SBR
Arbeitsrecht

Streitfälle und Schlichtungen

In der Juni-Ausgabe 2006 der Publikation „Arbeitsmarkt News" hat die Abteilung Arbeit des Landes Südtirol Zahlen zu den Arbeitsstreitfällen in Südtirol seit 1998 veröffentlicht. Darin lassen sich einige interessante Informationen finden.
Die Schlichtung
Die Schlichtung von Arbeitsstreitfällen wurde eingeführt, um die Gerichte zu entlasten. Da sich Streitfälle vor Gericht bekanntlich oft über Jahre hinziehen, liegt der Vorteil einer Schlichtung darin, dass der Arbeitnehmer früher zu seinen Forderungen kommt. Der Nachteil ist, dass man einen Kompromiss eingehen muss, um überhaupt eine gütliche Einigung zu erzielen. Beharren beide Seiten auf ihrem Standpunkt, scheitert die Schlichtung und der Fall landet entweder vor Gericht oder wird fallengelassen. Die Behandlung des Arbeitsstreitfalles in der Schlichtungskommission ist verpflichtend, bevor dieser vor Gericht gebracht werden kann. Die geschlichteten Arbeitsstreitfälle – und das ist die eigentliche Entlastung für das Gericht – können nicht mehr angefochten werden, außer wegen Nichtigkeit.
Die Aufgabe der Gewerkschaft
Die Schichtungskommission hat die Aufgabe, bei Arbeitsstreitfällen zwischen den Parteien zu vermitteln. Ebenso kommt es aber auf das Verhandlungsgeschick des Gewerkschaftsvertreters an, der die Forderungen des Arbeitnehmers vorbringt. Kein leichter Job wenn man bedenkt, dass man in der Diskussion manchmal auch mit emotionalen Aussagen und Vorwürfen konfrontiert ist, nämlich dann, wenn die betroffenen Streitparteien selbst anwesend sind. Die Kunst des Schlichtens liegt darin, trotz eines angespannten Verhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den Streitfall gütlich zu beizulegen.
Der ASGB ist bei der Schlichtung von Arbeitsstreitfällen aber nicht nur als Verhandlungspartner tätig, sondern stellt auch Kommissionsmitglieder für die Schlichtungskommission. Diese besteht aus einem Vertreter der Landesabteilung Arbeit, einem Vertreter der Arbeitgeberverbände sowie einem Gewerkschafter. Die Schlichtungskommission gibt es außer in Bozen auch in Meran, Brixen und Bruneck. Die Entscheidung darüber, wo ein Streitfall geschlichtet wird, richtet sich nach dem Bezirk, in welchem der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz hat bzw. hatte.
Zu den Zahlen
Das Arbeitsservice des Landes - wie das Arbeitsamt seit 2004 heißt - hat die Schlichtungsfälle im Zeitraum 1998 bis 2005 analysiert: während die Anzahl der vorgebrachten Arbeitsstreitfälle in der Privatwirtschaft seit 1998 fast jedes Jahr deutlich angestiegen ist und im Jahr 2005 erstmals bei über 2.000 Streitfällen lag, fällt der Anteil der geschlichteten Streitfälle unterschiedlich aus. Dieser war 1999 mit 32 Prozent am niedrigsten und 2003 mit 46,8 Prozent am höchsten. Durchschnittlich wurden im genannten Achtjahreszeitraum knapp 40 Prozent der Streitfälle in der Privatwirtschaft geschlichtet. Eine erhebliche Entlastung für das Arbeitsgericht also.
Im Öffentlichen Dienst wurden im vorigen Jahr insgesamt 115 Streitfälle vorgebracht, wovon 39 geschlichtet werden konnten.
Nach Sektoren aufgeteilt, haben sich Handel und Gastgewerbe zum Sektor mit den meisten vorgebrachten Streitfällen entwickelt. Im Jahr 2005 waren es hier 1.034 Streitfälle, gefolgt von der Industrie mit 480 und dem Handwerk mit 411. Dahinter folgen der Öffentliche Dienst (115), die Landwirtschaft (52) und das Bank- und Kreditwesen (28).
Worum oder warum wird gestritten? Fehlende oder unvollständige Entlohnungen waren im Jahr 2005 mit 993 Fällen der häufigste Grund für einen Arbeitsstreitfall. In 530 Fällen ging es um Urlaube und Feiertage und in 448 Fällen um den 13. und 14. Monatslohn. Weitere Streitpunkte waren Überstunden, Einstufungen, Entlassungen, Provisionen, Nacht- und Feiertagsarbeit sowie Disziplinarmaßnahmen. Nicht selten umfasst ein Arbeitsstreitfall gleich mehrere Gründe.

Dienstleistungen des ASGB

Ein Jahr neue Südtiroler Landesbauarbeiterkasse (SLBK)

Die Gründung einer eigenen Kasse für das Bauhandwerk hat im vergangenen Herbst und auch lange danach noch viel Staub aufgewirbelt. Nun, ein Jahr später, hat die neue Kasse erstmals ihre Zahlen und Fakten der Öffentlichkeit vorgelegt, die die Notwendigkeit einer eigenen Kasse belegen.
180 eingeschriebene Betriebe und 1.000 eingeschriebene Arbeitnehmer bedeuten einen großen Erfolg für die Kasse. Doch nicht nur die Einschreibezahlen allein belegen das gute und einwandfreie Funktionieren der Südtiroler Landesbauarbeiterkasse, auch die Berechtigung; die Sammelbescheinigung DURC auszustellen; beweist das. So wurden im abgelaufenen Jahr 300 DURC für private und öffentliche Arbeiten ausgestellt.
Die Kasse bietet ihren Mitgliedern die Möglichkeit, die Arbeitskleidung entweder zentral über sie oder direkt beim Händler zu bestellen.
Das umfangreiche Leistungsspektrum der SLBK ist gezielt auf die Bedürfnisse der Arbeitnehmer zugeschnitten. So konnte auch eine langjährige Forderung des Bauhandwerks umgesetzt und das Urlaubsgeld über den Lohnstreifen ausbezahlt werden. Der konkrete Nutzen liegt darin, dass diese Kasse schnell und flexibel auf die Bedürfnisse der Bauarbeiter reagieren und die Zusatzleistungen effizient und schnell anbieten kann. Alle SLBK-Mitglieder bekommen z.B. bereits heuer zu Weihnachten eine Jacke geschenkt. Nachstehend eine Auflistung der Leistungen der SLBK.
Leistungen für Arbeitnehmer
1. Ergänzendes Krankengeld
a) Krankengeld vom 1. bis zum 270. Krankentag
b) Sonderzulagen für Krankheiten vom 271. bis zum 360. Tag
2. Ergänzungszulage bei Unfall und Berufskrankheit
Die Leistung wird durch eigenes Abkommen geregelt.
3. Ergänzungszulage für Arbeitnehmer mit Tuberkulose
Die Arbeiter erhalten für jeden vom NISF gezahlten Tag, bis zum 180. Tag, dieselbe Behandlung wie bei Krankheiten, einschließlich Hinterlegung. Nach dem 180. Tagkann der Arbeiter, wenn er nicht arbeitet, ein Gesuch um Ergänzung der postsanatorischen Zulagen stellen.
4. Sehhilfen (Brillen und Kontaktlinsen)
Der Arbeitnehmer hat beim Kauf von Brillen Anrecht auf die Auszahlung eines Beitrages, wie vom entsprechenden Abkommen festgelegt.
5. Zahnprothesen und zahnärztliche Behandlungen
Der Arbeitnehmer hat Anrecht auf die Rückerstattung eines Teiles der Ausgaben für Zahnprothesen und -behandlungen. Höhe und Berechnungsmodalitäten des Beitrages werden durch ein eigenes Abkommen festgelegt.
6. Verschiedene Prothesen(Hörgeräte, orthopädische Prothesen, etc.)
Der Arbeitnehmer hat Anrecht auf die Rückerstattung eines Teiles der Ausgaben für verschiedene Prothesen. Die Höhe der Rückerstattung wird durch ein eigenes Abkommen festgelegt.
7. Begräbnisgeld beim Tod von Verwandten ersten Grades
Für den Tod von Familienangehörigen ersten Grades wird dem Arbeitnehmer eine Beihilfe ausgezahlt, deren Höhe durch ein eigenes Abkommen festgelegt wird.
8. Maßnahmen zugunsten von Arbeitnehmern von Unternehmen, die unter Konkurs, unter einem Vergleichsverfahren oder unter kommissarischer Verwaltung stehen.
Betroffene Arbeitnehmer haben Anrecht auf:
a) kostenlose Forderungsanmeldung zur Konkursmasse durch die Bauarbeiterkasse;
b) Vorstreckung von 25 Prozent der Beträge, die dem Arbeitnehmer als Hinterlegung für die nicht gedeckten Monate bis zur ersten Auszahlung zustehen, auf jeden Fall von höchstens sieben Monaten; Voraussetzung ist die schriftliche Verpflichtung, der Kasse die von ihr vorgestreckten Beträge zurückzuerstatten, falls es zu einer direkten Auszahlung des Guthabens kommen sollte.
Die Vorstreckung erfolgt nur, wenn eine vorrangige Zulassung zur Schuldenmasse und eine Realisierungsvermutung vorliegt. Falls der Erlös die von der Kasse getragenen Kosten nur zum Teil deckt, wird die Kasse eventuelle Differenzen selbst übernehmen. Der Arbeitnehmer muss die Vorstreckung auf einem eigens vorgesehenen Formular beantragen;
c) Registrierung der Arbeitsstunden, die den Konkurs betreffen, für das Bauberufsalter, das bei der Bauarbeiterkasse angereift wurde. Sollte die Bauarbeiterkasse bei der Aufteilung der Konkursmasse den gesamten Beitrag erhalten, so wird die Bauberufsaltersstufe des Arbeitnehmers auch gegenüber anderen Bauarbeiterkassen wirksam sein.
d) Anerkennung der suspendierten Leistungen, auch in den Fällen, in denen das Unternehmen die erforderlichen Unterlagen nicht eingeschickt hat
9. Außerordentliche Beihilfen
Bei außerordentlichen, nachgewiesenen Notfällen, die von der vorliegenden Leistungsordnung nicht geregelt werden, kann der Arbeitnehmer um eine außerordentliche Beihilfe ansuchen.
Das Gesuch wird auf stempelfreiem Papier gestellt; beigelegt werden ein Familienbogen und eventuelle Unterlagen und Bescheinigungen, die von Fall zu Fall das Ansuchen belegen.
10. Außerberufliche Unfallversicherung
Ein eigenes Abkommen regelt die Bedingungen zur Deckung der außerberuflichen Unfallrisiken zugunsten der in der Bauarbeiterkasse eingeschriebenen Arbeitnehmer.
Leistungen zugunsten von Familienangehörigen
1. Ferienkolonien: Der Verwaltungsrat legt jährliche Beiträge für die Teilnahme der Kinder der Arbeitnehmer an Meeres- und Bergkolonien fest. Dem Gesuch ist ein Familienstandbogen beizulegen. Einreichertermin ist jedes Jahr der 30. April.
2. Studienbeihilfen: Der Verwaltungsrat legt jährliche Beiträge zugunsten der Kinder der Arbeitnehmer fest, die eine Oberschule oder Universität besuchen.
3. Begräbnisgeld: Beim Tod des Arbeitnehmers, der ordnungsgemäß in der Bauarbeiterkasse eingeschrieben war, wird dem überlebenden Ehepartner oder, in Ermangelung, den rechtmäßigen Erben, ein Begräbnisgeld ausgezahlt. Der Betrag, der aufgrund des Familienbogens berechnet wird, ist durch ein eigenes Abkommen geregelt.
4. Prothesen für minderjährige Kinder (Zahnspangen, Hörgeräte, usw.): Bei Erwerb einer Prothese für minderjährige Kinder haben die in der Bauarbeiterkasse eingeschriebenen Arbeitnehmer Anrecht auf die Rückerstattung eines Teiles der Ausgaben. Die Höhe des Beitrages wird durch ein eigenes Abkommen bestimmt.
5. Sehhilfen für minderjährige Kinder: Die in der Bauarbeiterkasse eingeschriebenen Arbeitnehmer erhalten einen Beitrag für den Erwerb von Sehhilfen für ihre minderjährigen Kinder. Die Höhe des Beitrages wird durch ein eigenes Abkommen bestimmt.
Leistungen zugunsten von Bauarbeiten mit Invaliden-, Alters- oder Dienstaltersrente
Die Bauarbeiterkasse gewährt den Bauarbeitern im Ruhestand, die zu Beginn der Rentnerzeit die von der Leistungsordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen und die mindestens zehn Jahre lang in der Bauarbeiterkasse Bozen eingeschrieben waren, folgende Fürsorgeleistungen:
1. Studienbeihilfen für die Kinder;
2. Ferienkolonien.
Wer noch detailierte Informationen haben möchte, kann diese unter www.slbk.bz abrufen, oder in den ASGB-Bau-Sekretär Werner Blaas Tel. 339-8310828 zu Rate ziehen.