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(Fortführung – Der Kommentar)

Angriff auf die Gleichstellung des ASGB

Aus unserer Sicht und auch aus Sicht vieler Vertreter des öffentlichen Lebens in Südtirol ist die Handlungsweise des SGBCISL gegen den ASGB ein Frontalangriff auf alle Mitglieder des ASGB, insbesondere jene, die sich bewusst mit dem Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbund identifizieren, ein Frontalangriff auf die Mitarbeiter/innen des ASGB, die täglich mindestens denselben wertvollen Dienst am Bürger leisten, wie die Mitarbeiter anderer Organisationen und ein Frontalangriff auf die Südtiroler Autonomie, da jede Minderheitengruppe im sonst so freien Europa ein Recht auf anerkannte selbständige demokratische Organisationen hat.
Ob Politik, Wirtschaft, Soziales oder Kultur: in jedem Bereich gibt es in Südtirol eigenständige Organisationen, Vereine, Verbände, warum soll sich dann die Südtiroler Arbeiterschaft von einer nationalen Vereinigung bevormunden lassen müssen? Oder fragen wir umgekehrt: wozu braucht es in Südtirol dann den Proporz und die Zweisprachigkeitspflicht? Es steht im Sinne einer demokratischen Gesellschaft jedem Arbeitnehmer frei, sich bei einer Gewerkschaft seiner Wahl einzuschreiben. Dieses Recht würde den Südtiroler/innen aber in der Tat genommen, wenn der ASGB den Status der Minderheitengewerkschaft und somit die Gleichstellung verlieren würde, da mit dieser auf lokaler Ebene eben jene Rechte verbunden sind, die die anderen Gewerkschaften auf dem gesamten Staatsgebiet haben und die eine gewerkschaftliche Vertretung der Arbeitnehmer/innen erst möglich machen. Dazu gehören: die Vertretung in privaten und öffentlichen Betrieben, die Vertretung in öffentlichen Gremien, die Vertretung in sozialpartnerschaftlichen Einrichtungen, der Steuerbeistand, die Dienstleistungen in Rentenangelegenheiten (Patronat).
Man muss sich die Tragweite der Absichten des SGBCISL bewusst machen, um zu verstehen, warum diese Gewerkschaft einen derartigen Krieg gegen den ASGB führt. In diesem Licht muss jegliche Bekenntnis des SGBCISL zur Südtiroler Autonomie als reine Farce erscheinen. Jeder Südtiroler und jede Südtirolerin soll sich selbst ein Bild davon machen, was er/sie davon hält.
Der ASGB hat es bisher bevorzugt, nicht medial auf die Angriffe des SGBCISL einzugehen, weil uns die rechtliche Sachlage klar erscheint und die Angriffe keine Neuheit darstellen. Ein anderer Grund für die bisherige Zurückhaltung ist, dass wir als ASGB, so wie auch CGIL und UIL, die Hauptaufgabe der Gewerkschaft im Einsatz für die lohnabhängigen Arbeitnehmer/innen, Rentner/innen und Familien in Südtirol sehen, umso mehr Zeiten der Krise, die seit Jahren anhält uns noch eine Zeit lang beschäftigen wird.
Worum geht's genau?
Der ASGB wurde 1978 vom Südtiroler Landtag als repräsentativste Gewerkschaft der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung in Südtirol bestimmt. Der Landtag tat dies in Ausführung eines Dekretes des Staatspräsidenten. Der SGBCISL fordert seitdem immer wieder, dass der Landtag diesen Vertretungsanspruch neu feststellt und argumentiert damit, dass der SGBCISL mehr deutsch- und ladinischsprachige Arbeitnehmer vertrete als der ASGB. Abgesehen davon, dass die vom SGBCISL genannten Zahlen im Gesamten angezweifelt werden dürfen, da auch der ASGB in manchen Bereichen nachweislich mehr Mitglieder vertritt als der SGBCISL, und abgesehen davon, dass die Sprachgruppenzugehörigkeit zu den unverletzlichen sensiblen Daten gehört, fehlen dem SGBCISL auch die Voraussetzungen des Minderheitenstatus, da er Teil eines gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbundes (CISL) ist.
Dem ASGB werden Privilegien vorgeworfen. Wir fragen uns, welche dies sein sollen?
Nachdem der SGBCISL ständig von vermeintlichen Privilegien des ASGB spricht, möchten wir hier aufzeigen, dass es sich genau umgekehrt verhält, nämlich dass der ASGB in Wirklichkeit noch weit von der vollständigen rechtlichen Gleichstellung in Südtirol mit den anderen Gewerkschaften entfernt ist und somit weiter benachteiligt wird:
Gewerkschaftliche Freistellungen: Eine Vertretung der deutschen und ladinischen Bediensteten bei den italienischen Staatsbetrieben in Südtirol (Eisenbahn, Post, …) wird dem ASGB äußerst erschwert. Der ASGB hat zwar in allen diesen Betrieben Mitglieder, verfügt jedoch nicht über eine ordentliche Vertretungsmöglichkeit. Die Freistellungen des ASGB sind auf ein minimales Stundenkontingent begrenzt, sodass die Interessen dieser Mitglieder nur dadurch vertreten werden können, dass die ASGB-Funktionäre ihre Gewerkschaftsarbeit zum Teil durch Verwendung ihrer Freizeit (!) erbringen oder die Kosten gänzlich auf den ASGB fallen. Hinzu kommt, dass der SGBCISL bei den Kollektivvertragsverhandlungen mit den Staatsbetrieben sich oft dagegen gewehrt hat, dass auch der ASGB am selben Tisch sitzt. Wie sonst sollte der ASGB seine Mitglieder dort vertreten?
Finanzierung: Der SGBCISL missachtet nach wie vor, dass für den ASGB durch die Gleichstellung auch die Rechte aus den nationalen Kollektivverträgen gelten müssen. Somit hat der ASGB auch Anrecht auf die lokalen Finanzierungen, die darin vorgesehen sind. Tatsache ist aber, dass der ASGB in einigen Sektoren von allen vier Gewerkschaftsbünden den weitaus (!) geringsten Anteil erhält. Zudem werden die anderen Gewerkschaftsbünde finanziell noch von ihren Zentralen in Rom unterstützt. Wenn der SGBCISL es also als Privileg ansieht, dass der ASGB überhaupt Mittel aus der vorgesehenen Finanzierung erhält, wird die Absicht klar, warum er derart hartnäckig an der Existenz des ASGB rüttelt.
Vertretung in öffentlichen Gremien: Der SGBCISL wirft dem ASGB vor, bei der Benennung von deutschsprachigen Mitgliedern von öffentlichen Kommissionen (z.B. beratende Gemeindegremien wie Baukommission, Wohnbaukommission, usw.) bevorzugt zu werden. Die Praxis sieht anders aus. Längst nicht alle Gemeinden haben den ASGB um Vorschläge für die Ernennung von Kommissionsmitgliedern kontaktiert. Zudem gibt es heute kaum noch solche Kommissionen, da die meisten abgeschafft wurden. Für die Kommissionen auf Landesebene mit Gewerkschaftsvertretung müssen sich die vier Gewerkschaftsbünde ohnehin auf einen oder zwei Vertreter einigen. Wir als neuer Leitungsausschuss des ASGB haben im Sommer 2009 mit dem SGBCISL das Gespräch gesucht und u.a. erklärt, dass die Vertretung in Kommissionen eine lösbare Frage sei. Dass dieses Angebot nicht angenommen wurde, zeigt, dass es dem SGBCISL in Wahrheit nicht um diese Frage geht.
Der SGBCISL möchte, dass es dem ASGB abgesprochen wird, die Gewerkschaft der deutschen und ladinischsprachigen Minderheit in Südtirol zu sein. Wir wiederholen, dass es jedem und jeder Südtirolerin freisteht, sich bei der Gewerkschaft seiner/ihrer Wahl einzuschreiben, dass es aber – so wie es die Geschichte gezeigt hat – einen Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbund braucht.
Eines ist sicher. Ohne ASGB wären wir heute aus Sicht der Arbeitnehmerschaft in Südtirol, sprich Proporz und Zweisprachigkeit im öffentlichen Dienst, und im sozialen Wohnbau, eigene Lohnverhandlungen für das Lehrpersonal, eigenständiges Lehrlingswesen und viele andere Bereiche auch, nicht so weit. Oft genug musste er sich gegen die zentralistischen Widerstände zum Schutze der Interessen der lokalen Bevölkerung durchsetzen. Daher werden wir uns weiterhin zur Wehr setzen gegen die Angriffe des SGBCISL. Der ASGB ist heute eine feste Größe in der Südtiroler Gesellschaft und hat ein breites Angebot an wichtigen Dienstleistungen für die Arbeiterschaft. Er ist von der Struktur her ein demokratischer Gewerkschaftsbund, bestehend aus vielen Fachgewerkschaften, wie eben die gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbünde oder der österreichische oder der deutsche Gewerkschaftsbund auch. In Europa gibt es verschiedene anerkannte Gewerkschaften von Sprachminderheiten. Ein Grund mehr, auch den ASGB seine Arbeit für die eigenen Mitglieder und die gesamte Südtiroler Arbeitnehmerschaft tun zu lassen. Denn ein Angriff auf den ASGB ist auch ein Angriff auf die Südtiroler Autonomie.

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Stellungnahmen zum Streit mit der CISL – Gleichstellung ASGB

> SVP-Fraktionschef Elmar-Pichler Rolle – zum ASGB-Urteil des Staatsrates: „Kein Verständnis für diesen Rechtsstreit"
„Ich sehe auch nach dem jüngsten Urteil des römischen Staatsrates zum Vertretungsrecht der Gewerkschaften in Südtirol kein Ende des Rechtsstreites - im Gegenteil." SVP-Fraktionschef Elmar Pichler Rolle zeigt kein Verständnis für das vom SGB/CISL angestrengte Verfahren gegen den Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbund, ASGB.
Wollen Gewerkschaften am Verhandlungstisch für allgemeingültige Kollektivverträge sitzen, so müssen sie ihren Vertretungsanspruch anhand der Mitgliederzahl nachweisen. Aus ethnischen Gründen gilt für die Südtiroler Gewerkschaft ASGB eine Ausnahme. Konkret geht es um das Dekret des Staatspräsidenten aus dem Jahre 1978, das den ASGB als ethnische Gewerkschaft in Südtirol den staatlichen Gewerkschaftsbünden gleichstellt. Der SGB/CISL hatte mit dem Hinweis auf die eigene hohe Zahl deutschsprachiger Mitglieder vom Landtag eine Neuregelung des Vertretungsrecht gefordert. Weil der Landtag mehrere Anträge nur abschlägig oder gar nicht beantwortete, wandte sich der SGB/CISL an das Verwaltungsgericht. Beim zweiten Einspruch vor dem Verwaltungsgericht lehnte dieses einen neuerlichen Entscheid ab, weil es bereits in der selben Sache geurteilt habe. Dagegen rekurierte der SGB/CISL beim Staatsrat und erhielt insofern Recht, als dass sich Landtag und Verwaltungsgericht neuerlich mit dem Antrag befassen müssten. Für SVP-Faktionschef Elmar Pichler Rolle ist diese Haltung nicht nachvollziehbar: "Ein Rechtsstreit unter den Gewerkschaften hat wenig Sinn, und ich kann das Anliegen des SGB/CISL nicht nachvollziehen. Die CISL ist eine starke staatliche Gewerkschaft, der ASGB hat nur in Südtirol Rechte. Daraus folgt, dass die CISL auch hierzulande konkret mehr praktische und finanzielle Vorteile hat als der ASGB. Ich denke, dass Südtirols Arbeiterinnen und Arbeiter derzeit wohl ganz andere Sorgen haben. Es wäre höchst an der Zeit, Solidarität zu üben statt sich über Gerichte zu bekämpfen." Für Pichler Rolle kommt auch nicht in Frage, dass das Autonomie-Statut bzw. die Durchführngsbestimmungen abgeändert werden: "Wir lassen am Vertretungsrecht des ASGB nicht rütteln, auch weil es dadurch zu keinen Privilegien kommt. Es ist, umgekehrt, nach wie vor so, dass vielmehr der ASGB von Verhandlungen mit vormals staatlichen Körperschaften wie Post und Eisenbahn ausgeschlossen ist."
> Freiheitliche – ASGB darf Gleichstellung nicht streitig gemacht werden
„Seit Jahren versucht die Gewerkschaft CISL, dem ASGB die volle Gleichstellung mit den konföderierten Gewerkschaften streitig zu machen. Ich habe es seinerzeit als Angriff auf die Südtiroler Autonomie bezeichnet, als die CISL den Antrag an den Landtag stellte, eine Neuüberprüfung der Repräsentativität des Autonomen Südtiroler Gewerkschaftsbundes (ASGB) festzustellen.
Dahinter verbarg sich der wiederholte Versuch, dem ASGB die im Jahre 1978 erreichte Gleichstellung mit den gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbünden zu nehmen. Nachdem der Landtag in der Sache nichts unternahm, ging die CISL sogar bis zum Staatsrat, der die Angelegenheit jüngst ans Bozner Verwaltungsgericht rückverwiesen hat. Dieser Streit schadet schlussendlich der gesamten Arbeiterschaft, die nun wirklich andere Sorgen hat - die verschiedenen Sparpakete lassen grüßen!", schreibt der freiheitliche Landtagsabgeordnete und Landesparteiobmann Pius Leitner in einer Aussendung.
„In Südtirol sind selbstverständlich alle Arbeiter frei, sich der Gewerkschaft ihrer Wahl anzuschließen, weshalb jeder Vorwurf der Diskriminierung bei den Haaren herbeigezogen und eine glatte Verdrehung der Tatsachen darstellt. Der Gleichstellung des ASGB liegt der Minderheitenschutz zugrunde. Demnach vertritt der ASGB ausschließlich deutsche und ladinische Arbeiter, was nicht bedeutet, dass er alle deutschen und ladinischen Arbeiter vertritt", so Leitner.
In Wirklichkeit finde ein Kampf gegen autonomiepolitisch gesicherte Rechte der deutschen und ladinischen Arbeiter statt und es gehe um die Zuteilung der Dienstquoten. Diese wiederum seien, neben den Mitgliedsbeiträgen, die entscheidende Grundlage der finanziellen Ausstattung der Gewerkschaften. Dem ASGB sei bisher eine gerechte Zuteilung verwehrt worden, kritisiert Leitner. „Ich kann den Verantwortlichen der CISL nur raten, den Weg der gerichtlichen Auseinandersetzungen zu verlassen, um ethnische Grabenkämpfe zu unterbinden. Die Gesetzesanlage ist eindeutig und Rechtsgutachten wie Gerichtsurteile bestätigen dies. Alle Südtiroler können selber entscheiden, welcher Gewerkschaft sie beitreten wollen. Eine Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut bildet die Grundlage dafür, dass sich die Südtiroler in einer ethnischen Gewerkschaft organisieren und den gesamtstaatlichen gleichgestellt sind", schließt Leitner.
> Südtiroler Freiheit – ASGB: Vertretungsrecht eine Selbstverständlichkeit!
Die Landtagsabgeordneten der Bewegung SÜD-TIROLER FREIHEIT, Eva Klotz und Sven Knoll, stehen voll hinter dem Vertretungsrecht der deutschen und ladinischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch den ASGB und begrüßen daher die Entscheidung des Staatsrates, an der Gleichstellung des ASGB mit den Konföderierten nicht zu rütteln. Die Aushöhlung des Vertretungsrechtes des ASGB wäre ein Angriff gegen selbstverständliche Rechte der deutschen und ladinischen Volksgruppe. Daher fordern die beiden Landtagsabgeordneten den SGB/ CISL auf, den ASGB seine Arbeit tun zu lassen, anstatt ihm durch seine Angriffe ständig Prügel in den Weg zu legen!
> Georg Pardeller – ASGB: Stück Autonomie in Gefahr
Der ASGB sei keine privilegierte, sondern eine gleichgestellte Gewerkschaft. Das unterstreicht der SVP-Landtagsabgeordnete Georg Pardeller: „Wir haben nie Exklusivrechte verlangt oder erhalten." Die gesamtstaatliche Gewerkschaft CISL, habe die Untätigkeit der Südtiroler politischen Vertretung in Rom ausgenützt, um zu erreichen, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Gleichstellung des ASGB in Frage stelle. Damit sei ein Stück Autonomie in Gefahr. „Eine Minderheit, die echten Schutz genießt, muss diesen auch auf gewerkschaftlicher Ebene beanspruchen können".