Gemeinschaft

Verfall der Gesprächskultur?

Wie das Smartphone unsere Kommunikation verändert hat
Bei allen sozialen Medien: Das Gespräch mit einem aufmerksamen Blick in die Augen des Gegenüber oder ein Telefongespräch empfinden viele Menschen immer noch als Wohltat. - FOTO: Pixabay
Viele Menschen besitzen heute ein Smartphone. Neben Whatsapp stehen Facebook, Snapchat, Instagram und Spiele ganz oben auf der Liste der Nutzer. Dies bedeutet die totale Kommunikation, immer und überall. Gespräche und Aufmerksamkeit haben sich dadurch verändert.
88 Mal am Tag schalten wir laut der Bonner „Menthal Balance“ Studie unsere Smartphones an. 35-mal, um nachzuschauen wie spät es ist ob man eine neue Nachricht bekommen hat. 53-mal zum Surfen, Chatten oder um eine andere App zu nutzen. Die bedeutet: Wir unterbrechen unsere Tätigkeit alle 18 Minuten, um zum Handy zu greifen. Insgesamt sind das zweieinhalb Stunden pro Tag, die wir im Internet verbringen. Telefoniert wird hingegen nur mehr sieben Minuten lang.
Zerstückelte Aufmerksamkeit
Alexander Markowetz ist Autor des Buches „Digitaler Burnout. Warum unsere permanente Smartphone-Nutzung gefährlich ist“. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt er: „Insgesamt führt die digitale Welt dazu, dass wir unsere Aufmerksamkeit zerstückeln. Wir können uns nicht mehr so lange konzentrieren. Ein Buch bindet einen an längere Texte. In der digitalen Welt wird alles in kleinen Portionen präsentiert.“ Das digitale Burnout führt er auf die ständige Erreichbarkeit und Interaktion zurück: „Früher hatten wir im Alltag eine Grunddosis an Pausen. An der Bushaltestelle, im Zug oder im Wartezimmer hatten wir Zeit, in uns reinzuhören, innezuhalten. Diese Pausen füllen wir nun mit dem Handy aus.“ Laut Markowetz stehen hier ähnliche Mechanismen wie bei einer Sucht dahinter. Schuld dabei ist das Glückshormon Dopamin. „Jedes Entriegeln des Handys ruft schon Glücksgefühle hervor, es sind Automatismen, die uns zum Handy greifen lassen.“ Denn entsperrt man das Handy, wird man ja vielleicht mit einer neuen Nachricht belohnt.
Noch keine sozialen Regeln
Kommunikation läuft von Anfang an über Blickkontakt und ungeteilte Aufmerksamkeit. Wenn nun in einem Gespräch der Gesprächspartner mit dem Smartphone beschäftigt ist, ist dies tatsächlich ein Aufmerksamkeitskiller. „Wir stehen mit anderen zusammen, reden, jemand bekommt eine Nachricht. Der ist sofort abgelenkt, schaut aufs Handy und antwortet unter Umständen auch – und hat kein Problem damit, dass er die anderen damit vor den Kopf stößt. Warum? Weil wir für neue Medien – im Gegensatz zu traditionellen Medien – überhaupt noch keine sozialen Regeln aufgestellt haben: Wann ist deren Nutzung angemessen, wann ist es unhöflich, wann ist es der Kommunikation unter den Anwesenden abträglich?“, so Medienpsychologe Peter Vorderer in einem Interview im Kurier.
Angela Keppler, Professorin für Medien- und Kommunikationswissenschaften an der Uni Mannheim sagt dazu in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten: „Es wird gar nicht weniger gesprochen, sondern die Gespräche nehmen einen anderen Verlauf, weil jederzeit spontan auf Informationen aller Art und nicht zuletzt auf Bilder zurückgegriffen werden kann. Dadurch werden Gespräche schneller privat. Und so zückt fast jede oder jeder von uns ganz schnell das Handy und zeigt Fotos aus dem letzten Urlaub. Das Entscheidende ist aber, dass nicht nur gezeigt, sondern zugleich verbal kommentiert und verglichen wird. Und das bereichert die Gespräche.“ Keppler sieht durch die intensive Nutzung von Smartphones keinen Verfall der Gesprächskultur. Unterschiedliche Kommunikationswege könnten durch die Einbindung von Smartphones in Alltagsgesprächen sogar auf eine neue Art zusammenfinden.

Thema

70 Jahre KVW

Gemeinwohl soll das Land prägen
Werner Steiner, KVW Landesvorsitzender
Ein solches Jubiläum gibt Anlass zurückzublicken: am 8. Februar 1948 wurde zum ersten Mal der Tag der Sozialfürsorge begangen. Die erste Kirchensammlung für das Patronat wurde abgehalten. Fragen nach der Zukunft des Landes, nach der Entwicklung der Gesellschaft, nach Neuem für die Zukunft standen im Vordergrund. Priester und junge Leute aus dem Mayr-Nusser Kreis und um Schulamtsleiter Josef Ferrari machten sich Gedanken. Sie sahen die Not, die Rechtlosigkeit der Bürger im neuen System in den Nachkriegsjahren. Bürger haben Rechte, kennen sie aber nicht. 3000 Südtiroler, meist Angehörige einfacher Verhältnisse hätten Anrecht auf eine Rente gehabt. In Unkenntnis der Sachlage konnten sie ihre Rechte nicht geltend machen.
Als christliche Fraktion und im vorgewerkschaftlichen Raum
Die Einheitsgewerkschaft CGIL nutze die Gunst der Stunde und 1949 waren bereits 8000 einheimische Arbeiter in die Gewerkschaft eingeschrieben. Es stellte sich die Frage: „Welche Kräfte werden die Arbeitswelt Südtirols gestalten? Werden die neuen Strömungen auch politisch aktiv werden und Einfluss auf unsere Gesellschaft nehmen? Man hielt Ausschau nach Lösungen und wurde beim Modell „ACLI“ fündig. Die ACLI waren 1944 als christliche Fraktion der Gewerkschaft CGIL gegründet worden und arbeiteten im vorgewerkschaftlichem Raum. Es wurden alsbald konkrete Vorarbeiten zur Gründung des KVW in Angriff genommen. Die Ortskirchen von Bozen und Trient unterstützten das Vorhaben und riefen in ihren Amtsblättern zum Aufbau des KVW als Bewegung und Patronat auf. Es wurden Ortsgruppen gegründet, Theologiestudenten übernahmen die Obmannstellen. In vielen Gremien stellten Frauen die Mehrheit der Mitglieder.
Die Gründung am 17. September 1948
Am 17. September 1948 erfolgte die Gründung des KVW und am 29. November 1949 fand die 1. Landesversammlung statt.
Seitdem sind nun 70 Jahre vergangen in denen die Welt große Veränderungen mitgemacht hat. Der Wandel der Gesellschaft, der Wandel in den Werten stellen uns vor neue Herausforderungen. Der Ruf nach Neoliberalismus wird immer stärker. Öffentliche Einrichtungen werden schlecht gemacht, der Ruf nach Privatisierung und dadurch angeblich mehr Effizienz ist aus dem Bereich der Sanität bekannt. Dass wir uns dadurch zu einer zwei Klassen Medizin hin entwickeln scheint nicht weiter zu stören. Wer es sich leisten kann, baut sich eine private Zusatzversorgung auf und die anderen Menschen werden wohl schauen wo sie bleiben. Es haben aber nicht alle die finanziellen Voraussetzungen für zusätzliche Vorsorge und deshalb ist es notwendig, dass wir uns gemeinsam für eine wirksame Sanität in unserem Land einsetzen. Bei Jubiläen ist es oft leichter vergangenen Zeiten nachzuhängen. Wir als KVW wollen in die Zukunft blicken und uns neuen Herausforderungen stellen. Im Gespräch mit langjährigen Mitgliedern erfahre ich oft, dass jede Zeit ihre spezifischen, ökonomischen, politischen und kulturellen Aufgaben zu lösen hatte.
Sich als Christen den sozialen Herausforderungen stellen
Als Christen und KVW Mitglieder blicken wir zuversichtlich in die Zukunft und stellen uns den sozialen Herausforderungen unseres Landes. Gemeinsam werden wir auch weiterhin unsere Stimme erheben und sachlich auf Fehlentwicklungen hinweisen. Wir wollen durch unseren ehrenamtlichen Einsatz aufzeigen, dass es sich lohnt für den Mitmenschen da zu sein. 1992 schloss Johannes Meßner sein Referat zum Tag der Sozialfürsorge mit den Worten: „Der Sabbat ist für die Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat.“ So wollen wir auch Sorge tragen, dass nicht Interessengruppen ihre persönlichen Anliegen durch entsprechende Organisation durchsetzen, sondern das Prinzip des Gemeinwohles nicht nur unseren Verband, sondern auch unser Land Südtirol in Zukunft prägen werden.
Text: Werner Steiner