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Nachruf für Josef Gruber

Vor wenigen Wochen wurde Josef Gruber unter großer Anteilnahme zu Grabe getragen. Eine heimtückische Krankheit hatte seinem erfüllten Leben nach 69 Jahren ein jähes Ende gesetzt. Der Sepp, war in den 1970iger und 80iger Jahren unser Gewerkschaftsvertreter in der heutigen FIAT IVECO, damals noch LANCIA genannt und gehörte dem Vorstand des ASGB-Metall an. Nach seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 1992 engagierte er sich bis zuletzt in der Rentnergewerkschaft und war auch deren Vertreter im Bundesvorstand des ASGB. Das Eintreten für persönliche Überzeugungen war ein durchgängiges Motiv im Leben von Josef Gruber. Als Gewerkschafter stand er stets auf der Seite der Schwächeren, er vertrat seine Ansichten immer aus voller Überzeugung und untermauerte diese mit Argumenten und Taten. Es fällt schwer für jeden, der den Verstorbenen kannte, nachzuvollziehen, dass der stets freundliche, verständnisvolle und lebensbejahende Sepp nicht mehr unter uns ist. Er hinterlässt nicht nur in seiner Familie eine große Lücke. Mit ihm verlor unsere Rentnergewerkschaft einen aktiven Mitarbeiter und Freund der dem Obmann Adolf Buratti eine große Stütze war. Die Mitglieder des Bundesvorstandes, der Rentnergewerkschaft und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ASGB werden dem Sepp ein ehrendes Andenken bewahren.

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Verbraucherkompetenzen von Familien stärken und nicht schwächen

Walther Andreaus, ehemaliger Fachsekretär im ASGB, gilt als Südtirols profiliertester Verbraucherschützer. Er ist Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS), die für tagtägliche und oft lebensnotwendige Anliegen der Bevölkerung arbeitet. AKTIV hat mit ihm gesprochen.
> AKTIV: Die Kaufkraft ist eines der wichtigen Themen für die VZS. Warum?
W. Andreaus: Weil die Verbraucher seit der Euro-Einführung mit beträchtlichen Kaufkraftverlusten zu kämpfen haben. Wir merken das jeden Tag bei den zahlreichen Beratungsgesprächen. Die Einkommen der Familien in Südtirol stagnieren, die Ersparnisse gehen seit Jahren zurück, die Verschuldung steigt. Dadurch muss der Gürtel enger geschnallt werden. Am Markt hingegen wird um den kleiner werdenden Kuchen immer stärker gerungen. Mit fairen und unfairen Mitteln. Es lauern jede Menge Fallen und Tücken – sei es im Finanzmarkt, der geradezu als gefährlich einzustufen ist. Sei es bei Telekommunikationsdiensten, Versicherungen und beim Hausbau: diese machen mittlerweile einen beträchtlichen Teil unserer Informations- und Beratungsarbeit aus. Auch bei Lebensversicherungen und generell bei den Anlageprodukten ist Vorsicht geboten, denn diese können sehr teuer sein und dabei noch ein hohes Risikopotential enthalten. Und da der Markt unendlich viele Angebote offeriert, wird es nahezu unmöglich, zu vergleichen.
> AKTIV: Gibt es da überhaupt ein Entrinnen?
W. Andreaus: Die Frage ist, wer kann dem Verbraucher auf diesem riesigen Markt helfen? Unterstützung könnte er erhalten durch Vergleiche, Untersuchungen und Tests von Verbraucherorganisationen sowie durch Medien und Preisportale, die genau sagen, was in Ordnung ist und was nicht. Wenn wir uns beispielsweise den Finanzmarkt ansehen, da muss eine Aufsicht und Kontrolle über Mindestregeln eingeführt werden. Vor allem aber benötigt der Konsument alle Informationen. Und da braucht er zunehmend jemanden, der ihm dabei hilft. Sonst bleibt die Transparenz einfach auf der Strecke, denn der Verbraucher muss sich heutzutage umfassend informieren, wie die eben genannten Beispiele zeigen. Ich sehe eine Überforderung des Verbrauchers, der mehr vergleichen muss, dabei aber in bestimmten Gebieten einfach kein Experte sein kann und sich mit einer Entscheidung schwer tut. Andererseits übt der Konsument große Macht aus, indem er positiv mit seinem Kauf über etwas abstimmt. Und darüber nimmt er Einfluss auf Unternehmen, er kann sie zu faireren Arbeitsprozessen oder einem schonenderen Umgang mit der Umwelt zwingen. Vorausgesetzt, Transparenz und Angebotsvielfalt sind gegeben.
> AKTIV: Wie entwickelt sich die Finanz- und Wirtschaftskrise in Südtirol? Was muss getan werden?
W. Andreaus: Das beste Mittel, um ein langes Abgleiten in die Rezession zu verhindern, ist eine Politik, die den privaten Konsum und die betrieblichen Investitionen stärkt. Es ist eine Politik, die der Bevölkerung generell mehr Kaufkraft verschafft. Es braucht – wie alle Experten derzeit unterstreichen – mehr Nachfrage orientierte Wirtschaftspolitik. Es ist die beste Wirtschaftsförderung, wenn die Menschen mehr in der Brieftasche haben, dieses Geld jedoch auch sinnvoll ausgeben. Vor allem zum letzteren Punkt trägt die VZS viel bei.
> AKTIV: In welcher Form?
W. Andreaus: Wir versuchen dort präsent zu sein, wo der Schuh drückt. So haben wir mit unserem Online-Haushaltsbuch für Familien ein wichtiges Instrument für einen Überblick über die finanzielle Situation geschaffen. Fast 5.000 Familien führen damit inzwischen ihre Haushaltsbuchhaltung. Zum Umgang mit dem Geld werden Aktionen und Bildungsveranstaltungen durchgeführt, und dazu haben wir auch den Leitfaden „Verantwortlich anlegen" herausgebracht. Er kann kostenlos bei uns bezogen werden.
Bei einer Erhebung haben wir kürzlich festgestellt, dass in einem Betrieb mit 686 Beschäftigten 136 davon die Entlohnung entweder beliehen oder gepfändet haben. Dies ist natürlich ein Extrembeispiel, zeigt aber auf, wohin die Reise geht. Immer mehr arbeitende Menschen konsumieren auf Kredit. Wenn man dann weiß, dass man bei einer Beleihung der Entlohnung oder der Rente um beispielsweise 6.900 Euro ausbezahlt zu bekommen, insgesamt 17.000 Euro - also ein Effektivzinssatz von über 20% - zurückzahlen muss, dann kann man sich die Belastung der Familienhaushalte gut vorstellen. Wir setzen uns auch, zusammen mit der Gewerkschaft, für viele soziale Anliegen ein. So versuchen wir die Spekulation mit den Parkgebühren am Bozner Krankenhaus zu beenden oder die Einführung von Tickets bei den Familienberatungsstellen zu verhindern. Insgesamt versuchen wir, einen Beitrag zur Aufwertung der wirtschaftlichen Kompetenzen der Familien zu leisten. Dies wird in Südtirol vonseiten bestimmter Lobbys leider nicht gern gesehen.
> AKTIV: Wie meinst Du das?
W. Andreaus: Der Landesbeirat für Verbraucherschutz hat mit den Stimmen des Landeshauptmanns und der Wirtschaftsvertreter vorgeschlagen, die ordentliche Finanzierung der Verbraucherzentrale von 450.000 auf 405.000 Euro, also um zehn Prozent zu kürzen. Trotz vollmundiger Versprechungen, im Sozial- und Gesundheitsbereich den Rotstift nicht anzusetzen. Damit wird für Zehntausende Südtiroler Verbraucherinnen und Verbraucher eine unabhängige Beratungseinrichtung und zuverlässige Informationsquelle zum Thema Verbraucherschutz geschwächt. Während keine Woche vergeht, ohne dass Hilfen für die Wirtschaft angekündigt werden, wird konkrete Hilfe für die Familien zurückgefahren. Ich kann nur alle aufrufen, massiv bei den politisch Verantwortlichen zu intervenieren, wie dies auch der ASGB getan hat, damit die Landesregierung diese wirtschaftliche Strafexpedition korrigiert. Es ist ein völlig falsches Krisenmanagement, wenn nur die Anbieterseite gestützt und die Nachfrageseite der Chancengleichheit beraubt wird.