aktuell
ASGB zu wirtschaftlicher Lage in Südtirol

Die Lasten der Krise dürfen nicht nur auf die Arbeitnehmer fallen

Der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund sieht in seiner Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Südtirol zahlreiche Arbeitsplätze in Gefahr. Betroffen sind vor allem die Metallindustrie, der Bausektor sowie die Zulieferbetriebe dieser Sektoren, in denen von Lohnausgleichskasse, Mobilität und Solidaritätsverträgen verstärkt Gebrauch gemacht wird.
Es ist Handlungsbedarf angesagt und es braucht die Bereitschaft von Politik und Wirtschaft, gemeinsam mit den Gewerkschaften angemessene Maßnahmen zu treffen, um Arbeitsplätze zu erhalten und den Konsum wach zu halten.
Deshalb fordert der ASGB:
die Stärkung der Sozialpartnerschaft. In schwierigen Zeiten zeigt sich, was dieses Instrument zur Sicherung des sozialen Friedens wert ist. Die Betriebe müssen soziale Verantwortung zeigen und die Lasten der Krise gleichmäßig auf Arbeiterschaft und Betrieb verteilen. Hierfür sollen auch die Gewinne der letzten Jahre verwendet werden.
die verstärkte Einbindung der Betriebsräte in das Krisenmanagement der Betriebe für eine ausgewogene Planung zur Überbrückung der Krisenzeiten.
einen gezielten und vernünftigen Umgang der Betriebe mit der Lohnausgleichskasse, um möglichst lange davon Gebrauch machen zu können.
die Zeiten der Lohnausgleichskasse und der rückgängigen Auftragslagen mehr für die Weiterbildung oder Umschulung von Mitarbeiter/innen zu nützen. Die bilateralen Körperschaften der verschiedenen Sektoren verfügen über ein breites, aber vielfach ungenütztes Angebot.
den öffentlichen Dienst in Südtirol als Stabilisator in Krisenzeiten und nicht als Kostenfaktor zu sehen. Er garantiert Arbeitsplätze und damit das Einkommen vieler Familien, die einen wesentlichen Teil zur Aufrechterhaltung des lokalen Wirtschaftskreislaufes beitragen. Statt der beabsichtigten Nulllohnrunde im öffentlichen Dienst, die den Beschäftigten der Privatwirtschaft nicht mehr Geld bringen würde und den Konsumrückgang insgesamt nur verstärken würde, muss die Landesregierung die reale Anpassung der Kaufkraft der öffentlich Bediensteten vornehmen.
eine soziale Absicherung für jene, die ihr Einkommen allein aus prekären Arbeitsverhältnissen beziehen und somit bei Vertragsende mit leeren Händen dastehen. Hierfür ist es notwendig, die Regelung der Regionalen Mobilität abzuändern.
eine gezielte Förderung jener Betriebe, die nachweislich gute und langfristige Arbeitsplätze schaffen. Hierfür braucht es eine effiziente Erhebung und Kontrolle seitens des Landes über die Qualität der neu geschaffenen Arbeitsplätze. Erst aufgrund einer positiven Bewertung soll über eine eventuelle IRAP-Senkung diskutiert werden, damit diese auch der Arbeiterschaft zugute kommt.

aktuell
Reform des Kollektivvertragssystems

ASGB bemängelt fehlenden Konsens und Inhalt des Rahmenabkommens

Der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund steht dem Rahmenabkommen zur Reform des italienischen Kollektivvertragssystems, welches im Januar 2009 von der Regierung und den Gewerkschaftsbünden CISL und UIL auf nationaler Ebene unterzeichnet wurde, aus folgenden Gründen kritisch gegenüber:
Das Abkommen wurde ohne den gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbund CGIL unterzeichnet und steht somit nicht auf dem breiten Konsens der lohnabhängigen Bevölkerung. Vielmehr ist es ein Ergebnis der politischen Zerreißprobe zwischen den gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbünden.
Die Vertragsdauer für den wirtschaftlichen Teil der Kollektivverträge, mit welchem die Anpassung der Gehälter erfolgt, wurde von zwei auf drei Jahre ausgeweitet.
Die programmierte Inflation, welche für einen realen Inflationsausgleich der Löhne und Gehälter hinderlich war, wird nicht mehr als Bezugspunkt für die kollektivvertraglichen Lohnanpassungen verwendet. Allerdings bestehen berechtigte Zweifel ob der neu festgelegte Mechanismus mit dem harmonisierten europäischen Verbraucherpreisindex (ohne importierte Energiegüter) eine angemessene Inflationsanpassung der Gehälter garantieren kann. Die gegensätzlichen Darstellungen seitens der Befürworter und der Gegner lassen keine objektive Betrachtung der Auswirkungen des neuen Systems zu.
Bezüglich der zweiten Verhandlungsebene der Kollektivverträge (provinzial, betrieblich) lässt das neue Abkommen keine wesentlichen Verbesserungen erkennen. Der ASGB tritt für den konkreten Ausbau der lokalen Vertragsautonomie ein, weil dadurch den lokalen Gegebenheiten besser Rechnung getragen werden kann.
Die Regelungen für den öffentlichen Dienst im neuen Rahmenabkommen lehnt der ASGB ab, da mit keinem Wort auf die primäre Zuständigkeit Südtirols verwiesen wird. Eine Neuregelung der Kollektivvertragsverhandlungen kommt für den ASGB nur mit einem eigenen Landesabkommen in Frage. In diesem Zusammenhang fordert der ASGB auch den Ausbau der primären Zuständigkeiten für den Schulbereich.
Das Abkommen beinhaltet insgesamt wenig Konkretes und ist von seiner Substanz her dürftig im Vergleich zum Lohnkostenabkommen von 1993. Wichtige Themen wie die Regelung der prekären Arbeitsverhältnisse finden keine Erwähnung. Der ASGB bemängelt in erster Linie, dass ein Abkommen mit solcher Tragweite ohne den breiten Konsens der Arbeitnehmerschaft zustande gekommen ist.