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ASGB zur neuen ASTAT-Studie über Armut in Südtirol

Neben Sozialhilfe braucht es vor allem Zusatzkollektivverträge

Besser spät als nie! So kommentiert der ASGB die Aussagen von Landeshauptmann Luis Durnwalder und Soziallandesrat Richard Theiner zur jüngsten ASTAT-Studie über die „Armut in Südtirol" und verweist auf die häufigen Aufforderungen des ASGB an die Landesregierung, gegen die zunehmende Verarmung in Südtirol konkrete Maßnahmen zu setzen. Der ASGB begrüßt die Erkenntnis und die Absicht der Politik, für die Familien in Südtirol ab jetzt mehr zu tun.
„In den letzten Jahren hat der ASGB die Landespolitik vermehrt auf die Ungerechtigkeiten in der Südtiroler Sozial?politik, auf die Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst, auf die sinkende Kaufkraft der lohnabhängigen Bevölkerung, auf die unwürdigen Renten vieler Südtiroler/innen oder auf die fehlende Rentenversicherung für Erziehungszeiten der Mütter im Privatsektor hingewiesen und entsprechende Maßnahmen gefordert", schreibt der ASGB in einer Aussendung.
„Während allerdings die Forderungen der Wirtschaft schnell und umfassend von der Politik erfüllt werden, ist die Umsetzung der sozialen Forderungen der Gewerkschaften viel langwieriger und weit bescheidener", erklärt der ASGB weiter. Die zunehmende Inanspruchnahme der finanziellen Sozialhilfe in Südtirol sei ein klares Zeichen für die steigende Armut, so der ASGB. Es sei daher wichtig, diese Unterstützungen auch für die Zukunft zu gewährleisten. Es genüge aber nicht, nur die Folgen zu lindern, ohne gleichzeitig die Ursachen zu bekämpfen. Der Ausweg aus der Armut gelingt laut ASGB nur, wenn das Einkommen der lohnabhängig Beschäftigten in Südtirol wieder weitgehend zur Finanzierung des normalen Lebensunterhaltes ausreicht.
„Daher fordern wir zuallererst die Landesregierung selbst auf, die eingefrorenen Gehälter der Bediensteten des lokalen öffentlichen Dienstes an die reale Inflation in unserem Land anzupassen. Was die Privatwirtschaft betrifft, so hat der ASGB einigen Arbeitgeberverbänden längst die Plattformen zur Erneuerung der lokalen Zusatzverträge unterbreitet und Verhandlungen gefordert. Zudem muss die Landesregierung ihre finanziellen Förderungsschwerpunkte auf jene Betriebe legen, die gute Arbeitsplätze und angemessene Entlohnungen nachweisen können. Ansonsten bleiben alle Beteuerungen der Politik über Zusatzverträge, Anpassung der Einkommen oder Familienförderung lediglich fromme Sprüche", betont der ASGB.
Auch was die Familienunterstützung anbelangt, habe das Land großen Gestaltungsraum. So fordert der ASGB beispielsweise, dass das Familiengeld auch nach Volljährigkeit der Kinder weitergezahlt wird, solange diese als zu Lasten lebend gelten.

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1. Mai-Feier ASGB 2011

„Gute Arbeit – fairer Lohn!"

Der 1. Mai 2011 stand unter dem Motto „Gute Arbeit – fairer Lohn". Zahlreiche Mitglieder mit ihren Familien haben dem ASGB wieder die Aufwartung gemacht und sind zum Fest der Arbeit nach Völs am Schlern gekommen.
Priska Auer konnte eine stattliche Anzahl an Ehrengästen begrüßen, allen voran Landeshauptmann Luis Durnwalder und den Bürgermeister von Völs Arno Kompatscher. Aber auch Landesrätin Sabina Kasslatter-Mur, der Fraktionssprecher der SVP im Südtiroler Landtag, Elmar Pichler-Rolle, die Landtagsabgeordneten Georg Pardeller (SVP), Ulli Mair und Siegmar Stocker (Freiheitliche), der Vorsitzende der Arbeitnehmer in der SVP, Christoph Gufler, der Vizedirektor des Landesverbandes der Handwerker, Thomas Hager, der Präsident des Laborfonds, Sepp Hofer und der Generalsekretär des AGB/CGIL ließen es sich nicht nehmen, mit den ASGB-Mitgliedern den 1. Mai zu feiern.
In seinen Grußworten stellte Bürgermeister Arno Kompatscher fest, dass der ASGB ein gerne gesehener Gast in Völs ist und dass er immer wieder gerne die Einladung annimmt, mit dem ASGB den Tag der Arbeit zu feiern.
Landeshauptmann Durnwalder, Stammgast beim 1. Mai-Fest des ASGB, bedankte sich allen voran beim Vorsitzenden Tony Tschenett für die gute Zusammenarbeit mit der Landesregierung. Er stellte fest, dass es den Arbeitnehmern in Südtirol relativ gut geht, dass die Arbeitslosigkeit gering ist, dass es aber noch einiges gibt, das es zu verbessern gilt.
Tony Tschenett, Vorsitzender des ASGB, ging in seinem Referat näher auf das Tagungsmotto ein. Wir veröffentlichen nachstehend Auszüge aus seiner Rede:
„Gute Arbeit bedeutet für den ASGB, eine Beschäftigung mit angemessenem Lohn zu haben, von dem man leben und eine Familie ernähren kann. Gute Arbeit heißt für uns einen sicheren Arbeitsplatz mit fairen Bedingungen und respektvollen Umgang mit den arbeitenden Menschen zu haben. Gute Arbeit heißt auch, dass die Menschen ein Anrecht auf Arbeit haben, die nicht krank macht, die Mitbestimmung erlaubt und die auch eine Existenz sichernde Rente garantiert.
Doch die reale Arbeitswelt in Italien sieht leider vielfach anders aus. Wir erleben, wie prekäre Arbeit immer mehr um sich greift. In Italien hat sich, vor allem in den knapp drei Jahren der Berlusconi-Regierung, die Lage der ArbeitnehmerInnen und RentnerInnen noch weiter verschlechtert. Die Arbeits- und Renteneinkommen haben sich verringert, der Steuerdruck und die Arbeitslosigkeit sind gestiegen, die prekäre Lage der Jugend in der Arbeitswelt hat sich verschärft.
Wie sieht die Situation aber in unserem Land aus? Bekommen wir für „Gute Arbeit auch einen fairen Lohn? Auch in Südtirol hat sich die Situation am Arbeitsmarkt in den letzten Jahren geändert.
Es ist leider eine Tatsache, dass es auch bei uns immer mehr ArbeitnehmerInnen gibt, bei denen es nicht mehr ausreicht, EINE Arbeit zu haben. In einigen Sektoren ist die Lohnsituation für die Beschäftigten alarmierend. Trotz der viel höheren Lebenshaltungskosten als in anderen Provinzen Italiens werden in einigen Wirtschaftssektoren Südtirols noch Löhne bezahlt, die gleich oder geringfügig höher sind, wie im restlichen Staatsgebiet. Beispielsweise verdient heute ein qualifizierter Arbeiter im Handwerkssektor laut Tarif durchschnittlich 1.300 Euro brutto.
Kann man hier noch von einem fairen LOHN sprechen?
Dies reicht in keiner Weise aus, die hohen Lebenshaltungskosten in Südtirol zu bewältigen und ist daher nicht mehr vertretbar. Nettolöhne von knapp über oder teilweise sogar unter 1.000 Euro für qualifizierte MitarbeiterInnen sind eine unwürdige Realität für das Wohlstandsland Südtirol.
Die Wirtschaftsverbände sollten endlich aufhören zu jammern und die Gründe für die schwache Kaufkraft und das zurückhaltende Kaufverhalten der Südtiroler nicht bei der internationalen Schuldenkrise oder den nationalen politischen Geschehnissen suchen, und statt dessen im eigenen Land den Hebel ansetzen.
Abschließend möchte ich mich aber auch bei unseren vielen Betriebsräten und Betriebsrätinnen bedanken. Sie leisten sehr wertvolle Arbeit vor Ort in den Betrieben und sind somit Garanten für gute Arbeit. Für eine Arbeit also, die den Ansprüchen der Beschäftigten gerecht wird: sicher, gesund, familienfreundlich. Betriebsräte sorgen in unseren Betrieben für gerechte Löhne. Denn der Betriebsrat bestimmt mit bei der betrieblichen Lohngestaltung. Deshalb sind die Löhne auch in Südtirol in Betrieben mit Betriebsräten höher, als in Betrieben ohne Betriebsräten. Deshalb mein Appell an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: versucht überall dort einen Betriebsrat zu wählen, wo es möglich ist und stellt Euch auch als Kandidaten zur Verfügung. Wir brauchen in unserem Land nicht nur mehr Arbeit, sondern vor allem eine Arbeit, von der man leben kann.
Unsere Forderung bleibt
Wer Vollzeit arbeitet, soll so viel verdienen, dass er keine zusätzliche Hilfe benötigt. Das funktioniert nur, wenn ordentliche Löhne gezahlt werden.