Thema

Entwurf zur Arbeitsmarktreform

Die Arbeitsmarktreform soll laut Regierung Monti, das erstarrte italienische System dynamischer und flexibler machen und dadurch Wachstum und qualitative Arbeitsplätze schaffen. Dies soll durch Aufweichung des Kündigungsschutzes aus „wirtschaftlich objektiven und außergewöhnlichen Gründen" erfolgen. Gleichzeitig sollen stabilere Arbeitsplätze prämiert werden, indem man den jahrelangen anhaltenden Missbrauch von unsicheren (prekären) Arbeitsverträgen einem Riegel vorschiebt.
Diese Reform wird im Interesse der Allgemeinheit auf Staats- und regionaler Ebene proklamiert, damit der Arbeitsmarkt besser funktioniert, verträglich ist mit einem Wachstum der Betriebe, die Arbeitsplätze geschützt und auch neue geschaffen werden. Auf den öffentlichen Dienst will man ein wachsames Auge werfen und erforderliche Anpassungen zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff nehmen. Die wichtigsten Änderungen der verschiedenen Typen von Arbeitsverträgen, welche als prekär eingestuft werden:
Der befristete Arbeitsvertrag - für den Betrieb teurer, die Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis wird prämiert
Die Sozialabgaben werden bei einem befristeten Arbeitsverhältnis um 1,4 Prozent erhöht, mit Ausnahme von Ersatz- und Saisonaufträgen. Diese Mehrausgaben sind für einen Solidaritätsfonds bestimmt, der neuen Form der Arbeitslosenunterstützung (aspi), welche ab 2013 das schrittweise bisherige Arbeitslosen- und Mobilitätsgeld ersetzen soll. Der Betrieb kann die Rückzahlung dieser Erhöhung einfordern und zwar in Form eines Bonus für sechs Monate, wenn das befristete Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes umgewandelt wird und die Probezeit als positiv bestanden gilt.
Die Dauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses wird, einschließlich Verlängerung, auf maximal 36 Monate beschränkt. Die Intervalle zwischen einem und dem nachfolgenden Vertrag werden verlängert, bei Verträgen mit einer Dauer von weniger als sechs Monaten gelten nun 60 Tage und für Zeitverträge von mehr als sechs Monaten gelten 90 Tage. Verlängerungen können nur mehr in Ausnahmefällen gemacht werden: bei Verträgen unter sechs Monaten für höchstens 30 Tage, bei Verträgen von über sechs Monaten für höchstens 50 Tage. Auch die Zeit für Anfechtungen werden angehoben, bei außergerichtlichen in Form von einem Schlichtungsverfahren von 60 auf 120 Tagen, für Anfechtungen vor dem Arbeitsrichter können nun 330 Tage verstreichen. Falls ein Richter eine unrechtmäßige Anstellung auf Zeit feststellt, steht dem Betroffenen zusätzlich zu einer Entschädigung im Ausmaß von 2,5 bis 12 Monatsgehältern die Umwandlung in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis zu.
Der Eingliederungsvertrag - die bestehende rechtliche Regelung wird auch auf ältere Arbeitnehmer ausgedehnt
Zielgruppe für diese Form von Arbeitsverträgen sind Arbeitnehmer mit einem Alter über 50 Jahren, welche mehr als 12 Monate arbeitslos sind. Für Betriebe, welche diese Zielgruppe in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigen, werden die Sozialabgaben für 12 Monate um 50 Prozent gekürzt, bei Umwandlung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gilt diese Einsparung für weitere 18 Monate.
Der Lehrlingsvertrag - von der Umsetzung des dualen Ausbildungssystems erwartet man einen entscheidenen Rückgang der Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen
Die Umsetzung des neuen Gesetzes zum Lehrlingswesen Nr. 167/2011 muss auf regionaler Ebene mit den Sozialpartnern in Form eines Einheitstextes bis zum 25. April 2012 erfolgen, damit junge Arbeitnehmer davon profitieren können. Einige Korrekturen müssen dabei berücksichtigt werden. So wird eine Einschränkung für die Neuaufnahmen von Lehrlingen vorgegeben. Mindestens 50 Prozent der alten Lehrlingsverträge der letzten drei Jahre müssen bestätigt werden. Die bestehende Verhältnismäßigkeit der Anzahl von Lehrlingen und von spezialisierten Arbeitern (1 zu 1) wird nun mit einem Verhältnis von 3 zu 2 festgelegt. Außerdem wird, beschränkt auf Saisonbetriebe, eine Mindestdauer von sechs Monaten eingeführt. Das Lernen im Betrieb wird durch eine Vereinfachung aufgewertet werden, einmal betrifft dies die Rolle des Tutors und zum zweiten die Bewertung und Begutachtung des Lehrlings. Es wird zukünftig ein „Bildungsbüchlein" eingeführt, wo die Lernfortschritte festgehalten werden müssen. Somit soll dem dualen Lehrlingssystem mehr Gewicht gegeben werden.
Der Teilzeitvertrag - Vorbeugung von Willkür bei Stundenplanänderung
Die jetzige Regelung bleibt aufrecht, wobei aber die Teilzeitbeschäftigten vor willkürlichen Stundenplanabänderungen geschützt werden sollen. Zusätzlich zur Beibehaltung einer Vorankündigung an den Arbeitnehmer von fünf Tagen bei Abänderung des Stundenplans, wird eine verpflichtende Mitteilung an das zuständige Amt eingeführt, welche auch in einfacher Form über SMS, Fax oder PEC durchgeführt werden kann. Außerdem soll aus persönlichen oder anderen noch zu definierenden und vertraglich abgesicherten Gründen eine Rückkehr in Vollzeit ermöglicht werden.
Der Vertrag auf Abruf - Unterbindung von Missbrauch durch amtliche Mitteilung
Um auch bei dieser unregelmäßigen Anstellungsform Missbrauch zu unterbinden, wird bei jedem Abruf des Arbeiters eine verpflichtende amtliche Mitteilung eingeführt. Aufgehoben werden Artikel 34, Absatz 2 und Artikel 37 des Durchführungsgesetzes Nr. 276/2003. Ersterer spricht von der Zielgruppe der unter 25-Jährigen und der über 54–Jährigen oder der Rentner, beim zweiten Artikel handelt es sich um die Bereitschaftszulage, welche nun abgeschafft wird.
Die Projektarbeit - Genaue Definition und Einschränkung dieser Einstellungsform – graduelle Erhöhung der Beitragszahlungen zu Lasten des Arbeitsgebers
Die vorgeschlagenen Abänderungen verfolgen das Ziel, diese Form der freien Mitarbeit einzuschränken, damit sie nicht als Ersatz für ein unabhängiges Arbeitsverhältnis missbraucht wird. Daher berufen sich die Verbesserungen mehr auf den normativen Teil als auf den wirtschaftlichen Teil. Die Projektarbeit wird als solche restriktiver definiert, sie darf nicht eine reine Beschreibung der Haupttätigkeit des Betriebes sein, welche sich ständig wiederholt. Bei Projektarbeit geht es um eine „herausragende Professionalisierung" des Arbeitsbereiches, die nicht vergleichbar ist mit Arbeitsbereichen der Angestellten im lohnabhängigen Arbeitsverhältnis. Außerdem werden eventuelle im Vertrag enthaltende Klauseln über einen einseitigen Rücktritt des Auftragsgebers vor Ablauf der festgelegten Frist oder vor Vollendung des Projektes als nichtig erklärt. Aufrecht bleiben weiterhin mehrere Möglichkeiten, den Vertrag vorzeitig aufzulösen, wie gerechtfertigte Gründe, nachgewiesene fehlende Professionalität, welche die Durchführung des Projektes verhindert. Weiteres wird festgehalten, dass bei einem nachweislich fehlenden spezifischen Projekt dieser Vertrag einem unbefristeten Arbeitsvertrag gleichzusetzen ist. Die größte Errungenschaft ist aber sicher, dass für diese freie Mitarbeit nun in den nächsten Jahren eine graduelle Erhöhung der Beitragszahlungen an das Fürsorgeinstitut zu leisten ist, so dass im Jahre 2018 annähernd derselbe Prozentsatz wie für ein lohnabhängiges Arbeitsverhältnis erreicht wird.
Die selbständige Mitarbeit und Verwendung einer eigenen Steuernummer - Sanktionierung bei Missbrauch
Damit die Beschwerdeflut von Scheinselbständigen eingedämmt wird, wird mit einer strengen Reglementierung ein Missbrauch von gelegentlicher und autonomer Mitarbeit anstelle von lohnabhängigen Arbeitsverträgen verhindert. Es handelt sich immer dann um eine Scheinselbständigkeit, wenn die Arbeit des Mitarbeiters dauerhaft und regelmäßig ist. In Zahlen ausgedrückt bedeutet jede Mitarbeit im selben Betrieb mit einer Gesamtdauer von mehr als sechs Monaten im Laufe eines Jahres und einer Gewinnspanne von mehr als 75 Prozent seines jährlichen Gesamteinkommens keine Selbständigkeit, sondern es handelt dabei um eine lohnabhängige Arbeit. Zusätzlich muss der Mitarbeiter auch noch auf Grund seiner Tätigkeit über einen Arbeitsplatz im Betrieb oder in einer Außenstelle verfügen. Wenn im Zuge einer rechtlichen Überprüfung einer rechtmäßigen Benützung der Steuernummer auf Grund dieser Indikatoren die Mitarbeit als abgestimmte und kontinuierliche Mitarbeit ermittelt wird, so wird dies sanktioniert und zwar auf Grund des Artikels 69, Absatz 1 des Legislativ Gesetz 276/03. Es erfolgt rückwirkend die Umwandlung des autonomen Arbeitsverhältnisses in ein unselbständiges.
Die Mitarbeit im Familienbetrieb - Entsprechende Begünstigung wird stark eingeschränkt
Diese Möglichkeit wird zukünftig nur mehr auf Familienmitglieder ersten Grades und auf den Ehepartner beschränkt werden.
Nebentätigkeiten - Einschränkung der Gelegenheitsarbeit und Verbesserung für Ausländer
Um die Anwendungsmöglichkeiten der Gutscheine bei Stundenentlohnung, als „voucher" bekannt, einzuschränken, wird die Regelung dahingehend überarbeitet, dass sie zum Einkommen zählen, was besonders Ausländern zu Gute kommt, um die Mindestvoraussetzung für eine Arbeitsgenehmigung zu erreichen.
Der Praktikumsvertrag - wird mit Rahmenrichtlinien reglementiert
Auf Staatsebene werden Rahmenrichtlinien zu den Praktikumsverträgen erlassen, welche für die Regionen bindend sind, wobei auf territorialer Ebene zusätzliche Abkommen gemacht werden können. Auch hier geht es darum, Missbrauch von Jugendarbeit vorzubeugen bzw. zu verhindern. Der Lernfaktor soll bei einem Praktikum und ähnlichen Formen im Vordergrund stehen.
Die Überarbeitung des Kündigungsschutzes - der wohl umstrittenste Reformvorschlag
Die wohl umstrittenste Reform betrifft den Artikel 18 des Arbeiterstatutes, welcher gelockert werden soll, damit die oben beschriebenen Verbesserungsmaßnahmen zum Wohle der Arbeitnehmer von den Betrieben auch angewandt werden. Die Wiedereinstellung eines Arbeiters aus betriebsbedingtem Grund, welcher von dem Richter als nicht zulässig erachtet wird, wird nun mit einer Entschädigungszahlung ersetzt. Diese kann zwischen 15 und 27 Monate ausmachen. Kann der Gekündigte aber beweisen, dass seine Entlassung aus unzulässigen disziplinarischen oder diskriminierenden Gründen erfolgt ist, ordnet der Richter die Wiedereinstellung an und die verlorenen Gehälter werden ihm nachgezahlt, wobei die Höchstgrenze im ersteren Fall 12 Monatsgehälter beträgt und im zweiten Fall fünf. Bei Verzicht auf die Wiedereinstellung fällt die Entschädigung höher aus, sie umfasst dann in beiden Fällen 15 Monatsgehälter. Eine Einigung zwischen den beiden Vertragspartnern ist auch auf dem Schlichtungswege möglich, muss aber auf jeden Fall versucht werden, bevor der Gekündigte sich an den Richter wendet.
Um diese oben beschriebenen Ziele schneller zu erreichen, soll eine eigene spezifische Einrichtung beim Arbeitsgericht die gesamte Prozedur bis zur Fällung eines Urteils vereinfachen und damit beschleunigen.
Weitere Maßnahmen betreffen unter anderem die zukünftige soziale Absicherung aller Angestellten (auch Lehrlinge, Schauspieler und öffentlich Bedienstete) in Zeiten von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit durch Errichtung einer neuen Versicherung mit neuer Regelung der Beitragszahlungen und Arbeitslosenunterstützung. Bis 2017 wird die derzeitige Mobilitätsentschädigung, zu Gunsten dieser Versicherungsleistung, abgeschafft. An den Voraussetzungen wird nichts verändert. Der Bezugszeitraum wird maximal 12 Monate sein, für Arbeitnehmer über 55 Jahre umfasst er 18 Monate. Der Höchstbetrag von monatlich 1.119 Euro wird jährlich aufgewertet, wobei nach den ersten sechs Monaten um 15 Prozent weniger ausbezahlt werden und in den weiteren sechs Monate eine weitere Kürzung von 15 Prozent hingenommen werden muss. Diese Kürzungen werden immer dann unterbrochen, wenn die Arbeitslosigkeit mit einem Arbeitsvertrag von mehr als sechs Monaten unterbrochen wird.
Außerdem wird für all jene Bereiche ein Solidaritätsfonds für Ausgleichszahlungen errichtet, welche bis heute noch über keinen verfügt haben. Alle Betriebe mit mehr als 15 Angestellten sind verpflichtet, dort ihre Beiträge einzuzahlen.
Weitere Maßnahmen betreffen die höhere Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt, die Einschränkung der Diskriminierung der Mütter hinsichtlich „freiwilliger Kündigung", geeignete Mittel um das Recht auf Arbeit auch Menschen mit Behinderung zu gewährleisten, Schutz von älteren Arbeitnehmern, Nichtigkeit einer „weißen Kündigung", Gegenmaßnahmen zur Schwarzarbeit bei Ausländern und, ein Kuriosum am Rande, drei Tage Vaterschaftsurlaub bei Geburt eines Kindes.

Gebietskörperschaften
9. Gewerkschaftstag - ASGB-Gebietskörperschaften

Über die Dummheit des Sparens

Am 1. März fand, nach langer und gründlicher Vorbereitung, der 9. Gewerkschaftstag der Fachgewerkschaft Gebietskörperschaften im ASGB statt. Weit mehr als 150 Delegierte aus Seniorenheimen, Bezirksgemeinschaften und Gemeinden und aus unterschiedlichsten Berufsbildern trafen pünktlich im Kolpinghaus in Bozen ein.
Mit Spannung, Erwartung und Genugtuung verfolgten die Vertreter der Mitglieder des ASGB Gebietskörperschaften das Hauptreferat des Tages zum Thema „Über die Dummheit des Sparens." Hans Tappeiner, Management- und Bildungsberater aus Latsch, provozierte und umgarnte die Anwesenden samt Politikern und Medienvertretern mit seinen Thesen und hinterließ noch tagelang Spuren in den Medien und in den Köpfen, wie die vielfältigen Kommentare und Rückmeldungen bewiesen.
Arno Kompatscher (Gemeindenverband), Elmar Pichler Rolle (SVP-Fraktionssprecher), Petra Weiß (Generalsekretärin BZG Burggrafenamt), Karl Heiss (ASGB Gebietskörperschaften) und das Publikum diskutierten unter der geschickten Regie von Maren Schöpf (ehemals Südtirol1) über Aktuelles und Künftiges in den Gebietskörperschaften. Nach der Pause ging es dann um Internes: der Tätigkeitsbericht wurde verlesen, ein neuer Vorstand und Rechnungsrevisoren gewählt sowie die Ziele für die Arbeit der nächsten Jahre anhand von Resolutionen bestimmt. Langjährige Mitglieder des ASGB Gebietskörperschaften bekamen ein kleines „Dankeschön" für ihre Treue und ihren Beitrag zum Bestand der Gewerkschaft.
Der 9. Gewerkschaftstag der Bediensteten der Gebietskörperschaften war rückblickend ein Ereignis, das noch einige Zeit in Herz und Verstand nicht nur der Anwesenden herumrumort: das heißt also, es war ein ausgesprochen erfolgreicher Tag!