Kommentar
Voucher abgeschafft – Was nun?
Text: Helmuth Sinn
Möglichkeiten für eine formlose Beschäftigung in Zukunft
Helmuth Sinn, Direktor der Landesabteilung Arbeit
Von einem Tag auf den anderen ist die Beschäftigungsform mittels der Wertgutscheine, der sogenannten Voucher, abgeschafft worden. Unterschiedliche Reaktionen waren die Folge. Von Seiten der Wirtschaft wird die ersatzlose Streichung der Voucher scharf kritisiert, die Gewerkschaften sind gespalten und bei den Vereinen herrscht großes Bedauern und Unsicherheit. Wie geht es nun weiter?
Die römische Regierung hat die Wertgutscheine kurzerhand abgeschafft. Dabei wäre es auch möglich, ja sinnvoll gewesen, die Regelung der Voucher zu überarbeiten, sie zu reformieren und den Erkenntnissen aus ihrer Anwendung anzupassen.
Die Wertgutscheine sind mit der Biagi-Reform im Jahr 2003 erstmals in der italienischen Arbeitsgesetzgebung eingeführt worden. Es handelt sich dabei um eine unbürokratische Beschäftigungsform, die mittels Gutscheinen, den Vouchern, entlohnt wird. Die Regelung war relativ einfach: Ein Gutschein pro Arbeitsstunde im Wert von 10 Euro konnte bei der Post oder Bank für 7,5 Euro eingelöst werden. Die restlichen 2,5 Euro wurden für Renten- und Unfallversicherungsbeiträge einbehalten. Mit dieser Regelung sollte insbesondere bei Gelegenheitsarbeiten (das sind verschiedene kleinere, zeitlich befristete, nicht immer vorhersehbare und sporadisch, also gelegentlich auftretende Arbeiten) die bis dahin vielfach übliche Schwarzarbeit eingedämmt werden. Gemeint waren kleinere Haushaltsarbeiten wie bügeln, putzen, Babysitting, Gartenarbeiten, Nachhilfestunden usw. sowie die Mithilfe bei der Ernte in der Landwirtschaft durch Studenten und Rentner. Die Voucher blieben nach ihrer Einführung fast unbeachtet und wurden entsprechend ihrer Zielsetzung nur in den Familien und in der Landwirtschaft eingesetzt. Erst mit der Reform durch die Regierung Berlusconi bzw. der Ausdehnung auf alle Wirtschaftsbereiche im Jahr 2008 ist diese Beschäftigungsform auch von den Betrieben und Unternehmen entdeckt und genutzt worden. Mit der Reform durch die Regierung Monti 2012 wurde die Möglichkeit der Voucherbeschäftigung auf alle Arbeitnehmer einschließlich der Arbeitslosen ausgedehnt und 2015 wurde der Begriff Gelegenheitsarbeit gestrichen. Damit wurde für den allgemeinen Einsatz der Voucher Tür und Tor geöffnet und diese Beschäftigungsmöglichkeit entwickelte sich zu einer gängigen Anstellungsform. Die einzige Einschränkung blieb jene des Höchsteinkommens, das mit den Vouchern erzielt werden konnte: 7.000 Euro im Jahr pro Arbeitnehmer, 3.000 Euro für Arbeitslosengeldbezieher, wobei maximal 2.000 Euro beim selben Arbeitgeber verdient werden konnten.
Die Voucher wurde nun vielfach als günstige und unbürokratische Alternative zu den normalen, ordentlichen Arbeitsverhältnissen eingesetzt. So wurde z.B. die erste Zeit einer abhängigen Tätigkeit mittels Voucher entlohnt und erst zu einem späteren Zeitpunkt ein regulärer Arbeitsvertrag abgeschlossen. Für den Arbeitgeber hatte dies den Vorteil, dass die formelle Probezeit verlängert werden konnte. Außerdem entfielen für diesen Zeitraum sämtliche bürokratische Obliegenheiten, die bei einem normalen Arbeitsverhältnis zu beachten sind. Arbeitslosengeldbezieher nutzten die Voucherbeschäftigung für die Aufstockung ihrer Bezüge mit einem steuerfreien Zusatzeinkommen. Auch war die Nutzung der Voucher in einigen Bereichen grenzwertig. So sind die meisten Beschäftigten z.B. bei den Weihnachtsmärkten nur mit Voucher angestellt und bezahlt worden. Dies war gesetzlich zwar möglich, aus gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sicht aber bedenklich.
Es ist davon auszugehen, dass früher oder später eine neue Form der flexiblen und formlosen Beschäftigung von Studenten, Hausfrauen und Rentnern insbesondere für Gelegenheitsarbeiten vorgesehen wird. Modelle dafür gibt es in anderen europäischen Ländern. In der Zwischenzeit ist keine Gesetzeslücke vorhanden; es gibt genug alternative Formen der Beschäftigung für jene Arbeiten, die vorwiegend mit Wertgutscheinen bezahlt wurden. Erwähnenswert ist die Arbeit auf Abruf, ein Haushaltsangestelltenverhältnis, ein Teilzeit- oder ein befristetes Arbeitsverhältnis. Diese und andere Arbeitsformen sind eine Alternative zu den Vouchern, allerdings sind sie mit einem höheren bürokratischen, organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden.
Kleine Geschichte der Voucher
Die Wertgutscheine sind mit der Biagi-Reform im Jahr 2003 erstmals in der italienischen Arbeitsgesetzgebung eingeführt worden. Es handelt sich dabei um eine unbürokratische Beschäftigungsform, die mittels Gutscheinen, den Vouchern, entlohnt wird. Die Regelung war relativ einfach: Ein Gutschein pro Arbeitsstunde im Wert von 10 Euro konnte bei der Post oder Bank für 7,5 Euro eingelöst werden. Die restlichen 2,5 Euro wurden für Renten- und Unfallversicherungsbeiträge einbehalten. Mit dieser Regelung sollte insbesondere bei Gelegenheitsarbeiten (das sind verschiedene kleinere, zeitlich befristete, nicht immer vorhersehbare und sporadisch, also gelegentlich auftretende Arbeiten) die bis dahin vielfach übliche Schwarzarbeit eingedämmt werden. Gemeint waren kleinere Haushaltsarbeiten wie bügeln, putzen, Babysitting, Gartenarbeiten, Nachhilfestunden usw. sowie die Mithilfe bei der Ernte in der Landwirtschaft durch Studenten und Rentner. Die Voucher blieben nach ihrer Einführung fast unbeachtet und wurden entsprechend ihrer Zielsetzung nur in den Familien und in der Landwirtschaft eingesetzt. Erst mit der Reform durch die Regierung Berlusconi bzw. der Ausdehnung auf alle Wirtschaftsbereiche im Jahr 2008 ist diese Beschäftigungsform auch von den Betrieben und Unternehmen entdeckt und genutzt worden. Mit der Reform durch die Regierung Monti 2012 wurde die Möglichkeit der Voucherbeschäftigung auf alle Arbeitnehmer einschließlich der Arbeitslosen ausgedehnt und 2015 wurde der Begriff Gelegenheitsarbeit gestrichen. Damit wurde für den allgemeinen Einsatz der Voucher Tür und Tor geöffnet und diese Beschäftigungsmöglichkeit entwickelte sich zu einer gängigen Anstellungsform. Die einzige Einschränkung blieb jene des Höchsteinkommens, das mit den Vouchern erzielt werden konnte: 7.000 Euro im Jahr pro Arbeitnehmer, 3.000 Euro für Arbeitslosengeldbezieher, wobei maximal 2.000 Euro beim selben Arbeitgeber verdient werden konnten.
Atypischer Einsatz der Voucher
Die Voucher wurde nun vielfach als günstige und unbürokratische Alternative zu den normalen, ordentlichen Arbeitsverhältnissen eingesetzt. So wurde z.B. die erste Zeit einer abhängigen Tätigkeit mittels Voucher entlohnt und erst zu einem späteren Zeitpunkt ein regulärer Arbeitsvertrag abgeschlossen. Für den Arbeitgeber hatte dies den Vorteil, dass die formelle Probezeit verlängert werden konnte. Außerdem entfielen für diesen Zeitraum sämtliche bürokratische Obliegenheiten, die bei einem normalen Arbeitsverhältnis zu beachten sind. Arbeitslosengeldbezieher nutzten die Voucherbeschäftigung für die Aufstockung ihrer Bezüge mit einem steuerfreien Zusatzeinkommen. Auch war die Nutzung der Voucher in einigen Bereichen grenzwertig. So sind die meisten Beschäftigten z.B. bei den Weihnachtsmärkten nur mit Voucher angestellt und bezahlt worden. Dies war gesetzlich zwar möglich, aus gesellschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sicht aber bedenklich.
Was nun?
Es ist davon auszugehen, dass früher oder später eine neue Form der flexiblen und formlosen Beschäftigung von Studenten, Hausfrauen und Rentnern insbesondere für Gelegenheitsarbeiten vorgesehen wird. Modelle dafür gibt es in anderen europäischen Ländern. In der Zwischenzeit ist keine Gesetzeslücke vorhanden; es gibt genug alternative Formen der Beschäftigung für jene Arbeiten, die vorwiegend mit Wertgutscheinen bezahlt wurden. Erwähnenswert ist die Arbeit auf Abruf, ein Haushaltsangestelltenverhältnis, ein Teilzeit- oder ein befristetes Arbeitsverhältnis. Diese und andere Arbeitsformen sind eine Alternative zu den Vouchern, allerdings sind sie mit einem höheren bürokratischen, organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden.
Vor- und Nachteile der Voucher
Vorteile für Arbeitnehmer: steuerfrei, kompatibel mit Arbeitslosengeld und Rente, formlose Zusatzbeschäftigung.
Nachteile für Arbeitnehmer: äußerst prekäre Beschäftigungsform, Entlohnung nur für effektiv geleistete Arbeit, keine Arbeitnehmerrechte wie Urlaub, Krankengeld, Mutterschaft, geringste Rentenbeiträge.
Vorteile für Arbeitgeber: einfache und kostengünstige Beschäftigungsmöglichkeit, keine bürokratischen Auflagen, flexible Anwendung, legales Arbeitsverhältnis.
Nachteile für Arbeitgeber: keine.
Nachteile für Arbeitnehmer: äußerst prekäre Beschäftigungsform, Entlohnung nur für effektiv geleistete Arbeit, keine Arbeitnehmerrechte wie Urlaub, Krankengeld, Mutterschaft, geringste Rentenbeiträge.
Vorteile für Arbeitgeber: einfache und kostengünstige Beschäftigungsmöglichkeit, keine bürokratischen Auflagen, flexible Anwendung, legales Arbeitsverhältnis.
Nachteile für Arbeitgeber: keine.