Kommentar

Verwaltung und Verwirtschaftung

Georg Pardeller
Wir hatten schon unsere Überzeugung geäußert, dass Südtirols Tafelsilber auch nicht teilweise ins Ausland oder auch nur außerhalb des Landes zu verscherbeln ist, sodass wir, in unserer Autonomie, einer neuen, kapitalgebundenen Form von Fremdbestimmung unterworfen werden. Wir meinten, ganz konkret, die Aktienanteile an der Südtiroler Sparkasse und die Teile des Aktienkapitals der nun mehr privatisierten Etschwerke, die je zur Hälfte den Städten Bozen und Meran gehören. Bleiben wir, aus aktuellem Anlass, mit diesen Zeilen bei den Etschwerken.
Wir gingen in unserer Argumentation davon aus, dass aus den Steuergeldern der Bürger von Bozen und von Meran in deren Sinne und zu deren Nutzen und Vorteil ihre Gemeindeverwaltungen für die eigene Verwendung die Stromerzeugung und –Verteilung in Eigenregie in die Hand nehmen würden und zu Selbstkosten zur Verfügung stellten. Tatsächlich wirtschaften die Etschwerke gut, garantieren die Leistung und bringen den Haushalten der Gemeinden von Bozen und Meran neben den Steuereinkünften aus dem Stromverkauf auch noch satte Gewinnanteile. Es wäre zwar wünschenswert, dass für die Bürger von Bozen und Meran der Vorteil des Steuerverzichtes als greifbarer Sofortnutzen eingebaut würde. Jedoch zukünftige Nachteile durch Preisaufschläge aus dem Gewinnstreben auswärtiger Kapitalgeber vorzuprogrammieren, liegt bestimmt nicht im Interesse hier ansässiger Verbraucher. Und noch etwas: Unsere lokalen Politiker scheinen die im Proporz und der Zweisprachigkeitspflicht liegenden Vorteile für die Südtiroler Arbeitnehmer wenig zu kümmern, und sichere Draufzahler sind immer unsere Einheimischen mit Familien.
Jetzt soll aber noch ein Dreh zum sicheren Schaden der Verbraucher abgewickelt werden: In Bozen hat die (gemeindeeigene) SEAB, als privatisierter Gemeindebetrieb, die Müllabfuhr, die Wasserversorgung, die Kläranlagen, alles sehr kostenträchtige Dienste, zu betreiben und hat dazu auch die gewinnbringende Gasversorgung über. Die Gewinne aus der Gasverteilung mindern die Endkosten der SEAB, die auf die Verbraucher zu verteilen sind, stellen also als Kostenabzug einen unmittelbaren Vorteil dar. Ähnlich steht es auch in der Gemeinde Meran laut Erklärung des dortigen Geschäftsführers. Nun sollen in beiden Gemeinden die gewinnbringenden Gassektoren zu den Etschwerken geschlagen werden, um diese mit noch höheren Gewinnen noch attraktiver für den Abverkauf der Aktien zu machen. Dass der Ansässige dann draufzahlt, weil Gasgewinne vom Müll- und Klärtarif nicht mehr abgezogen werden können, ist den nach hohen Dividenden strebenden Kapitaleignern der Etschwerke gleichgültig. Dazu kommt aber noch ein für uns ausschlaggebender und wichtiger Aspekt: Mit der Übertragung des Gashandels an die Etschwerke fallen viele Arbeitsstellen weg und sicher trifft es wieder und zuerst die zweisprachigen Südtiroler, wie in diesen Bereichen und bei solchen Mehrheiten üblich und der Proporz kommt noch mehr durcheinander.
Mindestens aus diesen beiden Gründen, der Tarifsteigerung bei Müllabfuhr, Wasser und Kläranlagen und des Abbaues von Arbeitsstellen, sind wir gegen diese Umstellungen immer zu Lasten und auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Es ist enttäuschend, wie die Politik, auch im System der sozialen Marktwirtschaft, ohne Rücksicht auf die betroffenen Menschen nach den Regeln von Neo-Liberalismus und –Kapitalismus nur Spekulationen und Rechenstift, ohne Hinterfragung sozialer Auswirkungen in unserem sensiblen Südtirol, den Vorzug gibt. Vorzuziehen wäre jedenfalls, trotz Privatisierungen, der Landes-Kapitalismus, vielleicht mit mehr Gespür für die einheimische Arbeiterschaft, als jene, die in weißem Kragen und Fliege sich als Börsenspieler mit Gemeinschaftsgeld versuchen. Was sagen die „Arbeitnehmer in der SVP" gegen diese weiteren Scheiben des Sozialabbaues.

Thema

Würdigung der Berufsschulen

In Bezug auf die überlange, ausnützerische Lehrzeit bei den Handwerkslehrlingen hat sich der Landesverband der Handwerker einen Verlegenheitsvorschlag einfallen lassen: Keine Kürzung der Lehrzeit auf europäische Zeitspannen von rund drei Jahren, gingen doch die Begünstigungen der Sozialabgaben zum Nulltarif verloren, dafür aber Verlängerung der Berufsschulzeit auf vier Jahre, nachdem die gewünschte und heute auch umso notwendigere theoretische Ausbildung Ausmaße angenommen hat, die in rund je 35 Schultagen der drei Berufsschuljahre wirklich auch bei fleißigen und lerninteressierten Jugendlichen schwer unterzubringen ist. Tatsächlich fordern die Lehrmeister von dem einzigen Berufsschultag pro Woche in den drei Schuljahren, dass neben Deutsch und Gemeinschaftskunde, Fachrechnen, Fachzeichnen, Werkstoff- und Arbeitskunde auch noch die zweite Landessprache, EDV und eventuell Englisch nach neuzeitlichen Programmen unterrichtet und von den Lehrlingen gut beherrscht werden. Bei Handwerkslehrlingen sollen dann im praktischen Unterricht in der Schulwerkstatt auch noch alle Fertigkeiten eingeübt werden, die der Beruf braucht, aber der Lehrmeister aus Zeitmangel und Leistungszwang nicht beizubringen gewillt ist. Der Ausbildungsrahmen als Zeitplan für die praktische, duale Ausbildung im Betrieb ist für die Lehrbetriebe nicht Hilfe, sondern lästige und überflüssige Einschränkung, ist der Lehrling doch für Arbeit und Leistung im Betrieb und gleichzeitig das billigste, notwendige Händepaar für jede Verwendung, günstiger als ein Hilfsarbeiter, ist er doch nur teilentlohnt und befreit von Sozialabgaben! Also, verlangen wir halt (scheinheilig) ein viertes Berufsschuljahr und opfern wir einen Arbeitstag pro Woche für die Berufsschule, nachdem das Landesgesetz eh´ den Pflichtbesuch der Berufsschule für die Gesamtdauer der Lehre vorschreibt. Also ist die Berufsschule nicht Hilfe, sondern nur notwendiges Übel!
Dabei verkennen die Lehrmeister, dass sie selbst sich mit dem Lehrvertrag zur umfassenden theoretischen und praktischen Ausbildung des Lehrlings als Berufsnachwuchs verpflichten und ihnen die Landesverwaltung zur Hilfe gratis und franko im Dualsystem die theoretische Ausbildung durch den Pflichtbesuch der Berufsschule abnimmt. Wenn auch die heute tätige Generation der Handwerker schon durch die Berufsschule ausgebildet wurde und zur Errichtung ihres Leistungsniveaus deren Hilfe beanspruchen konnte, wird von diesen noch die entscheidende und geordnete Ausbildungshilfe nicht entsprechend gewürdigt und anerkannt. Auch die Ersatzleistung für die Meisterunterweisung durch den Berufsschulunterricht wird leider oft als Kostenfaktor für Arbeitsausfall des Lehrlings im Betrieb betrachtet, statt den Unterricht und die Erziehungstätigkeit für Lehrlinge als wesentliche und häufig einzige Hilfe auf dem Berufsweg des Jugendlichen auf Kosten der öffentlichen Hand durch die Berufsschullehrer mit Dank anzuerkennen. Und wie viele Werkzeuge, Geräte, Maschinen, Instrumente sehen Lehrlinge und lernen den Einsatz erstmals in der Berufsschule, weil Betriebe zu lückenhaft ausgerüstet sind! Daher ist viel mehr Respekt und Anerkennung für die Landesberufsausbildung zu zollen und eine viel produktivere Zusammenarbeit in Ausbildung und Erziehung zu leistungsfreudigen Berufstätigen seitens der Verantwortlichen zu bieten. Deswegen ist die Berufsausbildung, einschließlich Lehrlingswesen mit dem zugehörigen Verwaltungsamt im Schulassessorat anzusiedeln, die Lehr- und Berufsschuldauer unter Federführung der Schulbehörde mit den Sozialpartnern und deren Fachleuten festzulegen, eine schulische, zweijährige Grundausbildung nach Berufsfeldern und Spezialisierung im dritten Lehrjahr in Turnussen oder Jahresklassen zu organisieren und die Berufsbefähigungsprüfung am Ende der Berufsschulzeit abzuhalten. So erleichtert man die Berufs- und Lebensplanung der Jugendlichen und gewinnt deren Vertrauen in die Gesellschaft. Und die Nutznießer der Ausbildungsleistung durch die Berufsausbildung nähren aus guter und nutzbringender Erfahrung Respekt und Würdigung für den Beitrag zum Fortschritt unserer Gesellschaft. •