SSG
Die Ereignisse des Jahres 2007 im Bereich Schule
Interview mit der Vorsitzenden der SSG, Heidi Frötscher
Aktiv: Kollegin Heidi Frötscher, das vergangene Schuljahr scheint ja ein recht turbulentes gewesen zu sein?
Heidi Frötscher: In der Tat war es sehr dicht an Ereignissen, für die LehrerInnen und die Schule belastend, für die Schulgewerkschaften eine enorme Herausforderung und ein Arbeitsaufwand bzw. Kräfteverschleiß der mit etwas mehr Dialogbereitschaft von Seiten der Landespolitik hätte vermieden werden können.
Aktiv: Am 17.04. streikten in der deutschen Schule ca. 90 Prozent der LehrerInnen. Worum ging es dabei?
Heidi Frötscher: Wir haben in der Zeit davor im ganzen Land Versammlungen abgehalten. Die Stimmung war sehr aufgeheizt, also kam der Streikdruck von der Basis, das beweist auch die nie da gewesene Beteiligung. Die wahren Streikgründe lagen vor Allem in der drohenden Gefahr einer Reglementierung der Schule von oben. Die geplanten Maßnahmen wären, hätte man sie so umgesetzt, einer Abschaffung der Schulautonomie und der Lehrfreiheit gleichgekommen. Es ging nicht, wie es die Presse dargestellt hat, um den „Kopf" des Schulamtsleiters bzw. des Landesrates, sondern um die Rechte der Schulgemeinschaft.
Aktiv: Der Streik war also erfolgreich?
Heidi Frötscher: Auf jeden Fall. Das Land beschränkt sich nun auf die Festlegung von Rahmenbedigungen für die Schulen der drei Sprachgruppen, das Prinzip der Personalisierung und die Dokumentation des Lernprozesses wurden von uns grundsätzlich ja nie kritisiert. Die Schulen, die Lehrerkollegien und die einzelnen Lehrpersonen haben jetzt wieder die Autonomie der Umsetzung.
Aktiv: Die SSG hat sich für die Schulautonomie des Landes Südtirol immer eingesetzt. Ist diese Politik zum Boomerang geworden?
Heidi Frötscher: Wir haben in den 90er Jahren wichtige Meilensteine für eine Südtiroler Schulpolitik gesetzt - ich darf den Landesräten Hosp und Viola sowie dem Schulamt und den Landesjuristen nochmals danken – und wir stehen nach wie vor dazu. Wir fordern aber eine ständige sozialpartnerschaftliche Bildungskonferenz, wo die vielfältigen Komponenten und Herausforderungen konzertiert werden. Es geht nicht an, gegen den Zentralismus von Rom zu wettern, um ihn dann von Bozen aus zu praktizieren. Nur im Dialog kann Bildungspolitik optimiert und können gewerkschaftliche Positionen schon frühzeitig angemeldet werden.
Am „Bildungshaus" Südtirol sollen alle mitbauen, aber auch schon auf die Pläne einwirken können.
Aktiv: Landesrätin Gnecchi und einige Grüne Politiker fordern für Südtirol die zweisprachige Schule. Ist das ein zwingendes Qualitätskriterium?
Heidi Frötscher: Wir sind grundsätzlich für eine Erweiterung der Sprachkompetenzen, nicht aber für eine Aushöhlung des Autonomiestatutes (Art. 19), der den muttersprachlichen Unterricht sichert. Völlig absurd finde ich den Vorschlag, einige Fächer in Italienisch oder Englisch zu lehren. Damit würde die deutsche Fachsprache ausgeblendet. Mehrsprachigkeit erreichen wir nicht durch Aufteilung der Sprachen sondern durch zusätzliche Anstrengungen.