Todesfall

Todesfall

was nun? | 2016

Rechtliche Aspekte
Hans Telser, Rechtsanwalt
Die nachfolgenden Zeilen dienen lediglich als Wegweiser und Basisinformation. Das Erbrecht ist derart komplex und breit gefächert, dass es generell empfehlenswert ist, sich im konkreten Fall professionell beraten zu lassen. Jeder Fall hat seine Eigenheiten, nichts kann verallgemeinert werden; jede Familien- und Erbsituation muss gesondert betrachtet, eingeordnet und geregelt werden.
Tatsache ist, dass sich jede Frau und jeder Mann irgendwann im Leben mit einem Todesfall auseinandersetzen muss – entweder als Erbe oder Vermächtnisnehmer oder aber als jene Person, die sich im Hinblick auf ihr eigenes Ableben Gedanken macht.
Jede Person ist befugt, zu Lebzeiten vollkommen frei über das eigene Vermögen zu verfügen. Jede mündige und handlungsfähige Person kann also Zeit ihres Lebens frei darüber befinden, was mit dem Vermögen passieren soll.
Die gesetzlichen Einschränkungen betreffen nur die Erbfolge, also die Zeit nach dem Ableben. Hierüber kann eine Person nicht frei bestimmen; diesbezüglich sind ihr vom Gesetzgeber Beschränkungen auferlegt. Das Erbrecht ist dann zuweilen der Grund dafür, dass Verträge angefochten und zu Fall gebracht werden. Zu Lebzeiten frei über das eigene Vermögen verfügen zu können bedeutet also nicht, dass diese Verfügungen zwangsläufig auch nach dem Tod aufrecht bleiben.
Die selbstbestimmte Regelung des eigenen Vermögens kann
zu Lebzeiten mittels Vertrag geschehen und
für den Todesfall mittels Testament.
Bei einem Vertrag treten die Rechtswirkungen in der Regel sofort ein, bei einem Testament erst nach dem Ableben des Testamentsverfassers.
Wenn jemand nicht selbst zu Lebzeiten auf die eine oder andere Weise über sein Vermögen verfügt, so
übernimmt nach dem Ableben der Gesetzgeber diese Regelung.
In diesem Fall bestimmt das Gesetz, wer welche Quote erbt.
In der Bestimmung der sogenannten „gesetzlichen Erben“ geht der Gesetzgeber streng nach Verwandtschaftsgrad vor (zuerst die Kinder und der Ehepartner, dann die Eltern, die Geschwister …).
Hierbei ergeben sich Unterschiede zwischen der Erbschaftsregelung bei ehelichen und jener bei nichtehelichen Gemeinschaften:
Der hinterbliebene Lebenspartner (also nicht Ehepartner) ist kein Verwandter und wird somit vom Gesetzgeber nicht a priori als Erbe berücksichtigt.
Bei einer nichtehelichen Partnerschaft (= de-facto-Paare) ist ein Erben also nur möglich, wenn ein Testament zugunsten des Partners verfasst worden ist.
Die Ehe begründet also nicht nur Rechte und Pflichten der Eheleute zu Lebzeiten, sondern auch Rechte bei Ableben. Die Ehe hat also im Erbrecht eine große Bedeutung.
Durch die Ehe wird der Ehepartner nicht nur zum gesetzlichen Erben, sondern sogar zum Pflichterben – kann also unter normalen Umständen nicht enterbt werden.
Abgesehen von einer Ausnahmeregelung ändert eine Ehetrennung an den Erbrechten grundsätzlich nichts.
Erst mit der Scheidung erlöschen diese möglichen Erbrechte. Das Gesetz sieht zwar auch bei Geschiedenen eine Ausnahmeregelung vor, darauf wird hier aber aufgrund der seltenen Anwendbarkeit und Anwendung nicht eingegangen.
Es sei noch einmal betont: Wenn jemand lebzeitig sein Vermögen weitergibt (durch Verkauf oder durch Schenkung), so kann er dies grundsätzlich uneingeschränkt tun. Jemand kann z.B. sein gesamtes Vermögen einem Fremden schenken und niemand kann zu Lebzeiten des Schenkers etwas dagegen unternehmen (sofern natürlich diese Schenkung bei klarem Verstand und freiem Willen erfolgt ist).
Das Erbrecht bestimmt aber einzelne Personenkategorien zu sogenannten „Pflichterben“
Dies sind jene Personen, die im Erbweg nicht ausgelassen werden können, die nicht enterbt werden können - jene also, die etwas bekommen müssen.
Dies sind der Ehepartner und die Kinder sowie die Eltern, falls keine Kinder vorhanden sind.
Die Rechte eines Pflichterben starten aber erst mit der Erbfolge, also mit dem Ableben des Erblassers. Zuvor hat der Pflichterbe keinerlei Rechte oder Ansprüche hinsichtlich dessen Vermögens und kann dementsprechend auch nicht einschreiten.
Beispiel: Der Vater schenkt seinen Hof einem Freund. Der Sohn kann dagegen nichts unternehmen, solange der Vater lebt. Erst wenn der Vater gestorben ist, wird der Sohn zum Pflichterben und kann sich an den Hofübernehmer wenden und seinen Pflichtteil einfordern.
Dieses Pflichterbe ist dahingehend zu verstehen, dass sich der Pflichterbe gegebenenfalls selbst darum kümmern muss, dass seine Rechte berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber gibt lediglich die Möglichkeit dazu, er weist das Pflichterbe nicht direkt zu. Wenn also im vorangegangenen Beispiel der Sohn den Willen des Vaters respektieren und somit die Hofübergabe nicht antasten will, so bleibt es bei dieser Vermögenszuweisung.
Beispiele für Pflichterbteilsquoten
A) Hinterlässt jemand einen Ehepartner und zwei oder mehrere Kinder, so hat der Ehepartner Anspruch auf ein Viertel und die Kinder (gemeinsam) auf die Hälfte. Das verbleibende Viertel ist frei verfügbar, kann also beliebig zugewiesen werden.
B) Hinterlässt jemand einen Ehepartner und Eltern, aber keine eigenen Kinder, so gebührt dem Ehepartner die Hälfte und den Eltern ein Viertel des Vermögens.Ein Viertel ist wiederum frei verfügbar.
Pflichterben können zum Schutz der eigenen Rechte die lebzeitigen Eigentumsübertragungen anfechten - aber eben erst nach dem Ableben des Erblassers. Ein Pflichterbe (also z.B. ein Kind des Verstorbenen) hat zehn Jahre Zeit, seine Rechte geltend zu machen.
Diese Rechte ergeben sich nicht nur aus dem hinterlassenen Vermögen, sondern auch aus jenem Vermögen, das der Erblasser bereits zu Lebzeiten verschenkt hat – abzüglich der hinterlassenen Schulden. Grundlage für jede Berechnung des Pflichtteils ist also diese Bewertung, welcher in der Praxis sehr oft aufwendige Schätzungen zugrunde gelegt werden müssen.
„Pflichterbe“ heißt aber nicht, dass man die Pflicht hat, ein Erbe auch wirklich anzutreten und anzunehmen.
Jeder Erbe – egal ob gesetzlicher oder testamentarischer Erbe – hat das Recht, die Erbschaft auszuschlagen, also darauf zu verzichten. Allerdings wohlweislich erst nach dem Ableben des Erblassers. Vorher gibt es kein Recht auf das Erbe und somit auch noch nichts, worauf man verzichten könnte.
Verzichtet ein zum Erbe Berufener auf sein Erbe und hat selbst Kinder, so gehen seine Rechte automatisch auf die Kinder über. Diese haben sodann ihrerseits die Möglichkeit zu verzichten.
Durch einen Erbverzicht wird man automatisch von eventuellen Schulden des Erblassers befreit. Es gilt nämlich die Regel, dass ein Erbe nicht nur das Aktiv-Vermögen, sondern auch etwaige Schulden mit übernehmen muss. Ein Erbe tritt als Rechtsnachfolger in die vertraglichen Verpflichtungen des Erblassers ein. Der Erbe haftet dabei grundsätzlich nicht nur mit dem geerbten Vermögen, sondern auch mit dem eigenen Vermögen.
Das Gesetz sieht besondere Möglichkeiten vor, um diese Verpflichtung zumindest auf das geerbte Vermögen zu begrenzen (sogenannte „Erbschaftsannahme unter dem Vorbehalt der Inventarerrichtung“). Diese Vorkehrung ist beispielsweise für minderjährige Erben zwingend vorgesehen.
Ein gesetzliches Sonderrecht ist für den hinterbliebenen Ehepartner vorgesehen. Für diesen sieht das Gesetz das lebenslange Wohnrecht in der ehelichen Wohnung mit Benützung der dortigen Einrichtung vor – unabhängig davon, wer diese Wohnung erbt. Aber auch hier gilt dies ausdrücklich nur für den Ehepartner, nicht für den ohne Heirat zusammenlebenden Lebenspartner. Seit 2016 erhält Letzterer aber ein zeitlich begrenztes Wohnrecht (maximal fünf Jahre) in der Eigentumswohnung des verstorbenen Partners; zudem kann er in dessen Mietvertrag eintreten.
Wenn jemand Zeit seines Lebens sein Vermögen oder auch nur Teile davon nicht weitergibt und wenn dieser Jemand auch kein Testament verfasst, so bestimmt allein das Gesetz, wem das Vermögen nach dem Ableben zufallen soll und muss.
Einige Beispiele für die gesetzliche Erbschaftsregelung bei Fehlen eines Testamentes
Der Verstorbene hinterlässt seine Frau und ein Kind: Das Gesetz weist hier je zur Hälfte zu.
Der Verstorbene hinterlässt seine Frau und zwei oder mehrere Kinder: ein Drittel erhält die Frau, zwei Drittel teilen sich die Kinder auf.
Der Verstorbene ist kinderlos, hinterlässt die Frau und zwei Geschwister: zwei Drittel erhält die Frau; ein Drittel teilen sich die Geschwister. (Wenn also die Ehefrau das gesamte Vermögen erben soll, müsste dies mittels Testament bestimmt werden.)
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