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Georg Pardeller

Pflegesicherung: Ein guter Schritt in die soziale Richtung

Der ASGB verspricht dem Gesetzentwurf der Landesregierung, mit welchem die Pflegesicherung in Südtirol umfassend geregelt werden soll, volle Unterstützung. Vor wenigen Wochen hat die Landesregierung endlich die entsprechende Gesetzesvorlage verabschiedet und in Aussicht gestellt, dass die Regelung noch vor Jahresende in Kraft treten wird. In den nächsten Wochen wird sich der Landtag damit befassen, und es ist zu erwarten, dass sich dort eine breite Zustimmung findet.
Die Bevölkerung hat lange auf diese Maßnahme gewartet. Der ASGB hat sich von Anfang an dafür eingesetzt. Er hat besonders Wert darauf gelegt, dass die Pflegesicherung keine weiteren Steuern nach sich zieht, sondern zur Gänze aus Mitteln des Landeshaushalts finanziert wird. Es hat lange gebraucht, diese Forderung durchzusetzen, und zwischendurch herrschte der Eindruck vor, als würde gerade in diesem Punkt die soziale Dimension der Landespolitik scheitern, während hingegen die Wirtschaft ihre Anliegen weitgehend durchsetzte. Mit der landesgesetzlichen Pflegesicherung wird der Bevölkerung, besonders den wirtschaftlich weniger starken Schichten, die Sorge über eine zusätzliche Steuerlast abgenommen und die Gewähr geboten, dass pflegebedürftige Menschen zu einem echten Anliegen der Allgemeinheit werden.
Der ASGB erwartet sich, dass die Durchführung dieses demnächst wirksamen Gesetzes möglichst unbürokratisch und nach den Gesichtspunkten höchstmöglicher sozialer Gerechtigkeit erfolgt. Mit der Pflegesicherung kann Südtirol zudem in einem Bereich, der zu den wichtigsten der Sozialpolitik für die kommenden Jahre und Jahrzehnte gehört, auch das Gewicht der Landesautonomie betonen und mithelfen, der älteren Generation mehr Sicherheit und Würde zu bieten und damit große Belastungen und Spannungen innerhalb der Gesellschaft abzubauen. Der ASGB hat an dieser Entwicklung entscheidend mitgewirkt und bewiesen, dass sein politisches Gewicht Berücksichtigung findet, wenn es konsequent eingesetzt wird.
Georg Pardeller
Vorsitzender des ASGB

aktuell
Der ASGB und die kommenden Monate

Soziale Schwerpunkte für ein Wahljahr

Kaum einmal ist in der Landespolitik so früh und so viel über bevorstehende Wahlen geredet worden wie derzeit. Im November 2008 stehen Landtagswahlen bevor, aber man hat das Gefühl, als wären es nicht mehr vierzehn Monate, sondern vierzehn Tage, bis dieser Wahltermin fällig wird.
Vieles, was an Politik in den kommenden Monaten gemacht wird, erfolgt mit Blickrichtung auf den Wahltag. Das heißt, dass einige heikle Fragen, mit denen in der öffentlichen Meinung nicht viel Sympathie zu gewinnen ist, nicht mehr zur Behandlung gelangen, denn keine Partei will es sich mit der Wählerschaft verderben. So ist es wohl sicher, dass Maßnahmen, welche für die Bevölkerung zusätzliche Belastungen an Steuern oder Abgaben verschiedener Art mit sich bringen könnten, in der Schublade bleiben. Ebenso ist zu erwarten, dass die Politik, soweit dies verträglich ist, mit einigen Maßnahmen aufwarten wird, welche in der öffentlichen Meinung einen guten Eindruck hinterlassen: Für die Familie, für die Schule, für einzelne Sozialbereiche, für die Wirtschaft.
Von der Warte der Arbeitnehmerschaft aus – und diese vertritt der ASGB – lässt sich eines klar sagen: Wenn die politischen Gruppierungen erfolgreich sein wollen, dann müssen sie besonders auf die Erwartungen und Forderungen der lohn- und gehaltsabhängigen Bevölkerung, der älteren Generation, der Jugend, der Familie, der sozial Schwächeren eingehen und überzeugend beweisen, dass die soziale Dimension in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert hat. Das erfordert konkrete Maßnahmen.
Eine solche konkrete Maßnahme ist die gesetzliche Einführung der Pflegesicherung, eine politische Initiative auf gutem Wege. Daneben gibt es eine ganze Reihe anderer Erfordernisse: Den laufenden Preissteigerungen in allen Bereichen des Lebens der Bevölkerung muss Einhalt geboten werden. Wir wiederholen es nicht oft genug, dass die Kaufkraft von Löhnen und Gehältern weiter sinkt, während die Unternehmensgewinne in den meisten Sparten der Wirtschaft weiter steigen. Das ist ein Zustand, welcher mit einer ausgewogenen Sozialpolitik nicht im Einklang steht und deshalb große Anstrengungen seitens der Sozialpartner und der Politik erfordert. Es muss eine neue, gerechte Einkommensdynamik geben, der allen Menschen dieses Landes die Beteiligung am wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt gewährleistet. Die Politik darf nicht vergessen, dass in den kommenden Wintermonaten die Energiekosten schwer auf der Bevölkerung lasten werden und dass dem „kalten Klima" nicht durch „soziale Kälte" zusätzliche Härte gegeben wird, sondern rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Es gibt einige Wirtschaftssektoren, etwa die Bauwirtschaft, in der die Krise fühlbar geworden ist. Krise bedeutet Probleme für die Betriebe, bedeutet aber vor allem Probleme für die Mitarbeiter. Mit einer echten Sozialpolitik ist es nicht vereinbar, dass arbeitende Menschen mit ihren Problemen allein gelassen werden.
Hier kann die Politik einiges tun. Ein Weiteres können die Sozialpartner tun, wenn sie sich rechtzeitig zusammen finden und gemeinsam entscheiden, was zu geschehen hat, um eine echte Sozialpolitik zu stärken. Die Wählerschaft, die zu rund siebzig Prozent aus der lohnabhängigen Bevölkerung und aus den Rentnern kommt, wird die Entwicklung der kommenden Monate sehr aufmerksam beobachten und sich ein Urteil bilden. Für sie gelten nicht schöne Worte und Versprechungen, sondern konkrete Taten und Leistungen für soziale Gerechtigkeit, sozialen Frieden und gemeinsamen Fortschritt.