Kommentar

Ein gleicher Steuersatz für
alle Einkommen ist nicht gerecht

Die Berechnung der Steuer darf kompliziert sein
Im September fand in Triest ein nationaler Kongress der Acli statt, in dem es um die sozialen Agenden ging. Ein wichtiger Punkt dabei waren die Steuern, es wurde diskutiert, warum ein einkommensunabhängiger Steuersatz (Flat Tax) nicht eine gerechte Lösung ist.
In der italienischen Verfassung steht: „Jedermann ist verpflichtet, im Verhältnis zu seiner Steuerkraft zu den öffentlichen Ausgaben beizutragen. Das Steuersystem richtet sich nach den Grundsätzen der Progressivität.“ So steht es im Artikel 53 der italienischen Verfassung und so gilt es seit 1971.
Die verfassungsmäßig vorgeschriebene Progressivität der Steuer wurde durch einen mathematischen Mechanismus garantiert: der zu entrichtende Steuerbetrag erhöhte sich mit steigendem Einkommen, so wie der Prozentsatz stieg. Teilweise sah das Steuersystem bis zu 32 Stufen vor, wobei der höchste Prozentsatz für die Besteuerung bei 72 lag.
Weg von einer progressiven Steuer
Was blieb von der in den 70er Jahren eingeführten Progressivität der Steuer?
Im Laufe der Jahre wurde das System auf fünf Einkommensstufen reduziert, der Höchstsatz der Besteuerung ist von den 72 Prozent auf 43 Prozent gesenkt worden.
In der Tat zeigte der Gesetzgeber 1974 einen viel breiteren Überblick und regelte die Besteuerung von 1 bis 500 Millionen Lire (das 500fache).
Heute startet die Besteuerung bei der Mindestschwelle von 7.500 Euro und geht bis 75.000 Euro (bis zum 10fachen). Der zweite Aspekt der Progressivität, die Steuersätze, liegen heute zwischen 23 und 43 Prozent. Bei der Einführung war der Höchststeuersatz 72 Prozent.
Der Verfassungsgrundsatz der Progressivität (Artikel 53) sollte durch eine Neuformulierung der Berechnungstabellen nicht nur beibehalten, sondern auf jeden Fall gestärkt werden. Die Regel: „Ich bezahle mehr, wenn ich mehr habe“ sollte unverändert bleiben. Die Einkommensklassen könnten auf mehr als fünf erhöht und ausgeweitet werden, ebenso die Steuersätze auf über 43 Prozent
Berechnung der Steuer macht die Maschine
Die wichtige Botschaft ist: die Einfachheit des Steuersystems sollte nicht mit der Leichtigkeit der Berechnung der Steuer verwechselt werden. Die bloße mathematische Berechnung darf nicht mit dem der fiskalischen Vereinfachung verwechselt werden. Die Berechnung kann durchaus komplexer werden, da sie von der „Maschine“ übernommen wird. Das spricht sicher nicht für ein Flatrate-System, also einem einheitlichen Steuersatz für alle Einkommen.
Wir können unsererseits auch die Berechnung etwas komplexer machen, aber sicherlich weniger trivial als ein Flatrate-System, da die Berechnung leicht der Technologie, der Telematik-Software anvertraut wird. Es ist nicht der Mann, der die Steuer berechnet, sondern die Maschine.
Die Idee einer Pauschalbesteuerung ist nicht neu. In Italien versuchte Berlusconi bereits 1994 mit einem Standardsatz von 33 Prozent. Seitdem hat es verschiedene Ansätze gegeben: mehr oder weniger konkrete Gesetzesvorschläge oder Studien, Veröffentlichungen und Debatten. Das Thema der „flachen“ Steuer tauchte zyklisch immer wieder auf. Jetzt erlebt das Thema zweifellos eine neue Beliebtheit.
Illusion der Vereinfachung
In jedem Fall widerspricht eine Pauschalsteuer mit höchstens zwei bis drei eng beieinander liegenden Steuersätzen dem Verfassungsprinzip der Progressivität. Wenn über die Vereinfachung der Steuersystems gesprochen wird und die Flat Tax als Lösung vorgebracht wird, wissen die Verantwortlichen wirklich, was „Vereinfachung“ bedeutet? Oder möchte sie vielleicht nur die Illusion der Vereinfachung geben, während eigentlich eine Trivialisierung erfolgt? Über 40 Jahre italienisches Steuersystem sagen (und zeigen) uns, dass nicht nur die Wirksamkeit und Effizienz der Steuern, sondern auch ihre Gerechtigkeit durch eine proportionale und gleichzeitig progressive Struktur gegeben sind. Diese Struktur sieht auch die Verfassung vor.
Die Frage lautet also: welches Steuersystem wollen wir? Ein einfaches oder ein banales?
Ein Steuersystem darf nie nur nach der Art der Berechnung der Steuer gedacht und formuliert werden. Wenn einzig die Einfachheit bei den Steuersätzen Richtlinie sein soll, ist das zu einfallslos und banal.

KVW Aktuell

Für gesunde Lebensjahre etwas tun

KVW Senioren geben neue Inputs für die Seniorenarbeit in den Orten
Den Senioren im KVW geht um Gemeinschaft, Begegnung, um gegenseitige Hilfe, um Lebensqualität und um ein gesundes Altern. Die heurige Tagung stand unter dem Thema „3 H für eine ganzheitliche Gesundheitsvorsorge“. Zu den drei Hs, nämlich Herz, Hirn und Humor, sprach Reinhard Feichter zu den zahlreichen Seniorenklubleiterinnen und -leitern, die aus ganz Südtirol zur Tagung gekommen sind.
Der KVW betreut rund 100 Seniorenklubs im ganzen Land, in denen Ehrenamtliche regelmäßige Treffen für die Senioren organisieren. Dabei gibt es Vorträge, Feiern, Wanderungen, Spielenachmittag, mal steht eine religiöse Feier an, mal gibt es nützliche Informationen. „Wichtig ist, dass es die Momente der Gemeinschaft und Begegnung gibt, das wissen die Senioren sehr zu schätzen“, erklärte Seniorenvorsitzende Maria Kußtatscher. Auf der Tagung trafen sich die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klubs, um sich neue Impulse für ihre Arbeit zu holen.
Körper, Geist und Seele
Referent Reinhard Feichter gab in seinem humorvollen Vortrag jede Menge Ideen und Vorschläge für eine ganzheitliche Gesundheitsvorsorge mit. Ganzheitlich deshalb, weil es immer um das Zusammenspiel und Zusammenwirken von Herz, Hirn und Humor geht, also um Körper, Geist und Seele. Da die Lebenserwartung in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter gestiegen ist, gelte es auch zu sehen, ob auch gesunde Lebensjahre dazugekommen sind.
Ein Tipp von Feichter war sich von Übergewicht zu befreien. Bekannt sind die negativen Auswirkungen von Übergewicht auf Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz. Es gelte aber auch sich von seelischem und geistigem Übergewicht zu befreien. Sich Sorgen zu machen oder seit der Kindheit einen Rucksack mit sich herumtragen und mit niemandem darüber reden oder auch Konflikte tun nicht gut. Für die körperliche Gesundheit ist Bewegung die kostengünstigste und effektivste Präventionsarbeit. „Einmal täglich schwitzen“, gab Feichter, der Sport studiert hat, den Seniorenklubleitern als Tipp mit auf den Weg. Als Mindestmaß nannte er drei mal pro Woche eine halbe Stunde Bewegung.
Gute Gedanken
Beim zweiten H das für Hirn steht, sprach Feichter davon, wie man sich vor zu viel Negativität schützen kann. „Nicht grübeln, Ballast ablegen, mit jedem Atem einen guten Gedanken installieren“, so kann es der Mensch schaffen, ein Segen zu sein. Als ein Beispiel für einen mutigen Menschen mit großem Vertrauen nannte er Andy Holzer, den blinden Bergsteiger, der schwierige Routen auch im Vorstieg klettert.
Das Lächeln und Lachen ist das Ergebnis des dritten Hs, dem Humor. „Humor ist die Fähigkeit und Bereitschaft auf bestimmte Dinge heiter und gelassen zu reagieren“, erklärte Reinhard Feichter. Es ist eine Geisteshaltung und Wesensart, die sich wie ein Muskel trainieren lässt oder ansonsten verkümmert.
Ab besten sei es, so Feichter, gleich heute und jetzt mit der Gesundheitsvorsorge zu beginnen und etwas umzusetzen. „Bis 80 sollte man nicht warten, denn so wie im Fußball ist auch hier die zweite Halbzeit entscheidend“.
Angebote des KVW
Dass die KVW Senioren schon viel im Bereich Gesundheitsvorsorge tun, zeigte sich bei der Vorstellung von Interessensgruppen des KVW. Annemarie Steiner stelle die Gruppe Bewegung bis ins Alter vor und machte mit den Anwesenden einige Übungen.
Paul Sanin stellte die Arbeit der Sol-Coachs vor, Sol steht für Senioren online. Diese freiwilligen Coachs wurden ausgebildet, um Senioren beim Umgang mit Smartphone und Tablet behilflich zu sein. Anmelden dafür können sich Einzelpersonen oder Gruppen über die KVW Bezirksbüros. Die Arbeit der Coachs ist kostenlos. Sanin erklärte auch einige positive Beispiele, wo Senioren die Kenntnisse von Internet zugute kommen: Laborberichte können online abgerufen werden oder Vormerkungen bei der Sanität können per E-Mail beantragt werden.
Theater, Sol, Bewegung und Tanz
Maria Thaler Neuwirth vom Südtiroler Theaterverband stellte die Gruppen Seniorentheater vor. Theater spielen trainiert den Menschen als Ganzes, er muss selbstbewusst auf der Bühne stehen und kann seine Fähigkeiten und Talente einbringen und üben. Meistens werden die Stücke selber erarbeitet, es gibt aber auch schon Stücke zu Sturzprävention, zu „Umsteigen – einsteigen“ oder zur Sexualität.
Barbara Dietl Unterholzner stellte das Tanzen ab der Lebensmitte vor. Im KVW gibt es 42 aktive Tanzleiterinnen im ganzen Land, in den nächsten Monaten startet ein neuer Lehrgang für die Ausbildung von TanzleiterInnen. „Tanzen ist das beste Training fürs Gehirn, Koordination ist gefragt, das Gleichgewicht wird geschult, es gibt dauernde Impulse im Gehirn und ganz wichtig, Tanzen hat auch eine soziale Komponente“.
Zum Abschluss dankte Maria Kußtatscher der Landesrätin Martha Stocker für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren, für ihr offenes Ohr für die Anliegen der Senioren. Es erging auch die Einladung an Martha Stocker, in Zukunft beim Theaterspielen oder einer anderen Tätigkeit der KVW Senioren mitzumachen.
TEXT: Ingeburg Gurndin