Rechte und Pflichten

Streit und Konflikt

Mediation statt Gerichtsverfahren
Die Mediatorin 
unterstützt bei der Lösungsfindung. 
Sie achtet durch Wiedergeben, Nachfragen und 
Zusammenfassen darauf, dass sich die Parteien gehört fühlen.
Die Verschiedenheit der Menschen in ihren Bedürfnissen, Interessen, Zielsetzungen und Wertvorstellungen führt oft zu Streit und Konflikt. Mediation kann dazu dienen, einen Konflikt für die Beteiligten kostengünstig und zeitsparend zu lösen oder diesem vorzubeugen. Sie kann darüber hinaus auch eine respektvolle Streitkultur fördern, den Blick für die menschliche Verschiedenheit als Bereicherung öffnen und so Bewusstsein für verbindende Werte schaffen.
Was ist Mediation
Mediation ist ein (zum Gerichtsverfahren) alternatives Streitbeilegungsverfahren, in welchem ein neutraler Mediator zwischen den betroffenen Parteien vermittelt und sie bei der Lösungsfindung unterstützt.
Eine Mediation kann auch vor Ausbruch eines Konfliktes nützlich sein, um potentielle Streitparteien zu unterstützen, eine sinnvolle Regelung zu treffen, die ihren konkreten Interessen und Bedürfnissen nachhaltig Rechnung trägt. So wird die Mediation zum Beispiel bei der Regelung von Erbschaften und Unternehmensübergaben häufig in Anspruch genommen, oder auch bei der Umstrukturierung von Betrieben und Neuregelung der internen Abläufe. Werden die Interessen und Bedürfnisse der betroffenen Parteien in derartigen Situationen nicht in ihrer ganzen Tragweite gehört und ernst genommen, so kann es erfahrungsgemäß in der Folge zu tiefen Konflikten kommen. Dies kann durch eine Mediation vermieden werden.
Drei Grundsätze der Mediation
Freiwilligkeit
Mediation ist ein freiwilliges Verfahren. Jede Partei kann zu jedem Zeitpunkt entscheiden, das Verfahren nicht mehr weiterzuführen. Entsprechend ist auch die von den Parteien gefundene Lösung eine freiwillige, gewollte und daher auch tragfähige Lösung.
Eigenverantwortlichkeit
Jede Partei kennt die eigenen Interessen und Bedürfnisse selbst am besten und wird daher in der Mediation als „Experte“ des eigenen Konfliktes und dessen Lösungsmöglichkeiten betrachtet. Die Lösung des Konfliktes wird mit Unterstützung des Mediators von den Parteien selbst erarbeitet und nicht aufgezwungen.
Vertraulichkeit
Alles, was in der Mediation an Inhalt besprochen wird, ist vertraulich, darf nicht nach außen getragen werden und auch nicht Gegenstand einer Zeugenaussage in einem Gerichtsverfahren sein.
Der Mediator
Entsprechend dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit und Freiwilligkeit ist der Mediator kein Richter oder Schiedsrichter und trifft keine Entscheidungen. Er ist für den Ablauf des Mediationsverfahrens verantwortlich und unterstützt die Parteien dabei in eine respektvolle lösungsorientierte Kommunikation zu kommen. Durch das Stellen von Fragen und Wiedergeben der Äußerungen der Parteien hilft er dabei, dass sich diese verstanden und in ihren Anliegen ernst genommen fühlen und so auch in die Lage versetzt werden, die Interessen und Bedürfnisse der anderen Partei effektiv wahrzunehmen.
Der Mediator ist gegenüber den Parteien unabhängig und neutral. Man spricht auch von „Allparteilichkeit“ des Mediators, da er für alle Parteien eine unterstützende Funktion innehat. Bei der heute in Italien gesetzlich geregelten Pflichtmediation und vom Richter angeordneten Mediation ist die schriftlich erklärte Unabhängigkeit des Mediators gesetzliche Voraussetzung. Im Einklang mit dem Grundsatz der Vertraulichkeit ist der Mediator zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet.
Das Mediationsverfahren
Es handelt sich um ein offenes, formloses, flexibles Verfahren, für dessen Ablauf der Mediator zuständig ist, während für den Inhalt die Parteien selbst verantwortlich sind. Je nach Methode bindet der Mediator die Parteien in die Entscheidung über den Verfahrensablauf mit ein und stärkt dadurch das Bewusstsein der Eigenverantwortung. Bei den meisten Methoden der Mediation gliedert sich das Verfahren in folgende fünf Phasen:
Einleitung: Als erstes wird der Mediator seine Rolle klären und über das Verfahren, die Kosten, den zeitlichen Ablauf informieren und die Zustimmung der Parteien einholen. Es werden dabei auch die Verhaltensregeln festgelegt, die für eine konstruktive und lösungsorientierte Kommunikation notwendig sind, wie sich gegenseitig ausreden lassen usw.
Themensammlung
Nun beginnt die Mediation inhaltlich, und die Parteien äußern ihre Anliegen und Konfliktpunkte. Bei dieser Themensammlung ist es Aufgabe des Mediators sicherzustellen, dass alle für die Parteien wichtigen Punkte benannt werden, und das Vertrauen in das Verfahren und in die Person des Mediators entsteht.
Hintergrundarbeit
In der dritten Phase äußern sich die Parteien zu den gesammelten Themen und haben nun Gelegenheit, ihre Interessen, Bedürfnisse, Wünsche und Motive, die hinter ihren Forderungen und Positionen stehen, vorzubringen. Beim Herausarbeiten der Hintergründe führt der Mediator die Parteien zur direkten Kommunikation und es kann sich ein Verständnis für die Sichtweise der jeweiligen anderen Partei entwickeln.
Erarbeiten von Lösungen
In der vierten Phase werden Lösungsvorschläge der Parteien gesammelt und in einem zweiten Schritt bewertet und konkret verhandelt. Der Mediator wird dabei auch durch Nachfragen darauf achten, dass die Parteien die vorgebrachten Interessen, Bedürfnisse, Wünsche und Motive im Auge behalten, damit eine tragfähige Lösung zustande kommen kann.
Abschließende Vereinbarung
Ist ein Konsens zustande gekommen wird eine abschließende schriftliche Vereinbarung formuliert und von den Parteien sowie von Mediator unterzeichnet. Bei der gesetzlich geregelten Pflichtmediation und der vom Richter angeordneten Mediation wird die Vereinbarung auch von den anwesenden Rechtsanwälten mit unterzeichnet, die für ihre rechtliche Wirksamkeit und Umsetzbarkeit verantwortlich sind; bei der freiwilligen Mediation kann dafür im Einverständnis der Parteien ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.
Abgrenzung zu Gerichtsverfahren, Schiedsgerichtsverfahren, Schlichtungsverfahren
Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren (ADR = alternative dispute resolution) wie die Mediation haben in den letzten Jahren sehr an Akzeptanz gewonnen, da sie gegenüber einem Gerichtsverfahren in der Regel weniger kosten- und zeitintensiv sind. Entsprechend werden sie mittlerweile in vielen Bereichen gesetzlich vorgesehen auch um die Gerichte zu entlasten.
Im Unterschied zum Schiedsgerichtsverfahren, bei dem - ähnlich wie in einem Gerichtsverfahren - ein über den Parteien stehender Schiedsrichter entscheidet, sind Mediation und Schlichtungsverfahren einvernehmliche Streitbeilegungsverfahren.
Die Mediation unterscheidet sich vom Schlichtungsverfahren insbesondere dadurch, dass der Schlichter inhaltlich an der Lösungsfindung mitarbeitet, die Situation bewertet und auch Lösungsvorschläge macht, während der Mediator nur für den Verfahrensablauf verantwortlich ist und keine inhaltlichen Beurteilungen abgibt.
Bei der Schlichtung geht es darum, auf der Sachebene rasch eine Lösung zu finden, bei der Mediation geht es um die Förderung der Kommunikation zwischen den Parteien als Voraussetzung für die nachhaltige Bereinigung eines Konfliktes auf der persönlichen Ebene.
Entsprechend ist die Mediation in der Regel wesentlich wirksamer, wo es um Aspekte persönlicher Beziehungen geht wie zum Beispiel bei Erbschaften, Nachbarschaftsrechten, Familienangelegenheiten, Streitigkeiten am Arbeitsplatz, Konflikten zwischen Geschäftspartnern usw..
Gesetzliche Regelung: Pflichtmediation und vom Richter angeordnete Mediation
Rechtsbereiche der Pflichtmediation
Mit Gesetzen und Dekreten wurde in Italien die Pflichtmediation eingeführt und zwar für Streitigkeiten betreffend: Kondominium, Sachenrechte (wie z.B. Eigentum, Fruchtgenuss, Dienstbarkeiten), Teilung (Auflösung von Miteigentumsgemeinschaften), Erbschaften, Familienpakte, Miete, Leihe, Betriebspacht, Schadenersatz aufgrund ärztlicher und sanitärer Haftung und infolge von Ruf­schädigung durch Druckwerke oder durch andere Arten der Veröffentlichung, Versicherungs-, Bank- und Finanzverträge (bei Streitigkeiten betreffend letztere Verträge können alternativ auch die in Spezialgesetzen vorgesehenen Schlichtungsverfahren eingeleitet werden). Nicht vorgeschrieben ist die Pflichtmediation bei Familienstreitigkeiten.
Alle Rechtsanwälte sind daher bei Auftragserteilung verpflichtet, die eigenen Kunden schriftlich auch darüber zu informieren.
Staatlich anerkannte Mediationsstellen
In Südtirol gibt es mehrere Mediationsstellen, die meisten Mediationen werden über die Mediationsstellen der Handelskammer Bozen und der Anwaltskammer Bozen abgewickelt.

TEXT: Thomas Wörndle

Rechte und Pflichten

Richtig handeln, wenn es kracht

Verkehrsunfälle und Schadenersatz
Die Klärung der Schuldfrage ist nach einem 
Unfall von größter Bedeutung, daher sollte man Polizei oder 
Carabinieri zur Unfallstelle 
rufen.
Selbst wenn wir uns im Straßenverkehr stets mit höchster Vorsicht bewegen: Unfälle können jedem von uns unerwartet und plötzlich widerfahren. Aus diesem Grund sollte jede und jeder wissen, wie man sich am besten in der Unfallsituation verhält, was nach einem Unfall zu bedenken ist, welche Schäden erstattet werden müssen und wie man dabei am besten vorgeht.
Verhalten nach einem Verkehrsunfall am Unfallort
Anhalten
Alle an einem Verkehrsunfall Beteiligten sind zum Anhalten und zur eventuellen Hilfeleistung verpflichtet. Fahrerflucht und unterlassene Hilfeleistung werden laut Straßenverkehrsordnung (StVO) und Strafgesetzbuch (StGB) geahndet.
Absicherung der Unfallstelle
Laut StVO muss nach einem Unfall unverzüglich jede geeignete Maßnahme ergriffen werden, um die Sicherheit des Verkehrs zu gewährleisten, insbesondere Einschalten der Warnblinkanlage, Aufstellen des Warndreiecks, Anziehen der Warnweste. Bei Unfällen mit bloßem Sachschaden müssen überdies sogleich Vorkehrungen getroffen werden, damit der Verkehr nicht beeinträchtigt wird.
Verständigung der Einsatzkräfte
Die Einsatzkräfte (Rettung, Feuerwehr, Polizei, Carabinieri) sollten so bald als möglich verständigt werden. In Südtirol wählt man dafür die einheitliche Notrufnummer 112. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, die Polizei oder die Carabinieri zur Unfallstelle zu rufen, da sie zur Klärung der Schuldfrage beitragen und in Unmittelbarkeit des Unfalles Zeugen anhören und einen Bericht zum Unfallhergang erstellen können.
Klärung der Schuldfrage
Da der Unfallverursacher und seine Versicherung für die durch den Unfall entstandenen Schäden aufkommen müssen, ist die Klärung der Schuldfrage von größter Bedeutung.
Beweissicherung
Auch wenn die Schuldfrage im ersten Moment geklärt zu sein scheint, empfiehlt es sich sofort Beweise über den Unfallhergang zu sichern, um im Streitfall die eigenen Rechte bestmöglich wahren zu können.
Fotos
Mit einem Handy kann man den Unfallort, die Straße, die Verkehrsbeschilderungen sowie die Fahrzeuge selbst im Detail ablichten. Hat man keine Kamera bei sich, kann man sich mit einer Skizze auf Papier behelfen. Mit Kreide kann die Reifenposition der Fahrzeuge nachgezeichnet werden.
Zeugen
Sind Zeugen an der Unfallstelle zugegen, sollten ihre Personalien und Kontaktdaten für einen späteren Bedarf notiert werden. Man kann sie um Erlaubnis bitten, ihre Aussagen mit dem Handy aufnehmen zu dürfen.
„Blackbox“ und „Dashcam“
Ist in den Fahrzeugen eine „Blackbox“ oder eine „Dashcam“ installiert, können auch diese bei der Rekonstruktion des Unfallhergangs nützlich sein. Die „Blackbox“ ist ein elektronisches Gerät mit GPS-Ortung, das von den Versicherungsgesellschaften gegen Reduzierung der Versicherungsprämie zur Beweissicherung am Fahrzeug angebracht wird. „Dashcams“ sind kleine Kameras, die am Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe montiert werden und die Aufzeichnungen speichern.
Vordruck Unfallprotokoll
Einen wesentlichen Wert für die Schadensbestimmung und Schadensauszahlung an den Geschädigten durch die Versicherung (man spricht von Schadensliquidierung) hat der Unfallprotokollvordruck für die gütliche Einigung (europäischer Unfallbericht, „constatazione amichevole di incidente“ - CID / CAI), welcher von den Unfallbeteiligten persönlich ausgefüllt und unterzeichnet wird. Er sollte in jedem Auto für Notfälle aufliegen. Der Vordruck dient der Beschreibung des Unfallherganges und verkürzt bei Unfällen zwischen zwei versicherten Verkehrsteilnehmern die Zeiten der Schadensliquidierung vonseiten der Versicherung, wenn er von beiden Lenkern unterzeichnet wird.
Wichtige Schritte nach dem Unfalltag
Unfallmeldung
Innerhalb von drei Tagen ab dem Unfall muss die eigene Haftpflichtversicherungsgesellschaft über diesen in Kenntnis gesetzt werden. Bei einer Verspätung kann die Versicherungsgesellschaft unter Umständen das Ausmaß des Schadensersatzes reduzieren, insbesondere wenn ihr durch die Verspätung ein Nachteil entstanden ist, etwa weil sie das Schadensausmaß nicht rechtzeitig prüfen konnte.
Besichtigung des Unfallfahrzeuges
Der Versicherung, welche die Schadensliquidierung vornimmt, muss mitgeteilt werden, wo und wann das Unfallfahrzeug besichtigt werden kann. Der Mindestzeitraum für die Besichtigung beträgt fünf Werktage.
Rekurse gegen Verwaltungsstrafen
Liegt eine Verkehrsstrafe zu Lasten der zu Schaden gekommenen Person vor. so wird die Versicherungsgesellschaft die auszuzahlende Schadenssumme in der Regel reduzieren. Es sollte daher in Erwägung gezogen werden, das entsprechende Vorhalteprotokoll innerhalb von 30 Tagen beim Regierungskommissariat oder innerhalb von 60 Tagen beim zuständigen Friedensgericht anzufechten.
Strafanzeige
Sind keine Zeugen am Unfallort zugegen und hat man beim Unfall Verletzungen davongetragen, kann innerhalb von drei Monaten das Erstatten einer Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung in Betracht gezogen werden: Dies, weil die Aussage der geschädigten Partei nur im Strafverfahren Beweiskraft hat, nicht aber in einem reinen Zivilverfahren für die Geltendmachung der Schadenersatzansprüche.
Ärztliches Gutachten
Hat der Geschädigte Verletzungen davongetragen, über deren Ausmaß in der Folge mit der Versicherungsgesellschaft verhandelt werden muss, so ist es empfehlenswert, ein spezifisches rechtsmedizinisches Gutachten einzuholen, auf welches die Schadenersatzforderung aufbauen kann. Es stellt insbesondere die vorübergehende Invalidität und Arbeitsunfähigkeit, die eventuell verbleibende Dauerinvalidität und Minderung der Erwerbsfähigkeit, sowie der Angemessenheit der medizinischen Kosten fest.
Schadensliquidierung
Die Schäden, die von einem Unfallbeteiligten erlitten wurden, müssen entweder von der eigenen Haftpflichtversicherungsgesellschaft (direkte Schadensauszahlung) oder von jener des Schadensverursachers ersetzt werden.
Direkte Schadensauzahlung
Diese ist unter folgenden Voraussetzungen möglich: a) Es ist zu einem effektiven Zusammenstoß gekommen. b) Es sind nur zwei Fahrzeuge ursächlich in den Unfall involviert oder die eigene Forderung richtet sich lediglich gegen einen Fahrzeuglenker, selbst wenn mehrere Fahrzeuge in den Unfall involviert waren. c) Es handelt sich um in Italien, San Marino oder im Vatikanstaat zugelassene Fahrzeuge. d) Beide Fahrzeuge wurden identifiziert und sind ordnungsgemäß versichert. e) Beide Versicherungsgesellschaften erlauben die direkte Schadensauszahlung. Mittels direkter Schadensauszahlung können Personenschäden aufgrund dauerhafter Invalidität von bis zu 9 Prozent geltend gemacht werden.
Schadensauszahlung durch die Versicherung des Unfallgegners
Diese muss erfolgen, wenn die direkte Schadensauszahlung nicht möglich ist. Die Schadensersatzforderung kann gegenüber dem Unfallgegner aber auch in allen Fällen geltend gemacht werden, in denen eine direkte Schadensauszahlung möglich wäre. Rechtlich verantwortlich sind neben dem Fahrzeuglenker auch der Eigentümer des Fahrzeuges sowie seine Versicherungsgesellschaft.
Konkretes Vorgehen bei der Schadensliquidierung
Die Liquidierungssumme wird nur dann als allumfassend und als Abgeltung aller Forderungen verstanden, wenn der Geschädigte eine entsprechende Quittung unterzeichnet. Andernfalls wird die Summe als Anzahlung auf den eventuell höher bemessenen Schaden gewertet, was der Versicherung ausdrücklich mitgeteilt werden sollte.
Nicht versicherte oder nicht identifizierte Fahrzeuge
Bei Unfällen mit nicht versicherten oder nicht identifizierten Fahrzeugen kann unter Umständen eine Schadensliquidierung von Seiten des Garantiefonds für die Opfer des Straßenverkehrs („Fondo di Garanzia per le Vittime della Strada“) erfolgen.
Verhandlungsverfahren mit anwaltlichem Beistand („negoziazione assistita“)
Verweigert die Versicherung die geforderte Schadensliquidierung, muss vor Beschreitung des Gerichtsweges eine gütliche Einigung durch ein gesetzlich geregeltes Verhandlungsverfahren mit anwaltlichem Beistand gesucht werden.
Gerichtsverfahren
Bleiben die Verhandlungen erfolglos, kann das zuständige Gericht angerufen werden. Die Verjährungsfrist, innerhalb derer eine Klage auf Schadensersatz zugestellt werden muss, liegt in der Regel bei zwei Jahren. Bei Personenschäden kann eine längere Frist gelten, sofern die Straftat der fahrlässigen Körperverletzung vorliegt.
Welche Schäden können geltend gemacht werden
Klassifizierung der zu ersetzenden Schäden
Die von einem Unfall durch Fremdverschulden geschädigte Partei hat Anrecht auf Ersatz aller Schäden, welche direkte Folge des Unfalles sind. Die Schadenspositionen umfassen den materiellen Schaden oder Vermögensschaden und den nicht materiellen Schaden.
Vermögensschaden
Er umfasst jegliche Schadensposition, die das Vermögen des Geschädigten direkt oder indirekt bereits verringert hat oder mit höchster Wahrscheinlichkeit verringern wird. Dazu gehören unter anderem sämtliche Sachschäden am Fahrzeug, an der Kleidung und an mitgeführten Gegenständen, sowie die Kosten für den Abtransport der Fahrzeuge. Weiteres sämtliche medizinischen Kosten, inklusive jener für notwendige Therapien oder Eingriffe, die für die Zukunft absehbar sind (z.B. Erneuerung von Zahnkronen). Auch Kosten für einen effektiv notwendigen Mietwagen, Fahrtkosten für Untersuchungen, sowie Kosten für Betreuung und Pflege (auch durch Familienmitglieder, sofern sie ein bestimmtes Maß überschreiten) werden dazu gezählt.
Anwaltskosten
bei der Schadensliquidierung wird für Anwaltskosten zusätzlich zur ausbezahlten Schadenssumme ein proportionaler Betrag für den Geschädigten vorgesehen.
Gewinnausfall
Infolge einer vorüber­gehenden oder dauerhaften Minderung der Arbeitsfähigkeit kann ein beträchtlicher Schaden infolge des entgangenen Gewinnes entstehen. Man denke an eine gravierende dauerhafte Invalidität einer jungen Person, deren Erwerbsfähigkeit durch einen Unfall abhandengekommen ist, und die entsprechend nicht der Lage sein wird, Geld zu verdienen. Speziell bei Unternehmern oder Freiberuflern kann auch eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit nachhaltig geschäftsschädigend sein und einen nicht unwesentlichen Gewinnausfall mit sich bringen. Bei Angestellten können entsprechend nicht gearbeitete Überstunden oder nicht erhaltene Prämien entschädigt werden.
Nicht materielle Schäden
In den letzten Jahrzehnten haben sich zusätzlich zum sogenannten „moralischen Schaden“ (Schmerzensgeld), der ausdrücklich vom Zivilgesetzbuch vorgesehen ist, durch die Rechtslehre und die Rechtsprechung der Gerichte zahlreiche Schadenskategorien von Personenschäden entwickelt, insbesondere der Schaden an der Gesundheit und der biologische Schaden, darüber hinaus der existentielle Schaden, der ästhetische Schaden, der Schaden am Beziehungsleben, der Schaden am Sexualleben usw.
Schadenersatz nach den Tabellen des Landesgerichtes von Mailand
Um zu vermeiden, dass vergleichbare Schäden ungleich behandelt und ersetzt werden, erfolgt die Liquidierung der nicht materiellen Schäden infolge von Verkehrsunfällen einheitlich und unabhängig vom konkret ausgeübten Beruf. Im größten Teil von Italien orientieren sich die Gerichte dabei an den vom Landesgericht Mailand ausgearbeiteten Schadensersatztabellen. Diese sehen, ausgehend von der durch den Unfall davongetragenen vorübergehenden oder dauerhaften Invalidität und je nach Alter der betroffenen Person, eine bestimmte Schadenssumme vor.
„Personalisierung“ der Schadenssumme
Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Einzelfalles ist es überdies möglich, den laut Tabellen resultierenden Schaden zu erhöhen. Hier kommen konkret vorliegende, für die betroffene Person besonders gravierende Aspekte, wie ein ästhetischer Schaden (zum Beispiel durch Narben), ein existenzieller Schaden (weil der Betroffene aus seiner Lebensbahn geworfen wurde, wichtige Tätigkeiten nicht mehr ausüben und sich nicht mehr entsprechend entfalten kann), ein Schaden am Beziehungsleben oder am Sexualleben usw. zum Tragen. Auch das Schmerzensgeld oder der sogenannte „moralische Schaden“ für den durch den Unfall erlittenen besonderen Schmerz und die Beeinträchtigung des Gemütes werden hierbei berücksichtigt.
Geringfügige dauerhafte Invalidität
Die Schäden aus geringfügiger dauerhafter Invalidität bis zu maximal neun Invaliditätspunkten und die damit zusammenhängende vorübergehende Einschränkung des Betroffenen werden nach Gesetz und entsprechend dem Kodex der Privatversicherungen Gesetz entschädigt.
Schaden der Angehörigen
Laut italienischer Rechtslage steht den Angehörigen und dem Lebenspartner einer durch einen Unfall getöteten oder schwer verletzten Person ebenfalls ein Schadenersatz zu, der am konkreten Naheverhältnis zur betroffenen Person bemessen wird. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sind die zugesprochenen Beträge sehr hoch.
Zur Person
Thomas Wörndle, seit 1992 Rechtsanwalt, seit 1994 selbständig, seit 2012 Mitinhaber der Anwaltssozietät Wörndle & Partner. Ausgebildeter Mediator, eingetragen bei der Mediationsstelle der Handelskammer Bozen.
TEXT: Thomas Wörndle