Aktuell

14. Bundeskongress 2019

Samstag, 12. Oktober 2019 um 9.00 Uhr, im Waltherhaus in Bozen,
unter dem Motto: Stärke zeigen!
Unser Programm:
9.00 Uhr
Eröffnung des Bundeskongresses und Begrüßung
Wahl des Präsidiums
Tätigkeitsbericht des Leitungsausschusses mit anschließender Diskussion
Behandlung der Anträge und der Statutenänderung
Wahl des Schiedsgerichtes und der Rechnungsprüfer
11.00 Uhr
Pause
11.30 Uhr
Beginn des öffentlichen Teiles
Begrüßung und Grußworte der Gäste
Kurze Vorschau des Vorsitzenden Tony Tschenett auf die nächsten fünf Jahre
Referat von Christian Wenter, Primar der Geriatrie im Krankenhaus Meran, zum Thema:
„Die Rolle des Menschen in einer Gesellschaft des langen Lebens“
Schlußworte
ca. 13 Uhr
Buffet

Aktuell
Interview mit Thomas Widmann, Landesrat für Gesundheit

Die Herausforderungen des Südtiroler Gesundheitswesens

aktiv: Sehr geehrter Herr Landesrat, Sie haben durch Ihren furiosen Auftritt bei den Auftaktpressekonferenzen in der Südtiroler Bevölkerung große Hoffnungen geweckt. Sie haben den Ruf, als „Macher“ Problemen mit konkreten Maßnahmen zu begegnen. Eines der großen Sorgenkinder des Südtiroler Gesundheitswesens ist die Notaufnahme im Bozner Krankenhaus. Welche Maßnahmen sollen zur Entlastung der Notaufnahme beitragen?
Landesrat Thomas Widmann: Es ist freilich kein Geheimnis, dass die Wartezeiten in der Bozner Notaufnahme einfach zu lange sind. Dieses Problem verlangt auch deshalb schnelles Agieren, weil es von der Südtiroler Bevölkerung so akut gefühlt wird. Wir sind deshalb bereits eifrig dabei verschiedenste Lösungsmaßnahmen auszuarbeiten. Unser ehrgeiziges Ziel ist es, in der Bozner Notaufnahme die durchschnittliche Wartezeit von 3,5 Stunden auf 2 Stunden zu reduzieren. Ende des Jahres wird in der Notaufnahme die neue Regelung der Kostenbeteiligung für ungerechtfertigte Zugänge zum Tragen kommen. Das Aufsuchen der Notaufnahme ist für akute Notfälle gedacht d.h. für jene Fälle, die eines dringenden medizinischen Eingriffs bedürfen. Fälle von geringer Dringlichkeitsstufe (Weiß/Blau und grüne Kodizes) haben nach der Triage die Möglichkeit einen Hausarzt aufzusuchen. Jene BürgerInnen, die ohne Dringlichkeit den Dienst der Notaufnahme partout in Anspruch nehmen wollen, können dies gegen eine Kostenbeteiligung tun. Den Bürgern wird damit keine Strafe „aufgezwungen“, sondern sie bestimmen selbst, welche Art der medizinischen Versorgung sie in Anspruch nehmen wollen. Um die Notaufnahme weiter zu entlasten, soll im Spätherbst dieses Jahres ein direkt an die Notaufnahme angrenzendes Ambulatorium zur Grundversorgung installiert werden. Dieses Pilotprojekt dient dem Zweck nicht lebensbedrohliche und somit nicht als dringlich klassifizierte Fälle fachgerecht zu behandeln. Weiters werden von uns sogenannte „Bezugszentren für Gesundheit und Soziales“ (UCCP „unità complessa di cure primarie“) angedacht.
Diese medizinischen Einrichtungen, sollen die territoriale und wohnortnahe medizinische Grundversorgung sicherstellen. Geplant ist, dass diese Zentren basismedizinische sowie mehrere fachärztliche Leistungen gewährleisten sollen. Zurzeit sind solche Zentren im Sprengel am Loew-Cadonna-Platz in Bozen (Quirein) sowie im Unterland (Neumarkt) geplant. Durch all diese Maßnahmen hoffen wir, die Notaufnahmen am Bozner Spital erheblich zu entlasten und dadurch den BürgerInnen akzeptable Wartezeiten zu garantieren.
aktiv: Aber nicht nur die Wartezeiten in der Notaufnahme, sondern auch die langen Wartezeiten für Facharztvisiten werden von der Bevölkerung beklagt. Welche Lösungsansätze haben Sie hier in petto?
LR Widmann: Auch hier lassen sich leider mehrere Ursachen ausmachen: Ein Grund für die derzeitig untragbaren Wartezeiten ist sicherlich der Mangel an Fachärzten. Dieses Problem betrifft allerdings nicht ausschließlich Südtirol, sondern ganz Europa. Wir haben auch hier Pilotprojekte in den Fachgebieten Dermatologie, Augenheilkunde, HNO und Magnetresonanz geplant, welche von der Bevölkerung besonders stark in Anspruch genommen werden. Davon erhoffen wir uns, dass innerhalb des Jahres 2020 90 Prozent der Prior-Visiten in den Bereichen Dermatologie, HNO und Augenheilkunde innerhalb von 10 Tagen erfolgen und 80 Prozent der aufschiebbaren Visiten innerhalb von 30 Tagen erfolgen. Im Bereich Magnet Resonanz sind im nächsten Jahr für 80% der aufschiebbaren Visiten maximal 60 Tage Wartezeit vorgesehen. Diese Reduzierung der Wartezeiten entspräche gutem europäischen Standard und wir sind sehr zuversichtlich, dass wir dieses ehrgeizige Ziel erreichen werden.
aktiv: Das Thema „Zweisprachigkeit“ schlägt ja auch hohe Wogen in der Südtiroler Medienlandschaft. Zuletzt wurde sogar ein Arzt von den eigenen Leuten denunziert und aus der Ärztekammer ausgeschlossen, weil er nur der deutschen Sprache mächtig war. Wie stehen Sie zu dieser Thematik?
LR Widmann: Der Ärzte- und Pflegekräftemangel stellt die Grundversorgung ganz massiv in Frage. Deshalb haben wir uns auch sehr stark dafür ausgesprochen, dass eine Landesprache ausreichen muss, um sich in die Berufskammer eintragen zu lassen. Es ist auch im Sinne des Autonomiestatuts und somit im italienischen Verfassungsgesetz verankert, dass die deutsche Sprache der italienischen gleichgestellt ist. Der Landesgesetzesentwurf zum Europagesetz, welcher im Oktober 2019 im Landtag verabschiedet werden soll, bekräftig nochmals, dass die Kenntnis einer Landessprache für die Eintragung in die Berufskammer ausreichend sein muss. Natürlich ist es aber auch notwendig, dass Mitarbeiter im öffentlichen Dienst beider Landessprachen mächtig sind. Bisher war es so, dass Gesundheits-Personal, welches nur einer der beiden Landessprachen mächtig war, innerhalb von drei Jahren den Zweisprachigkeitsnachweis erbringen musste. Wir haben kürzlich im Landtag einen Artikel genehmigt, der vorsieht, dass diese Frist auf fünf Jahre verlängert wird. Diese Maßnahme soll den Betroffenen die Möglichkeit einräumen, sich ausreichend sprachliche Kenntnisse anzueignen, um eine optimale Kommunikation zwischen Personal und BürgerInnen zu ermöglichen. Zu diesem Zwecke ist auch ein Intensiv-Sprachprogramm mit dem Sanitätsbetrieb vorgesehen, welches die Betroffenen beim Erlernen der Landessprachen bestmöglich unterstützen soll.
aktiv: Welche Rolle für die gesundheitliche Versorgung werden in Zukunft die kleinen Spitäler in der Peripherie spielen?
LR Widmann: Die kleinen Spitäler im Territorium sollen weiterhin Dreh- und Angelpunkt der wohnortnahen Gesundheitsversorgung sein. Wir haben stets betont, dass die Stärkung und Aufrechterhaltung der Kleinspitaler in Innichen, Schlanders und Sterzing nicht nur in medizinischer, sondern auch in ökonomischer Hinsicht von größter Bedeutung sind, zumal sie einen zentralen Faktor gegen die Abwanderung aus den peripheren ländlichen Gebieten darstellen. Zudem soll die Vernetzung mit den Ärzten der Allgemeinmedizin, der Haus- und Familienpflege weiter ausgebaut und verstärkt werden.
Herr Landesrat, vielen Dank für das Gespräch