Landesbedienstete

Untersuchung zur Befindlichkeit des Kindergatenpersonals

Zusammenhänge zwischen Belastung, Erholung und den soziodemografischen Merkmalen
Der Kindergartenbereich ist immer größeren Veränderungen unterworfen, die Aufwertung zu einer wichtigen Bildungsstruktur ist für die Betroffenen mit sehr viel Mehrarbeit verbunden, die nicht immer sichtbar und somit wertbar ist. Die Rahmenbedingungen, wie Anzahl der Kinder in einer Abteilung, verlängerte Öffnungszeiten, qualitative nachweisbare pädagogische und didaktische Arbeit fordern vom Personal sehr viel ab, welches sich immer öfters die Frage stellt, wohin führt diese ganze Entwicklung. Ängste, mit diesen Anforderungen auf Grund des Alters oder wegen Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht mehr mithalten zu können, beunruhigt sehr. Psychische Erschöpfungszustände bis zu psychosomatischen und stressbedingte Erkrankungen werden uns immer öfters gemeldet. Es scheint, dass der Preis, den die Kindergärtnerinnen und die pädagogischen Mitarbeiterinnen für die Aufwertung ihrer pädgogischen Arbeit zahlen, zu hoch ist.
Daher haben wir im Herbst mit einem Erholungs-Belastungs-Fragebogen bei Versammlungen die Befindlichkeit des Kindergartenpersonals erhoben, der dann von Frau Dr. Bernadette Griesmair ausgewertet wurde.
Zielsetzung
Es war uns ein Anliegen, nicht nur die Belastungen im Zusammenhang der Arbeit zu erheben, sondern auch positive Ressourcen zur Stressreduktion. Dies macht die Wechselwirkung zwischen Stress und Erholung erkennbar, was ein einheitlicheres Gesamtbild über die Befindlichkeit bzw. Beanspruchungs-Erholungsbilanz der Betroffenen widerspiegelt.
Dieses Verfahren hat in der Klinischen Psychologie, Gesundheitspsychologie und Arbeitspsychologie eine hohe Anwendbarkeit und wurde in den letzten zehn Jahren aus der biopsychologischen Grundlagenforschung zum Thema „Stress" entwickelt. Der Stressforscher H. Selye weist darauf hin, dass Stress trotz seiner schädigenden Wirkungen zu den Notwendigkeiten des Lebens im Sinne von Anforderungen mit Trainingscharakter gehört, Kontrollierbarkeit und Vorhersagbarkeit Merkmale der Stressoren sind und die vernachlässigte Möglichkeit sich zu regenerieren eine entscheidende Rolle spielt. Für die Aufklärung über die wechselseitige Abhängigkeit von Belastung, Beanspruchung und Erholungsaktivitäten ist dieser Fragebogen als mehrdimensionales Verfahren in besonderer Weise geeignet.
Die Klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie und Arbeitspsychologie versuchen anhand von potentiell belastenden Ereignissen und deren subjektiven Konsequenzen sowie potentiell erholsame Ereignisse und entsprechende Konsequenzen methodisch zu erfassen.
Skalen des Erholungs-Belastungs-Fragebogen
- Allgemeine Belastung-Niedergeschlagenheit
- Emotionale Belastung
- Soziale Spannungen
- Ungelöste Konflikte-Erfolglosigkeit
- Übermüdung-Zeitdruck
- Energielosigkeit-Unkonzentriertheit
- Körperliche Beschwerden
- Erfolg-Leistungsfähigkeit
- Erholung im sozialen Bereich
- körperliche Erholung
- Allgemeine Erholung-Wohlbefinden
- Erholsamer Schlaf
- Arbeitsfrustration
Soziodemografische Daten
- Alter
- Berufsbild
- Berufs-Teilzeit-Unterbrechungsjahre
- Arbeitsverhältnis
- Kinder
- Zusatzstunden
- Entspricht das Arbeitsverhältnis meinen Bedürfnissen?
Ergebnisse der Untersuchung
Befragt wurden 336 Frauen, wovon
130 Frauen bis 29 Jahre alt sind – 38,7%
103 Frauen zwischen 30-39 Jahre alt sind – 30,7%
95 Frauen zwischen 40-49 Jahre alt sind -28,3%
8 Frauen sind über 50 Jahre alt – 2,4%
Berufsbild
- 166 Kindergärtnerinnen, wovon neun freigestellte und 45 Leiterinnen mit Gruppe
- 170 Pädagogische Mitarbeiterinnen
Berufsjahre, die diese Frauen aufweisen können
- bis zu 3 Jahre: 34 Frauen (10,1%)
- 3-10 Jahre: 127 Frauen (37,8%)
- 10-20 Jahre: 167 Frauen (49,7%
- 20-30 Jahre: 8 Frauen (2,4%)
Arbeitsverhältnis
- 224 Frauen (66,7%) haben ein Vollzeitarbeitsverhältnis
- 112 Frauen (33,3%) haben ein Teilzeitarbeitsverhältnis
Teilzeitjahre
- 152 Frauen (44,6%) haben noch nie in Teilzeit gearbeitet
- 115 Frauen (34,2%) arbeiten seit 1-2 Jahren in Teilzeit
- 62 Frauen (18,5%) arbeiten seit 3-5 Jahren in Teilzeit
- 9 Frauen (2,7%) arbeiten schon seit über 5 Jahren in Teilzeit
Unterbrechungsjahre
- 218 Frauen haben noch nie unterbrochen (64,9%)
- 54 Frauen haben 1-3 Jahre unterbrochen (16,1%)
- 44 Frauen haben 3-6 Jahre unterbrochen (13,1%)
- 19 Frauen haben 6-10 Jahre unterbrochen (5,7%
- 1 Frau hat über 10 Jahre unterbrochen (0,3%)
Monatliche Stunden zusätzlich zur Arbeit am Kind
- 35 Frauen machen bis zu 10 Stunden zusätzlich (10,4%)
- 115 Frauen machen 10 - 20 Stunden zusätzlich (34,2%)
- 105 Frauen machen 20 - 30 Stunden zusätzlich (31,3%)
- 39 Frauen machen 30 - 40 Stunden zusätzlich (11,6%)
- 42 Frauen machen über 40 Stunden zusätzlich (12,5%)
Kinder
- 146 Frauen sind auch Mütter (43,5%)
- 190 Frauen haben keine Kinder (56,5%
Entspricht das momentane Arbeitsverhältnis deinen Bedürfnissen?
- Auf diese Frage haben 240 Frauen mit Ja (71,45%) geantwortet und
- 89 Frauen mit Nein (26,5%).
- Nur sieben Frauen haben keine Angabe gemacht.
Arbeitsvertrag
- 145 Frauen haben einen befristeten Arbeitsvertrag (43,2%)
- 191 Frauen haben einen unbefristeten Arbeitsvertrag (56,8%)
Verpflichtung während der Ferienzeiten
- 59 Frauen haben diese Frage bejaht (17,6%)
- 263 Frauen haben diese Frage mit Nein geantwortet (78,3%)
- Keine Angaben haben 14 Frauen gemacht
Mitgliedschaft bei einer Gewerkschaft
- 178 Frauen sind gewerkschaftlich organisiert (53,0%)
- 151 Frauen sind nicht gewerkschaftlich organsisiert (44,9%)
Transparenz bei der Stellenzuweisung
- 103 Frauen sind mit der Transparenz zufrieden (30,7 Prozent)
- 63 Frauen beklagen sich über zu wenig Transparenz (18,8 Prozent)
- 170 Frauen haben keine Angabe gemacht, da sie davon nicht betroffen sind (50,6 Prozent)
Entfernung zum Arbeitsplatz
- Für 150 Frauen beträgt die Entfernung 1-5 km (44,6%)
- Für 115 Frauen beträgt die Entfernung 5-20 km (34,2%)
- Für 62 Frauen beträgt die Entfernung 20-30 km (18,5%)
- über 50 km müssen 9 Frauen in Kauf nehmen (2,7%)

Landesbedienstete

Zusammenhänge zwischen Belastung, Erholung und den soziodemografischen Merkmalen, wobei nur signifikante Werte erwähnt werden

> Alter
Arbeitsfrustration
- Höchsten Grad zeigen Frauen zwischen 40 und 49 Jahren
- niedrigsten Wert haben Frauen unter 29 Jahren
Allgemeine Erholung und Wohlbefinden
- am besten geht es Frauen über 50 Jahren
- es folgen Frauen unter 29 Jahren
- dann Frauen zwischen 30 und 39 Jahren
- am schlechtesten schneiden Frauen zwischen 40 und 49 ab
Erholung im sozialen Bereich
- Frauen unter 29 Jahren nehmen hier die Führung ein
- dann Frauen im Alter von 30 bis 39 Jahren
- am wenigsten soziale Kontakte haben über 50 Jährige
> Berufsbild
Erfolg- und Leistungsfähigkeit
- am erfolgreichsten erleben sich freigestellte Leiterinnen
- gefolgt werden sie von Leiterinnen mit Kindergruppe und den Kindergärtnerinnen
- Pädagogische Mitarbeiterinnen haben hier den niedrigsten Wert
Ungelöste Konflikte Erfolglosigkeit
- Leiterinnen mit Kindergruppe haben einen signifikanten hohen Wert
- Kindergärtnerinnen erreichen fast denselben hohen Wert
- weniger Konflikt belastet fühlen sich freigestellte Leiterinnen
- Pädagogische Mitarbeiterinnen sind am wenigsten belastet
> Unterschiedliche Arbeitsverhältnisse
Arbeitsfrustration
- den höchsten Wert haben Frauen in alternierender Teilzeit
- gefolgt werden sie von Frauen in vertikaler Teilzeit, dann in Vollzeit
- den niedrigsten Wert zeigen Frauen in horizontaler Teilzeit
Emotionale Belastung
- am höchsten belastet fühlen sich Frauen in alternierender Teilzeit
- gefolgt von Frauen in Vollzeit
- am ausgeglichensten fühlen sich Frauen in horizontaler Teilzeit
Erholung im sozialen Bereich
- den größten Mittelwert ergab sich bei Frauen in horizontaler Teilzeit
- knapp dahinter Frauen in Vollzeit
- die wenigsten sozialen Kontakte geben Frauen in alternierenden Teilzeit an
> Berufsjahre Unterbrechungen
Erholung im sozialen Bereich
- Signifikant ist der Zusammenhang der Arbeitsunterbrechung und der sozialen Kontakte
- mit Zunahme der Jahre zu Hause werden zusehends soziale Kontakte abgebrochen
Vergleich in Bezug auf die Jahre in Teilzeit
- die Jahre in Teilzeit haben keine grundlegende Bedeutung für das Erleben von Erholung und Belastung
- Befragte mit 3-5 Teilzeitjahren scheinen mehr soziale Kontakte zu pflegen und mehr Zeit für Vergnügungen
Zusatzstunden
trotz hoher Angaben an Zusatzstunden konnte nur ein signifikantes Ergebnis hinsichtlich Erfolg- und Leistungsfähigkeit erzielt werden
- Spaß an der Arbeit und der Ideenreichtum nimmt mit der Anzahl der Zusatzstunden zu
- je mehr zusätzliche Stunden gemacht werden, desto erfolgreicher erlebt sich die Bedienstete
Frauen mit Kindern
- haben eine hohe Arbeitsfrustration
- geben eine hohe seelische Belastung an
- können sich wenig soziale Erholung verschaffen
- klagen vermehrt über Schlafstörungen
Frauen ohne Kinder
- fühlen sich körperlicher wohler
- haben weniger körperliche Beschwerden
- fühlen sich weniger seelisch belastet und ausgeglichener
- haben weniger Auseinandersetzungen, Streit, Ärger
- haben weniger soziale Spannungen, sind humorvoller
- können sich besser konzentrieren, fühlen sich leistungsfähiger und sind entschlussfreudiger
- sind weniger übermüdet und weniger überfordert
> Entspricht das Arbeitsverhältnis deinen Bedürfnissen?
Frauen ohne bedürfnisorientiertes Arbeitsverhältnis
- haben mehr körperliche Beschwerden und ein geringes Wohlbefinden
- ebenso zeigen diese Frauen deutlich mehr Ärger, Aggressionen und Ängste
- sie werden von Streit, häufigen Auseinandersetzungen, Aufgebrachtsein und Humorlosigkeit geplagt
- sie haben das Gefühl, dass Konflikte ungelöst bleiben, unangenehme Dinge zu erledigen sind, Ziele nicht erreicht werden und sich von Gedanken nicht lösen können
Frauen mit geeigneten Arbeitsverhältnis
- zeigen weniger Arbeitsfrustration
- verfügen über mehr Konzentration, Energie und Entschlusskraft
> Zusammenfassung
Erholung im sozialen Bereich als Ausgleich an erlebten Belastungen
- hier gilt je jünger desto mehr Zeitressourcen
- dies gilt auch bei steigenden Berufsjahre - je mehr Arbeitsjahre desto weniger Zeit für sozialen Ausgleich
- Frauen mit Kinder haben ebenso wenig Zeit sich mit Freundinnen zu treffen
- jene Frauen mit einer horizontaler Teilzeit haben am meisten Zeit für soziale Zerstreuung
- Allerdings sind das nur 21,2% der Frauen mit Kindern
Arbeitsfrustration abnehmende Motivation
- nimmt mit Alter und Berufsjahren zu, wobei der Faktor Kind nicht unwesentlich ist
- im Alter von 40-49 Jahren ist der höchste Anteil der Frauen mit Kind – 53,4%
- dieser Entwicklung muss man entgegensteuern
Allgemeine Belastung Niedergeschlagenheit
- Ergebnisse stehen im engen Zusammenhang mit abnehmender Motivation
- dieser Trend kann vor allem bei Frauen mit Kinder mit einem bedürfnisorientierten Arbeitsverhältnis gestoppt werden
Emotionale Belastung Energielosigkeit Übermüdung-Zeitdruck
- am meisten betroffen wieder Frauen mit 10 bis 20 Dienstjahren von den befragten Frauen mit Kinder sind das immerhin 74,7%
- Frauen mit Kinder fühlen sich häufig überfordert, das allgemeine Wohlbefinden ist herabgesetzt und somatische Beschwerden häufen sich
- verschlimmert wird dieser Umstand durch ein Arbeitsverhältnis, das nicht ihren Bedürfnissen entspricht
- die horizontale Teilzeit scheint dafür die geeignetste zu sein
Berufsbilder
- Konflikte werden in der Mehrzahl von den Kindergärtnerinnen angesprochen, daher fühlen sie sich belasteter als pädagogische Mitarbeiterinnen
- Leiterin mit Kindergruppe sind dem noch mehr ausgesetzt
- freigestellte Leiterinnen haben mehr Spielraum erleben sich daher erfolgreicher und motivierter
Erfolg
- es scheint, je mehr Zusatzstunden gemacht werden, desto erfolgreicher erlebt sich Frau
- die Arbeit im Kindergarten ist von Perfektionismus geprägt
- von den 336 Frauen haben 146 Kinder, wovon 47,3% Prozent in Vollzeit und 52,7% in Teilzeit arbeiten
- von den 146 Frauen mit Kinder sind 60 Kindergärtnerinnen - 84 sind pädagogische Mitarbeiterinnen
- 52,1% der Frauen mit Kinder (Teilzeitfrauen?) kommen mit 20 Zusatzstunden aus, immerhin machen 39,8% zwischen 20 bis 40 Stunden und 8,2% über 40
Schlussbemerkung
Was kann als abschließendes Fazit nun aus den Ergebnissen gezogen werden? Frauen im Kindergartenbereich sind generell motiviert ihre Arbeit gut zu machen. Sie sind bereit Zusatzstunden zu übernehmen und so ihre Arbeit aufzuwerten. Brenzlig wird die Situation erst dann, wenn sie selber Kinder haben und einer Doppelbelastung ausgesetzt werden. Kann (oder will) man für den Arbeitsplatz nicht mehr wie früher die angestrebten Ideale erfüllen, so fühlen sich viele Frauen frustriert und minderwertig. Dabei messen sie sich sicherlich immer wieder an Kolleginnen, die noch mehr Zeitressourcen haben.
Betrachtet man die Arbeitsfrustration der 40-49 jährigen oder den Zustand von Bediensteten mit 10-20 Dienstjahren, so gilt es hier schon aufzupassen, dass diese Frauen dem Kindergarten als wichtiger Personalstock nicht abhanden kommen. Sie sind es, die über viel Arbeitserfahrung verfügen und als wahre „Zeitmanagerinnen" zu Hause wie im Dienst Unglaubliches leisten.
Von oben sollte der Druck auf diese Frauen verringert werden, aber auch sie selbst müssen sich den selbst auferlegten Druck nehmen. Alle Menschen, auch Frauen haben nur zwei Hände und wenn man den Kindergartenbereich kennt, so wird jede Bedienstete ihr Möglichstes tun, allerdings nicht das Unmögliche!.
Nur wenn man lernt, die eigenen Ressourcen zu kennen, auch weiß, wo und wann man für sich Ressourcen schaffen kann, kann man achtsam mit sich selber umgehen. Wenn auch Vorgesetzte dies verstehen und versuchen nicht noch mehr auf die Bediensteten abzuwälzen, wird sich ein Weg finden, um dem zunehmenden Arbeitsfrust und Belastungsgefühl entgegenzusteuern.
Im diesem Sinne wünsche ich unseren Mitgliedern im Kindergartenbereich einen erholsamen Sommer, den sie sich redlich verdient haben. Möge diese Lektüre über unsere Umfrage ein Denkanstoß für achtsamen Umgang mit den eigenen Ressourcen und Energien sein, denn das nächste Kindergartenjahr kommt bestimmt!
Christine Staffler