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Gesetzesentwurf der Regierung Monti

„Dringende Maßnahmen zum Wirtschaftswachstum"– Stand 19. Juni 2012 Um die italienische Wirtschaft anzukurbeln, hat die Regierung Monti einen Gesetzesentwurf erarbeitet, der folgendes vorsieht:
Der erste Teil betrifft dringende Maßnahmen für die Sektoren Bau und dem Verkehrswesen (Artikel 1 bis 17).
Der zweite Teil enthält Maßnahmen die öffentliche Verwaltung, wobei es vor allem um die Umsetzung der Digitalisierung und um die Transparenz bei den Ausgaben von öffentlichen Geldern geht (Artikel 18 bis 22).
Der dritte Teil umfasst dringende Maßnahmen über eine gezielte Förderung des Wirtschaftswachstumes (Artikel 23 bis 59).
Der vierte Teil enthält Vorgaben finanzieller Natur betreffend ausländische Versicherungsgesellschaften (Artikel 60 bis 61).
Der dritte Teil enthält die dringend notwendigen Neuerungen, daher wollen wir uns mit diesem eingehender beschäftigen. Da es sich jedoch um einen Gesetzesentwurf handelt, werden noch Änderungen angebracht werden. Außerdem ist diese Zusammenfassung nur eine Übersicht über die wichtigsten Erneuerungen und kann daher nicht ins Detail gehen.
Kapitel 1 legt machbare Schritte für ein Wirtschaftswachstum fest, damit die Beschäftigungsquote mit Schwerpunkt von qualitativen Arbeitsverträgen ansteigt. Die öffentlichen Ausgaben sollen in einem ausgewogenen sozialen Verhältnis mit Rücksicht auf die unterschiedlichen territorialen Bedürfnisse in einem wachsenden ökonomischen-sozialen Gleichgewicht verteilt werden. Auf Staatsebene werden die Instrumente zur Förderung des Unternehmertums durch Aufhebungen von Bestimmungen, Vereinfachungen der Prozeduren und einer Neuformulierung der bestehenden gesetzlichen Grundlagen neu geregelt. Mit Priorität für Projekte im Interesse der nationalen Allgemeinheit wird durch eine gezielte Finanzierung die Produktionssteigerung angeregt, welche einen Zuwachs des technologischen Vermögens des italienischen Staates beinhaltet. Drei strategische Voraussetzungen müssen erfüllt werden: das Vorantreiben von Forschungsprojekten und die Entwicklung von Innovation, die Ankurbelung der Produktivität mit Schwerpunkt Süden und schlussendlich die Förderung von ausländischen Unternehmer in Italien mit Anreize von Investitionen aus dem Ausland. (Die Ausschüttung des vorgesehen Fonds sieht in der Verteilung im Süd- Nordgefälle ein Verhältnis von 85 zu 15 Prozent zu Gunsten des Südens vor, wobei dieser Fonds auf Grund von bestehenden finanziellen Mitteln gefüttert wird).
Für die vielen arbeitslosen Italiener mit Universitätsabschlüssen wird die Anstellung auf unbestimmte Zeit für Forschungs- oder Innovationsprojekte gefördert: Die Bezuschussung der Unternehmer mit 35 Prozent bei neuen Einstellungsverfahren, Einsparungen für die Pflichtbeiträge an INPS und IRPEF, welche wiederum für Neueinstellungen zur Verfügung gestellt werden.
Die Finanzpolizei erhält die Kompetenz, Kontrollen über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen, welche die Wirtschaftsentwicklung betreffen. Entgegen kommt man Betrieben und der Industrie, welche sich auf Grund der Wirtschaftskrise in finanziellen Schwierigkeiten befinden, damit Insolvenzen verhindert werden. So gewährt man den Betrieben ein Jahr Aufschub auf die Ratenzahlung jener Kredite, welche auf Grund des Gesetzes Nr. 46/1982 gewährt wurden. Um der starken Krise im Industriebereich zu begegnen, werden zwei grundlegende Elemente in einem politischen Projekt eingeführt, welches eine wirtschaftliche Aufwertung der Industrie und die damit verbundene Umstellung hinsichtlich Produktionssteigerung fördert, wobei die Subsidiarität zwischen den regionalen und staatlichen Kompetenzen gewährt werden müssen. Die Industriebetriebe müssen nun termingerecht die entsprechende Dokumentation bzw. die entsprechenden Fortschritte vorweisen, wenn sie im Genuss dieser Förderung gekommen sind, ansonsten wird die Fördermaßnahme gestrichen. Im Gegenzug wird die Prozedur für den Erhalt der Fördermittel vereinfacht und somit beschleunigt. Die bisher nicht genützten Mittel (1,2 Milliarden Euro) des Rotationsfonds können zukünftig (ab Mitte des Jahres 2013) auch für den Fonds des Wirtschaftswachstumes genutzt werden. Weitere finanzielle Mittel werden umgeschichtet.
Kleine und mittlere Betriebe haben zukünftig auch Zugang zum Finanzmarkt, welche bis jetzt nicht die Voraussetzungen hatten, so dass sie in den heimischen Wirtschafts- bzw. Währungsmarkt investieren können. Auch die gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Konkurse werden vereinfacht und effizienter gestaltet, bringen aber keine Mehrausgaben mit sich. In sieben weiteren Artikeln erhält der Energiesektor Unterstützung, wobei nicht nur auf die erneuerbaren Energien hingewiesen wird, sondern auch die Eigenproduktion von Gas und Erdöl gefördert wird, außerdem soll die Einfuhr derselben aus nicht EU-Ländern, welche für den Export staatliche Förderungen erhalten und somit den heimischen Markt kaputt machen, nur mit einer Genehmigung ermöglicht werden. Auch wird das Gesetz über den Export von Gütern neu geordnet, wobei man durch eine Vereinfachung des Reglements den Handel mit dem Ausland und den Absatz erleichtern möchte. Die Handelswaren „Made in Italy" werden durch strengere Strafmaßnahmen geschützt. Auch die Genossenschaften werden zukünftig strenger kontrolliert und bei Steuerdelikten sanktioniert. Man erwartet sich dadurch eine Mehreinnahme von einer Million Euro an Steuern. Größere Betriebe, welche Insolvenz anmelden, haben zukünftig mit strengeren Auflagen bezüglich der Verwaltung zu rechnen. Sie müssen sich einer professionelle Unterstützung und Beratung bedienen.
Die im Gesetzesdekret vom 13. August 2011 Nr. 138 enthaltenen Maßnahmen der Vereinfachung der Organisation und Abwicklung des öffentlichen Dienstes im Sinne von mehr Effizienz und Einsparungen werden beschleunigt. Auch das Zivilgericht wird mit einigen Maßnahmen neu geregelt, um mehr Leistungsfähigkeit zu erreichen, wobei man sich an die englischen und deutschen Gerichtbarkeit anlehnt. Dasselbe gilt auch für das Schlichtungsverfahren. Mit Fördermaßnahmen gemäß dem bestehenden Fonds laut Gesetz Nr. 296/06 möchte man die Jugendarbeit verringern und zwar für Betriebe, welche im Bereich „green economy" tätig sind und Facharbeiter einstellen. Außerdem wird ein Fonds bei einer Agentur in der Landwirtschaft errichtet, mit welchen man die Verteilung von Lebensmittel an notleidende Personen reglementiert, welche in Italien leben. Weitere dringende Maßnahmen betreffen die Landwirtschaft, insbesondere die Genossenschaften.

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Die Versöhnung der Ökonomie mit sozialen und ökologischen Erfordernissen

Kurzbericht über eine Konferenz, organisiert von AFI und FUB

Eine Konferenz über die Gemeinwohlökonomie hat am 22. Mai 2012 in der Freien Universität Bozen stattgefunden. Organisiert wurde diese Veranstaltung vom Arbeitsförderungsinstitut (AFI) und Freien Universität Bozen (FUB).
Die Universitätsprofessorin Susanne Elsen hat sich mit der Frage befasst, ob es zwischen der Ökonomie und den sozialen und ökologischen Erfordernissen einen Ausgleich geben kann, sie hat darüber referiert, dass der Sinn der Wirtschaft darin liegen müsste, die menschlichen Lebensgrundlagen zu sichern. Die wichtigste Aufgabe der Ökonomie ist die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse, schöpferische Beteiligung und ökologische Anpassung. Ökosoziales Wirtschaften bedeutet, sich mit Fragen auseinanderzusetzen, wie: Was ist Wirtschaften? Was ist vernünftig? Welches Verhältnis besteht zwischen Natur, Wirtschaft und Gesellschaft? Was ist Produktivität?, wobei die Antworten eigentlich schon jeder kennt, die Umsetzung jedoch nur sehr langsam vorangeht. Dazu bräuchte es Mut für ein neues, politischen Wirtschaftssystem. Die Ökonomie versteht sich als autonomes System und negiert die sozialen und ökologischen Erfordernisse. Die daraus resultierenden Folgen in sozialer wie ökologischer Hinsicht werden auf die Gesellschaft abgewälzt, die Gewinne kassiert. Es wird auf die Selbstregulierung des Marktes beharrt, jede politische Steuerung abgelehnt und dies als Dienst am Gemeinwohl verkauft. Der Mensch wird als Individuum geprägt, wobei nur die marktförmige Erwerbsarbeit zählt, um durch Konkurrenz und Wettbewerb kurzfristige Gewinnmaximierung zu erzielen. Die Natur wird als kostenlose Quelle von Ressourcen und als Ablageplatz für Abfälle benutzt. Es herrscht die Überzeugung, dass Wachstum und freier Markt Wohlstand erzeugen. Dem gegenüber steht eine wirtschaftshistorische Entwicklung, welche schon im Jahre 1944 von Karl Polanyi aufgezeigt wurde. Laut ihm erfordert die Zukunft die bewusste Rückführen des Wirtschaftens in den gesellschaftlichen und ökologischen Zusammenhang. Die Abkehr vom neoliberalen Denkmuster findet schon seit mehreren Jahren statt und findet langsam aber sicher Einzug in wirtschaftliche und politische Prozesse. Dies führt auf Erkenntnisse zurück, dass grenzenloser Wachstum in einer Welt begrenzter Ressourcen nicht mehr möglich ist.
Frau Prof. Elser zeigte auch ihre Erfahrungen auf, welche sie durch ihre Mitarbeit an vielen Projekten in Südtirol machen konnte. So hat Günter Reifer vom Terra-Institut das neue Modell der Gemeinwohlbilanz erklärt und auf verschiedene Südtiroler Unternehmer hingewiesen, welche bereit sind, dieses Modell in einer Kooperation seines Institutes weiterzuentwickeln. Dieses neue Wirtschaften orientiert sich am Gemeinwohl, wobei in ständiger und begleitender, auf wissenschaftlicher Ebene basierten Diskussion die Indikatoren verfeinert werden, welche die Natur berücksichtigen, eine faire Behandlung der Mitarbeiter garantieren, mit dem Gewinn verantwortungsvoll umgehen und unter Einbindung des Territoriums nach einem Punktesystem bei der Wertung mitberücksichtigen. Die Unternehmen arbeiten nicht mehr in Konkurrenz zueinander, sondern die „Gemeinwohl- Bilanz" wird als gemeinsames oberstes Ziel anerkannt, Profit sollte nur mehr eine Nebenrolle spielen.