bewegen, endlich konkrete Schritte zu setzen", erklärt ASGB-Chef Georg Pardeller. „Die Lage ist besorgniserregend und hält mit der modernen Entwicklung nicht mehr Schritt."
Vor kurzem, so Pardeller, hat der Vertreter der größten österreichischen Einkaufskette auf einer Fachtagung erklärt, dass die Vertreter Südtirols „ruhen, während nördlich und südlich des Landes gearbeitet wird." In Sillian und am Brenner, in S. Michele/Mezzocorona sind weitere Einkaufszentren geplant. Es bewirkt wenig oder nichts, wenn man in unserem Land an den Patriotismus appelliert und die Leute damit anhalten will, im eigenen Land einzukaufen. „Unter dem Druck der steigenden Lebenshaltungskosten und der stagnierenden Löhne und Gehälter decken sich die Menschen immer häufiger dort mit den lebensnotwendigen Gütern ein, wo sie am preiswertesten und letztlich auch am bequemsten dazu kommen", sagt Pardeller. Deshalb sollte die Diskussion, die sich rund um das MEBO-Center sowohl politisch wie auch juridisch abgewickelt habe, nicht zu den Akten gelegt werden, „denn wenn anderswo die Wirtschaft mit der Zeit geht und handelt, dürfen die volkswirtschaftlichen Interessen unseres Landes nicht an den Rand gedrängt werden."
Es braucht in Südtirol einige wenige, aber effiziente und kundengerechte Einkaufszentren. Unter den derzeitigen Bedingungen werde dies nicht geboten. Die Landeshauptstadt Bozen mit ihrem strengen und teuren Parkplatzregime und auch mit dem Verlust des historischen Einkaufscharakters der Altstadt bietet im eigentlichen Stadtbereich kaum eine Chance, die Kriterien eines Einkaufszentrums zu erfüllen, wie sie in Innsbruck, in Trient, in Affi und in anderen Gebieten an den Grenzen unseres Landes geboten werden.
„Zu viel Protektion schwächt den Markt und ist gegenüber den breiten Bevölkerungsschichten, welche marktgerecht und sparsam argumentieren, nicht weiter gerechtfertigt. Deshalb muss die Politik im Verein mit allen interessierten Bevölkerungsschichten einen neuen Weg finden und Schritte wagen, die sich andernorts bewährt haben. Einkaufszentren gehören verkehrsgünstig an den Rand der Ballungsgebiete und sind so zu konzipieren, dass die Kunden dort an ein möglichst umfassendes, preiswertes und leicht transportierbares Angebot herankommen. Und schließlich ist es auch ein Gebot der wirtschaftlichen Entwicklung und der Sicherung von Arbeitsplätzen und Steueraufkommen zu Gunsten des Südtiroler öffentlichen Haushalts, das die Politik ernst nehmen muss. Dies erwarten sich vor allem jene Bevölkerungsschichten, deren Kaufkraft geringer geworden ist und für die ein einkommensgerechtes Preisniveau existenziell ist", schließt Georg Pardeller.

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Kaufkraft und Solidarität:

ASGB fordert Bereitschaft zu„Nullrunde" für Topverdiener

Als völlig realitätsfremd bezeichnet unser Vorsitzender, Georg Pardeller, die kürzlich vom staatlichen Amt für Statistik (ISTAT) bekannt gegebenen Daten, wonach sich in der Region Trentino-Südtirol die Durchschnittsfamilie monatliche Ausgaben von 2.631 Euro leistet, was diese Region im Spitzenfeld der Kaufkraft im Staat platziert. „Dieser Durchschnittswert sagt wenig oder nichts über die effektive Situation der Familien aus", erklärt Pardeller. „Er wird nur erreicht, weil es in unserem Land einen verhältnismäßig hohen Prozentsatz von Personen gibt, welche - auch im Vergleich zu den umliegenden Ländern - ein hohes Einkommen beziehen und daher den Durchschnittswert nach oben verschieben. Die Kaufkraft der Mehrheit der Werktätigen liegt jedoch weit unter diesem Durchschnitt. Das muss nicht nur zu denken geben, sondern sollte auch Anlass sein, in der nächsten Zeit die soziale Solidarität in unserem Land neu zu überdenken und einschneidende Maßnahmen zu treffen. Es ist eine unleugbare Tatsache, dass die Mehrheit unserer Familien keineswegs über die vom ISTAT behauptete Kaufkraft verfügt, sondern im Gegenteil nur unter größten Schwierigkeiten und dem ständig wachsenden Druck zu Verzicht und oft auch Verschuldung ein halbwegs würdiges Leben bestreiten kann."
Derzeit laufen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den Gewerkschaften die Verhandlungen über die Erneuerung des bereichsübergreifenden Kollektivvertrages im öffentlichen Dienst (Landesverwaltung, Gesundheitswesen, Gemeinden, öffentliche Körperschaften). Georg Pardeller ist der Auffassung, dass dies die Gelegenheit wäre, ein Zeichen zu setzen, wie sich eine Lohn- und Gehaltsdynamik entwickeln kann, welche die Kaufkraft der niedrigeren Einkommensschichten stärkt und die Schere zwischen diesen und den höheren Einkommen nicht weiter auseinander treibt.
Pardeller: „Es sollte sich im öffentlichen Dienst die Bereitschaft der höheren Einkommensschichten zeigen, einer Nullrunde zuzustimmen und die damit eingesparten Mittel für die Erhöhung der unteren Einkommen zu verwenden. Nur auf diese Weise kann die Kaufkraft dieser breiten Schicht an Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst (aber grundsätzlich auch in der Privatwirtschaft) gestärkt werden.
Für die Privatwirtschaft hat der ASGB-Vorsitzende erst jüngst gefordert, dass die Arbeitnehmer stärker am erwirtschafteten Erfolg beteiligt werden, um deren Kaufkraft zu stärken. Auch hier gilt aber die Überlegung, dass die Spitzenverdiener von Privatunternehmen zugunsten der übrigen Beschäftigten etwas kürzer treten sollten. Denn ebenso wie in der Privatwirtschaft gibt es im öffentlichen Dienst eine breite Schicht von Arbeitnehmern, deren Nettoeinkommen zwischen 1.000 und 1.200 Euro im Monat liegt, eine weitere Schicht mit 1.200 bis 1.500 Euro und eine dritte mit 1.500 bis 2.500 Euro. Darüber hinaus gibt es noch eine relativ breite Schicht von Spitzenverdienern mit Einkommen, die weit höher liegen. Hier eine Anhebung der unteren Einkommen zu erreichen und damit ausreichende Kaufkraft der Familien zu sichern, wäre ein bedeutsamer Schritt hin zu mehr sozialer Zufriedenheit, zu Motivation, Verständnis und Solidarität. Daher erachte ich es als notwendig und zukunftsweisend, diese Überlegungen auch in die Verhandlungen für den bereichsübergreifenden Kollektivvertrag im öffentlichen Dienst einzubeziehen. Der öffentliche Dienst hat die Pflicht, für die gesamte Volkswirtschaft des Landes beispielgebend zu handeln", erklärt Georg Pardeller.