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Zusatzrente

Öffentlich Bedienstete können Vorteile
noch nicht voll nützen

Die freiwillige Zusatzrente ist ein geeignetes Instrument, um sich im Alter aufgrund der immer niedriger ausfallenden staatlichen Rente finanziell besser abzusichern. Allerdings braucht es noch Korrekturen, damit dieses Sparmodell allen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gleichwertige Möglichkeiten bei der Einzahlung und bei den Steuervorteilen bietet. Wie der ASGB neulich in der Tageszeitung „Dolomiten“ erklärte, gestaltet sich die Zusatzrente für die öffentlich Bediensteten in Südtirol noch nicht in dem Maße, dass man von einer angemessenen Vorsorge sprechen könnte. Selbst wenn jemand ordentlich für das Alter mittels Zusatzrentenfonds vorsorgen möchte, sind ihm die Hände gebunden.

Grund dafür ist zum einen, dass das Personal der Landesverwaltung, Sanität, Gemeinden, Bezirksgemeinschaften und der anderen lokalen öffentlichen Körperschaften bislang nur 18 Prozent der anreifenden Abfertigung in den kollektivvertraglichen Zusatzrentenfonds einzahlen kann. Privatangestellte können hingegen 100 Prozent der Abfertigung einzahlen, was ca. jährlich einem Monatslohn entspricht. Zum anderen nutzen die öffentlich Bediensteten die Möglichkeit, einen höheren Prozentsatz des Arbeitnehmerbeitrages über den Lohnstreifen einzuzahlen bzw. direkte Zusatzzahlungen auf das individuelle Zusatzrentenkonto vorzunehmen nur zögerlich, da sie aufgrund des niedrigen Abfertigungsanteils den gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil auf die Zusatzrente nur geringfügig beanspruchen können.
Diese Hindernisse müssen baldmöglichst überwunden werden. Denn mit dem 18-Prozent-Abfertigungsanteilkommt keine Zusatzrente zusammen, die sich diesen Namen verdient.
Als ASGB unterstützen wir mit unseren Beratungsstellen für die Zusatzrente (Infopoints) die derzeit laufende Kampagne von„Pensplan“, welche die Frauen auf ihre Rentenbiografie aufmerksam macht, da deren Renten wegen Erziehungs- und Pflegearbeit viel niedriger ausfallen als die der Männer. Noch krasser wird es bei Teilzeitarbeit, die vielfach von Frauen geleistet wird. Allerdings verlangen wir, dass auch die Voraussetzungen für eine bessere Absicherung geschaffen werden, d.h. dass die Frauen im öffentlichen Dienst, aber auch deren männlichen Kollegen, die Möglichkeit erhalten, den Zusatzrentenfonds mit all seinen Vorteilen zu nutzen.
Dazu ein praktisches Beispiel: ein Angestellter in der Privatwirtschaft mit einem Bruttolohn von ca. 2.000 Euro kann pro Jahr ca. 2.600 Euro und mehr in den Zusatzrentenfonds einzahlen: 100 Prozent von der Abfertigung sprich ca. 2.000 Euro plus einen eigenen monatlichen Anteil vom Lohn sowie die Arbeitgeberquote. Beim öffentlich Bediensteten mit demselben monatlichen Bruttoeinkommen schaut die Rechnung ganz anders aus: mit 18 Prozent von der Abfertigung plus eigenem Anteil und Arbeitgeberquote kommen nur ca. 900 Euro im Jahr zusammen. Diese Unterschiede gehen über die Jahre dann noch weiter auseinander. Dazu kommt, dass Bedienstete in der Privatwirtschaft zusätzlich höhere Steuervorteile für Einzahlungen in den Rentenfonds genießen.
Lösbar wäre dieses Problem, wenn die Arbeitgeberseite, das ist in diesem Falle die lokale Politik, bereit wäre, über den bereichsübergreifenden Kollektivvertrag (BÜKV) die Höhe der in den Zusatzrentenfonds einfließenden Abfertigung von 18 Prozent auf mindestens 50, besser noch auf 100 Prozent zu erhöhen.
Der niedrige Abfertigungsanteil bei den öffentlichen Bediensteten ist nicht nur hinderlich beim Aufbau einer Altersvorsorge, sondern macht auch das neue Bausparen zur Wunschvorstellung, da die kumulierten Beiträge auch nach mehreren Jahren noch keine Grundlage für ein angemessenes Darlehen bilden.
Der ASGB ist überzeugt, dass die Investition in einen Zusatzrentenfonds eine gute und vernünftige Form der Altersvorsorge ist, fordert jedoch, dass die Voraussetzungen für alle gleich sein müssen. Aufgrund der mangelnden Reaktion seitens der zuständigen Politiker wird der ASGB daher in dieser Angelegenheit erneut aktiv werden.

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INTERVIEW mit Helmuth Renzler

Das Leben muss sich wieder rechnen!

Helmuth RenzlerHelmuth Renzler

# Kollege Helmuth Renzler, der Wahlkampf hat begonnen. Sicherlich hast du klare Ziele und Vorstellungen bezüglich einer „gerechteren“ Landespolitik. Für welche sozialen Schichten fühlst du dich verantwortlich?

Helmuth Renzler: Mein Moto lautet: „Das Leben muss sich wieder rechnen!“ und „Schluss mit der Armut in Südtirol“. Ich bin Arbeitnehmervertreter und deshalb ist es natürlich, dass ich vor Allem die Interessen der Lohnabhängigen und Rentner sowie der sozial Schwachen vertrete. Ein besonderes Augenmerk werde ich aber auch auf die Mittelschicht werfen die immer mehr armutsgefährdet ist. Mein Einsatz im Kampf gegen die Armut bedingt, dass ich mich besonders für die Schaffung guter Arbeitsplätze für Jung und Alt, Lohnerhöhungen, Steuergerechtigkeit, Stärkung der Mittelschicht und des Mittelstandes, Erhöhung der Mindestrente und Entlastung von Geringverdienern bezahlbares Wohnen, soziale Sicherung und Vorsorge, gute Ausbildung, Mitbestimmung sowie ein effizientesGesundheitswesen einsetzen werde.

# In letzter Zeit leisten sich bestimme Politiker einiges, selbst apokalyptische Prophezeihungen was Pensionsauszahlungen angeht. Ein bekannter italienischer Politiker meinte vor nicht langer Zeit, dass Italien sehr bald kein Geld mehr haben wird die Pensionen zu bezahlen. Wie siehst du das als Experte?

Helmuth Renzler: Das ist reine Demagogie und Panikmacherei. Italien hat in den letzten 20 Jahren bahnbrechende Rentenreformen durchgeführt und liegt in diesem Bereich in Europa an erster Stelle. Die Finanzierung der Renten und Pensionen ist für die nächsten 50 Jahre und darüber hinaus gesichert. Damit ein modernes Rentensystem funktionieren kann, müssen allerdings drei Voraussetzungen erfüllt werden und zwar: 1. es bedarf einer großen Anzahl von Beitragszahlern; 2. es muss ein gutes Wirtschaftswachstum gewährleistet sein und 3. es muss eine gute Produktivität erreicht werden. Diese drei Faktoren müssen von der Politik und der Wirtschaft durch verschiedene strukturelle Reformen umgesetzt werden. Die Beschäftigungspolitik muss wieder absoluten Vorrang in der italienischen und Südtiroler Politik erhalten. Ich wage sogar zu behaupten, dass man auf dem Gebiet der Rentenpolitik wieder einen Schritt zurück gehen und das Renteneintrittsalter für die Frauen senken muss. Mit der heutigen Regelung geht eine ganze Generation an Großmüttern verloren mit allen sich daraus ergebenden negativen Folgen. Ohne Großmütter müssen junge Familien ihre Kinder in öffentlichen Strukturen unterbringen mit den entsprechenden Kosten für die Familien, was bei den niedrigen Löhnen oft zu einer beinahe unüberwindbaren finanziellen Belastung wird. Dasselbe gilt für die Pflege der Eltern und Schwiegereltern die dann von der öffentlichen Hand alleine nicht mehr bewältigt werdenkann.

# Die sozialen Probleme werden auch in Südtirol immerspürbarer. Was sollte man konkret machen?

Helmuth Renzler: Die Armut der Familien nimmt zu. Alleinerziehende Elternteile und alleinstehende Senioren sowie Arbeitslose sind davon besonders betroffen. Es muss daher alles daran gesetzt werden, gute Arbeitsplätze für Jung und Alt zu schaffen bzw. auch die Arbeitsplätze für ältere Mitarbeiter so zu gestalten, dass diese auch noch mit über 60 Jahren eine gute Leistung erbringen können. Durch den Erhalt des Arbeitsplatzes bzw. durch den Erwerb eines Arbeitsplatzes kann dieArmut am besten bekämpft werden. Des weiteren muss eine gerechtere Umverteilung des in Südtirol erwirtschafteten Reichtums erfolgen. Die Ausbildung muss zielorientiert durchgeführt und den realen Bedürfnissen der Wirtschaft angepasst werden. Nicht zu unterschätzen ist der Kampf gegen die Steuerhinterziehung welche auch in Südtirol vehementer geahndet werden muss. Von jedem Euro der in Südtirol hinterzogen wird, fließen 90 Cent weniger in den Landeshaushalt.
Nicht zu vergessen sind die Vorsorgemaßnahmen welche verhindern können, dass ganze Bevölkerungsschichten in die Armut absinken. Das gilt vor allem für die Mittelschicht und die Lohnabhängigen; deshalb sind Zusatzverträge auf Landesebene dringendst abzuschließen, denn es muss wieder selbstverständlich werden, dass man mit einer Vollzeitarbeit anständig leben kann. Löhne unter 1.400 Euro Netto monatlich sollten derVergangenheit angehören. Es müssen Prioritäten gesetzt werden wobei die Armutsbekämpfung bzw. Armutsverhinderung an oberster Stelle stehen muss.

# Wie stehst du zur Integration von Einwanderer?

Helmuth Renzler: Integration darf nicht mit Assimilation verwechselt werden. Einwanderern sollen alle Möglichkeiten geschaffen werden, damit sie sich in unsere Gesellschaft integrieren können und zwar unabhängig davon, welche Hautfarbe sie haben und welcher Religion sie angehören. Allerdings müssen die Einwanderer auch gewillt sein, sich zu integrieren. Wenn sie dies nicht schaffen bzw. nicht gewillt sind und eventuell auch noch straffällig werden, dann müssen alle vom Gesetz zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft werden und sie müssen in „ultima ratio“ auch abgeschoben werden können. Einwanderer sind nicht nur eine Belastung sondern auch ein Mehrwert und in unserer Gesellschaft unverzichtbar. Große Teile der Wirtschaft wären ohne Einwanderer heute nicht mehr funktionsfähig und könnten somit auch für die Südtiroler Bevölkerung nicht produktiv sein. Aber nicht nur in der Wirtschaft sind Einwanderer von großem Nutzen. Was wären unsere Familien ohne ausländische Pflegekräfte, was wären das Gastgewerbe und die Landwirtschaft ohne ausländische Mitarbeiter. Nicht vergessen dürfen wir aberauch den großen Beitrag, den die Einwanderer durch ihre Sozialabgaben zur Finanzierung unseres Rentensystems leisten. Damit eine Integrierung gelingen kann, braucht es gerechte Löhne auch für die Einwanderer und Solidarität sowie Toleranz der einheimischen Bevölkerung. Ohne die Arbeitskraft der Einwanderer könnte Südtirol wohl nur mehr schwerlich seinen heutigen Lebensstandard auch noch für die Zukunft beibehalten.

# Was bedeutet Dir der ASGB?

Helmuth Renzler: Der ASGB bedeutet mir sehr viel. Ich bin mit dem ASGB und durch den ASGB groß geworden und verdanke dem ASGB sehrviel. Ich bin seit 1984 Mitglied meiner Gewerkschaft und seit dieser Zeit habe ich im ­ASGB verschiedene Funktionen ausgeübt. Ich habe alle Tiefen und Höhen eines Gewerkschafterlebens durchgemacht. Ich habe turbulente Zeiten erlebt und auch harte Kämpfe ausgestanden, aber im Vordergrund meines Handelns stand immer das Wohlergehen unserer Mitglieder. Ich werde auch in Zukunft, sofern vom ASGB gewünscht, deren Interessen vertreten und zwar unabhängig davon, welche Tätigkeiten ich ausüben werde. Einmal ASGBler immer ASGBler. Die Zugehörigkeit zum ASGB ist eine Lebenseinstellung und bedeutet für mich, die Interessen der deutsch- und ladinischsprachigen Arbeitnehmer und Rentner uneingeschränkt zu vertreten, micht dafür einzusetzen und für deren Wohl zu kämpfen

Kollege Renzler, wir bedanken
uns für das Gespräch.