HANDEL


Saisonverträge im Handel neu geregelt

Die gesetzliche Ausweitung der befristeten Arbeitsverträge in Italien und die Ausweitung des klassischen Saisonvertrages auf andere Wirtschaftssektoren hat auch die Arbeitslage in Südtirol in den vergangenen 10-15 Jahren wesentlich verändert. Nicht nur die Anzahl der befristeten Verträge ist gestiegen wodurch der Ausnahmecharakter dieser Vertragsart stark relativiert wurde, es hat sich auch die Verwendung des Saisonvertrages, den es vorher jahreszeitbedingt fast nur im Gastgewerbe und in der Landwirtschaft gab, auf andere Sektoren erstreckt.
Da sich in den meisten touristischen Orten Südtirols auch bei den Geschäften die Jahresabschnitte mit großem Kundenansturm mit den Phasen geringerer Nachfrage abwechseln, wurde im Handelssektor eine Neuregelung der Saisonverträge notwendig. Die auf Landesebene bereits bestehende Regelung zu den befristeten Verträgen vom 26. September 2016 wurde daher mit dem Abkommen vom 21. Juni 2019 ersetzt:
1. Südtirol als generelle touristische Zone
Saisonverträge können im Handelssektor in allen Gemeinden Südtirols ausschließlich in folgenden Abschnitten des Jahres abgeschlossen werden:
vom 15. Juni und bis zum 15. September
vom 20. November und bis Ende Februar
In diesen Fällen kommen, sofern der Arbeitsvertrag klar als Saisonvertrag definiert ist, die gesetzlichen Einschränkungen für befristete Verträge (Höchstdauer des Vertrages, Höchstanzahl an befristeten Verträgen, Unterbrechung zwischen zwei Verträgen, Begrenzung der Verlängerung und der Erneuerung) nicht zur Anwendung.
2. Hochtouristische Ortschaften Südtirols
In folgenden Gemeinden Südtirols können Saisonverträge in jedem Abschnitt des Jahres angewandt werden, allerdings mit der Einschränkung, dass der individuelle Saisonvertrag nicht mehr als 270 Tage im Kalenderjahr (01.01.-31.12.) dauern darf:
Abtei, Ahrntal, Aldein, Andrian, Auer, Corvara, Deutschnofen, Dorf Tirol, Enneberg, Eppan, Feldthurns, Glurns, Graun, Hafling, Innichen, Jenesien, Kaltern, Kastelruth, Klausen, Kurtatsch, Kurtinig, Lana, Latsch, Mals, Margreid, Marling, Mölten, Montan, Mühlbach, Nals, Naturns, Natz-Schabs, Neumarkt, Olang, Prad, Prags, Rasen, Ratschings, Ritten, Sand in Taufers, Sarntal, Schenna, Schlanders, Schnals, Sexten, St. Christina, St. Ulrich, Stilfs, Terlan, Tiers, Toblach, Tramin, Truden, Völs, Vöran, Welschnofen, Wolkenstein.
Für alle oben genannten Saisonverträge wird ein zusätzliches Lohnelement „Saisonzuschlag“ im Ausmaß von acht Prozent, berechnet auf Grundlohn, Kontingenz und Provinziales Element, ausbezahlt. Im Falle der Umwandlung des Saisonvertrages in einen unbefristeten Arbeitsvertrag oder bei Fixanstellung innerhalb von sechs Monaten ab Ende des Saisonvertrages, wird der Saisonzuschlag in ein aufsaugbares Lohnelement umgewandelt.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Beschäftigte mit Saisonvertrag das Recht geltend machen können, in der darauffolgenden Saison wieder angestellt zu werden. Die Inanspruchnahme dieses Rechtes muss dem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt werden.
Neu ist, dass Saisonbeschäftigte den Vertrag vorzeitig unter Einhaltung der für ihre Einstufungskategorie vorgesehenen Frist kündigen können.

HANDEL


Zehn Jahre Allianz für den freien Sonntag

Im Bild die Vertreter der Trägerorganisationen der „Südtiroler Allianz für den freien Sonntag im Handel“, für den ASGB, Alex Piras, 2. von links.
Seit zehn Jahren im Einsatz für das Gemeinwohl
Am 3. März 2009 wurde in Südtirol die Allianz für den freien Sonntag gegründet. Der ASGB war von der ersten Stunde an mit dabei. Die weiteren Gründungsmitglieder sind neben der Diözese Bozen-Brixen und verschiedenen kirchlichen Verbänden auch die anderen drei Gewerkschaftsbünde (CGIL, CISL, UIL). 2018 sind auch der Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol (hds) sowie die evangelische und die orthodoxe Gemeinde dazugekommen.
Für eine befreiende Sonntagskultur
Das Grundanliegen der Allianz für den freien Sonntag ist der Einsatz für eine befreiende Sonntagskultur. Nicht der Markt, sondern der Mensch soll frei werden. Dies trägt zum Wohl des Einzelnen, aber auch zum Gemeinwohl bei und sorgt dafür, dass der Mensch die familiären und sozialen Kontakte pflegen sowie den eigenen Glauben praktizieren kann. Zu einer befreienden Sonntagskultur gehört auch der Blick auf die Südtirol spezifische Handelsstruktur mit den zahlreichen Klein- und Kleinstbetrieben. Diese gerät ohne eine lokale Regulierung der Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen in Gefahr und muss immer mehr für internationale Handelsketten Platz machen.
Gesetzliche Regelung in Italien
Die Liberalisierung der Geschäftsöffnungszeiten, die es seit 2012 in Italien gibt, hat ihr Ziel - höhere Umsätze, mehr Arbeitsplätze – weit verfehlt. Es kam vielmehr zu einer Ausweitung der prekären befristeten Arbeitsverträge sowie zur Schließung von italienweit fast 40.000 Kleinhandelsbetrieben. Die Umsätze wurden lediglich von anderen Wochentagen auf den Sonntag verschoben, sind aber nicht wirklich angestiegen. Zudem hat aufgrund der zunehmenden Sonntags-und Feiertagsarbeit auch der Beruf des/der Verkäufers/in stark an Attraktivität eingebüßt.
Politische Regelung
Seit der Gründung der „Allianz für den freien Sonntag“ waren die Mitgliederverbände mit Sensibilisierungskampagnen und Medienarbeit darum bemüht, bei der Bevölkerung und somit bei den Kunden den Wert einer befreienden Sonntagskultur bewusst zu machen. Ebenso haben die Gewerkschaften mit den Großbetrieben verhandelt, um diesen Trend einzubremsen.
Aufgrund der verschiedenen Erfahrungen, aber mit Blick auf andere Regionen Europas arbeitet die „Allianz für den freien Sonntag“ aber nun vor allem in eine Richtung: die Sonntags- und Feiertags­öffnung der Geschäfte kann nur über politische Einflussnahme eingeschränkt werden. Nur eine klare und restriktive gesetzliche Regelung kann die Arbeitnehmer/innen im Handelssektor und ihre Familien vor der Kommerzialisierung der Sonn- und Feiertage schützen. Deshalb braucht es Politiker/innen und politische Entscheidungen, die das Gemeinwohl im Blick haben.
Eine entsprechende Aktion hat die Allianz bereits gestartet und alle Südtiroler Landtagsabgeordneten dazu aufgefordert, in Form einer unterzeichneten „Selbstverpflichtung“ persönlich und auf institutioneller Ebene entschieden für die weitgehende Schließung der Geschäfte an Sonn- und Feiertagen einzutreten und sich konkret für die Rückübertragung der Kompetenzen zur Regelung der Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen vom Staat auf die Autonome Provinz Bozen-Südtirol einzusetzen.
Folgende Landtagsabgeordneten haben diese Selbstverpflichtung unterzeichnet:
Arno Kompatscher,
Sven Knoll,
Philipp Achammer,
Brigitte Foppa,
Hanspeter Staffler,
Riccardo Dello Sbarba,
Helmuth Renzler,
Waltraud Deeg,
Magdalena Amhof,
Gerd Lanz,
Maria Hochgruber Kuenzer,
Helmut Tauber,
Diego Nicolini,
Jasmin Ladurner,
Sandro Repetto,
Myriam Atz-Tammerle.