KVW Aktuell

Einladung, nicht Angst zu haben

Paul Zulehner richtet den Blick an den Rand
V.l. Olav Lutz, 
Elisabeth Scherlin, Werner Steiner, Helga Mutschlechner, Bischof Ivo Muser, Paul Zulehner und Werner Atz
Grenzenlos solidarisch handeln war das Thema von Paul Zulehner bei seinem Vortrag in Bozen.
Er sprach davon, dass eine Politik der Gerechtigkeit so gemacht werden muss, dass morgen
weniger Menschen Sozialhilfe brauchen.
Der Moraltheologe Paul Zulehner aus Wien war Referent der Studientagung zum Tag der Solidarität. Er sprach zum Thema „Grenzenlose Solidarität – als ChristInnen wählen“.
Wunsch nach Solidarität
Laut Umfragen wären die Menschen gerne solidarisch. Die Realität zeige aber, dass „wir uns heute schwer tun mit solidarischen Taten“, stellte Paul Zulehner fest. Der Wunsch nach Solidarität erstickt also auf dem langen Weg zur Tat, meist im Dschungel der Angst.
„Angst entsolidarisiert. Solidarität wächst auf dem Boden des Vertrauens“, sagte Zulehner. Und hier sind die politischen Vertreterinnen und Vertreter gefragt: sie dürften nicht Politik mit der Angst machen, sondern durch ihre Politik sollten sie Vertrauen schaffen.
Die Kirche könne der Politik Mut machen, diesen Weg zu gehen, damit die Angst nicht die Oberhand behält. Die Kirche ist zwar keine politische Partei, aber sie ist „politisch parteilich“, so Zulehner. Ihre Aufgabe sei es dort hinzuschauen, wo andere wegschauen, im Namen Gottes Partei zu ergreifen, Anwältin für eine Welt mit menschlichem Antlitz sein, und die Kirche dürfe nicht schweigen, wenn Rechte der Menschen bedroht sind.
Politik mit mehr Gerechtigkeit
In diesem Zusammenhang nannte Paul Zulehner den Bischofsbrief von Ivo Muser zu den Parlamentswahlen „eine kantige Intervention“. Die dort angeführten zwölf Punkte führen zu einer Politik mit mehr Gerechtigkeit.
Einer der Leitsätze, die Zulehner beim Vortrag in Bozen erläuterte, lautet: „Wer sein Knie vor Gott beugt, beugt es nie mehr vor der Partei“. Glaubende, die eine Rückbindung an Gott haben, sind resistent gegen totalitäre Systeme. Zulehner verwendete dafür den englischen Begriff „to be connected“, also verbunden sein.
Zu den Armen gehen
Im Matthäusevangelium steht „als Jesus vom Berg herabstieg“. Jesus ging auf den Berg um in Gott einzutauchen, mit ihm in Verbindung zu sein. Dies ist ein mystisches Element. Zulehner stellte die Frage, wo die Berge sind, wo die Gottesorte sind. „Wo taucht Jesus auf? Bei jenen, die an den Rändern des Lebens und der Gesellschaft sind, die ganz unten sind“, sagte Zulehner. Sein Leitsatz dazu „Wer in Gott eintaucht, taucht bei den Armen auf! Und umgekehrt.“ Jesus holt sie ins Leben zurück. Wir verwenden heute das Wort integrieren dafür.
In der Spur Jesu gehen heißt also, bei denen auftauchen, die die Aussätzigen sind. Übertragen in die heutige Zeit falle einem dazu einige ein, meinte Zulehner. Er nannte unter anderem alte Menschen, die einsam sind, Junge, die keine Arbeit finden, Flüchtlinge.
Ganz klare Worte findet dafür Papst Franziskus, der die Christen immer wieder dazu auffordere, an die Ränder zu gehen.
Bischof Ivo Muser nannte „diesen Abend einen starke christliche Einladung, nicht Angst zu haben“. Mit Sorge sehe der Bischof das Spiel mit der Angst, es werde Angst vor dem Fremden, dem Unbekannten geschürt, es werde Angst davor gemacht, dass man etwas teilen müsse, so Bischof Muser.
Text: Ingeburg Gurndin

KVW Aktuell

Fünf Jahre - fünf Ziele

Südtiroler Frauenorganisationen haben fünf Ziele erstellt, deren Umsetzung in den nächsten fünf Jahre erfolgen soll.
Die Frauen im KVW, der Katholische Familienverband Südtirols, die Katholische Frauenbewegung, der Landesbeirat für Chancengleichheit, die Bäuerinnenorganisation und der Jugendring machen sich gemeinsam stark für die Frauen und Familien in Südtirol. Für die nächsten fünf Jahre fordern sie von der Politik die Verabschiedung von geeigneten Rahmenbedingungen und die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen in fünf Punkten.
Umsetzung Generationenvertrag
Der Arbeitseinstieg für Jugendliche ist zu erleichtern und die Anzahl der unbefristeten Arbeitsverhältnisse auszubauen. Die älteren Menschen sind ohne Einbußen hinsichtlich der Rente zu entlasten und der Arbeitsausstieg muss flexibler gestaltet werden.
Ausbau flexibler Arbeitszeitmodelle
Wenn flexible Arbeitszeitmodelle richtig umgesetzt werden, profitieren Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sowie Frauen und Männer gleichermaßen. Gute Rahmenbedingungen sind sowohl bei der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt als auch zur Fachkräftesicherung und Fachkräftegewinnung essentiell.
Wahlfreiheit bei Kinder­betreuung und Recht auf Bildung
Die Eltern müssen ohne Einbußen hinsichtlich Einkommen und Rente die Möglichkeit haben, zu wählen, ob sie die (Klein)Kinder zu Hause erziehen oder eine entsprechende Einrichtung in Anspruch nehmen wollen. Das Recht aller Kinder auf Bildung muss gesichert sein.
Schließung der Lohn- und Rentenschere
Faire Bezahlung von Frauen und Männern ist eine Frage der Gerechtigkeit. Somit stehen alle, auch die Arbeitgeberseite, in der Pflicht Maßnahmen für mehr Lohngerechtigkeit und Lohntransparenz zu ergreifen, um Vergleichsmöglichkeiten zu schaffen. Zudem sollen vorwiegend weiblich besetzte Berufe (z.B. Bildungs- und Pflegebereich) aufgewertet und angemessen entlohnt werden. Denn gerechter Lohn im Erwerbsleben bedeutet auch eine gerechte Rente.
Einführung einer Mindestrente
Die Einführung einer Mindestrente soll besonders Frauen unter Berücksichtigung der Erziehungs-, Pflege- und Erwerbszeiten vor Altersarmut schützen. Durch die Einführung der beitragsbezogenen Rente sind vorwiegend Frauen von Altersarmut bedroht. Mit einer Mindestrente könnten auch Rentnerinnen und Rentner abgesichert werden, die lange im Niedriglohnsektor gearbeitet haben. Ebenso wäre die Gefahr von Altersarmut für Frauen vermindert, die sich der Kindererziehung, der Pflege und dem Haushalt gewidmet haben. Es braucht die Diskussion einer sozialen Grundsicherung im Alter für alle Bürgerinnen und Bürger.