KVW Aktuell

Frauen in Führungspositionen

Was unterscheidet Angela Merkel und Martin Schulz?
Angela Merkel gegen Martin Schulz. Duell oder Duett? Viel ist darüber geschrieben und gesagt worden. Vieles wurde analysiert. Auch an der Eurac Research an einem Diskussionsabend über Themen, Typen und Temperamente.
„Maß und Mitte“, dafür stehe sie, die amtierende Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Somit war gleich zu Beginn klar: ihr geht es nicht um Extreme. Genau so sieht es auch die erfahrende Wirtschaftsjournalistin Lydia Ninz, die aus Bozen stammt und in Wien lebt. Sie war neben dem bekannten Körpersprache-Experten Stefan Verra im September an die Eurac geladen, um das Kanzler-Duell zu analysieren. Gemeinsam mit über einhundert Frauen aus ganz Südtirol und einigen Männern als Zuseher.
Die Körpersprache sei wichtiger als der Inhalt, so Stefan Verra gleich zu Beginn. Begründung: das Gehirn kann nur knapp ein Prozent des Gehörten aufnehmen. Während die Kanzlerin in ihrer Haltung Alphatierqualitäten vermittle, war dies beim Herausforderer weniger zu sehen, so Verra. Er sei einfach zu nett gewesen. Schon TV-Legende Thomas Gottschalk hatte in einer unmittelbaren Nachbetrachtung betont, dass es wenig Aufregendes zwischen den beiden Kontrahenten gab. Mit Ausnahme der Frage nach dem Kirchenbesuch.
Auch Journalistin Ninz, gelernte TV-Dramaturgin, fand diese Szene auflockernd. Angela Merkel und Martin Schulz waren von Moderatorin Sandra Meischberger gefragt worden, ob sie heute schon in der Kirche waren, zumal es ja um das Thema Religion gehe. Während Merkel dies spontan verneinte, fiel Martin Schulz ein, dass er in einer Kapelle war. Daraufhin ergänzte die Bundeskanzlerin, am Vortag in einer Kirche ihres verstorbenen Vaters gedacht zu haben. Stefan Verra hält hierzu nur eine Antwort für richtig: „Das geht niemanden etwas an.“ Man dürfe nicht auf der einen Seite die Trennung von Staat und Religion fordern und auf der anderen Seite mit seiner Religion Wahlkampf betreiben, so der Körpersprache-Experte. Dennoch sei die Bundeskanzlerin in ihrer Schüchternheit authentisch gewesen, ergänzte Verra.
Zusammenfassend, so Stefan Verra, solle man sich nicht zu viel auf Berater verlassen. Dies sei auch in der Schlussszene deutlich und für Martin Schulz negativ zum Ausdruck gekommen. Demgegenüber hinterließ die Bundeskanzlerin in ihren Abschlussworten einen sehr verlässlichen Eindruck. Ganz im Sinne des „wir schaffen das“ wünschte sie allen Fernsehzusehern eine gute Nacht, oder wie es ein Politikberater auf den Punkt brachte: Sie können beruhigt schlafen gehen, Mutti macht das schon.
Was solche TV-Duelle wirklich bringen, bleibt auch wissenschaftlich umstritten. Tatsache ist: über 16 Millionen Menschen haben das Duell verfolgt und Angela Merkel mit über 60 Prozent kompetenter gesehen, auch wenn der Herausforderer als angriffslustiger und bürgernäher galt.
Auch die Eurac Research wird weiterhin genau hinschauen, wenn es um das Thema der Führungspotentiale und hier insbesondere um Qualitäten und Chancen von Frauen geht. Analysen, Empfehlungen und die Diskussion stehen dabei im Mittelpunkt der Event-Reihe, die auch 2018 gemeinsam mit den KVW Frauen und mit Unterstützung der Tiroler Versicherung fortgesetzt wird.
Text: Josef Bernhart

KVW Aktuell

Großbaustelle Raumordnung

Neues Gesetz „Raum und Landschaft“
Josef Stricker,
geistlicher Assistent des KVW
Ein Aushängeschild der laufenden Gesetzgebungsperiode des Landestages soll er werden: Der Entwurf zur Reform der Urbanistik. Zwei bedeutsame inhaltliche Neuerungen werden angepeilt. Eine betrifft die Abgrenzung vom Siedlungsgebiet, die andere den Wertzuwachs auf Baugrund. Zu letzterem.
Wird ein Grundstück als Baugrund ausgewiesen, erfährt die Parzelle eine Wertsteigerung, die je nach Lage unterschiedlich hoch ausfällt. Dem Eigentümer der Parzelle entstehen in jedem Fall „unverdiente“ Vorteile. Einen Gutteil dieses Wertzuwachses will die Gemeinde abschöpfen. Die Allgemeinheit soll etwas haben. Jetzt ist Streit darüber entbrannt, wieviel vom Wertzuwachs dem Eigentümer bleiben soll, wieviel in die Gemeindekassen fließen darf.
Vertreter der Grundbesitzer argumentieren, eine solche Abgabe wäre ein Eingriff in das private Eigentum. Sozialverbände wiederum verweisen auf das Recht öffentlicher Institutionen zu Eingriffen in das Eigentum, wenn dies dem Wohl der Gesamtheit dient.
Bislang wird Boden genauso behandelt wie jede andere Ware. Wie ein Auto oder eine Kücheneinrichtung. Mit dem Kauf oder Verkauf von Boden Geld zu verdienen, wird als völlig normal angesehen. Ist es aber nicht. Denn der Boden ist keine Ware, schon deswegen nicht, weil er nicht vermehrbar ist. Würde man die Logik der Ware auch auf Wasser und Luft anwenden, der öffentliche Aufschrei wäre riesig. Ohne Eingriffe in das Eigentum Boden geht es nicht. Diese Feststellung hat nichts mit Sozialismus zu tun.
Damit eine Wohngegend attraktiv wird, braucht es Grünanlagen, Kinderspielplätze, Einrichtungen für Senioren und anderes - all das zahlt die Allgemeinheit. Von daher die Forderung nach einem hohen Anteil am Wertzuwachs. Denn ohne Korrekturen würden Eigentümer von Grund und Boden bloß abschöpfen, ohne sich um den Rest zu kümmern. Gerecht wäre das nicht.