aktuell

Generationengerechtigkeit

Wir müssen für eine Politik der Generationengerechtigkeit eintreten und auf die Beteiligung aller Generationen setzen. Entscheidungen von heute dürfen nicht zu Lasten der Generationen von morgen getroffen werden. Um die Auswirkungen von Landespolitik auf die kommenden Generationen aufzuzeigen werden z.B. in einigen Bundesländern in Deutschland so genannte „Generationenbilanzen" entwickelt und veröffentlicht. Warum nehmen wir uns nicht ein Beispiel?
Wir müssen auf Mitverantwortung, Mitgestaltung und Engagement der jungen Generation setzen. Der Gefahr von Gewaltbereitschaft und Orientierungslosigkeit insbesondere junger Menschen ist durch eine weiterhin gezielte Förderung der Jugendarbeit in den Vereinen entgegenzuwirken. Der Sport hat auch eine gesellschaftspolitischen Bedeutung. Deshalb muss der Sport im Rahmen unserer Gesundheits-, Bildungs- und Gesellschaftspolitik auch weiterhin als einer der Schwerpunkte anerkannt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass Vereine und Verbände in der Lage sind, mit sportlichen Angeboten und zielorientierten Programmen auch der Betreuung und Integration von ausländischen Mitbürgern und Aussiedlern besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Das Ehrenamt darf nicht durch unnötige bürokratische Erschwernisse behindert werden.
Eines darf aber nicht außer Acht gelassen werden: Die Familie ist und bleibt das Fundament der Gesellschaft. Der Zusammenhalt in den Familien ist die Voraussetzung für die Solidarität in unserer Gesellschaft. Hier erfahren Menschen Geborgenheit und Zuwendung. Hier erleben sie die Solidarität zwischen den Generationen. In der Familie wird wesentliche Erziehungsarbeit geleistet. Die Familie vermittelt Werte, fördert soziale Kompetenz, schafft Grundlagen für demokratisches Bewusstsein und hat damit großen Anteil an der Entwicklung der Kinder zu verantwortungsbewussten Mitgliedern unserer Gesellschaft. Familien sind Gemeinschaften, in denen mehrere Generationen in vielfältiger Weise füreinander Verantwortung übernehmen. Dafür benötigen sie auch weiterhin eine unterstützende Infrastruktur, die eine verlässliche Kinderbetreuung ebenso umfasst wie Familien begleitende Maßnahmen und Hilfen bei der Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger. Jede Generation hat ihre eigenständige Wertigkeit und besondere Bedürfnisse und Interessen, die gezielt berücksichtigt werden müssen.

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Das neue Lehrlingsgesetz

Das Lehrlingswesen zählt in Südtirol seit Jahrzehnten zu den tragenden Säulen der Ausbildung. Das duale Ausbildungssystem für Lehrlinge – also die parallele Ausbildung in Schule und Betrieb – ist nach wie vor ein bewährtes System, um vielen Jugendlichen in Südtirol eine berufliche Qualifizierung zu ermöglichen. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.
Mit dem Landesgesetz Nr. 2 vom 9. März 2006 hat das Land Südtirol das Lehrlingswesen an die Grundsatzbestimmungen der staatlichen Schulreform und Arbeitsmarktreform und somit auch an die europäischen Standards angepasst. Die duale Ausbildung in Schule und Betrieb bleibt als Grundpfeiler der traditionellen Lehre erhalten, die Lehrzeit wurde aber generell auf drei Jahre verkürzt, wobei für besonders komplexe Berufe eine Verlängerung vorgesehen werden kann. Nun gilt es, die Voraussetzungen für die Umsetzung des neuen Gesetzes zu schaffen. So müssen etwa für die einzelnen Berufsbilder zuerst die Bildungsordnungen ausgearbeitet und vereinbart werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte des neuen Lehrlingsgesetzes näher beleuchtet.
1. Die drei Formen der Lehre
Neben der klassischen Lehrlingsausbildung, die zu einer Berufsqualifikation führt und gleichzeitig zur Erfüllung der Bildungspflicht dient, gibt es jetzt auch eine Lehre, die auch nach einer Erstausbildung in neuen Berufsbildern möglich ist. Die dritte Form der Lehre führt zum Erwerb eines Studientitels.
Die Lehre in der Bildungspflicht (Grundlehre)
Die traditionelle Lehre in Berufsschule und Betrieb bleibt erhalten. Sie führt zum Erwerb einer beruflichen Qualifikation und dient gleichzeitig zur Erfüllung der Bildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr. Diese Lehre betrifft vor allem Handwerksberufe sowie Berufe im Gastgewerbe und Handelssektor (Köch/innen, Servierfachkräfte, Verkäufer/innen).
Die weiterführende Lehre („Berufslehre")
Diese Ausbildungsform dient ebenfalls dem Erwerb einer beruflichen Qualifikation, weiters aber auch dem Erwerb einer Zusatzqualifikation oder einer Spezialisierung im Anschluss an eine zertifizierte Erstausbildung. Sie ermöglicht Berufsumsteigern auch zu einem späteren Zeitpunkt, eine berufliche Qualifikation zu erwerben. In erster Linie ist diese Lehre aber zur Spezialisierung von Jugendlichen gedacht, die bereits eine Erstausbildung abgeschlossen haben, etwa im Anschluss an eine allgemein bildende Oberschule oder als Weiterführung einer Lehre in der Bildungspflicht. Daher wird dieser Lehrtyp z.T. auch als Ersatz für die abgeschafften Arbeits- und Ausbildungsverträge gesehen.
Lehre an der Universität (Diplomlehre)
Neu ist der Lehrabschluss mit einem höheren Diplom. Dieser Lehrtyp führt zum Abschluss der oberen Sekundarstufe, einer Universität, einer Hochschule oder einer höheren technischen Bildungsanstalt. Das Höchstalter für den Beginn einer solchen Lehre beträgt 29 Jahre.
2. Bildungsordnung
Neu im Lehrlingsgesetz ist die so genannte Bildungsordnung, die die Lehrberufe umfassend regelt und für jeden Einzelnen neben der Beschreibung des Berufbildes, den betrieblichen Ausbildungsplan, den Lehrplan der Berufsschule sowie die Unterrichtsstundenzahl und schließlich das Prüfungsprogramm enthält. Diese Bildungsordnung wird von der Landesregierung im Einvernehmen mit den Sozialpartnern festgelegt. Bisher wurden diese einzelnen Elemente der Bildungsordnung getrennt und in unterschiedlicher Form festgelegt.
3. Die Durchlässigkeit zwischen den Bildungssystemen
Als Fortschritt dieser Lehrlingsreform kann die Einführung der Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Bildungssystemen bezeichnet werden. Damit wird es Jugendlichen ermöglicht, von der Lehrausbildung in eine Oberschule überzutreten und umgekehrt, wobei bereits erworbene Kompetenzen und Kenntnisse als Bildungsguthaben (Bildungskredite) anerkannt werden. Hierfür müssen in der Lehre die staatlichen und europäischen Bildungsstandards gewährleistet werden. Die Bewertung und Anerkennung von Bildungsguthaben erfolgt unter Berücksichtigung staatlicher und internationaler Standards.
4. Die Lehrzeitdauer
In einigen Handwerksberufen dauerte die Lehre bisher fünf Jahre, während die Berufsschule bereits nach drei Jahren endete. Dies wird sich nun ändern, Schul- und Lehrzeit eines Berufbildes werden nun vereinheitlicht.
Das neue Lehrlingsgesetz sieht für die traditionelle Lehre eine generelle Dauer von drei Jahren vor. Für besonders komplexe Berufsbilder, dies betrifft in erster Linie Meisterberufe des Handwerks, kann eine Verlängerung der Lehrdauer in der Bildungsordnung vorgesehen werden. Die Sozialpartner haben zwölf Monate Zeit, die Verlängerung der Lehrzeit für ein bestimmtes Berufsbild zu vereinbaren. Kommt es zu keiner Einigung, entscheidet die Landesregierung.
Die Dauer für die weiterführende Lehre beträgt in Südtirol mindestens 18 Monate und maximal drei Jahre. Eine längere Lehrdauer für besonders komplexe Berufe kann in der Bildungsordnung zwischen den Sozialpartnern vereinbart werden.
Die Diplomlehre dauert in der Regel ein Jahr länger als die für den angestrebten Studientitel vorgeschriebene Regelstudienzeit.
5. Das Lehrlingsalter
Ein Lehrverhältnis eingehen können Jugendliche, die bei ihrer Einstellung das 15. Lebensjahr vollendet und das 25. nicht überschritten haben. In folgenden Ausnahmefällen beträgt das Höchstalter für den Abschluss eines Lehrvertrages hingegen 29 Jahre:
a) der/die Auszubildende kann keine auf dem Arbeitsmarkt verwertbare berufliche Qualifikation vorweisen;
b) der/die Auszubildende muss aus schwerwiegenden Gründen den Beruf wechseln oder möchte eine unterbrochene Ausbildung abschließen;
c) es wird eine Lehre zum Erwerb eines Abschlusses der oberen Sekundarstufe, einer Universität, einer Hochschule oder einer höheren technischen Bildungsanstalt begonnen.
6. Fachliche und ausbildungspädagogische Qualifikation des Ausbilders
Eine weitere Aufwertung der Lehrberufe bringt auch die Neuerung, dass Lehrlinge künftig nur von Betriebsinhabern bzw. Mitarbeitern ausgebildet werden dürfen, welche eine berufseinschlägige Ausbildung nachweisen und einen Lehrgang für Ausbildungspädagogik besucht haben.
7. Sonderformen der Lehre
Saisonbetriebe dürfen Lehrlinge beschäftigen, wenn gewährleistet wird, dass die Lehrlinge trotz der begrenzten Betriebszeiten eine dem Ausbildungsrahmen entsprechende Ausbildung erhalten. Der Lehrvertrag kann in diesem Falle für die Dauer der Saison abgeschlossen werden, in keinem Fall jedoch für weniger als zwölf Wochen. Zur Berechnung der vorgesehenen Lehrzeit werden die einzelnen Ausbildungsabschnitte im selben Beruf zusammengerechnet. Acht Monate Ausbildungszeit gelten bei Saisonlehrverhältnissen als ein Lehrjahr. Lehrlinge mit Saisonsvertrag können die theoretisch-praktische Ausbildung auch außerhalb der Saisonen besuchen.
Die überbetriebliche und zwischenbetriebliche Ausbildung kann die praktische Ausbildung im Betrieb ergänzen, allfällige Lücken im Ausbildungsrahmen ausgleichen und die Lehrlinge mit neuen Arbeitstechniken vertraut machen. Der Besuch überbetrieblicher Ausbildungslehrgänge ersetzt aber weder die theoretisch-praktische Ausbildung noch wird dadurch das Lehrverhältnis unterbrochen. Während des Besuches hat der Lehrling Anspruch auf die Fürsorgemaßnahmen des Landes, die für den Besuch der Berufsschule vorgesehen sind.
In Zukunft sollen vor allem außerordentlich begabte Lehrlinge mit entsprechenden schulischen Maßnahmen besonders gefördert werden.
Weiters legt das neue Lehrlingsgesetz fest, dass künftig in allen Belangen, für die bisher die Lehrlingskommission zuständig war, die Sozialpartner bzw. die Berufsorganisationen direkt in die Entscheidungen eingebunden werden.