Tagung des Afi


Arbeit 4.0

Die Zukunft der Arbeit, die wir wollen!
Dienstag, 16. Januar 2018
8.45 – 13.00 Uhr
Raum D1.01, Freie Universität Bozen
Globalisierung, Alterung der Belegschaften, Digitalisierung und Automatisierung, neue Berufe: Der Wandel der Arbeitswelt ist ein Prozess, der nicht aufgehalten aber mitgestaltet werden kann. Das AFI will sich mit diesem Thema im Jahr 2018 eingehend wissenschaftlich auseinandersetzen. Ziel ist es aufzuzeigen, wie sich die Arbeitswelt verändern wird und wie dieser Prozess so gestaltet werden muss, dass er zu einer Verbesserung und nicht zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führt.


Anmeldung beim Afi, www.afi-ipl.org

Kommentar

Welche Sozialpolitik für Südtirol?

Herausforderungen der nächsten Jahre
Südtirol hat sich in den vergangenen Jahren ein starkes lokales Wohlfahrtssystem errichtet. Damit dies auch in Zukunft trotz knapper werdenden Ressourcen erhalten und weiterentwickelt werden kann, bedarf es des Zusammenspiels und der Beteiligung vieler Akteure.
Karl Tragust,
ehemaliger Leiter der Abteilung Sozialwesen
Nach 1973 (2. Autonomiestatut) ist in Südtirol ein starkes lokales Wohlfahrtssystem eingerichtet worden. Wichtige Bausteine sind: Das organisierte Ehrenamt, das soziale Mindesteinkommen, der Kinderschutz, die Familienleistungen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Pflegesicherung, die Schul- und Arbeitsintegration, die Sozialgenossenschaften, der öffentliche Gesundheitsdienst, die delegierten Sozialdienste, der integrierte Sozial- und Gesundheitssprengel, die Schul- und Hochschulfürsorge, die Jugenddienste, das Arbeitsmarktservice, der soziale Wohnbau, die Hausfrauenrente, die Beiträge für die Übernahme von Versicherungszeiten, die Zusatzrente. Die Ausstattung der Autonomie mit finanziellen Mitteln ist Voraussetzung und Folge des Wirtschafts- und Sozialsystems. Südtirol hat einen eigenen autonomen Mix aus südlichen (inklusive Bildungsgesetzgebung, öffentlicher Gesundheitsdienst mit offener Psychiatrie) und nördlichen Elementen (universelle Mindestsicherung, Pflegesicherung, Familienleistungen) geschaffen. Das lebendige Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement und der Sinn für das Gemeinwohl sind wichtige Grundlagen.


Ressourcen werden knapp


Wie können wir das bewahren und weiterentwickeln? Allenthalben wird darauf hingewiesen, dass die Ressourcen knapp werden. Gleichzeitig wächst Ungleichheit. Von Süden und Osten kommen Menschen zu uns, die den Kriegen und der Armut entfliehen.

Ich sehen folgende Prioritäten:
a) Wirtschaft und Soziales sind gleichwertig.
Investitionen ins Soziale stärken den sozialen Zusammenhalt und dieser die Wirtschaft. Steuern zielen auf sozialen Ausgleich.
b) Das Leistungsniveau beibehalten.
Wir haben nichts überfinanziert. Die Leistungen sind im mitteleuropäischen Schnitt und einer reichen Region wie Südtirol angemessen. Reformen sollen das System vereinfachen und stärken und bestehende Lücken beseitigen.
c) Soziales Grundeinkommen:
Land, Region und Staat haben Grundsicherungsleistungen eingeführt, die nicht koordiniert sind. Das Land soll daraus ein soziales Grundeinkommen machen. Die Höhe des sozialen Grundeinkommens soll mit der Gesamtreform entschieden werden. Alles andere ist Flickwerk.
d) Familienleistungen:
Es gibt die Leistungen von Land, Region und Staat. Das Land soll alle Familiengelder in die Kompetenz des Landes übernehmen, Familiengeld und Kinderbetreuungsgeld trennen und mit den auszubauenden Diensten der Kinderbetreuung abstimmen.
e) Migration:
Südtirol ist ein reiches Land im Grenzgebiet. Der solidarische Umgang mit Migranten und Flüchtlingen ist uns Verpflichtung. Die grenzüberschreitende Optik (auch innerhalb der EUREGIO) ist erfolgversprechender und stärkt uns an allen Tischen. In der EU, interregional, auf Staatsebene.
f) Rechte:
Rechte, Ansprüche und Pflichten sind auf Gesetzesebene festzuschreiben und finanziell durch Einrichtung von Garantiefonds langfristig zu sichern. Neue Modelle der Bürgerversicherung und die Teil-Finanzierung aus der Bewirtschaftung von Gemeingütern (Wasserkraft, Energie) sollen angedacht und implementiert werden.
g) Plattform für Soziales:
Das Land ist für die Gestaltung und Verwaltung der Leistungen zuständig und koordiniert sie mit den staatlichen (INPS, INAIL), den regionalen Trägern (Pensplan, Zusatzrentenfonds, Zusatzgesundheitsfonds) und den EU-Stellen. Eine Landesplattform für Soziales soll eingerichtet werden, die Vorschläge unterbreitet, Innovation und Forschung anregt, EU-Gelder systematisch nutzt und im Verbund mit lokalen und überregionalen Forschungs- und Bildungseinrichtungen einsetzt.


Teilhabe und Beteiligung vieler


Wohlfahrt kann nur im Verbund gelingen: BürgerInnen, Zivilgesellschaft, Verbände, Sozialpartner, Fachkräfte, Dienste, Gemeinden, Bezirke, Land, Region, Staat, Forschung, lokale, überregionale/internationale Netzwerke. Eine auf Teilhabe und Beteiligung setzende Regie ist notwendig. Das Soziale und Sozialpolitik sind ohne diesen Zugang nicht möglich.
Text: Karl Tragust