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Georg Pardeller

Südtirol wohin?

Die Frage "Südtirol wohin?" ist von der Art, wie sie vor Wahlen meist gestellt wird. Denn nichts ist vorher sicher. Erst nachher, wenn die Stimmen ausgezählt sind, kann man die Antwort erkennen. Je nachdem, wie die politische Lage aussieht, kann diese Frage dramatisch, ernst, neugierig oder auch gelangweilt klingen.
Ich stelle mir, so kurz vor den Landtagswahlen vom 26. Oktober 2008, diese Frage sehr ernst. Einmal, weil Wahlen in einer Demokratie immer ernst genommen werden sollen. Sie sind der Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger. Dann, weil Südtirol sich, trotz des relativen Wohlstandes, und obwohl es uns hier besser geht als den meisten Menschen rund herum, jetzt in einer Lage befindet, die wir als ernst bezeichnen müssen. Wirtschaftlich geht es zwar einigermaßen, aber es gibt auch Probleme, die uns hart bedrängen. Die Preise steigen weiter; die lohnabhängigen Einkommen steigen nicht; die Arbeit ist nicht mehr so sicher wie noch vor wenigen Jahren; das soziale Empfinden, das in unserem Land eigentlich hoch entwickelt ist, hat in den letzten Jahren einige Dämpfer bekommen; an die Stelle der Solidarität ist mehr Egoismus getreten. Also doch einige Gründe zur Sorge.
Politisch sieht es im Augenblick auch nicht übermäßig rosig aus. Die Mitterechtsregierung in Rom benimmt sich nicht autonomiefreundlich, und es gibt eine Reihe von Versuchen, unsere Autonomie und den Zusammenhalt der Südtiroler zu untergraben. Das ist auch Anlass zur Sorge.
Südtirol wohin also? Die Wahlen am 26. Oktober sollen und werden es zeigen: Bleibt die politische Vertretung im Landtag deutlich, so wie bisher, sozial aufgeschlossen, den Problemen der Arbeiter und Angestellten, der Rentner und der Familien, der Kinder und Jugendlichen, der Frauen gegenüber offen, oder kommt ein härterer liberaler Zug, wie ihn die Globalisierung gebracht hat? Wir wissen, was wir haben möchten.
Es liegt an uns, mit unserer Stimme am 26. Oktober den sozialen Weg Südtirols zu bekräftigen und nicht zuzulassen, dass zerstörerische und rückständige Kräfte, die Zwietracht und sogar Hass gegen andere Menschen im Lande schüren, die Oberhand gewinnen. Wir müssen die richtige Antwort geben. Ja zu einer sozialen, gemäßigten, friedlichen Politik, welche die Menschen und ihre Würde in allen Lebenslagen vertritt und verteidigt. Das wünsche ich uns allen.
Georg Pardeller
Vorsitzender des ASGB

Thema
Grundsatzgedanken zur Landtagswahl vom 26. Oktober 2008

Wählen: Ein Recht das uns allen zusteht

Eine Pflicht die wir wahrnehmen müssen
In wenigen Tagen ist es so weit. Am 26. Oktober 2008 wählt Südtirol den neuen Landtag: 36 Abgeordnete, die unsere Bevölkerung in den nächsten fünf Jahren zu vertreten haben. Vertreten bedeutet: Da sein für alle. Für die Kinder, für die Jugend, für die Erwachsenen, für die arbeitende Bevölkerung, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für Rentner, für die Hilflosen, für die Armen, für die Kranken. So gesehen, hat die Wahl eine große Bedeutung. Jede Südtirolerin, jeder Südtiroler im wahlfähigen Alter muss mit bestimmen, wer unsere Interessen in den nächsten fünf Jahren vertritt. Sagen wir nicht: Es ist gleichgültig, ob ich wähle oder nicht. Wer nicht wählt, lässt andere für sich entscheiden, und wenn es dann nicht nach seinen Wünschen geht, dann ist es zu spät. Wenn er oder sie versäumt haben, Leute in den Landtag zu wählen, denen sie die eigenen Interessen anvertrauen, dann sollen sie hinterher nicht jammern.
Nachdenken und überlegen
Wählen soll nicht die gedankenlose Ankreuzung eines Listenzeichens und eines Namens sein, sondern etwas gut Überlegtes. Wir sind logische Menschen. Deshalb wissen wir, besonders wir Arbeiter, Angestellte und Rentner, dass in unserer eher egoistisch eingestellten Gesellschaft zuerst einmal jeder auf sich selbst schaut, und dann erst auch auf die anderen.
In diesem Sinne müssen auch wir egoistisch sein und Personen wählen, die aus unseren Reihen kommen und unsere Interessen vertreten. Wenn nicht unsere eigenen Leute, wer soll uns dann vertreten? Daher sollte für jeden Wahlberechtigten die Frage obenauf stehen: Kann ich damit rechnen, dass dieser Kandidat, diese Kandidatin mich wirklich überzeugt vertritt, meine Anliegen als ArbeitnehmerIn, als RentnerIn, als ArbeiterIn, als junger Mensch? Wenn ja, dann wird die Wahl einfach.
Wählen bedeutet nachdenken, gut überlegen, dann entscheiden
Eine soziale Gemeinschaft
Wir vom ASGB sind eine sozial eingestellte Gemeinschaft. Für uns stehen soziale Forderungen im Vordergrund: Die sichere Arbeit, das sichere Auskommen mit dem Einkommen, die soziale Absicherung, die Gesundheitsvorsorge, die gesicherte und ausreichende Altersvorsorge, die Ausbildung unserer Kinder, damit sie im Leben eine Chance haben, die Solidarität und Ähnliches mehr. Dafür haben wir als Gewerkschaft von Anfang an gekämpft. Wir haben Erfolge erreicht, aber wir sind noch längst nicht am Ziel angekommen.
Wir haben eine Erfahrung gemacht: Die Arbeiterschaft hat eine große eigene Kraft, aber sie muss sich auch ständig in der Politik nach Verbündeten umsehen, denn die Politik entscheidet in vielen wichtigen Belangen des sozialen und wirtschaftlichen Lebens mit. Je mehr Vertreter wir in der Politik haben, umso mehr können diese für uns mitentscheiden. Deshalb dürfen wir uns die Chance nicht entgehen lassen, am 26. Oktober unsere Kandidaten und Kandidatinnen in den Landtag zu wählen. Was heißt „unsere"? Ganz einfach. „Unsere" bedeutet Frauen und Männer, die sozial denken und sozial handeln. Nicht mehr und nicht weniger.
Wir wählen Personen, die sozial denken und sozial handeln
Wir sind Mehrheit
Eines sollten wir nie vergessen, weil es uns Mut gibt: Die lohn- und gehaltsabhängigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und die RentnerInnen machen rund 70 Prozent Anteil an der Bevölkerung aus. Wir sind Mehrheit. Wie kommt es dann, dass diese siebzig Prozent Mehrheit in der Politik nur zehn Prozent Gewicht haben? Das ist nicht Gewicht, das ist Ungleichgewicht. Eine wirklich gerechte Gesellschaft entsteht nur dann, wenn die Mitentscheidung ihrer Mitglieder ausgewogen ist. Wir können etwas dafür tun: Indem wir unsere Kraft voll einsetzen. Indem wir Männer und Frauen in die Politik wählen, die aus unseren Reihen kommen. Die Grundwerte des eigenen Lebens muss man selbst verteidigen, man darf diese Aufgabe nicht anderen überlassen. Wir arbeiten für den sozialen und wirtschaftlichen Wohlstand aller. Wir zahlen Steuern. Wir wollen ganz einfach mitreden. Mitverantworten. Unser Gewicht voll ausspielen.
Die ArbeitnehmerInnen sind die zentrale Kraft unserer Gesellschaft
Warum?
Wir haben die Politik zu lange den anderen überlassen. Die anderen wissen, wie viel aus der Politik heraus zu holen ist. Man muss nur ständig dahinter sein. Man muss Leute in der Politik haben, die sich einsetzen. Wir können Mehrheit werden, wenn wir es nur wollen. Wir haben Muskeln, aber wir lassen sie ruhen. Warum? Wir haben Ideale, aber wir halten sie zurück. Warum? Wir haben Hoffnung, aber wir wagen es oft nicht, sie laut zu sagen. Wir haben Hoffnung auf ein besseres Morgen. Aber wenn es nicht kommt, dann schweigen wir. Warum? Wir tragen alle schweren Lasten der Gesellschaft. Die Reichen tragen weniger, sie genießen die Früchte viel mehr als die Arbeitnehmer. Wenn wir alle tragen, wollen wir auch alle mit entscheiden. Warum? Weil Entscheiden ändern und verbessern bedeutet. Wer nicht entscheidet, bleibt stehen, die Zeit geht vorbei.
Wir wollen eine Politik der gerechten Verteilung
Soziale Gerechtigkeit
Soziale Gerechtigkeit ist nur dann möglich, wenn wir sie gemeinsam wollen. So lange die Arbeitgeber, in Südtirol sind es vor allem die Wirtschaftsverbände, in der Politik mehrheitlich das Sagen haben, wird es eine dauerhafte soziale Gerechtigkeit, die aus der Politik kommt, nicht geben. Keine Gleichheit, sondern Bevormundung. Keine Gleichheit der Menschenwürde. Keine echte Solidarität, sondern Egoismus der einen zum Nachteil der anderen. Was ist soziale Gerechtigkeit? Soziale Gerechtigkeit ist es, wenn Fortschritt und Sicherheit für alle gemeinsam erarbeitet und auf alle aufgeteilt werden, wenn der Sinn für Gerechtigkeit in jedem Menschen verwurzelt ist und wenn jeder bereit ist, dafür einzutreten.
ArbeitnehmerInnenpolitik, damit soziale Gerechtigkeit kein leeres Wort bleibt
Das Potential eines Elefanten
Die Arbeiterschaft hat die Kraft eines Elefanten. Wir sind groß und stark. Nur sind wir uns dessen zu wenig bewusst. Der Elefant ist besonnen. Er überlegt, bevor er handelt. Aber wenn er sich einmal in Bewegung setzt, dann gibt es keine Hindernisse, die er nicht überwinden kann. Lange Zeit war die Arbeiterschaft stark durch Geschlossenheit. Auch Geschlossenheit im Streik. Heute ist der Streik nicht mehr das „klassische Mittel" der Arbeiter, ihre Rechte durchzusetzen. Heute ist es der Dialog, das Gespräch zwischen den Sozialpartnern. Aber das setzt voraus, das die Partner bereit sind, miteinander zu reden. Jeder muss des anderen Stärke anerkennen. Es muss gegenseitiger Respekt sein. Stärke beweist man auch durch Zahlen. Die Arbeiterschaft ist eine starke Zahl. Ihre Ansprüche sind stark und gerecht. Auf alle Fälle: Der Elefant muss wach bleiben.
Dem Wachen gehört die Welt, dem Schlafenden die Illusion
Kein unnützer Streit
Manches Mal ist es eine Qual für die Arbeiterschaft, mit ansehen zu müssen, wie in der Politik über nichts und wieder nichts gestritten wird. Wie viel leeres Stroh wird gedroschen, wie viel unnütze Polemik betrieben. Die Arbeiterschaft war immer anders und ist anders. Sie sieht das Wesentliche. Das ist ja auch logisch, denn sie kämpft immer um das Wesentliche: um eine würdige Existenz, um sozialen Frieden, um Arbeit, um Einkommen, um eine Zukunft für die eigenen Kinder. Da bleibt wenig Zeit zum Streiten. Politischer Streit, wie er sich auch in Südtirol immer wieder zeigt, ist eine Vergeudung wertvoller Energien. Es ist Leerlauf, so wie Radikalismus und Fanatismus Leerläufe der Gesellschaft sind. Die Arbeiterschaft soll solchen „Leerläufern" nicht aufhorchen, sie muss den Weg der Besonnenheit, der Verantwortung gehen. Auch in der Politik.
Sozialer Frieden ist das beste Erdreich einer wachsenden Gesellschaft
Die Sozialpartnerschaft
Die Sozialpartnerschaft ist die Chance der Zukunft: Wir sagen es immer: Die Zukunft der freien und gerechten Gesellschaft ist der offene Dialog zwischen den Sozialpartnern. Wir wollen ja reden, nur die anderen haben meist taube Ohren. Sie müssen hören lernen. Sozialpartnerschaft ist gleiche Augenhöhe. Wenn sie sich dem Dialog verschließen, werden wir andere Mittel wählen. Wir müssen in der Politik auch offen sagen, was wir von den anderen denken. Die Zeit des verschämten Schweigens ist vorbei. Um in der Politik reden zu können, muss man mit dabei sein. Wer auf diese Chance verzichtet, nimmt sich dieses Recht zum Reden.
Wenn zwei harmonieren, haben beide Vorteile
Die Teuerung
Die Teuerung, wie wir sie seit Monaten in Südtirol erleben, ist Raub am Einkommen der Bevölkerung. Die Preise werden ohne Rücksicht auf die Kaufkraft der Arbeiterschaft gemacht". Es hat den Anschein, als ob der Gewinn alles, die wirtschaftliche Ausgewogenheit nichts mehr ist. Es ist unerträglich und vor allem ungerecht. Es gibt viele Beispiele, wie mit dem Preisen Wucher getrieben und den Leuten vorgemacht wird, dass es halt anders nicht geht. Der Egoismus einzelner Gruppen ist nach wie vor groß. Dagegen muss die Politik ankämpfen. Sie muss die Voraussetzungen schaffen, damit vor allem Konsumgüter preiswerter angeboten werden. Es braucht noch mehr Aufklärung, noch mehr Schutz der Konsumenten vor Spekulation und Wucher. Eine große Aufgabe der Politik.
Teuerung untergräbt die Energie einer strebsamen Gesellschaft
Pflegesicherung
Ein erfolgreicher Kampf der Arbeiterschaft betrifft die Pflegesicherung. Es wurde erreicht, dass diese Einrichtung nicht durch zusätzliche Steuern/Abgaben der arbeitenden Bevölkerung finanziert wird, sondern aus dem Landeshaushalt. Allein dieser Erfolg ist die politische Vertretung im Landtag wert. Für unsere alten Menschen ist die Pflegesicherung eine Hoffnung für die alten Tage, eine Garantie gegen Elend und Würdelosigkeit. Und es ist richtig, dass die Mittel aus dem öffentlichen Haushalt genommen werden. Denn wenn man für alles Geld hat, dann muss das Geld auch für die Menschen da sein, die es am schwersten haben. Jene Menschen, die ohne Hilfe nicht mehr auskommen, die Pflege brauchen, Hingabe und Verständnis. Denken wir ein wenig nach: Es sind Tausende von Menschen, die in ihrem Leben gearbeitet haben, damit es uns besser geht. Und dann soll nicht das Geld da sein, um sie zu pflegen? Wer weißt, wann jeder von uns diese Hilfe einmal in Anspruch nehmen muss. Daher heißt es vorsorgen.
Pflegesicherung ist eine Dankesschuld an unseren hilfsbedürftigen Mitmenschen
Bildung ist Gold wert
Im Landtag wird viel über Bildung geredet und auch entschieden. Wir haben fünf Jahre lang im Landtag unentwegt gekämpft, damit die Berufsmatura für Lehrlinge eingeführt wird. Endlich hat der Landtag ja gesagt, in Rom wehrt man sich noch dagegen, weil es dem Staat wahrscheinlich lieber ist, wenn die arbeitenden Menschen weniger Ausbildung haben. Dann sind sie kontrollierbarer. Wir wollen genau das Gegenteil. Alles, was die Bildung/Ausbildung unserer Jugend verbessert und ihre Wettbewerbsfähigkeit verstärkt, sieht uns auf der Seite der jungen Menschen. Die Arbeiterschaft kann ihren Kindern nicht Geld und Reichtum auf den Lebensweg mitgeben, aber sie kann dafür eintreten, dass die Jugend die bestmögliche Ausbildung und in der Ausbildung die Chancengleichheit hat. Das ist jede politische Anstrengung wert. Es ist Teil der großen Kraft, über welche die Arbeiterschaft verfügt, wenn sie ihre eigene Ausbildung verbessert. Dem Wissenden gehört die Welt, nicht dem Unwissenden.
Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Aber Bildung ist Gold
Gegen den Fremdenhass
Der Arbeiter hasst nicht. Er ist sozial denkend und solidarisch. Daher ist der Fremdenhass, der in Südtirol um sich greift, keine Sache der Arbeiterschaft, sondern eine politische Strategie derer, die damit Stimmen gewinnen wollen. Sie schüren den Hass unter den Menschen. Das hat nie zu einer guten Lösung geführt. Fremdenhass ist Brutalität gegenüber den ärmsten Mitbürgern. Sie werden ins Land geholt, weil die Wirtschaft sie braucht, und sie leisten Arbeiten, welche die meisten von uns nicht mehr machen wollen. Dann aber werden die Einwanderer oft sich selbst überlassen. Und radikale Gruppierungen schüren die Emotionen gegen sie.
Wir sagen als politisch und sozial denkende Menschen: So viel Einwanderer, als wir unbedingt brauchen, nicht mehr. Aber die wir brauchen, haben Recht auf menschliche Behandlung und auf Gerechtigkeit. Hass ist die schlimmste Untugend einer verfetteten Gesellschaft, die ihre Grundwerte zu verlieren droht. Menschliche Solidarität und soziale Gerechtigkeit sind nicht nur ein Gebot der christlichen Soziallehre, sondern auch Säulen des menschlichen Zusammenlebens.
Wer Fremde hasst, vergisst die Menschlichkeit
Gleichberechtigung
Unsere Südtiroler Frauen kämpfen seit Jahren für die Gleichberechtigung. Sie haben sich einen Beirat für Chancengleichheit erkämpft, sie haben einiges erreicht. Aber es wäre falsch zu meinen, dass die Frauen das alles allein geschafft haben. Die Arbeiterschaft in Südtirol, besonders die gewerkschaftlich organisierte und sozial aufgeschlossene, hat schon immer die Gleichberechtigung von Mann und Frau vertreten. In der täglichen Not des Lebens, im Kampf um eine würdige Existenz, im Ringen um eine bessere Zukunft für unsere Jugend sind die Frauen und Männer der Arbeiterschaft den gemeinsamen Weg gegangen. Das ist eine Frage der Würde und des Menschenrechts. Die Südtiroler Gesellschaft ist vielleicht nicht die aufgeschlossenste, aber sie schätzt die Frau. Unsere Gewerkschaft und andere sozial offene Kräfte setzen sich setzen sich seit jeher für die Gleichberechtigung der Frauen ein. Auch die Vereinbarung von Familie und Beruf ist eine große Aufgabe; der Schutz und die Förderung der Familie, ist eine große soziale Verpflichtung, die in der Politik durchgesetzt werden muss. Vieles ist erreicht worden, einiges bleibt noch zu tun.
Gleichheit und Gerechtigkeit
Unsere Zukunft
Es gibt in unserem Land Menschen, die alles, was bisher in der Politik geschehen ist, schlecht machen und die Angst vor der Zukunft wecken. Sie versprechen den Leuten dann: Ihr müsst mit uns gehen, wir garantieren euch eine gute Zukunft. Solche Versprechungen sind leer und auch ungerecht. Denken wir einmal über den Werdegang der Südtiroler Politik nach. Nur ganz kurz, aber objektiv. Nach Kriegsende war die Zukunft Südtirols ein weißes, unbeschriebenes Blatt. Inzwischen sind über sechzig Jahre vergangen, und was damals Zukunft war, ist jetzt Vergangenheit. Frage: Hat Südtirol in den sechzig und mehr vergangenen Jahren nicht eine gute Zukunft gebaut? Diese Frage kann man wohl mit ja beantworten. Ja auch, was die soziale Entwicklung angeht. Seht euch um. Seht euch genau um, was Südtirol heute hat. Das war gebaute Zukunft. Wenn also heute politisch Verantwortliche sagen „wir sind imstande, das Volk in eine gute Zukunft zu führen", dann ist das durchaus glaubwürdig, denn es ist in der Vergangenheit bewiesen worden. Diese gute Zukunft enthält auch vieles für die Arbeiterschaft. Vergessen wir das nicht. Vertrauen wir denjenigen, die Vertrauen verdienen.
Zukunft bauen heißt die Leistungen der Vergangenheit weiterführen
Dialog auf gleicher Augenhöhe
Wer älter ist, hat noch die Erinnerung daran: Früher war der Arbeiter, der Angestellte in unserer konservativen Südtiroler Gesellschaft ein Knecht, eine Magd, ein Nichtshabender, ein Besitzloser, in manchen Situationen einfach ein „untergeordnetes Wesen". Es gab weniger Rechte, und wer wagte es, aufzumucken? Das hat sich geändert. Die Arbeitnehmer sind in den Jahrzehnten eine bestimmende gesellschaftspolitische Kraft geworden. Das haben sie ihrer Ausbildung, ihrem starken Willen, ihrer Geschlossenheit, auch ihren gewerkschaftlichen und ähnlichen sozial orientierten Organisationen zu verdanken. Das war ein historischer Kampf, den die Arbeitnehmer gewonnen haben. Heute reden und handeln und entscheiden sie in allen bedeutsamen Vorgängen der gesellschaftlichen Entwicklung mit.
Gleiche Augenhöhe bedeutet gleiche Würde
Heimatgefühl der Arbeiterschaft
Wir leben in einer Gesellschaft, die sich in den letzten Jahrzehnten Reisen in die ganze Welt geleistet hat. Auch die Arbeitnehmerschaft hat sich aufgrund des soliden wirtschaftlichen Wachstums Reisen leisten können. Das hat Erfahrungen gebracht, Aufgeschlossenheit anderen Ländern und Völkern gegenüber, Weitsicht und vieles mehr. Eines haben die SüdtirolerInnen dabei wohl feststellen können: Unsere Heimat ist noch immer in vielerlei Hinsicht ein „Ausnahmeland". Vormals nannte man das eine „Insel der Seligen". Heute ist die Seligkeit so groß nicht mehr, weil es auch bei uns wachsende Probleme aufgrund der internationalen Wirtschaftsentwicklung gibt, aber es ist eine Tatsache, dass wir alle gemeinsam unser Land gut aufgebaut haben. Unser Land ist lebenswert geblieben, es ist Heimat geblieben, ein guter Boden für das Wachsen der Gesellschaft, für die Entwicklung der jungen Generationen. Die Arbeitnehmer können nicht so, wie die Wohlhabenden, sich überall auf der Welt niederlassen, ihr Kapital überall einsetzen, global sozusagen. Die Arbeiterschaft muss dort bleiben, wo sie ist, wo sie den Arbeitsplatz hat. Deshalb hat für sie Heimat eine ganz besondere, viel tiefere Bedeutung, als bei manchen anderen, die mit dem Begriff Heimat politische Spiele betreiben. Diese Heimat müssen wir schützen, für uns und für unsere Kinder.
Wer die Heimat liebt, baut ständig an ihr weiter
Bildungsarbeit fortsetzen
Eine große Stärke der Arbeiterschaft ist es, wenn sie die Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung hat und wenn sie diese wahrnimmt. Beides ist in Südtirol der Fall. Man kann hier schon sagen: Der ASGB hat immer und überall darauf gedrängt, dass die Bildungsangebote ständig besser und umfassender werden und dass die Jugend aller sozialen Schichten dieselben Chancen haben muss.
Der ASGB hat sich auch immer für die Lehrerschaft eingesetzt, die etwas vom Wertvollsten ist, was wir in unserer Südtiroler Gesellschaft haben. Man könnte auf das biblische Wort zurückgreifen: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen". Die Früchte des Südtiroler Lehrkörpers aller Stufen sind international anerkanntes hohes Niveau unserer Schulen (PISA-Studie), hohe berufliche Qualität (Weltmeisterschaften der Junghandwerker) und Wettbewerbsfähigkeit und Chancengleichheit.
Das Ganze auch gefördert durch Studienbeihilfen und anderen Förderungen seitens des Landes. Da auch wir Arbeiter und Angestellte „Land" sind, können wir mit Recht sagen, dass wir mit unserem ständigen Druck auf die öffentliche Hand dazu beigetragen haben, unser Land zu einem fruchtbaren Boden für Aus- und Weiterbildung zu machen. Das muss in Zukunft so bleiben und noch besser werden.
Bildung ist Investition in das Selbstbewusstsein der Menschen
Besonnenheit in der Vielfalt
Eine Menge Parteien und Gruppierungen aller Art stellen sich bei den Landtagswahlen der Wählerschaft. Sie werben um Stimmen und Glaubwürdigkeit, und vor lauter Bäumen, die aus dem Boden geschossen sind, ist es manches Mal gar nicht mehr leicht, den Wald zu erkennen. Alle versprechen. Das ist vor Wahlen so üblich. Nach den Wahlen sieht es dann oft anders aus, wenn es darum geht, Versprochenes zu verwirklichen. Dazu braucht es Kraft und Erfahrung.
Für uns Arbeiter und Angestellte soll gelten: Wir leben in einer freien Gesellschaft, in der jeder das Recht hat, zu denken und zu handeln, wie er es für das Beste hält. Das ist richtig. In einer freien Gesellschaft hat aber auch jeder die Pflicht, so zu handeln, dass er damit nicht nur sich selbst, sondern der gesamten Gemeinschaft dient. In der Politik darf es nicht anders sein. Es liegt in unserem Interesse, dass wir die Wahlversprechen richtig einschätzen, dass wir als Arbeiterschaft besonders darauf achten, wie diese Versprechen sozialpolitisch aussehen und wie viel jene, welche die Versprechen machen, in der Vergangenheit wirklich für uns geleistet haben. Damit wird die Unterscheidung zwischen leeren Versprechungen und wirklichen Vorsätzen schon leichter. Vergessen wir dabei eines nicht: Wer in der Vergangenheit wenige von sozialer Gesinnung und Arbeiter- sowie Gewerkschaftsfreundlichkeit gezeigt hat, der ändert sich nicht über Nacht, auch wenn er/sie das mit den schönsten Worten vormachen möchte.
Es gilt für jede Wählerin, für jeden Wähler aus der werktätigen Bevölkerung: Schau, trau wem!
Versprechen ist leicht, Halten erfordert Kraft und Erfahrung