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Gender: Neu oder alles noch beim Alten? |

Frauen sind besser, Männer gewinnen
Die Beiträge in { } wurden von der Autorin mit Daten aus Südtirol ersetzt.
Von: Inge. Betreff:
Grüße an den Chauvi!
Justus, was war das denn?! Hast du gerade in der Konferenz wirklich gesagt, dass Männer und Frauen niemals gleich sein werden? Das kann nicht dein Ernst sein.
Von: Justus. Re:
Grüße an den Chauvi!
Doch. Weil es nämlich so ist.
Von: Inge. Re: Re:
Grüße an den Chauvi!
Wir sind doch schon weit gekommen. Sieh dir nur mal die Unis an: {Von den Südtiroler StudentInnen an den Universitäten Italiens und Österreichs sind mehr Frauen als Männer eingeschrieben}.
Von: Justus. Re: Re: Re:
Grüße an den Chauvi!
Ja, das ist aber auch alles. Die Gleichberechtigung endet, wenn alle anfangen zu arbeiten. Jeder glaubt doch, dass man alles erreichen kann, egal, ob Mann oder Frau. Aber das stimmt einfach nicht.
Von: Inge. Re: Re: Re: Re:
Grüße an den Chauvi!
Wieso nicht? Was {Schul- und Studienabschlüsse angeht, haben Frauen die Männer schon überholt: so waren 2010/11 unter 100 25-Jährigen 41,6% der jungen Frauen und nur 26,1% der jungen Männer Uniabsolventen.} Warum sollten sie die Männer nicht auch im Beruf einholen? …
Von: Justus. Betreff:
Grüße an die Träumerin!
Was ist dann damit: 83 Prozent der deutschen Frauen putzen zu Hause immer noch die Toilette. Das habe ich gerade in einer Studie des Statistischen Bundesamtes gelesen. Nur zwei Prozent der Männer bügeln zu Hause ihre Hemden selbst. Irgendwann landen Männer und Frauen doch wieder in den alten Rollen, das sehe ich traurigerweise gerade bei einer Freundin von mir. Sie hat Physik studiert, ein Topexamen hingelegt und drei Jahre lang in einer Unternehmensberatung gearbeitet. Jetzt hat sie ein Kind bekommen, steht jeden Tag in der Küche und rührt Babybrei. Ihr Mann schafft das Geld ran und sieht das Kind nur schlafend oder am Wochenende. Im Studium wollten die beiden alles anders machen als ihre Eltern. Heute sind sie genauso wie sie. Seit den fünfziger Jahren hat sich nicht viel geändert.
Von: Inge. Re:
Grüße an die Träumerin!
Und ob sich seitdem was geändert hat! Bis Mitte der siebziger Jahre durften Frauen in Deutschland nur arbeiten, wenn sie dazu die Erlaubnis ihres Ehemanns hatten – stell dir das einmal vor! Mittlerweile können auch Männer Elternzeit nehmen, und es ist selbstverständlich, dass wir von einer Kanzlerin regiert werden. Ich gebe allerdings zu, dass das alles noch nicht genug ist. …
Von: Justus. Betreff:
Frauen wählen falsche Fächer
… Frauen studieren die falschen Fächer. Sie machen zwar öfter Abitur als Männer, studieren öfter, haben bessere Noten und behaupten auch, sie wollten in die Chefetagen und dort ordentlich Geld verdienen. Aber dann studieren sie nicht die Fächer, mit denen man das schafft. [Die Studienfächer, für die sich die meisten Südtirolerinnen entscheiden, sind Geistes- und Wirtschaftswissenschaften und Theologie. Die Fächer in denen hauptsächlich männliche Südtiroler eingeschrieben sind, sind technische und naturwissenschaftliche Fächer.] Frauen bevorzugen die Kuschelfächer, Sozialwissenschaften, Sprachen, Lehramt. Warum studieren Frauen statt Larifari nicht öfter mal ein Karrierefach?
Von: Inge. Re:
Frauen wählen falsche Fächer
Weil Frauen von Anfang an nicht nur an die Karriere denken, sondern eben auch daran, dass sie einmal Familie haben wollen. Ich habe gerade mit der Psychologin Christine Bieri von der Pädagogischen Hochschule Zürich telefoniert, sie forscht seit über einem Jahr zu dem Thema „Warum entscheiden sich Frauen nicht für den Ingenieurberuf, und warum werden Männer nicht Grundschullehrer?“. Sie sagte: „Frauen schrecken oft vor Berufen zurück, bei denen sie Angst haben, sich eine Babypause nicht erlauben zu können.“ Vom Informatikerdasein etwa nähmen viele Frauen an, man müsse stets auf dem neuesten Stand sein und könne keine Babypause nehmen. Deswegen studieren so wenige Frauen Informatik.
Von: Justus. Re: Re:
Frauen wählen falsche Fächer
Sorry, dann können wir Männer euch auch nicht helfen… Unter den Vorstandsvorsitzenden der 30 größten Unternehmen Deutschlands … sitzen elf Wirtschaftswissenschaftler, zehn Ingenieure, sechs Juristen und drei Naturwissenschaftler. Nur ein Drittel der Akademikerinnen studiert solche Fächer. Und: Ich habe gerade eine Studie der Wirtschaftswissenschaftlerin Sonja Bischoff gelesen, laut der ein Drittel der deutschen Führungskräfte im mittleren Management Frauen sind. Gemessen an ihren Studienfächern, sind Frauen in den Chefetagen nicht einmal unterrepräsentiert. …
Von: Inge. Betreff:
Frauen haben es schwerer im Beruf
… Ich war bei Marion Knaths, sie betreibt in Hamburg die Coaching-Agentur Sheboss, mit der sie „Unternehmen unterstützt, Frauen in Führung zu bringen“. Sie hat mir Folgendes erklärt: „Männer und Frauen kommunizieren sehr unterschiedlich. Männer stellen durch ihre Kommunikation Hierarchien her, sie grenzen sich nach unten ab und sichern nach oben ihre Unterstützung zu. Frauen dagegen ebnen Hierarchien ein und schaffen Verbindlichkeit.“ Im Beruf aber gelten immer noch männliche Regeln, Frauen finden sich plötzlich in einer fremden Welt wieder. Ein klassisches Beispiel: Wenn sie eine neue Aufgabe übernehmen sollen, sagt der Mann zum Chef: „Das schaff ich locker!“ Die Frau sagt: „Ich versuchs mal.“ Beide sind eigentlich gleich gut, aber der Mann wirkt kompetenter.
Von: Justus. Re: Re: Re:
Frauen haben es schwerer im Beruf
Dann müssen Frauen eben lernen, in der Männerwelt klarzukommen.
Von: Inge. Re: Re: Re: Re:
Frauen haben es schwerer im Beruf
Das versuchen sie ja (siehst du: weibliches Understatement!). Aber laut Knaths ändern Männer erst ab einem Frauenanteil von 30 Prozent ihren Kommunikationsstil. Bis dahin kostet es viel Kraft. „Frauen können nicht auf bewährte Methoden zurückgreifen“, sagt sie. „Jungs lernen im Sandkasten, sich durchzusetzen, Mädchen wird beigebracht, beliebt zu werden. Damit kommen sie aber nicht weit“ …
Von: Justus. Re: Re: Re: Re: Re:
Frauen haben es schwerer im Beruf
Du sagst, Jungs werden öfter Chef, weil sie es schon im Sandkasten lernen. Aber wie willst du das ändern?
Von: Inge. Betreff:
Wir brauchen eine Quote
Durch eine Quote. Neben jedem Mann im Vorstand muss eine Frau sitzen. Das sollte so lange verpflichtend sein, bis es selbstverständlich wird.
Von: Justus. Re:
Wir brauchen eine Quote
Inge, Quoten sind ungerecht. Dann wird nicht mehr befördert, wer besser ist, sondern wer das richtige Geschlecht hat.
Von: Inge. Re: Re:
Wir brauchen eine Quote
Und wer wird im Moment befördert? Doch auch nur, wer das richtige Geschlecht hat. „Homosoziale Reproduktion“ nennt sich das, wenn Chefs erst einmal ihre männlichen Buddys unterstützen. Das sagt übrigens keine Frau, sondern der Soziologe Michael Hartmann. In Norwegen haben Quoten funktioniert: Die Gesellschaft hat sich daran gewöhnt, dass es männliche und weibliche Führungsstile gibt. Und McKinsey hat mit der Women Matter- Studie 2008 sogar herausgefunden, dass Unternehmen, die gemischtgeschlechtlich geführt werden, mehr Umsatz machen. …
Von: Justus. Re: Re: Re: Re:
Frauen wollen nicht Chef sein
Ich glaube, Konkurrenz motiviert Männer, mich ja auch. Vielleicht ist das Teil des Problems. Ein Mann, der Karriere macht, ist unter seinen Kumpeln der Größte. Eine Frau, die Karriere macht, kriegt von ihren Freundinnen gesagt: Du hast nie Zeit für uns! Wir Männer leiden auch unter dem Druck, aber wir haben uns damit abgefunden. Es gibt eben keine Karriere light. Es braucht Hunderte Männer, die es versuchen, bis einer von ihnen Chef wird, alle anderen scheitern auf dem Weg.
Von: Inge. Betreff:
Männer machen sich selbst unglücklich
Mit eurem Erfolgswahn macht ihr Männer euch doch selbst unglücklich. Frauen wollen ihre Freizeit, ihre Partnerschaft und ihre Familie nicht völlig der Karriere opfern, das belegt die aktuelle Brigitte- Studie. …
Von: Inge. Re: Re:
Mit dem ersten Kind ändert sich alles
Dann müsst ihr dafür [Akzeptanz Vaterschaftsurlaub] kämpfen! Wenn es ums Gehalt geht, seid ihr auch keine Feiglinge. Was denkst du, was sich Frauen alles anhören müssen. Ich habe darüber mit Gabriele Hantschel gesprochen, die Services-Managerin bei IBM und außerdem Vorstandsvorsitzende der Helga-Stödter-Stiftung zur Förderung von Frauen für Führungspositionen ist. „In vielen Unternehmen rechnet man gar nicht mit dem Wiedereinstieg junger Mütter“, sagte sie. „Leider lassen sich auch viele Mütter aus dem Arbeitsleben verdrängen, weil sie keinen Sinn darin sehen, um ihren Platz zu kämpfen.“ Sie selbst hat gerade Zwillinge bekommen und war drei Monate nach der Geburt zurück im Büro. Denn: „Frauen, die erst nach einem Jahr oder später wieder einsteigen, haben gerade in innovativen Branchen oft den Anschluss verloren.“
Von: Justus. Re: Re: Re:
Mit dem ersten Kind ändert sich alles
Warum machen Frauen nicht einfach nach der Babypause Karriere?
Von: Inge. Re: Re: Re: Re:
Mit dem ersten Kind ändert sich alles
Lieber Justus, weil die Kinder nach der Babypause immer noch da sind – und dann sind sie meistens Frauensache. Die meisten Männer arbeiten Vollzeit. Die Frauen arbeiten etwas weniger und kümmern sich außerdem um Kinder und Haushalt. Ich kenne einige junge Mütter, die den kompletten Haushalt zusätzlich zu ihrem Job machen. Unter dieser Doppelbelastung leiden Frauen so sehr, dass sie stärker Burn-out-gefährdet sind als die Männer. Gleichzeitig können sie im Beruf kaum aufsteigen: Unternehmen dulden keine Chefs, die um Punkt 18 Uhr das Kind aus der Kita abholen müssen, in Teilzeit arbeiten oder sich freinehmen, weil das Kind Schnupfen hat. … …
/ Quelle: Bender 2010
/ Aufgabe [ 4 ]
Welche Aussagen treffen Inge und Justus über die verschiedenen Geschlechterrollen?
/ Aufgabe [ 5 ]
Was meinen die beiden damit, wenn sie sagen Frauen studieren die falschen Fächer? Welche Gedanken fließen bei der Schul- bzw. Studienwahl mit ein?
/ Aufgabe [ 6 ]
Die beiden Autoren sprechen von einer Frauenwelt und einer Männerwelt. Beschreiben Sie diese beiden Welten kurz. Gibt es Unterschiede im Führungsstil?
/ Aufgabe [ 7 ]
Treffen diese generellen Aussagen auch auf Südtirol zu? Beziehen Sie in ihrer Argumentation auch die vorangegangenen Schaubilder mit ein.
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