KVW Aktuell

Die Flat Tax

Kopfschütteln über Einheitssteuersatz
Josef Stricker,
geistlicher Assistent 
des KVW
Es gibt zwei grundverschiedene Einkommenssteuermodelle: Steuerprogression das eine, gleicher Steuersatz für alle das andere. Bei ersterer müssen die, die mehr verdienen, auch mehr an den Staat abtreten. Bei der Flat Tax (einheitlicher Steuersatz) zahlen alle den gleichen Steuersatz. Welches Modell ist gerechter? Die Frage stellt sich deswegen, weil Lega-Chef Matteo Salvini vor den Parlamentswahlen im März 2018 den Italienern einen Einheitssatz von 15 Prozent auf die Einkommenssteuer versprochen hat, und jetzt die Regierung gehörig unter Druck setzt.
Aktuell wendet Italien bei der Einkommensteuer ein progressives System an. Die fünf Steuersätze liegen zwischen 23 und 43 Prozent. Die italienische Verfassung schreibt das Prinzip der Progression vor, um so einen Ausgleich zwischen unterschiedlich hohen Einkommen zu erreichen. Das Prinzip der Steuerprogression ist insofern richtig, weil die, die mehr haben, auch mehr zahlen sollen.
Zugegeben, ein einheitlicher Steuersatz für alle klingt verführerisch. Die meisten Steuerzahler halten wohl sich selber für Supersteuerzahler. Sie glauben gute Gründe zu haben, warum man selber weniger Steuern zahlen möchte. Die Flat Tax ist eine unsoziale Maßnahme, eine Mogelpackung. Ein einziger Steuertarif begünstigt die Bezieher von hohen bis sehr hohen Einkommen. Die Minderbemittelten unter den Steuerzahlern schauen durch die Finger. Oben wird entlastet, unten ändert sich kaum etwas. Bei so einer Steuerreform kann man nur den Kopf schütteln.
Die Reform ist auch unter einem anderen Gesichtspunkt problematisch. Italien kann sich wegen der hohen Staatsverschuldung Steuerentlastungen in so einem Ausmaß gar nicht leisten. Geringere Einnahmen führen zu Kürzungen bei den Ausgaben oder zu zusätzlichen Schulden und damit zu einer höheren Zinslast. Anders geht es nicht.
TEXT: Josef Stricker

KVW Aktuell

Erklärung zu den Europawahlen

In Italien wird am Sonntag, 26. Mai gewählt
Die EBCA (Europäische Bewegung Christlicher Arbeitnehmerlnnen) ist eine Koordinierung der Bewegungen christlicher Arbeiter aus zehn europäischen Ländern, die für ein sozial gerechtes Europa auf der Grundlage des Evangeliums und der Soziallehre der Kirche kämpfen. Im Hinblick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament stellen wir von der EBCA unsere Hauptforderungen. Auf diese Weise nehmen wir unsere Verantwortung als Bürger der Europäischen Union (EU) wahr, indem wir unseren Standpunkt christlicher Arbeitnehmer vermitteln.
Der Gradmesser allen politischen Handelns
Die Grundlage unserer Positionen ist die Würde jedes Menschen und unser Zustand als Töchter und Söhne Gottes. Die Politik auf allen Ebenen muss diese Würde schützen und fördern, was für Christen eine Anforderung des Evangeliums ist.
Konsequenzen und Anregungen
Wir betrachten die folgenden Forderungen, die für die Entwicklung unserer Gesellschaften im europäischen Kontext von entscheidender Bedeutung sind:
Die soziale Dimension der EU muss die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, jedem konkreten Menschen mit seinen Sorgen und Bedürfnissen gerecht zu werden, da in Europa mehr als 120 Millionen Menschen in Armut und soziale Ausgrenzung geraten. Die Würde jedes dieser Menschen erfordert eine dringende Antwort.
Wie von der Sozialkommission der COMECE (Europäische Kommission für Bischofskonferenzen) in ihrem Dokument vom November 2018 „Modellierung der Zukunft der Arbeit“ vorgeschlagen, bitten wir alle, die Arbeit nach den Kriterien der Menschenwürde zu gestalten (faire Arbeitsbedingungen, angemessenes Einkommen, ausgewogene Arbeitszeitpläne), Nachhaltigkeit (Übernahme unserer Verantwortung durch ökologisches Handeln), Co-Management durch den sozialen Dialog und die Beteiligung aller am Arbeitsprozess.
Vorschläge der EBCA
Die Schaffung und Erhaltung menschenwürdiger, sicherer und stabiler Arbeitsplätze ist ein vorrangiges Ziel der politischen Agenda, da prekäre Arbeitsverträge eine angemessene zukünftige Planung verhindern, insbesondere bei der jüngeren Generation.
Die Gewährleistung eines klaren Sozial- und Arbeitsschutzes für alle, einschließlich „falscher Selbstständiger“.
Die Beseitigung des Unterschieds bei der Entlohnung zwischen Männern und Frauen für dieselbe Arbeit.
Die Europäische Union soll Normen aufstellen, um die schlimmsten Formen der Armut zu lindern, unter denen eine wachsende Zahl von Bürgern leidet. Ein angemessener sozialer Schutz ist der beste Weg, um fremdenfeindlichen Nationalismus und Populismus zu bekämpfen.
Laufende Schulungen, insbesondere im Bereich der Digitalisierung, um einen leichteren Zugang zur Arbeit zu ermöglichen.
Ruhezeiten und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollen gewährleistet werden. Der arbeitsfreie Sonntag ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein angemessenes Familienleben.
Dringende Maßnahmen zum Schutz der Umwelt ergreifen. Das Konzept des quantitativen Wachstums muss durch das Konzept des qualitativen Wachstums ersetzt werden.
Größere steuerliche Gerechtigkeit, die Umverteilung und Gerechtigkeit gewährleistet, die Armut bekämpft und Chancen für alle Menschen durch die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen sichert.
Ergreifen Sie wirksame Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Banken und Börsen im Dienste des Gemeinwohls stehen und, dass die Verluste nicht unter allen verteilt werden, während die Vorteile wenigen vorbehalten bleiben.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollen auf die schwierige Situation von Flüchtlingen reagieren, ihre gerechte Verteilung nach Ländern organisieren, legale Formen der Migration schaffen und konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen ergreifen. Die Menschenwürde hat universelle Gültigkeit, und eine Politik der Ablehnung wird unserem Zustand als Söhne und Töchter Gottes nicht gerecht.
Wertschätzung und Förderung des Engagements einer aktiven Zivilgesellschaft, die informiert und organisiert ist, wodurch Werte und Einstellungen zur Festigung der Demokratie geschaffen werden. Wir fordern, dass die aktive Beteiligung aller Bürger am politischen Aufbau und an der Entscheidungsfindung gefördert wird.
Wir möchten an unseren Orten und in unserem jeweils konkreten Kontexten an diesem Friedensprojekt Europa mitbauen und bieten auch unsere Gesprächsbereitschaft, Mitarbeit und unseren Beitrag sowohl im politischen als auch gesellschaftlichen Diskurs an. Aus dieser Haltung heraus stellen wir dieses Papier der Öffentlichkeit vor und diskutieren es mit den Kandidat*innen für die Wahlen zum Europaparlament.