AFI - GUIDELINE

AFI - GUIDELINE

Gender: Neu oder alles noch beim Alten? |

Geschlechterrollen im Wandel
„Ich Tarzan, du Jane“
Die Lehrredaktion 46B der Deutschen Journalistenschule München veröffentlichte 2008 das Abschlussmagazin ‚Silber‘. Darin finden sich vier Interviews zu dem Thema veränderte Rollenbilder. Auszüge aus drei der vier geführten Interviews werden in dieser Guideline abgedruckt. Die drei Persönlichkeiten des Deutschen Fernsehens berichten über ihre gelebten Rollenbilder. Zu den ausführlichen Interviews und dem vollständigen Artikel führt dieser Link: www.klartext-magazin.de/46B/?p=817 (14.04.2015).
/ Aufgabe [ 3 ]
In diesen vier Interviews werden verschiedenste Rollenbilder von Männern und Frauen beschrieben. Suchen Sie die Stereotypen und versuchen Sie die Veränderung dieser Rollenbilder, die diese vier Persönlichkeiten leben zu beschreiben.
Dagmar Berghoff über Rollenbilder
Der letzte Auftritt der „Miss Tagesschau” Silvester 1999 bedeutete das Ende einer Ära: Sie war die erste Nachrichten-Moderatorin im deutschen Fernsehen. Die 65-jährige Karrierefrau mit der rauchig-erotischen Stimme über gezähmte Hirsche und streitbare Damen.
Interview: Bettina Stuhlweißenburg und Boris Breyer
Sie sind 1976 als erste Frau in das von Männern dominierte Team der Tagesschau aufgenommen worden. Haben Sie mit Vorurteilen und Widerständen kämpfen müssen?
Den Stress habe ich mir selber gemacht. Ich dachte, ich muss auf Anhieb so gut sein wie die männlichen Kollegen, damit dieser Beruf nicht wieder verloren geht für die Frauen. Nur von Karl-Heinz Köpcke – er hatte den Auftrag, eine Frau in die Tagesschau zu holen – habe ich Vorurteile zu spüren bekommen. Er war der Meinung: Frauen verstehen nichts von Politik und Wirtschaft, bei traurigen Meldungen brechen sie in Tränen aus, von Sport verstehen sie überhaupt nichts. Etwas widerwillig hat er dann akzeptiert, dass ich es konnte.
1995 wurden Sie sogar Chefsprecherin. Hatten die männlichen Kollegen Probleme damit, sich vom schwachen Geschlecht etwas sagen zu lassen?
Chef sein heißt, prima inter pares zu sein. Nur: Einer muss das Bindeglied sein zur Chefredaktion, zum Fernsehdirektor. Einer muss die Verhandlungen führen, wenn es um Verbesserungen geht, etwa um höhere Honorare. Genau da war ich erfolgreich und hatte deshalb ein ganz gutes Standing.
Gab es da eine Strategie, die Männer auf Ihre Seite zu ziehen?
Nein, das hatte ich nicht nötig. Ich war damals 50. In diesem Alter bringt man eine natürliche Autorität mit.
Füllen Frauen Führungspositionen anders aus als Männer?
Frauen sind teamorientierter. Sie möchten in einer guten Arbeitsatmosphäre Chef sein und das ganze Team in ihre Entscheidungen miteinbeziehen.
Worin unterscheiden sich Männer und Frauen?
Männer haben dieses Hirschgehabe. Sie wollen die Stärksten sein im Wald. Männer sind von der Erziehung her stärker auf Karriere getrimmt. Frauen dagegen wollen sensibel und klug sein, ihren Job am besten machen.
Haben Sie jemals gedacht, ein bestimmtes Rollenbild erfüllen zu müssen?
Mein Vater wollte, dass ich Chefsekretärin werde oder Lehrerin. Für mich kam das nicht in Frage. Ich wollte raus, wollte Schauspielerin werden. Für mich zählen keine Rollenbilder, sondern Qualität.
Wie haben Sie es geschafft, Ihren eigenen Weg zu gehen?
Ich musste mich durchkämpfen. Ich habe in einer Käsefabrik gearbeitet, geputzt, Briefe ausgetragen und Nachhilfeunterricht gegeben. Auf diese Weise habe ich den nötigen Biss für das Leben entwickelt. Ich habe nie aufgegeben, Herausforderungen angenommen – auch auf die Gefahr hin, Niederlagen einzustecken.
Junge, unabhängige Frauen sollen…
…sich nicht verbiegen lassen. Nicht abheben, wenn sie erfolgreich sind und sich stetig weiterbilden.
Sind Kinder und Karriere vereinbar?
Sehr schwer. Ich hätte gerne Kinder gehabt, aber ich habe nicht den richtigen Mann zur richtigen Zeit gefunden. Darüber bin ich nicht unglücklich. Ich bin nie eine Frau gewesen, die sich über Kinder definiert. So konnte ich mich in den Beruf stürzen, ihn hundertprozentig erfüllen. …
Dominic Raacke über Rollenbilder
Im Berliner „Tatort” gibt er den coolen Macker mit der schwarzen
Lederjacke. Im echten Leben räumt er gern die Küche auf: Dominic Raacke (50) über seine mütterliche Seite und schlagkräftige Feen.
Interview: Bettina Stuhlweißenburg und Boris Breyer
Sie verkörpern die Rolle des klassischen Frauenhelden. Sind Sie einer?
Mein Vater war ein Womanizer. Der hatte eine nach anderen, mehrere parallel. Sieben Kinder mit fünf Frauen. Meine Mutter hat mein Männerbild geprägt. Sie hat uns Kindern gesagt: Das ist der Mann, der uns verlassen hat. Der ist der Böse. Ich habe mich zwangsläufig auf ihre Seite geschlagen.
…sind Sie nun einer?
Ich bin eine Mischung. Ich hatte den Wunsch nach Stetigkeit in meinen Beziehungen. Mit dem Effekt, dass ich daran gescheitert bin. Bei der Mutter meiner Tochter hat es nicht funktioniert und mit meiner Ehefrau bin ich auch nicht mehr zusammen. Aber der Wunsch ist geblieben.
Haben Sie eine weibliche Seite?
Ich bin genauso mütterlich wie die Mutter meiner Tochter. Ich habe für meine Tochter gekocht, habe sie ins Bett gebracht und in den Arm genommen. Meine männlichen Anteile überwiegen trotzdem. …
Nach einem gemeinsamen Essen, wer räumt die Küche auf?
Meine Devise ist: Wer kocht, putzt. Und meistens bin ich das. Rollenverteilung in der Küche finde ich unmöglich. Beides gehört zusammen und macht mir Spaß. Meine Küche ist tiptop.
Was können Sie am besten kochen?
Ich koche Ihnen alles. Ich muss auf den Markt gehen und schnuppern und das nehmen, was am besten riecht. Heute hatte ich allerdings ein enttäuschendes Erlebnis. Ich hab einen schwarzen Trüffel gekauft, der arschteuer war, und dann schmeckt der einfach nicht.
Ist der Kochlöffel ein neues männliches Statussymbol?
Nein. Ein rein männliches Statussymbol kann nur eine Frau sein.
Wie weiblich ist unsere Gesellschaft?
Wenn man voraussetzt, dass der Mann der aggressive, kriegerische Typus ist und die Frau einen behütenden Charakter hat, dann gibt es in unserer Gesellschaft eine Menge weiblicher Themen, wie die Friedens- und Ökobewegung.
Mike Krüger über Rollenbilder
Im Fernsehen spielt er den ganzen Kerl, im Leben ist er umzingelt von starken Frauen. Mike Krüger (57) über den Sex-Appeal von Humor, Vorzüge eines Dampfgarers und den Unterschied zwischen ihm und Robbie Williams.
Interview: Gordon Repinski
Herr Krüger, in einer Baumarkt-Werbung spielen sie den klassischen Macho. Sie sind der Handwerker, die Frau wird belächelt. Zieht dieses Rollenbild noch?
Nein. Die Spots sind auch nicht diskriminierend. Im Gegenteil: Frau zeigt, wie man ein Gartenhaus baut – obwohl es ihr der Mann nicht zutraut. Heute sind viele Frauen handwerklich besser, als männliche Möchtegern-Profis. Die wollen sich lieber ihr eigenes Regal bauen, als dass der Mann irgendwas Schiefes bastelt.
Wie ist die Rollenverteilung bei Ihnen?
Modern. Ich bin seit 33 Jahren mit einer sehr selbständigen Frau verheiratet. Dazu kommt meine Tochter, die ebenfalls ihr Ding durchzieht. Meine Frau ist übrigens schon lange meine Managerin. Alles, was mit Geld zu tun hat, macht sie. Ich habe davon gar keine Ahnung! Die Geschichte vom Jäger und Sammler mit der Frau, die brav kocht, gab es bei uns nie.
Wer kocht denn bei Ihnen?
Meine Frau kocht schon hervorragend. Ich konnte immer gut Spiegeleier zum Frühstück, bis ich das Rezept verlegt habe. In unserer neuen Küche gibt es allerdings einen Dampfgarer – ein tolles Ding. Da muss nur alles reingeworfen werden und man schaltet es an. Nach zehn Minuten kommt eine fertige Mahlzeit raus. Meine Frau ist seitdem begeistert von meinen Gerichten.
Und das Teil reinigt sich sogar von selber.
Ja, seit es Dampfgarer gibt, kocht
auch Mike Krüger wieder mehr.
Gibt es denn Bereiche in der Gesellschaft, wo „Mann“ noch alleine unter seinesgleichen ist?
Eigentlich nicht. Vielleicht bei Formel Eins Rennen. Männer denken doch, dass sie schnelle Autos immer noch am besten fahren können. Aber selbst da ist die Dominanz auf dem Rückmarsch. In Fernsehredaktionen sitzen mittlerweile fast nur noch Frauen. Das war früher auch anders. …
Solange wie sie verheiratet sind, stehen sie auch schon als Komiker auf der Bühne. Ist Humor eigentlich sexy?
Ich glaube schon. Aber es ist ja nicht das einzige, was bei Frauen zählt. Sonst wären Karl Dall und ich ja die absoluten Weiberhelden. Es ist den Frauen ja auch nicht egal, ob Männer schön oder hässlich sind. Wenn Männer total scheiße aussehen, stehen Frauen da nicht drauf. Meine Tochter achtet bei Männern schon auf Aussehen. Aber Humor ist ihr auch sehr wichtig.
Ist das eine klassische Rollenverteilung beim Humor? Männer reißen die Witze, Frauen lachen drüber?
Scheinbar ist es so. Es gibt kaum weibliche Komiker. Cindy aus Marzahn ist eine der wenigen erfolgreichen Frauen in der Comedy. Und sie spielt vor allem mit eigenen Macken. Sie hat am besten Alzheimer und Bulimie gleichzeitig und trägt einen alten Trainingsanzug. Es ist schade, dass es keine Comedy-Frau gibt, die gut aussehend, intellektuell und trotzdem witzig ist. Anke Engelke ist vielleicht eine Ausnahme, aber sie steht nicht auf der Bühne. Vielleicht ist es in den Leuten noch verankert, dass Männer die Gesellschaft zum Lachen bringen.

/ Quelle: Stuhlweißenburg et. al 2008
Werbeanzeigen: